Bürgerbusse in Schleswig-Holstein fördern Stellungnahme zum Antrag der Fraktion der Piraten - Drucksache

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Transkript:

Meldorf, den 29. April 2015 Schleswig-Holsteinischer Landtag Wirtschaftsausschuss Thomas Wagner Postfach 7121 24171 Kiel per Mail an Wirtschaftsausschuss@landtag.ltsh.de Bürgerbusse in Schleswig-Holstein fördern Stellungnahme zum Antrag der Fraktion der Piraten - Drucksache 18/2623 Sehr geehrter Herr Wagner, sehr geehrte Damen und Herren, wir möchten uns für die Gelegenheit zu dieser Stellungnahme bedanken. Auch in der Zukunft würden wir uns freuen, wenn wir an Beratungen zum Thema "BürgerBusse in Schleswig-Holstein" teilnehmen könnten. Für weitere Fragen stehen wir gerne zur Verfügung. Unserer Stellungnahme stellen wir eine aktuelle Fassung unsere Pressemitteilung vom 20. 01.2015 voran, die wir nach der Bildung unserer Arbeitsgemeinschaft herausgegeben haben. Sie enthält unsere gemeinsame Erklärung, die nach wie vor Gültigkeit für uns hat. Mit freundlichen Grüßen Christian Sternberg Sprecher der Arbeitsgemeinschaft pro bürgerbus schleswig-holstein

Stellungnahme - Seite 1 Arbeitsgemeinschaft: "pro bürgerbus schleswig-holstein" Die Bürgerbusvereine aus Schleswig Holstein haben sich am 17. Januar 2015 in Meldorf getroffen. Sie bilden ab sofort eine Arbeitsgemeinschaft der Bürgerbusvereine in Schleswig-Holstein, um deren Interessen gemeinsam zu vertreten. Die Arbeitsgemeinschaft tritt mit dem Namen 'pro bürgerbus schleswig-holstein' auf und hat ihren Sitz in Meldorf. In Schleswig-Holstein gibt es derzeit 4 Bürgerbusvereine: Fehmarn, Ladelund, Malente und Meldorf. Weitere Bürgerbusse in Albersdorf, im Amt Burg-St. Michaelisdonn und in Kellinghusen sind im Gespräch. Auf Fehmarn betreibt der Verein bereits seit 1998 einen Bürgerbus. In Ladelund fährt seit Juli 2014 ein Bürgerbus. In Malente und Meldorf befinden sich die Vereine in der Vorbereitungsphase. Gemeinsame Erklärung der Arbeitsgemeinschaft "pro bürgerbus schleswig-holstein" vom 17. Januar 2015. Da in Schleswig-Holstein die bestehenden Strukturen des ÖPNV zunehmend nicht mehr den an sie gestellten Anforderungen gerecht werden, müssen neue Wege beschritten und in der Folge neue Strukturen geschaffen werden. Ein ausreichender ÖPNV insbesondere im ländlichen Raum ist allein durch öffentliche Mittel nicht mehr finanzierbar. Eine gute Lösung für dieses Problem sind Bürgerbusse nach dem Motto Bürger fahren für Bürger. Die ehrenamtliche Arbeit vieler Bürger vor Ort führt zu einer ausreichenden Mobilität für jedermann. Dies beweisen umfangreiche Erfahrungen aus anderen Bundesländern und bereits auch einzelne aus Schleswig-Holstein. Ein Entstehen und nachhaltiges Bestehen von Bürgerbussen kann aber nur in einem Zusammenspiel aus ehrenamtlichem Engagement und öffentlicher Förderung verwirklicht werden. Für das Land wird der Nutzen der eingesetzten öffentlichen Mittel durch die Ehrenamtlichkeit um ein Vielfaches gesteigert. Bürgerbusse ergänzen und stärken den öffentlichen Bus- und Bahnverkehr und führen zu Erhalt und Stärkung des ländlichen Raums mehr Lebensqualität im ländlichen Raum weniger CO2-Ausstoß Mobilität für Jugendliche, Senioren, Menschen mit einem körperlichen Handicap, Alleinerziehende und Familien klima- und umweltfreundlichem Tourismus Die Arbeitsgemeinschaft "pro bürgerbus schleswig-holstein" fordert eine verbindliche gesetzliche Förderung des Landes Schleswig-Holstein für den Kauf und den Betrieb eines barrierefreien Busses sowie der folgenden Ersatzbeschaffungen (wie z.b. in NRW) eine jährliche Bezuschussung der Betriebs- oder Organisationskosten ein einfaches und unbürokratisches Antragsverfahren für die Genehmigung von Bürgerbussen die Beteiligung bereits vorhandener Bürgerbusvereine bei der Gestaltung der Förderung und Erstellung eines Leitfadens für BürgerBusse einen Ansprechpartner auf Landesebene für Bürgerbusangelegenheiten Tariffreiheit der einzelnen Bürgerbusvereine Berücksichtigung regionaler Gegebenheiten eine bindende Verpflichtung der Konzessionsinhaber zur Zusammenarbeit mit den Bürgerbusvereinen Daraus haben wir die folgende Stellungnahme für die Anhörung im Wirtschaftsausschuss des Landtags Schleswig-Holstein abgeleitet:

