7/2013. DeutscherAnwaltVerein. Juli (AnwBl Online) Schons: 2. KostRMoG Wunschlos glücklich? 252



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Transkript:

DeutscherAnwaltVerein 7/2013 Juli (AnwBl Online) Magazin Das neue Kostenrecht Volker Heinz 2013 was wird jetzt wichtig Der Grenzgänger für Anwältinnen und Anwälte Editorial Schons: 2. KostRMoG Wunschlos glücklich? 252 Aufsätze Reckin: Überblick 2. KostRMoG 253 Schneider/Thiel: Zivilsachen 259 Mayer: Sozial-, Verwaltungs- und Arbeitsrecht 270 Schneider/Thiel: Familiensachen 277 Schneider: Straf- und Bußgeldsachen 286 Schneider/Thiel: GKG, FamGKG, JVEG 298 Wudy: Notarkostenrecht 305 Mayer: Vergütungsvereinbarung Beratungshilfe 311 Service Tabellen 256 258

MN Editorial Wunschlos glücklich? Herbert P. Schons, Duisburg Rechtsanwalt und Notar, Herausgeber des Anwaltsblatts Man sagt, es gebe zwei tragische Momente im Leben eines Menschen: Wenn ein sehnlicher Wunsch nicht erfüllt wird, aber auch dann, wenn er erfüllt wird. Das 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz könnte in beide Kategorien fallen. Der Wunsch nach einer maßvollen (aber spürbaren) Gebührenanpassung wurde erfüllt. Der zweite Wunsch, den Zugang zum Recht auch finanziell verkraftbar zu gewährleisten, scheint eher gescheitert zu sein. Als der ehemalige Präsident des DAV Rechtsanwalt Hartmut Kilger bereits im Jahre 2008 eine Gebührenanpassung in Höhe von mindestens 15 Prozent einforderte, fand dies auch unter Anwälten nicht den ungeteilten Beifall. Eine solche Forderung hielten viele vier Jahre nach Inkrafttreten des RVG für verfrüht. Tatsächlich hat es dann aber die von Kilger so realistisch eingeschätzten fünf Jahre gedauert, bis dem berechtigten Begehren der Anwaltschaft entsprochen wurde. Und es wurde wohl die wundersamste Gebührenanpassung aller Zeiten. Während anfangs die Politik noch eher brüsk ablehnte, wurden die ersten Entwürfe aus dem Bundesjustizministerium allseits teilnahmslos bis wohlwollend zur Kenntnis genommen. Selbst aus der Versicherungswirtschaft war kein Widerstand zu vermelden und die notwendige und deutlich geäußerte Kritik der Anwaltschaft, im Schulterschluss von DAV und BRAK vertreten, an den ersten Entwürfen wurde gehört. Der negative Erfüllungsaufwand der neuen Gebührentabelle wurde weitestgehend beseitigt und die angedachte Verstümmelung von 14 RVG wurde vermieden. Und auch die Wiedergeburt der längst vergessenen Mittelgebühr von 0,9 wurde ebenfalls in letzter Minute verhindert. Der jetzt Gesetz werdende Text, jedenfalls des RVG, kann sich bis auf wenige Ausnahmen wahrlich sehen lassen, zumal er mit Augenmaß auch die Interessen des rechtssuchenden Publikums im Auge behält. Mit der Anpassung der Anwaltsgebühren geht aber eine dramatische Erhöhung der Gerichtskosten einher, die wahrscheinlich höchste seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland. Trotz des auch im weltweiten Vergleich beeindruckenden Kostendeckungsgrades von fast 50 Prozent haben die Länder im Vermittlungsausschuss eine Gerichtsgebührenerhöhung von rund 20 Prozent durchsetzen können, die eigentlich sogar der anvisierten Maximalforderung von knapp 30 Prozent entspricht, wenn man bei den Gerichtsgebühren so rechnet, wie bei der Ermittlung der Anwaltsgebühren (dort 20 Prozent Erhöhung abzüglich neun Prozent wegen bereits eingetretener Erhöhung durch inflationsbedingte Streitwerterhöhung ). Man kann nur hoffen, dass der Respekt, den auch einige unserer Berufskollegen dem Verhandlungsgeschick und der Verhandlungshärte der Ländervertreter zollen werden, uns in Kürze nicht im Halse stecken bleibt, wenn sich Bürger und Unternehmen (!) den Zugang zum Recht nicht mehr leisten können oder wollen. Aus den Siegern von heute, und nicht nur aus diesen, könnten Verlierer werden. Die Zukunft wird es weisen, ob der Tag des Inkrafttretens des Gesetzes dann im Nachhinein als Anlass zur reinen Freude bewertet werden kann oder ob sich nicht ein zumindest leicht bitterer Beigeschmack einstellt. AnwBl Online 2013 252

Anwaltsvergütung 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz Was bringt es den Anwälten? Die wichtigsten Änderungen übersichtlich zusammengestellt Ass. jur. Sabrina Reckin, Berlin Nach einem langen und steinigen Weg ist das Ziel erreicht: Seit 2008, also seit nunmehr gut fünf Jahren, hat sich der DAV für eine Anhebung der gesetzlichen Rechtsanwaltsvergütung stark gemacht. Am 05.07.2013 war es nun endlich soweit: Der Bundesrat hat das vom Bundestag beschlossene 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz, das auch die Anhebung der Rechtsanwaltsvergütung enthält, gebilligt, nachdem aufgrund von Querelen mit den Ländern wegen der Änderungen im Prozesskosten- und Beratungshilferecht zunächst noch der Umweg über den Vermittlungsausschuss genommen werden musste. Das Gesetz tritt am ersten Tag des auf die Verkündung folgenden Kalendermonats in Kraft. Mit der Verkündung wird noch im Laufe des Juli gerechnet. Die Autorin stellt die für die Anwaltspraxis wichtigsten Änderungen im RVG in einem knappen Überblick vor. Der Beitrag wird ergänzt durch die vertiefenden Darstellungen in den Aufsätzen in dieser Ausgabe. Am Ende des Beitrags finden sich die neuen Tabellen nach 13 1 und 49 RVG 2 und nach 34 GKG/ 28 FamGKG. 3 Das 2. KostRMoG ist ein umfangreiches Gesetzespaket und sieht die Änderung zahlreicher Gesetze zur Anhebung von Kosten und Gebühren vor. Die Reform umfasst dabei auch zahlreiche Anpassungen bei der gesetzlichen Rechtsanwaltsvergütung, in erster Linie eine Anhebung der Gebührentabelle, aber auch zahlreiche strukturelle Änderungen, die zu einer Erhöhung der Vergütung führen sollen. Das volumen der Gebührenerhöhungen soll gut 14 Prozent betragen. Die Anhebungen sind auf die verschiedenen Gebühren unterschiedlich verteilt. In diesem Beitrag sollen einige der beschlossenen Neuerungen kurz vorgestellt werden. Eine umfassende Darstellung würde den Rahmen bei Weitem sprengen, denn Artikel 8 umfasst 198 Ziffern zur Änderung des RVG. I. Lineare Gebührenanpassung 1. Wertgebühren Im Vordergrund steht bei den Wertgebühren zunächst eine Anpassung der Tabellen in den 13 und 49 RVG an die Tabelle A des neuen GNotKG. Dies führt zu einer geänderten Struktur der bisherigen Gegenstandswertstufen. Die erste Wertstufe reicht künftig bis 500 Euro, die einfache Gebühr beträgt hier 45 Euro. Bis zu einem Wert von 2.000 Euro erfolgt die Staffelung in 500 Euro-Stufen mit einer Anhebung um jeweils 35 Euro, bis 10.000 Euro folgen 1.000 Euro-Stufen mit Gebührenschritten von jeweils 51 Euro. Da der Gesetzgeber bei den Wertgebühren davon ausgeht, dass sich die Gegenstandswerte zwischen 2004 und heute im Hinblick auf die Verbraucherpreisentwicklung um rund 9 Prozent erhöht haben, wurde hier eine weitere Anhebung