Mietrecht/Wohnungseigentum 243 Das neue Befristungsrecht (mit Fallbeispielen zur Übergangsproblematik) Von Ass.-Prof. Dr. Helmut BÖHM Für den eiligen Leser: Einen wesentlichen Schwerpunkt der WR- Nov 2000 (BGBl I 36) stellen die neuen Bestimmungen über die Befristung von Mietverträgen dar. Für Altverträge bleibt die Rechtslage idfd WRNov 1997 weitgehend aufrecht. Zwar wurden die mietrechtlichen Befristungsbestimmungen gravierend vereinfacht; im Gegensatz dazu steht jedoch das diesbezügliche Übergangsrecht, welches nicht immer einfach anzuwenden ist und im Übrigen gravierende gesetzgeberische Versehen enthält. Es soll im Folgenden daher einer korrigierenden Auslegung zugeführt und für den Praktiker anhand von relevanten Fallbeispielen erörtert werden. Das alte Befristungsrecht 1 ( 29 MRG idfd WRNov 1997 BGBl I 22 in Kraft getreten mit 1.3.1997) unterschied bekanntlich in traditionell unübersichtlicher und verwirrender Weise 2 zwischen Haupt- und Untermiete, Alt- und Neubauten (Stichtag 31.12.1967 bzw bei WE-Objekten 8.5.1945), Wohnungen und Geschäftsräumen, geförderter und nicht geförderter Bausubstanz. Daneben kannte es noch Spezialbefristungsvarianten, wie den Ausbildungsmietvertrag oder die Vermietung an mildtätige Wohnraumbeisteller, sowie in den Abs 4a 4c des 29 eine Reihe von befristungsrechtlichen Schmankerln (Optionsrecht des Mieters, automatische Verlängerung um ein Jahr, gestaffelte Mietzinsabschläge etc), welche ebenfalls in sehr differenzierter Weise nur bei einzelnen Befristungsvarianten zur Anwendung kamen. Schon an dieser Stelle ist festzuhalten, dass der bis 30.6.2000 geltende Rechtszustand für Altverträge in Geltung bleibt, wobei jedoch weitere Differenzierungen je nach dem tatsächlichen Beginn des Mietverhältnisses eingeführt wurden (siehe dazu unter II.). I. Überblick über die neue Rechtslage Verträge, die nach dem 30.6.2000 geschlossen wurden, unterliegen nunmehr einem höchst einfachen Befristungsregime ( 29 Abs 1 Z 3 lit a MRG nf): Geschäftsraummietverträge können wie bisher schriftlich und mit unbedingtem Endtermin 3 auf jede beliebige Dauer abgeschlossen werden; weder nach unten noch nach oben bestehen irgendwelche Beschränkungen. Auch befristete Verlängerungsvereinbarungen sind nach 29 Abs 4 nf uneingeschränkt und beliebig oft möglich; zu beachten ist, dass selbstverständlich auch sie schriftlich geschlossen werden und einen unbedingten Endtermin enthalten müssen. Bemerkenswert ist weiters, dass ein Geschäftsraummietvertrag, der schriftlich oder auch mündlich auf die Dauer von höchstens sechs Monaten geschlossen wurde, weiterhin zur Gänze vom Anwendungsbereich des MRG ausgenommen ist ( 1 Abs 2 Z 3 lit a); wird er jedoch über die Dauer von sechs Monaten hinaus verlängert, unterfällt er sofort mit Abschluss der Verlängerungsvereinbarung (also nicht erst mit Beginn des siebenten Monats) und rückwirkend dem MRG, 4 kann jedoch problemlos durch Zeitablauf erlöschen, wenn die Befristung schriftlich und zu unbedingtem Endtermin vorgenommen wurde. Ebenso können Wohnungsmietverträge 5 an sich beliebig lange befristet werden (keine Obergrenze), jedoch muss die Mindestvertragsdauer drei Jahre betragen; auch jede Verlängerung muss wieder mindestens auf drei Jahre (schriftlich, unbedingter Endtermin) geschlossen werden ( 29 Abs 1 Z 3 lit b MRG). Nur für befristete Wohnungsmietverträge (hier aber für alle!) gilt, dass der Mieter ein gesetzliches Kündigungsrecht nach Ablauf eines Jahres der ursprünglich 1 Ausführlich Prader/Kuprian, Befristung im MRG (1999). 2 Pointiert kritisch Dirnbacher, Die 10 Gebote der Befristung, wobl 1999, 362. 