Stellungnahme - Seite 2 1. Die Bedeutung der Bürgerbusse Bürgerbusse gehören in Schleswig-Holstein noch nicht zum Alltag. Der zurzeit älteste Bürgerbus auf Fehmarn dient zum Teil der Entwicklung einer touristischen Infrastruktur. Der Bürgerbus Sievershütten war der Anschluss zum Metropolenverkehr, indem er zur AKN-Bahn nach Kaltenkirchen fuhr. Mittlerweile wird die Buslinie von der Autokraft GmbH bedient. Jetzt entwickeln sich in unserem Bundesland neue Bürgerbusse im ländlichen Raum. Der Bürgerbus Ladelund liegt im Grenzland, Meldorf liegt in der abgeschnittenen Verkehrssackgasse Süderdithmarschen und in Malente wird eine Linie rund um die Seen entwickelt. Die Bürgerbusse sind eine Antwort auf die Unterversorgung mit Bus und Bahn. Diese Unterversorgung verstärkt den Trend zur Devastierung von Dörfern und Kleinststädten im ländlichen Raum. 1.1. Bürgerschaftliches Engagement Bürgerinnen und Bürger sind in überraschend großer Zahl bereit, unentgeltlich eigene Arbeit in die Bürgerbus-Projekte zu investieren. Sie stellen fest, dass der Dialog mit Verwaltung und Kommunen viel leichter ist als erhofft, was wiederum die Motivation sich zu engagieren stärkt. Ortsansässige Unternehmen beteiligen sich bereitwillig an der Finanzierung durch Werbemaßnahmen. Ohne diese freiwilligen Leistungen der Menschen kann kein Bürgerbus existieren und genau das unterscheidet ihn vom tariflich entgoltenen regulären öffentlichen Personennahverkehr: Bürgerbusse lassen sich nicht planerisch und verwaltungstechnisch einführen, sondern sie brauchen einen positiven Impuls nachbarschaftlich bürgerschaftlicher Selbsthilfe. In einem örtlich begrenzten Bezirk muss ein Bürgerbusverein mindestens 30 Menschen finden, die dauerhaft und regelmäßig freiwillig eigene Arbeit leisten, diese Arbeit organisieren und finanzieren, so dass die Standards eines regelmäßigen Busverkehrs eingehalten werden. 1.2. Nutzung der Bürgerbusse Bürgerbusse werden nach den Erfahrungen aus anderen Bundesländern von folgenden Personenkreisen genutzt: Menschen, die nicht fit genug sind, um Auto zu fahren, z.b. nach Arztbesuch oder Untersuchung im Krankenhaus Menschen, die Anschluss an Buslinien oder die Bahn haben wollen Menschen, die zu wenig Geld oder kein eigenes Einkommen haben und trotzdem mobil sein wollen und müssen (Migranten, Erwerbslose) Jugendlichen, die selbstständig zum Ausbildungsplatz, Musikunterricht, Sport, zu Freunden oder zum Shoppen fahren wollen Haushalte ohne Zweitwagen Menschen, für die der bisherige ÖPNV nicht barrierefrei genug ist Menschen, die vorübergehend oder endgültig keine Fahrerlaubnis haben Menschen, die ihren Lebensgefährten mit Fahrerlaubnis verloren haben oder Leuten, die auf das Auto grundsätzlich oder zeitweise verzichten wollen.