in 13 RVG um rund 12 Prozent vorgenommen. Durch die neue Staffelung hat dies eine sehr unterschiedliche Veränderung der einzelnen Gebührenbeträge zur Folge: Die Steigerung beträgt je nach Wertstufe zwischen knapp 1 Prozent bis zu 80 Prozent. Eine Wertstufe ist allerdings auch von einer Absenkung betroffen. Bei der Tabelle des 49 RVG für die PKH-Gebühren wird eine Erhöhung von insgesamt rund 15 Prozent angenommen. Hervorzuheben ist hier, dass die Einstiegsgebührenstufe für die reduzierte PKH-Vergütung bei Werten von über 3.000 Euro auf über 4.000 Euro angehoben wird. Dies hat zur Folge, dass bei einem Wert von 4.000 Euro die einfache Gebühr für den PKH-Anwalt von bisher 204 Euro auf 252 Euro, mithin um rund 23,5 Prozent, steigt. Die Kappungsgrenze liegt unverändert bei Werten über 30.000 Euro. 2. Betragsrahmengebühren Da sich die Streitwertentwicklung bei den Betragsrahmengebühren nicht auswirkt, wird hier eine Erhöhung um rund 19 Prozent vorgenommen. Die Beträge der einzelnen Gebühren werden grundsätzlich auf volle 10 Euro gerundet. Die daraus resultierende teilweise stärkere Erhöhung der Mindestgebühren wird durch entsprechende Abrundungen bei den Höchstgebühren wieder ausgeglichen. Die Höchstgebühren bei den Gebührenrahmen mit Zuschlag sind um genau 25 Prozent erhöht. 3. Festgebühren Bei den Festgebühren steigt die Mindestgebühr von 10 auf 15 Euro. In Teil 2 Abschnitt 5 wird die Beratungshilfe- sowie Beratungsgebühr um jeweils fünf Euro, die Geschäftsgebühr in der Beratungshilfe um 15 Euro angehoben. Auch die Gebühren für die Tätigkeit in der Schuldenbereinigung steigen hier je nach Anzahl der Gläubiger deutlich. II. Gegenstandswerte Weitere Änderungen wurden auch bei den Streit- beziehungsweise Gegenstandswerten vorgenommen. Die im RVG geregelten Gegenstandswerte waren seit 1994 mit Ausnahme der Umstellung auf Euro unverändert. Der Auffangwert in 23 Abs. 3 RVG wird nun an den des 52 Abs. 2 GKG angeglichen und auf 5.000 Euro angehoben. Eine besonders signifikante Erhöhung ergibt sich in den Asylverfahren. In Angleichung an die übrigen Auffangwerte erfolgt eine Anhebung des Wertes in Verfahren nach dem Asylverfahrensgesetz einheitlich auf 5.000 Euro, die Unterscheidung in Klageverfahren, die die Asylanerkennung einschließlich der Feststellung von Abschiebungshindernissen betreffen (bisher 3.000 Euro) und sonstigen Klageverfahren (bisher 1.500 Euro) entfällt. In einem Asylanerkennungsverfahren steigt damit die einfache Gebühr von 189 Euro um ca. 60 Prozent auf 303 Euro. In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes beträgt der Wert 2.500 Euro. 1 Siehe die neue Tabelle in dieser Ausgabe, AnwBl Online 2013, 256. 2 Siehe die neue Tabelle in dieser Ausgabe, AnwBl nline 2013, 258. 3 Siehe die neue Tabelle in dieser Ausgabe, AnwBl Online 2013, 257. 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz Was bringt es den Anwälten?, Reckin AnwBl Online 2013 253