3 Am besten: Der Mietvertrag wird auf die Dauer von... geschlossen und erlischt daher am..., ohne dass es einer Kündigung bedarf ; s zum unbedingten Endtermin ausführlich H. Böhm/Schuster, Zur stillschweigenden Erneuerung von Mietverträgen, in Korinek/Krejci (Hrsg), Handbuch zum Mietrechtsgesetz (1985) 469, 471; zu den Erfordernissen der Schriftlichkeit Stabentheiner, Die miet- und wohnungseigentumsrechtlichen Teile der Wohnrechtsnovelle 2000, wobl 2000, 197, 200. 4 So schon OGH RdW 1986, 110 = MietSlg 37.232/45. 5 Zu Abgrenzungsfragen jüngst Reiber, Die Abgrenzung zwischen Wohnung und Geschäftsräumlichkeit im Mietrecht, immolex 2000, 170; Prader, Wohnrechtsnovelle 2000 Auswirkungen auf bestehende Zeitmietverträge, RdW 2000, 394. 9 2000
244 Mietrecht/Wohnungseigentum vereinbarten oder verlängerten Dauer hat; dieses ist nicht verzichtbar oder beschränkbar, 6 an die Einhaltung einer dreimonatigen Frist und die Form der gerichtlichen Kündigung gebunden. Gesetzlicher Kündigungstermin ist der jeweilige Monatsletzte ( 29 Abs 2 nf). Diese schon dem alten Recht allerdings nur in einzelnen Befristungsvarianten 7 bekannte Regelung wurde von der hm stets so verstanden, dass der Mieter erstmals nach Ablauf eines Jahres (also zu Beginn des 13. Monats des Mietverhältnisses) die Kündigung aussprechen kann, so dass diese frühestens zum Ende des 16. Monats wirken kann. 8 Beide Befristungsvarianten (Wohnungen bzw Geschäftsräume) haben folgende Gemeinsamkeiten: 1. Haupt- und Untermietverträge werden im Gegensatz zur alten Rechtslage gleich behandelt. 9 2. Voraussetzung für die Durchsetzbarkeit der Befristung ist wie erwähnt weiterhin, dass die Befristungsvereinbarung schriftlich geschlossen wurde und einen unbedingten Endtermin aufweist. 3. An die vereinbarte Befristung sind selbstverständlich beide Parteien gebunden, die ordentliche Kündigung ist grundsätzlich ausgeschlossen (s aber unter 4.). Dies gilt auch dann, wenn die Befristungsvereinbarung fehlerhaft ist, also gegen die gesetzlichen Befristungsvoraussetzungen verstößt, was nach neuer Rechtslage nur mehr dann eintreten kann, wenn entweder nicht schriftlich, oder nur mit bedingtem Endtermin 10 befristet wurde, oder wenn bei einer Wohnungsmiete nicht die dreijährige Mindestfrist eingehalten wurde. Nach wie vor (vgl im folgenden 5.) ist die fehlerhafte Befristung also nicht unwirksam, sondern bloß von Seiten des Vermieters nicht durchsetzbar: Das Mietverhältnis erlischt nicht durch bloßen Zeitablauf, sondern kann von beiden Seiten (erst) zum vereinbarten Fristende gekündigt werden, vom Vermieter jedoch nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes im Sinne des 30 MRG. 11 Die vorzeitige Auflösung des Vertrages ist nach den unverändert gebliebenen Z 4 und 5 des 29 Abs 1 aus den Gründen des 1117 bzw wegen qualifizierten Zahlungsverzugs des Mieters oder erheblich nachteiligen Gebrauchs isd 1118 ABGB möglich. 4. Zugunsten des Mieters kann (bei Wohnungen nur in Erweiterung des gesetzlichen Kündigungsrechts) ein generelles oder an bestimmte Gründe geknüpftes vorzeitiges Kündigungsrecht im Vertrag vereinbart werden. Auch zugunsten des Vermieters kann grundsätzlich ein solches vorzeitiges Kündigungsrecht durch vertragliche Vereinbarung begründet werden, jedoch berechtigt es nur dann zur Aufkündigung des Mietvertrages, wenn gleichzeitig ein Kündigungstatbestand im Sinn des 30 MRG verwirklicht ist (im Rahmen dessen Abs 2 Z 13 können auch bei einem an sich befristeten Mietverhältnis weiterhin Umstände als Kündigungsgrund vereinbart werden, die in Bezug auf die Kündigung oder Auflösung für den Vermieter, für seine nahen Angehörigen oder für das Unternehmen, für das der Vermieter allein oder in Gemeinschaft mit anderen Personen vertretungsbefugt ist, als wichtig und bedeutsam anzusehen sind). 