Stellungnahme - Seite 3 Eine Besonderheit in unserem Bundesland zeigt die Stadt Fehmarn, die den Bürgerbus durch Einnahmen aus dem Tourismus fördert. Hier haben wir eine Zielgruppe, die in anderen Bundesländern keine herausragende Rolle spielt: Touristen aus Großstädten, die kein Auto mehr haben wollen und Bus und Bahn benutzen und Touristen, die ihr Auto auf dem Campingplatz oder vor dem Quartier stehen lassen wollen. Es ist für Schleswig-Holstein nützlich, die bestehenden Bürgerbusse in die Werbung für den Tourismus einzubeziehen. Das gilt besonders dort, wo der Tourismus noch erst entwickelt werden muss. 1.3. Indirekter Nutzen Indirekt profitieren der gesamte öffentliche Personennahverkehr und die beteiligten Stellen der Öffentlichen Hand. Zunächst fungieren Bürgerbusse als Zubringer zu Bus und Bahn und bringen den Verkehrsunternehmen zusätzliche Fahrgäste. Die gelegentlich geäußerte Befürchtung der Taxiverbände, ihnen ginge Kundschaft verloren, kann nicht belegt werden. Im Gegenteil profitiert das Taxigewerbe vom Bürgerbus in gleicher Weise wie vom gesamten öffentlichen Personennahverkehr. In manchen Regionen wird auch ein Taxi gerufen, wenn die Zahl der Plätze im Bürgerbus nicht ausreicht. Da beim Bürgerbus viele Menschen mitwirken, hat sein Betrieb eine breite und ausgesprochen positive Wirkung auf die Akzeptanz des ÖPNV. Es verbessert sich das Verständnis dafür, wie der Bus- und Bahnverkehr organisiert ist, und die Anerkennung der Leistungen von Beschäftigten bei Bus und Bahn wächst. 2. Finanzierung Für die Finanzierung ist zu unterscheiden: Finanzierung der Anschaffungskosten Finanzierung des laufenden Betriebs Bürgerbusse finanzieren sich in der Regel aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden staatlichen Fördermitteln Erlöse aus Fahrkartenverkauf Erlöse aus Werbung Verlustabdeckung durch die Kommunen Zuschüssen aus speziellen Abgaben wie zum Beispiel der Tourismusabgabe

Stellungnahme - Seite 4 2.1. Anschaffungskosten Man muss bei der Anschaffung eines BürgerBusses auf eine bequeme Einstiegshöhe für Gehbehinderte ohne Rollstuhl achten. Wer zum Beispiel Unterarmgehhilfen oder Rollator benötigt, hat größere Probleme beim Einsteigen. Teil- oder Vollniederflurbusse mit acht Sitzen und separater Stellfläche für Rollstuhl oder Gehhilfe sind auf dem Markt ab etwa 75.000 bis 95.000 plus Mehrwertsteuer zu bekommen. Hinzu kommen die Kosten für die technische Ausstattung für Fahrkartendruck und Abrechnung, Werbedisplays und ähnliches. Die konkreten Kosten für die Anschaffung eines Bürgerbusses sind abhängig von den Anforderungen, die Kommune, Kreis oder Land und das Publikum an die Einrichtung einer solchen Bürgerbuslinie stellen. Wird die Eingliederung in einen Gemeinschaftstarif gefordert, sind die Kosten für Technik und Ausbildung höher. Insgesamt betragen die Investitionen für einen Bürgerbus 100.000 bis 120.000. Die Anfangsinvestitionen für ein neues Bürgerbusprojekt sind zum großen Teil durch EU-Fördermittel möglich. Die Ersatzbeschaffungen allerdings nicht mehr. Die kalkulierte Nutzungsdauer eines BürgerBusses beträgt 5 bis 7 Jahre - je nach anfallender Kilometerleistung. 2.2. Der laufende Betrieb Für den laufenden Betrieb fallen jährlich etwa 20.000 für Steuern, Versicherungen, Stellplatz,Strom, Reparaturen, Verwaltung, Marketing und Fahrerlaubnisse zur Fahrgastbeförderung an. Hinzu kommen die variablen Kosten für die gefahrenen Kilometer. Als Zielvorstellung sollten die Kosten pro Kilometer aus den Einnahmen für Fahrscheine gedeckt werden. Den jährlich anfallenden Kosten sollten Erlöse aus Werbung, Spenden und Beiträgen sowie aus öffentlichen Mitteln gegenüber stehen, um eine Kostendeckung zu erreichen. 2.3. Bedarf an öffentlichen Zuschüssen Je nach Wirtschaftskraft der Region kann ein Bürgerbus mit eigenen Mitteln versorgt werden. Stark nachgefragte Bürgerbusse können ihre laufenden Kosten mit eigenen Einnahmen decken, sofern ausreichend Werbepartner und Sponsoren gewonnen werden konnten. Auch wenn lokal Mittel aus Abgaben für den Fremdenverkehr für verbilligte Fahrkarten genutzt werden können, so sind dies keine Subventionen für Bürgerbusse. Es sind Subventionen für den Öffentlichen Personennahverkehr und müssten auch bei normalem ÖPNV zur Fremdenverkehrswerbung eingesetzt werden, wie dies zum Beispiel bei dem Ortsbus in Sankt Peter-Ording geschieht. Bürgerbusvereine haben selbst günstigen Fällen lokaler Mittel Probleme, einen barrierefreien Ersatzbedarf zu finanzieren, was die weitere Existenz des Bürgerbusses gefährdet. Gemäß 4 des Behindertengleichstellungsgesetzes soll bei der Einrichtung des ÖPNV auf Barrierefreiheit in Verkehrsmitteln geachtet werden. Nimmt man dieses Gebot ernst, dann ist ein leichter Einstieg in den Bus anzustreben. Barrierefreie Busse sind mit einer einfach auszuklappenden Rampe zugänglich, so dass der stufenlose Einstieg auch für Menschen mit Gehhilfen leicht möglich ist. Die öffentlichen Zuschüsse sollten so hoch sein, dass zumindest ein barrierefreies Niederflurfahrzeug angeschafft werden kann.