Auch in den Kostengesetzen werden einige Streitwerte angehoben, die über 23 Abs. 1 RVG auch für die Rechtsanwaltsgebühren Anwendung finden. Der Mindeststreitwert für Verfahren in der Finanzgerichtsbarkeit ( 52 Abs. 4 GKG) steigt von 1.000 auf 1.500 Euro, der Mindestverfahrenswert in Ehesachen, seit 1976 nicht mehr angepasst, von 2.000 auf 3.000 Euro. In einem Scheidungsverfahren mit mündlicher Verhandlung führt dies zu einer Anhebung der Mindestvergütung von 332,50 Euro auf 502,50 Euro zuzüglich Auslagen/Umsatzsteuer. III. Strukturelle Änderungen 1. Angelegenheiten In einigen Bereichen ist umstritten, ob es sich um dieselbe oder verschiedene Angelegenheiten handelt. Hier will das Gesetz zumindest teilweise Klarheit schaffen. Insbesondere wird nunmehr ausdrücklich geregelt, dass das Verfahren über ein Rechtsmittel und der vorausgegangene Rechtszug verschiedene Angelegenheiten sind. Damit wird die bisherige Unterscheidung zwischen verschiedenen Angelegenheiten einerseits und verschiedenen Rechtszügen andererseits aufgegeben. Umstritten war auch, ob das strafrechtliche Ermittlungsverfahren einerseits und das nachfolgende gerichtliche Verfahren sowie das sich nach einer Einstellung anschließende Bußgeldverfahren andererseits dieselbe Angelegenheit sind. Das gleiche Problem bestand für das Bußgeldverfahren vor der Verwaltungsbehörde und das nachfolgende gerichtliche Verfahren. Der BGH hatte den Streit jüngst dahingehend entschieden, dass nur eine Angelegenheit vorliegt. 4 Der Gesetzgeber sah das anders und stellt klar, dass jeweils verschiedene Angelegenheiten gegeben sind. Dieselbe Frage wird auch bezüglich des Beschwerde- beziehungsweise Erinnerungsverfahrens gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss beantwortet. Bisher war strittig, ob unter anderem die Erinnerung gegen eine Festsetzung beispielsweise durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle in sozial-, verwaltungs- und strafrechtlichen Verfahren gesondert zu berücksichtigen ist oder dies nur bei Festsetzungen durch den Rechtspfleger gilt. Künftig fällt hier eine zusätzliche Vergütung an. 2. Zusatzgebühr für Beweisaufnahmen Für besonders umfangreiche Beweisaufnahmen mit mindestens drei gerichtlichen Terminen, in denen Sachverständige oder Zeugen vernommen werden, wird eine Zusatzgebühr von 0,3 beziehungsweise 30 Prozent eingeführt (Nr. 1010 VV RVG n. F.). Die Gebühr soll für den durch besonders umfangreiche Beweisaufnahmen anfallenden Mehraufwand entstehen. 3. Einigungsgebühr Der Meinungsstreit, ob bei einer Ratenzahlungsvereinbarung über eine unstreitige oder bereits titulierte Forderung eine Einigungsgebühr (Nr. 1000 VV RVG n. F.) anfällt, wurde zum Positiven entschieden. Im gleichen Zuge wird allerdings mit dem neuen 31 b RVG eine Wertregelung eingeführt, wonach der Gegenstandswert pauschal 20 Prozent des Anspruchs beträgt, wenn Gegenstand der Einigung nur eine Zahlungsvereinbarung ist. Bisher war dieser im jeweiligen Einzelfall nach dem Interesse an der Zahlungsvereinbarung zu bestimmen. Bei den in sozialrechtlichen Angelegenheiten anfallenden Betragsrahmengebühren führte die Bewertung der Einigungsgebühr nach den Kriterien des 14 RVG bisher häufig zu umfangreichen Streitigkeiten mit den Gerichten. Diese sollen künftig vermieden werden, indem die Einigungsgebühr nunmehr an die konkret angefallene Geschäfts- oder Verfahrensgebühr anknüpft. 4. Echte Anrechnungslösung Der derzeit unterschiedliche Rahmen für die Geschäfts- und Verfahrensgebühr bei Vorbefassung in sozial- und verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten wird abgeschafft und auf eine echte einheitliche Anrechnungslösung umgestellt. Dies hat Auswirkungen auf die Kostenerstattung, da künftig auch hier 15 a Abs. 2 RVG Anwendung findet. Auch das absurde Problem, dass der im Widerspruchsverfahren tätige und hierfür Beratungshilfegebühren verdienende Rechtsanwalt bei Tätigkeit im anschließenden gerichtlichen Verfahren aufgrund des dann verminderten Rahmens insgesamt weniger an Gebühren erhält als der ausschließlich im gerichtlichen Verfahren beauftragte Rechtsanwalt, ist damit hinfällig. 