12 Festzuhalten ist, dass in Ermangelung von zugunsten des Vermieters vereinbarten Kündigungsgründen ein befristetes Mietverhältnis selbst dann nicht aufgekündigt werden kann, wenn ein gesetzlicher Kündigungsgrund vorliegt. Aus der Sicht des Vermieters ist zu betonen, dass die Vereinbarung eines vertraglichen Kündigungsrechts unmissverständlich erfolgen sollte, dh so, dass im Vertragstext hinreichend zum Ausdruck kommt, dass das Mietverhältnis trotz der Möglichkeit der vorzeitigen Kündigung durch Zeitablauf erlischt; maw sollte nicht eine Formulierung gewählt werden, die uu im Zweifel nach 915 ABGB die Auslegung zulässt, auch zum Fristende sei eine Kündigung erforderlich (dann wäre nämlich nur ein bedingter Endtermin vereinbart). 5. Neu ist, dass fehlerhafte Befristungen zunächst wirksam sind, jedoch dann, wenn es nicht zu einer Aufkündigung zum vereinbarten Fristende kommt (s 3.), zu diesem Zeitpunkt ex lege wegfallen, so dass sich das Mietverhältnis in ein unbefristetes verwandelt ( 29 Abs 3 nf). 13 Gleiches gilt für durchsetzbare Befris- 6 Aber erweiterbar: es kann eine kürzere Kündigungsfrist vereinbart oder vom Erfordernis der gerichtlichen Kündigung abgegangen werden (Dirnbacher, wobl 1999, 365). 7 Zu ihnen Dirnbacher, wobl 1999, 366. 8 Würth/Zingher, Miet- und Wohnrecht 20 (1997), Rz 29 zu 29 MRG; Dirnbacher, wobl 1999, 365; Stabentheiner, wobl 2000, 200; Schuster in Schwimann, ABGB 2 IV, zu 29 MRG (im Druck). 9 Vgl demgegenüber 29 Abs 1 Z 3 lit e MRG idfd WRNov 1997 (Höchstfrist von 5 Jahren für Untermietverträge). 10 Vereinbarung, dass zusätzlich zum Zeitablauf auch noch gekündigt werden muss; vgl auch im Text 4. (ae). 11 S schon Böhm/Schuster in HdB 480; Dirnbacher, wobl 1999, 364. An diesen Grundsätzen hat auch der neue 29 Abs 3 nichts geändert (s unter 5.). 12 Dirnbacher, wobl 1999, 364. 13 Bislang war die Rechtslage hingegen so, dass das Mietverhältnis auch nach Fristablauf ein befristetes blieb, dh sich stets aufs Neue um bestimmte Zeit (nach der Judikatur des OGH um die Zinszahlungsperiode; vgl im einzelnen H. Böhm, Glosse zu OGH 6 Ob 541/85, JBl 1987, 659; weitere Nw bei Stabentheiner, wobl 2000, 201) verlängerte, wenn nicht eine der beiden Parteien rechtzeitig der Gegenpartei bekanntgab, dass sie die Erneuerung auf bestimmte Zeit ablehnte; nur dann galt der Mietvertrag als auf unbestimmte Zeit erneuert ( 29 Abs 3 af; vgl dazu Würth/Zingher 20, Rz 30 zu 29 MRG, gegen Böhm/Schuster in HdB 486). 9 2000
Mietrecht/Wohnungseigentum 245 tungen, deren Durchsetzung unterbleibt, die also stillschweigend erneuert werden: Trotz der Streichung des Verweises auf die 1114, 1115 ABGB in 29 Abs 3 ist davon auszugehen, dass diese Bestimmungen nach wie vor zur Anwendung kommen, jedoch mit der Maßgabe, dass die stillschweigende Erneuerung stets auf unbestimmte Zeit erfolgt. 6. Neu ist auch der nun einheitliche Befristungsabschlag : Wird das Mietverhältnis egal auf welche Dauer befristet, verringert sich die gesetzliche Mietzinsobergrenze um 25% ( 16 Abs 7; 26 Abs 3). 14 Dies betrifft grundsätzlich alle Varianten gesetzlicher Mietzinsbeschränkung nach MRG (angemessener Hauptmietzins, Richtwertzins, Kategoriezins; Untermietzins), 15 nicht jedoch jene Fälle, in denen 16 MRG (bzw 26 MRG) überhaupt nicht zur Anwendung gelangt bzw in denen die Bestimmung zwar kraft Zuhilfenahme öffentlicher Mittel gilt, die Mietzinsbildung aber nach förderungsrechtlichen Spezialnormen erfolgt. 