Stellungnahme - Seite 5 Im Verkehrsverbund Bremen Niedersachsen VBN erhalten Bürgerbusvereine für die Anschaffung des Busses 65.000 vom Land Niedersachsen sowie vom ZVBN zusätzlich 25.000. Damit sichern Land und VBN gemeinsam einen stabilen Bürgerbusbetrieb, der als sinnvolle Ergänzung zum Basisbetrieb gesehen und gefördert wird. Alle Beteiligten dort betrachten den Bürgerbus als Stärkung des tariflich gesicherten Bus- und Bahnverkehr. In Nordrhein-Westfalen werden barrierefreie Bürgerbusse mit 55.000 bezuschusst. Nach 7 oder auch nach 5 Jahren, wenn die Laufleistung des Bürgerbusses entsprechend hoch ist, wird die Ersatzbeschaffung mit 50.000 gefördert. Dazu kommen 5.000 jährlich als Organisationspauschale. 3. Tariffreiheit Es sollte eine einfache und unbürokratische Lösung geben, Inseltarife in den Schleswig-Holstein-Tarif einzubinden. Es gibt in der Region insgesamt 1406 unterschiedliche Preisstufen, die nach dem SH- Tarif zur Verfügung stehen. Sogar professionelle Busfahrer geraten schnell an ihre Grenzen. Einem ehrenamtlichen Fahrer sollte man seine Tätigkeit nicht unnötig erschweren und ihn im Extremfall dadurch davon abhalten, zu fahren. Daher ist es für Bürgerbusvereine erforderlich, dass ein Inseltarif im Rahmen des SH-Tarifs grundsätzlich zulässig ist. Auch die Abrechnung in Verkehrsverbünden lässt oft lange auf sich warten, manchmal dauert es drei bis fünf Jahre, bis die Gelder fließen. Einzelne Verkehrsunternehmen federn den Liquiditätsbedarf ab, andere nicht. In jedem Fall sollte es eine transparente Regelung im Tarifgebiet des SH-Tarifs geben. In der Abrechnung ist die Regel des Verkehrsverbunds Bremen Niedersachsen vorbildlich bürgerfreundlich. 4. Rahmenbedingungen und Beratung Ein Kompetenz-Zentrum des Landes sollte alle ergänzenden Formen des ÖPNV mit der Dokumentation von Best-Practice-Modellen darstellen. Im Sinne einer aktiven Bürgerbeteiligung und konstruktiver Unterstützung durch bürgerschaftliches Engagement vor Ort sollte das Land einheitliche Rahmenbedingungen schaffen und sich an den erfolgreichen Modellen in anderen Bundesländern orientieren. Dabei sollten regionale Gegebenheiten und Besonderheiten immer Berücksichtigung finden können, denn jedes Bürgerbusprojekt erfordert eine spezielle Lösung. Nach den Erfahrungen in anderen Bundesländern ist eine zusätzliche Beratung und Unterstützung der Bürgerbusvereine auf Gegenseitigkeit sehr erfolgreich. Insbesondere an der dünn besiedelten Westküste findet der Bürgerbus als Lösung für Mobilitätslücken große Zustimmung. Im Kreistag Dithmarschen wurde das Thema kürzlich gemeinsam mit der Aktivregion, dem Lizenzinhaber, pro bürgerbus schleswigholstein, Bürgerbusvereinen und Bürgermeistern besprochen. Die Resonanz und das Interesse in den Dörfern ist groß und die Anfragen bringen die engagierten Vereine an die Grenze ihrer Leistungskraft.