5. Terminsgebühr Vorbemerkung 3 Abs. 3 VV RVG zur Entstehung der Terminsgebühr wurde neu gefasst. Zum einen soll damit sichergestellt werden, dass künftig auch Anhörungstermine in den Anwendungsbereich fallen. Zum anderen soll geklärt werden, dass die Terminsgebühr für die Mitwirkung an auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten außergerichtlichen Besprechungen unabhängig davon entsteht, ob für das gerichtliche Verfahren eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist. In der Rechtsprechung war dies bisher umstritten. Somit kann für solche außergerichtlichen Besprechungen künftig beispielsweise auch in Eilverfahren eine Terminsgebühr abgerechnet werden. 6. Aufwertung Beschwerdeverfahren Die Beschwerdeverfahren gegen Entscheidungen wegen des Hauptgegenstandes werden in allen Verfahren nach dem FamFG und im einstweiligen Rechtsschutz in den öffentlichrechtlichen Gerichtsbarkeiten aufgewertet, indem der Anwendungsbereich der für die Berufung und Revision geltenden Gebührenvorschriften auf Beschwerden und Rechts- 4 Vgl. BGH AnwBl 2013, 234 ff. Anzeige 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz -- Was bringt es den Anwälten?, Reckin AnwBl Online 2013 254

beschwerden wegen des Hauptgegenstands erweitert wird. Derzeit fällt hier teilweise nur eine reduzierte Verfahrensgebühr nach Nr. 3500 und 3501 VV RVG an, obwohl das Beschwerdegericht eine vollständige Nachprüfung in sachlicher und rechtlicher Hinsicht vornimmt und der Rechtsanwalt entsprechend vortragen muss. Künftig kann somit für Beschwerden in Eilverfahren und Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit anstelle einer 0,5- eine 1,6-Verfahrensgebühr abgerechnet werden. Bei den Betragsrahmengebühren im sozialgerichtlichen Bereich fällt nun ausgehend von einer Mittelgebühr statt einer Verfahrensgebühr von 87,50 Euro (Nr. 3501 VV RVG) eine Gebühr von 370 Euro (Nr. 3204 VV RVG n. F.) an. Die niedrigeren Gebühren für einfache Beschwerden sollen nur noch für die rechtliche Überprüfung von Nebenentscheidungen Anwendung finden. V. Fazit Ins Auge springt natürlich zunächst die lineare Gebührenanhebung. Es lohnt jedoch, sich auch mit den übrigen Änderungen bei der gesetzlichen Rechtsanwaltsvergütung durch das 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz zu beschäftigen, denn teilweise stecken nicht unerhebliche Verbesserungen im Detail. Dieser Beitrag kann dabei nur einen ersten groben Überblick geben. 7. Beiordnungsumfang ( 48 RVG) Bei der Erstreckung der Beiordnung in Ehesachen auf den Abschluss eines Vertrages im Sinne des Nr. 1000 VV RVG hing die Höhe der aus der Landeskasse festzusetzenden Gebühren im Rahmen der Verfahrenskostenhilfe bisher davon ab, in welchem OLG-Bezirk das Verfahren geführt wurde. Während einige Oberlandesgerichte alle durch den Mehrvergleich anfallenden Gebühren vergütet haben, haben andere die Verfahrensdifferenz- und/oder die Terminsdifferenzgebühr von der Erstattung ausgenommen und schlimmstenfalls ausschließlich die Einigungsgebühr festgesetzt. Nunmehr wurde endgültig geklärt, dass alle durch die Einbeziehung der