16 Kein Abschlag erfolgt daher insbesondere a) bei allen Vollausnahmen nach 1 Abs 2 MRG (freie Mietzinsbildung; hier gelten freilich auch nicht die Befristungsbestimmungen); b) bei den Teilausnahmen nach 1 Abs 4 (freie Mietzinsbildung bei Gebäuden nach 1953 ohne öffentliche Mittel, Ein- oder Zweifamilienhäusern bzw WE-Objekten nach 1945 ; in den beiden letztgenannten Fällen kann aber 16 MRG durch Verweisung in förderungsrechtlichen Bestimmungen anwendbar sein) oder c) 1 Abs 5 MRG (Wirtschaftspark), sowie d) in den Fällen des kostendeckenden Zinses nach WGG, da in diesen Fällen 16 MRG gemäß 20 WGG grundsätzlich unanwendbar ist, sowie letztlich e) in den Fällen einer Mietzinsbildung nach förderungsrechtlichen Bestimmungen ivm 16 Abs 12 MRG. 17 Der Befristungsabschlag fällt bei Umwandlung des Mietverhältnisses in ein unbefristetes weg, sofern im Mietvertrag der normale Mietzins und der kraft Befristung um 25% verminderte Mietzins explizit schriftlich gegenübergestellt wurden. 18 Wie bisher tritt die Erhöhung auf den normalen Mietzins, also der Wegfall des Befristungsabschlags, ab dem Zeitpunkt der Umwandlung und nicht ab deren Wirksamwerden ein. Wurde also zb am 15.5. vereinbart, dass das befristete Mietverhältnis, welches an sich am 30.6. ausgelaufen wäre, auf unbestimmte Zeit verlängert wird, dann ist bereits ab jenem Zeitpunkt der höhere Mietzins zu bezahlen. Durch die Neuregelung ist nunmehr auch klar, dass es zum Wegfall des Befristungsabschlags schriftliche Gegenüberstellung vorausgesetzt auch dann kommt, wenn sich das Mietverhältnis ex lege nach 29 Abs 3 in ein solches auf unbestimmte Zeit wandelt (s 5.). 19 Wird hingegen ein Wohnungsmietvertrag auf kürzere als dreijährige Dauer geschlossen, gilt er zunächst als befristet, so dass nur der niederere Mietzins geschuldet wird; erst mit Ablauf der vereinbarten Befristung (oder früherer expliziter Umwandlung ) wird er nach 29 Abs 3 nf zum unbefristeten, so dass der Abschlag wieder unter der Voraussetzung schriftlicher Gegenüberstellung in Wegfall gerät. Neu ist weiters, dass es keine nachzahlbaren Mietzinsabschläge mehr gibt ( 16 Abs 7b af). 7. Weggefallen ist die vor allem für den Vermieter oft rettende Bestimmung des Abs 4a des 29, wonach die stillschweigende Verlängerung eines befristeten Mietvertrages zunächst nur um ein Jahr erfolgt; es tritt nunmehr eben Umwandlung in ein unbefristetes Mietverhältnis ein ( 29 Abs 3). 8. Weggefallen ist ebenso das in Abs 4b des 29 geregelte Optionsrecht des Mieters, kraft dessen er den befristeten Mietvertrag in bestimmten Fällen durch eine schriftliche Erklärung einseitig bis zu einem Jahr verlängern konnte. 9. Hinsichtlich der praktischen Anwendbarkeit von Übergabsauftrag und Räumungsklage ist daher wieder jener Zu- 14 Bei Untermieten sind jedoch die vom Hauptmieter auf den Untermieter überwälzten Betriebskostenanteile und Anteile an den laufenden öffentlichen Abgaben nach dem ausdrücklichen Text des 26 Abs 3 nf ebenso von der Reduktion ausgenommen, wie überwälzte Anteile für allfällige besondere Aufwendungen. Bei Geschäftsraumhauptmieten (nicht: -untermieten!) ist die Rügepflicht nach 16 Abs 1 Z 1, 2. HS, zu beachten (Prader, RdW 2000, 396). 15 Auch Zeitmietverträge nach früherer Standardanhebung isd 46c (richtig Stabentheiner, wobl 2000, 202). 16 Nach 16 Abs 12 MRG bleiben Mietzinsvorschriften in förderungsrechtlichen Bestimmungen zwar unberührt; 16 Abs 7 ordnet den Befristungsabschlag aber nur für Fälle einer Mietzinsbildung nach den Abs 1 bis 6 dieser Bestimmung an. Dies ist im Hinblick darauf, dass förderungsrechtliche Mietzinsvorschriften typischerweise ein Kostendeckungselement aufweisen auch durchaus sinnvoll; der Befristungsabschlag würde uu diese Kostendeckung in Frage stellen. 17 Vgl Fn 16. 18 Hier geht es um eine formale Gegenüberstellung; keinesfalls verwirkt der Vermieter die Erhöhung, wenn er den normalen Zins zu hoch ansetzt (so aber tatsächlich Prader, RdW 2000, 396). 19 So schon bisher Dirnbacher, wobl 1999, 371; allerdings gab es nach alter Rechtslage keinen Fall einer stillschweigenden Umwandlung in ein unbefristetes Mietverhältnis, da bei stillschweigender Erneuerung das Mietverhältnis befristet blieb (Fn 13). 9 2000
246 Mietrecht/Wohnungseigentum stand eingetreten, der bis zum 28.2.1997 bestand: 20 Soll das befristete Mietverhältnis nicht verlängert werden, dann hat der Vermieter die Möglichkeit, frühestens sechs Monate vor Ablauf des Mietverhältnisses einen Übergabsauftrag nach 567 ZPO einzubringen bzw grundsätzlich binnen 14 Tagen nach Ende des Mietverhältnisses die Räumungsklage anzustellen. 21 10. Abgeschafft hat die Nov letztlich die Sonderformen Ausbildungsmietvertrag ( 29 Abs 2 af) und befristete Vermietung an mildtätige Wohnraumbeisteller ( 29a af); erhalten geblieben ist hingegen die Zwischennutzung bis zur geförderten Sanierung nach Art IV Abschn I des 2. WÄG. 22 II. Übersicht über die Übergangsbestimmungen 1. Grundsatz Grundsätzlich gelten die neuen Befristungsregeln für Verträge, die nach dem 30.6.2000 abgeschlossen oder verlängert werden; dies folgt aus 49c Abs 6 MRG, wonach eine vor dem 1.7.2000 geschlossene und nach den damaligen Bestimmungen rechtswirksame Vereinbarung über die Befristung eines Mietverhältnisses einschließlich einer befristeten Erneuerung rechtswirksam bleibt, wogegen eine nach den damaligen Bestimmungen rechtsunwirksame Befristung rechtsunwirksam bleibt. 23 2. Weitergeltung von Einjahresverlängerung und Mieteroption Nach 49c Abs 7 sind jedoch die Abs 4a, 4b und 4c des 29 (ebenso wie 34 Abs 5) jeweils in der Fassung vor dem Inkrafttreten der WRNov 2000 auf Mietverhältnisse weiter anzuwenden, die vor dem 1.7.2000 begonnen haben oder verlängert wurden, bei Verlängerung jedoch nur hinsichtlich jenes Verlängerungszeitraums, der vor dem 1. Juli 2000 begonnen hat. Der letzte HS ist auf den ersten Blick wenig verständlich. Gemeint kann wohl nur sein, dass die genannten Abs 4a, 4b und 4c auf Mietverhältnisse, bei denen Vermieter und Mieter vor dem 1.7.2000 die Verlängerung vereinbart haben, nur dann zur Anwendung kommen, wenn auch der Verlängerungszeitraum vor dem 1.7.2000 begonnen hat (s dazu die Einzelbeispiele unter III.). Freilich mutet es einigermaßen sonderbar an, dass der Gesetzgeber hier anders als in Abs 6 nicht auf den Zeitpunkt des Abschlusses sondern auf jenen des Beginns des Mietverhältnisses bzw Verlängerungszeitraums abstellt. 24 Dies bedeutet, dass in jenen Fällen, in denen Abschluss des Vertrages oder der Verlängerungsvereinbarung vor dem 1.7. erfolgte, der Beginn des Mietverhältnisses bzw Verlängerungszeitraums aber erst nach dem 30.6. zu liegen kam bzw kommt, 25 zwar nach 49c Abs 6 altes Befristungsrecht gilt, dies jedoch mit der Maßgabe, dass das sehr komplizierte Zusammenspiel von einjähriger stillschweigender Verlängerung und Erlassung eines Übergabsauftrags 26 bzw die Vorschriften über die Verlängerungsoption des Mieters und dessen Kündigungsrecht im Verlängerungsfall nicht mehr greifen. Ein rechter Sinn kann hinter dieser Anordnung nicht entdeckt werden. Ein bloßes Formulierungsversehen anzunehmen, fällt aber auch schwer, da der Gesetzgeber wohl kaum eine so komplizierte Wendung gewählt hätte, wenn er in Wahrheit