in 48 Abs. 3 RVG n. F. aufgeführten Regelungsgegenstände anfallenden Gebühren von der bewilligten Verfahrenskostenhilfe umfasst sind. Darüber hinaus wurde gesetzlich fixiert, dass in sozialrechtlichen Angelegenheiten, in denen Betragsrahmengebühren entstehen, sich die Beiordnung auf alle Tätigkeiten ab dem Zeitpunkt der Beantragung der Prozesskostenhilfe sowie auf die gesamte Tätigkeit im Verfahren über die Prozesskostenhilfe einschließlich der vorbereitenden Tätigkeit erstreckt, wenn vom Gericht nichts anderes bestimmt ist. Einige Gerichte ließen den dabei getätigten, in der Regel nicht unwesentlichen Aufwand bei der Festsetzung der Rahmengebühr unberücksichtigt und legten nur die Tätigkeit ab der Bewilligung zugrunde. 8. Pauschgebühr ( 42, 51 RVG) Bei Schaffung des RVG war die zu BRAGO-Zeiten mögliche Festsetzung einer Pauschgebühr in Freiheitsentziehungsund Unterbringungssachen entfallen. Dies wurde nun durch eine entsprechende Ergänzung der 42, 51 RVG korrigiert. Somit kann künftig in allen Verfahren nach Teil 6 Abschnitt 3, auch bei Unterbringungsmaßnahmen nach 151 Nr. 6 und 7 FamFG, eine Pauschgebühr bewilligt werden. IV. Anwendbarkeit Die Übergangsregelung in 60 RVG bleibt weitestgehend unverändert: Die Neuregelungen gelten daher für Aufträge, Beiordnungen und Bestellungen, die ab dem Tag des Inkrafttretens erfolgen. Mandate, für die vor diesem Tag ein unbedingter Auftrag erteilt wurde, sind nach den bisherigen Regelungen abzurechnen. Sabrina Reckin, Berlin Die Autorin ist Assessorin und wissenschaftliche Mitarbeiterin beim Deutschen Anwaltverein. Leserreaktionen an anwaltsblatt@anwaltverein.de. 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz Was bringt es den Anwälten?, Reckin AnwBl Online 2013 255

Tabelle nach 13 RVG Gegenstandswert 1,0 0,3 0,4 0,5 0,7 0,8 1,1 1,2 1,3 1,5 1,6 bis... Euro 500 45,00 13,50* 18,00 22,50 31,50 36,00 49,50 54,00 58,50 67,50 72,00 1.000 80,00 24,00 32,00 40,00 56,00 64,00 88,00 96,00 104,00 120,00 128,00 1.500 115,00 34,50 46,00 57,50 80,50 92,00 126,50 138,00 149,50 172,50 184,00 2.000 150,00 45,00 60,00 75,00 105,00 120,00 165,00 180,00 195,00 225,00 240,00 3.000 201,00 60,30 80,40 100,50 140,70 160,80 221,10 241,20 261,30 301,50 321,60 4.000 252,00 75,60 100,80 126,00 176,40 201,60 277,20 302,40 327,60 378,00 403,20 5.000 303,00 90,90 121,20 151,50 212,10 242,40 333,30 363,60 393,90 454,50 484,80 6.000 354,00 106,20 141,60 177,00 247,80 283,20 389,40 424,80 460,20 531,00 566,40 7.000 405,00 121,50 162,00 202,50 283,50 324,00 445,50 486,00 526,50 607,50 648,00 8.000 456,00 136,80 182,40 228,00 319,20 364,80 501,60 547,20 592,80 684,00 729,60 9.000 507,00 152,10 202,80 253,50 354,90 405,60 557,70 608,40 659,10 760,50 811,20 10.000 558,00 167,40 223,20 279,00 390,60 446,40 613,80 669,60 725,40 837,00 892,80 13.000 604,00 181,20 241,60 302,00 422,80 483,20 664,40 724,80 785,20 906,00 966,40 16.000 650,00 195,00 260,00 325,00 455,00 520,00 715,00 780,00 845,00 975,00 1.040,00 19.000 696,00 208,80 278,40 348,00 487,20 556,80 765,60 835,20 904,80 1.044,00 1.113,60 22.000 742,00 222,60 296,80 371,00 519,40 593,60 816,20 890,40 964,60 1.113,00 1.187,20 25.000 788,00 236,40 315,20 394,00 551,60 630,40 866,80 945,60 1.024,40 1.182,00 1.260,80 30.000 863,00 258,90 345,20 431,50 604,10 690,40 949,30 1.035,60 1.121,90 1.294,50 1.380,80 35.000 938,00 281,40 375,20 469,00 656,60 750,40 