anderes leichter zu Formulierendes gewollt hätte. Da die Anordnung, anders als die gleich zu behandelnden Übergangsvorschriften hinsichtlich des Befristungsabschlags, keine Widersprüche bzw groben Wertungsgegensätze impliziert, scheidet eine korrigierende Auslegung me aus. 26a 3. Befristungsabschläge Umgekehrt würden die 16 Abs 7 und 26 Abs 3 über den neuen einheitlichen Befristungsabschlag von 25% nach dem ausdrücklichen Gesetzestext unabhängig davon, wann der Vertragsschluss bzw die Verlängerungsvereinbarung stattgefunden hat nur für jene Fälle gelten, bei denen der Beginn des Mietverhältnisses bzw der Beginn des Verlängerungs- 20 Stabentheiner, wobl 2000, 200 f. 21 Dies war nach der zwischen dem 1.3.1997 und dem 30.6.2000 bestehenden Rechtslage anders: In jenen Fällen, in denen Abs 4a des 29 zur Anwendung kam, konnte der Vermieter die Verlängerung nur verhindern, wenn er frühestens sechs Monate, spätestens aber drei Monate vor Ablauf der bedungenen Zeit entweder dem Mieter schriftlich mitteilte, dass er eine Verlängerung ablehne, oder nach 567 ZPO den Übergabsauftrag einbrachte. Die Räumungsklage schied zur Verhinderung der stillschweigenden Verlängerung des Mietverhältnisses überhaupt aus, da sie erst nach Ablauf der ursprünglichen Befristung eingebracht werden konnte, zu diesem Zeitpunkt jedoch die stillschweigende Erneuerung um ein Jahr nach Abs 4a bereits eingetreten war. 22 Vgl BAB 122 BlgNR 21. GP, zu Z 19 ( 29a). 23 Diese Bestimmung ist in der konkreten Formulierung genauso unsinnig formuliert, wie entsprechende gleichlautende Vorläuferbestimmungen früherer Mietrechtsnovellen (oben im Text bei Fn 10). 24 Dies übersieht offenbar Prader, RdW 2000, 394 f. Ausführlich zur Problematik der verschiedenen Anknüpfungszeitpunkte (auch schon in der WRNov 1997) nun Vonkilch, Zu den maßgeblichen Anknüpfungspunkten im Intertemporalen Befristungsrecht des MRG, wobl 2000 (im Druck). 25 ZB: Vermieter und Mieter vereinbarten schon im Juni 2000 oder noch früher, den am 30.6. oder am 31.8. auslaufenden Vertrag um eine weitere Periode zu verlängern. 26 Begründung zum Initiativantrag, 129/A BlgNR 21. GP, zu Z 14 bis 17 ( 29 Abs 1 Z 3, Abs 2, Abs 4, Abs 4a bis 4c). 26a Anders Vonkilch aao, der auch hier korrigierend auslegt und auf den Abschlusszeitpunkt abstellt. 9 2000
Mietrecht/Wohnungseigentum 247 zeitraums auf einen Tag nach dem 30.6. 2000 fiel bzw fällt ( 49c Abs 3 S 1). Dies wären sohin entweder Mietverhältnisse, die überhaupt erst nach dem 30.6.2000 geschlossen bzw verlängert wurden, oder aber Mietverhältnisse, bei denen Abschluss bzw Verlängerungsvereinbarung noch vor dem 1.7.2000 stattgefunden haben, die jedoch erst nach diesem Zeitpunkt in Kraft getreten sind (s auch dazu die Beispiele unter III.). Bei einem Mietverhältnis, das vor dem 1.7.2000 begonnen hat, soll nach dem Text des 49c Abs 3 S 2 der Befristungsabschlag ab dem Zeitpunkt der Umwandlung in einen Mietvertrag auf unbestimmte Zeit auch dann wegfallen, wenn eine schriftliche Ausweisung der Verminderung im ursprünglichen Mietvertrag bzw der Verlängerungsvereinbarung nicht vorgenommen wurde. Das Abstellen auf den Beginn des Mietverhältnisses bzw auf den Beginn des Verlängerungszeitraums in 49c Abs 3 ist jedoch keineswegs sachgerecht: 27 Wurde der Mietvertrag etwa schon im Jahre 1999 geschlossen, in ihm aber vereinbart, dass das Mietverhältnis erst mit 1.7. oder 1.8.2000 beginnen soll, dann kommt es bei Umwandlung in ein unbefristetes Mietverhältnis etwa am 1.1.2001 nicht zum Wegfall des nach alter Rechtslage vorgenommenen Befristungsabschlags, wenn die schriftliche Gegenüberstellung fehlt. Zu deren Aufnahme in den Vertrag bestand aber 1999 noch kein Anlass. Es liegt also ein evidentes Formulierungsversehen des Gesetzgebers vor, der erkennbar Vermieter davor schützen wollte, um die Mietzinsanhebung umzufallen, weil sie eine damals noch unbekannte Form- bzw Inhaltsvorschrift nicht beachtet haben, sich aber offenbar irrtümlich an die dort auch unglückliche, aber im Ergebnis nicht wertungswidersprüchliche Formulierung des Abs 7 (vgl eben zuvor) angelehnt hat. Ein weiteres eklatantes Versehen des Gesetzgebers ist darin zu erblicken, dass er in Abs 3 S 2 und in Abs 4 des 49c für dieselbe Kategorie von Mietverhältnissen (nämlich solche, die vor dem 1. Juli 2000 begonnen haben) verschiedenes anordnet (!): einmal die Geltung der 16 Abs 7 und 26 Abs 3 nf mit der Maßgabe, dass eine allfällige Verminderung des höchstzulässigen Mietzinses ab dem Zeitpunkt der Umwandlung in einen Mietvertrag auf unbestimmte Zeit von einer schriftlichen Ausweisung der Verminderung im ursprünglichen Mietvertrag unabhängig ist, im nächsten Abs jedoch die Geltung des 16 Abs 7b af! Die schon vom Text her kontroversielle, noch mehr aber inhaltlich und wertungsmäßig widersprüchliche Anordnung bedarf daher korrigierender Auslegung. 27a Versucht man ein auf den Zusammenhang der Abs 3 und 4 bezogenes sinnvolles Verständnis unter Berücksichtigung der vermuteten Vorstellungen des Gesetzgebers, soweit sie im verunglückten Text zum Ausdruck kommen, zu entwickeln, dann wird man zunächst davon auszugehen haben, dass es auf den Abschlusszeitpunkt und nicht auf den tatsächlichen Beginn des Mietverhältnisses bzw Verlängerungszeitraums ankommt. Es gilt daher: bei Abschluss des Vertrages oder der letzten Verlängerungsvereinbarung vor dem 30.6.2000 altes Abschlagsrecht, insbesondere daher die Staffelung ( 16 Abs 7 af) und die Nachzahlungspflicht bei ausdrücklicher Umwandlung in ein unbefristetes Mietverhältnis, wann immer diese stattfindet ( 16 Abs 7b af); bei Abschluss des Vertrages vor dem 1.7.2000 und Abschluss der Verlängerungsvereinbarung nach dem 1.7.2000 neues Abschlagsrecht (einheitlicher Abschlag von 25%, keine Nachforderung), dies aber mit der Maßgabe, dass die Umwandlung in ein unbefristetes Mietverhältnis auch dann zur Mietzinsanhebung führt, wenn im Vertrag keine Gegenüberstellung vorgenommen wurde. Letzteres gilt auch dann, wenn der Vertrag zunächst noch ein oder mehrere Male nach dem 30.6. auf bestimmte Zeit verlängert und erst dann in einen solchen auf unbestimmte Zeit umgewandelt wird. Im Ergebnis erleichtert dies die befristete Verlängerung (der Vermieter muss nicht, um sein Erhöhungsrecht nicht zu verlieren, in die Verlängerungsvereinbarung eine Gegenüberstellung der Mietzinse aufnehmen 28 ), bewirkt aber immerhin, dass bei einer befristeten Verlängerung nach dem 30.6.2000 der Nachzahlungsanspruch gleichsam verwirkt wird. 4. Kündigungsrecht des Mieters Hinsichtlich des Kündigungsrechts des Mieters ( 29 Abs 2 nf) hatte noch der Initiativantrag in 49c Abs 6 explizit vorgesehen, dass dieses auch auf vor dem 1.7.2000 geschlossene, nach 29 Abs 1 Z 3 oder 29 Abs 2 ( Ausbildungsmietverträge ) jeweils in der damaligen Fassung befristete Mietverträge zur Anwendung kommen sollte. Da diese Übergangsregelung im endgültigen Gesetzestext ebenso weggefallen ist, wie auch die darauf bezügliche Passage der Erl im BAB nicht mehr wiederkehrt, ist nunmehr wohl beabsichtigt, dass Altverträge nur dann kündbar sein sollen, wenn sie es auch nach altem Recht waren. 29 Offenbar geht der Gesetzgeber von einem umfassenden Begriff der Wirksamkeit 27 Dies übersieht Stabentheiner, wobl 2000, 204 f. 27a Ebenso Vonkilch aao. 28 Anders Stabentheiner, wobl 2000, 205; wie hier Vonkilch aao. 29 Kein Kündigungsrecht des Mieters bestand danach für Untermietverträge, Hauptmietverträge über einen Wirtschaftspark bzw einen Teil desselben, Hauptmietverträge über einen nach Fortsetzung auf Seite 249 9 2000