1.031,80 1.125,60 1.219,40 1.407,00 1.500,80 40.000 1.013,00 303,90 405,20 506,50 709,10 810,40 1.114,30 1.215,60 1.316,90 1.519,50 1.620,80 45.000 1.088,00 326,40 435,20 544,00 761,60 870,40 1.196,80 1.305,60 1.414,40 1.632,00 1.740,80 50.000 1.163,00 348,90 465,20 581,50 814,10 930,40 1.279,30 1.395,60 1.511,90 1.744,50 1.860,80 65.000 1.248,00 374,40 499,20 624,00 873,60 998,40 1.372,80 1.497,60 1.622,40 1.872,00 1.996,80 80.000 1.333,00 399,90 533,20 666,50 933,10 1.066,40 1.466,30 1.599,60 1.732,90 1.999,50 2.132,80 95.000 1.418,00 425,40 567,20 709,00 992,60 1.134,40 1.559,80 1.701,60 1.843,40 2.127,00 2.268,80 110.000 1.503,00 450,90 601,20 751,50 1.052,10 1.202,40 1.653,30 1.803,60 1.953,90 2.254,50 2.404,80 125.000 1.588,00 476,40 635,20 794,00 1.111,60 1.270,40 1.746,80 1.905,60 2.064,40 2.382,00 2.540,80 140.000 1.673,00 501,90 669,20 836,50 1.171,10 1.338,40 1.840,30 2.007,60 2.174,90 2.509,50 2.676,80 155.000 1.758,00 527,40 703,20 879,00 1.230,60 1.406,40 1.933,80 2.109,60 2.285,40 2.637,00 2.812,80 170.000 1.843,00 552,90 737,20 921,50 1.290,10 1.474,40 2.027,30 2.211,60 2.395,90 2.764,50 2.948,80 185.000 1.928,00 578,40 771,20 964,00 1.349,60 1.542,40 2.120,80 2.313,60 2.506,40 2.892,00 3.084,80 200.000 2.013,00 603,90 805,20 1.006,50 1.409,10 1.610,40 2.214,30 2.415,60 2.616,90 3.019,50 3.220,80 230.000 2.133,00 639,90 853,20 1.066,50 1.493,10 1.706,40 2.346,30 2.559,60 2.772,90 3.199,50 3.412,80 260.000 2.253,00 675,90 901,20 1.126,50 1.577,10 1.802,40 2.478,30 2.703,60 2.928,90 3.379,50 3.604,80 290.000 2.373,00 711,90 949,20 1.186,50 1.661,10 1.898,40 2.610,30 2.847,60 3.084,90 3.559,50 3.796,80 320.000 2.493,00 747,90 997,20 1.246,50 1.745,10 1.994,40 2.742,30 2.991,60 3.240,90 3.739,50 3.988,80 350.000 2.613,00 783,90 1.045,20 1.306,50 1.829,10 2.090,40 2.874,30 3.135,60 3.396,90 3.919,50 4.180,80 380.000 2.733,00 819,90 1.093,20 1.366,50 1.913,10 2.186,40 3.006,30 3.279,60 3.552,90 4.099,50 4.372,80 410.000 2.853,00 855,90 1.141,20 1.426,50 1.997,10 2.282,40 3.138,30 3.423,60 3.708,90 4.279,50 4.564,80 440.000 2.973,00 891,90 1.189,20 1.486,50 2.081,10 2.378,40 3.270,30 3.567,60 3.864,90 4.459,50 4.756,80 470.000 3.093,00 927,90 1.237,20 1.546,50 2.165,10 2.474,40 3.402,30 3.711,60 4.020,90 4.639,50 4.948,80 500.000 3.213,00 963,90 1.285,20 1.606,50 2.249,10 2.570,40 3.534,30 3.855,60 4.176,90 4.819,50 5.140,80 550.000 3.363,00 1.008,90 1.345,20 1.681,50 2.354,10 2.690,40 3.699,30 4.035,60 4.371,90 5.044,50 5.380,80 600.000 3.513,00 1.053,90 1.405,20 1.756,50 2.459,10 2.810,40 3.864,30 4.215,60 4.566,90 5.269,50 5.620,80 650.000 3.663,00 1.098,90 1.465,20 1.831,50 2.564,10 2.930,40 4.029,30 4.395,60 4.761,90 5.494,50 5.860,80 700.000 3.813,00 1.143,90 1.525,20 1.906,50 2.669,10 3.050,40 4.194,30 4.575,60 4.956,90 5.719,50 6.100,80 750.000 3.963,00 1.188,90 1.585,20 1.981,50 2.774,10 3.170,40 4.359,30 4.755,60 5.151,90 5.944,50 6.340,80 800.000 4.113,00 1.233,90 1.645,20 2.056,50 2.879,10 3.290,40 4.524,30 4.935,60 5.346,90 6.169,50 6.580,80 850.000 4.263,00 1.278,90 1.705,20 2.131,50 2.984,10 3.410,40 4.689,30 5.115,60 5.541,90 6.394,50 6.820,80 900.000 4.413,00 1.323,90 1.765,20 2.206,50 3.089,10 3.530,40 4.854,30 5.295,60 5.736,90 6.619,50 7.060,80 950.000 4.563,00 1.368,90 1.825,20 2.281,50 3.194,10 3.650,40 5.019,30 5.475,60 5.931,90 6.844,50 7.300,80 1.000.000 4.713,00 1.413,90 1.885,20 2.356,50 3.299,10 3.770,40 5.184,30 5.655,60 6.126,90 7.069,50 7.540,80 * Mindesgebühr nach 13 Abs. 2 RVG beträgt 15,00 Euro. Tabelle nach 13 RVG AnwBl Online 2013 256