248 Mietrecht/Wohnungseigentum III. Typische Fallbeispiele zum Übergangsrecht Fall Nr. Vertragsschluß Beginn des Mietverhältnisses vereinbartes Ende des Mietverhältnisses Verlängerungsvereinbarung Beginn des Verlängerungszeitraums Rechtsfolgen 1 15.05.200 0 01.06.200 0 31.05.200 3 - - altes Befristungsrecht ( 49c Abs 6 ) Abs 4a-4c des 29 af gelten ( 49c Abs 7) 2 15.06.200 0 01.07.200 0 30.06.200 3 - - altes Befristungsrecht ( 49c Abs 6 ) Abs 4a 4c des 29 af gelten nicht ( 49c Abs 7) 3 15.05.199 7 01.06.199 7 31.05.200 0 15.05.200 0 0 1.06.200 0 altes Befristungsrecht ( 49c Abs 6 [ einschließlich eine r befristeten Erneuerung ]) Abs 4a 4c des 29 af gelten ( 49c Abs 7) 4a 4b 15.06.1997 15.08.1997 01.07.1997 01.09.1997 30.06.2000 30.08.2000 15.06.2000 15.06.2000 01.07.2000 01.09.2000 altes Befristungsrecht ( 49c Abs 6 [ einschließlich einer befristeten Erneuerung ]) Abs 4a 4c des 29 af gelten nicht ( 49c Abs 7) 5 15.08.199 7 01.09.199 7 30.08.200 0 15.07.200 0 01.09.200 0 neues Befristungsrecht ( 49c Abs 9 ) Kündigungsrecht des Mieters nach 29 Abs 2 nf Befristungsabschlagsregelung neu, daher insbesondere keine Nachzahlung; aber Wegfall des Befristungsabschlags bei Umwandlung in unbefristetes Mietverhältnis auch ohne Gegenüberstellung im Vertrag (auch bei nochmaligen befristeten Verlängerungen nach dem 30.6.2000) 6 15.07.200 0 01.08.200 0 31.07.200 3 alles ne u *) Wird das Mietverhältnis nach dem 30.6.2000 nochmals befristet verlängert, liegt Fall 5 vor. 9 2000
Wohnungseigentum 249 Fortsetzung von Seite 247 der Befristung nach altem Recht aus, welcher auch die Kündbarkeit umfasst und gem 49c Abs 6 gleichsam als Gesamtkonzept weiterlebt. Zu fragen ist allerdings, ob dies auch im Gesetzestext zum Ausdruck kommt. Man könnte meinen, dieser würde eher das Verständnis nahelegen, dass 29 Abs 2 nf aufgrund der Generalklausel des 49 Abs 9 mit 1.7. auch hinsichtlich aller Altverträge Geltung erlangt hat. Allerdings spricht 29 Abs 2 von einem nach Abs 1 Z 3 befristeten Mietvertrag, stellt also auf die Befristung nach neuer Rechtslage ab. Dies ist durchaus sachgerecht, da ansonsten in all jenen Fällen, in denen es bisher an einem gesetzlichen Kündigungsrecht des Mieters mangelte, der Vermieter, der vielleicht bereit gewesen war, ein langfristiges Mietverhältnis aufgrund der Sicherheit der Mietzinseinnahmen zu einem niedrigeren Mietzins abzuschließen, in seinem Vertrauen auf den Fortbestand des Mietverhältnisses und damit in seinen Erwartungen hinsichtlich der kalkulierten Mietzinseinnahmen enttäuscht würde. 30 Über den Autor: Ass.-Prof. Dr. Helmut BÖHM lehrt an der Universität Salzburg. Er ist darüber hinaus als Seminarvortragender und Autor zahlreicher Publikationen, insbesondere zum Miet- und Bauträgerrecht bekannt. Kontaktadresse: Universität Salzburg, Churfürststraße 1, 5020 Salzburg Telefon: (0662) 8044-3053 Fax: (0662) 8044-3058 e-mail: helmut.boehm@sbg.ac.at dem 31.12.1967 ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel errichteten Mietgegenstand bzw eine Wohnung in einem Ein- oder Zweifamilienhaus, und wie auch nach neuer Rechtslage generell für Geschäftsraummietverträge. 30 Warum das Kündigungsrecht bei einer undurchsetzbaren aber gleich wohl wirksamen (!) Befristung nicht bestehen soll (so Prader, RdW 2000, 395) ist unerfindlich. 9 2000