Tabelle nach 34 GKG/ 28 FamGKG Streitwert bis... Euro 1,0 0,5 1,5 2,0 3,0 4,0 500 35,00 17,50* 52,50 70,00 105,00 140,00 1.000 53,00 26,50* 79,50 106,00 159,00 212,00 1.500 71,00 35,50 106,50 142,00 213,00 284,00 2.000 89,00 44,50 133,50 178,00 267,00 356,00 3.000 108,00 54,00 162,00 216,00 324,00 432,00 4.000 127,00 63,50 190,50 254,00 381,00 508,00 5.000 146,00 73,00 219,00 292,00 438,00 584,00 6.000 165,00 82,50 247,50 330,00 495,00 660,00 7.000 184,00 92,00 276,00 368,00 552,00 736,00 8.000 203,00 101,50 304,50 406,00 609,00 812,00 9.000 222,00 111,00 333,00 444,00 666,00 888,00 10.000 241,00 120,50 361,50 482,00 723,00 964,00 13.000 267,00 133,50 400,50 534,00 801,00 1.068,00 16.000 293,00 146,50 439,50 586,00 879,00 1.172,00 19.000 319,00 159,50 478,50 638,00 957,00 1.276,00 22.000 345,00 172,50 517,50 690,00 1.035,00 1.380,00 25.000 371,00 185,50 556,50 742,00 1.113,00 1.484,00 30.000 406,00 203,00 609,00 812,00 1.218,00 1.624,00 35.000 441,00 220,50 661,50 882,00 1.323,00 1.764,00 40.000 476,00 238,00 714,00 952,00 1.428,00 1.904,00 45.000 511,00 255,50 766,50 1.022,00 1.533,00 2.044,00 50.000 546,00 273,00 819,00 1.092,00 1.638,00 2.184,00 65.000 666,00 333,00 999,00 1.332,00 1.998,00 2.664,00 80.000 786,00 393,00 1.179,00 1.572,00 2.358,00 3.144,00 95.000 906,00 453,00 1.359,00 1.812,00 2.718,00 3.624,00 110.000 1.026,00 513,00 1.539,00 2.052,00 3.078,00 4.104,00 125.000 1.146,00 573,00 1.719,00 2.292,00 3.438,00 4.584,00 140.000 1.266,00 633,00 1.899,00 2.532,00 3.798,00 5.064,00 155.000 1.386,00 693,00 2.079,00 2.772,00 4.158,00 5.544,00 170.000 1.506,00 753,00 2.259,00 3.012,00 4.518,00 6.024,00 185.000 1.626,00 813,00 2.439,00 3.252,00 4.878,00 6.504,00 200.000 1.746,00 873,00 2.619,00 3.492,00 5.238,00 6.984,00 230.000 1.925,00 962,50 2.887,50 3.850,00 5.775,00 7.700,00 260.000 2.104,00 1.052,00 3.156,00 4.208,00 6.312,00 8.416,00 290.000 2.283,00 1.141,50 3.424,50 4.566,00 6.849,00 9.132,00 320.000 2.462,00 1.231,00 3.693,00 4.924,00 7.386,00 9.848,00 350.000 2.641,00 1.320,50 3.961,50 5.282,00 7.923,00 10.564,00 380.000 2.820,00 1.410,00 4.230,00 5.640,00 8.460,00 11.280,00 410.000 2.999,00 1.499,50 4.498,50 5.998,00 8.997,00 11.996,00 440.000 3.178,00 1.589,00 4.767,00 6.356,00 9.534,00 12.712,00 470.000 3.357,00 1.678,50 5.035,50 6.714,00 10.071,00 13.428,00 500.000 3.536,00 1.768,00 5.304,00 7.072,00 10.608,00 14.144,00 550.000 3.716,00 1.858,00 5.574,00 7.432,00 11.148,00 14.864,00 600.000 3.896,00 1.948,00 5.844,00 7.792,00 11.688,00 15.584,00 650.000 4.076,00 2.038,00 6.114,00 8.152,00 12.228,00 16.304,00 700.000 4.256,00 2.128,00 6.384,00 8.512,00 12.768,00 17.024,00 750.000 4.436,00 2.218,00 6.654,00 8.872,00 13.308,00 17.744,00 800.000 4.616,00 2.308,00 6.924,00 9.232,00 13.848,00 18.464,00 850.000 4.796,00 2.398,00 7.194,00 9.592,00 14.388,00 19.184,00 900.000 4.976,00 2.488,00 7.464,00 9.952,00 14.928,00 19.904,00 950.000 5.156,00 2.578,00 7.734,00 10.312,00 15.468,00 20.624,00 1.000.000 5.336,00 2.668,00 8.004,00 10.672,00 16.008,00 21.344,00 * Mindesgebühr für das Mahnverfahren: 32,00 Euro (Nr. 1110 GKG-KV) Tabelle nach 34 GKG/ 28 FamGKG AnwBl Online 2013 257

Tabelle nach 49 RVG Gegenstandswert 1,0 0,3 0,4 0,5 0,7 0,8 1,1 1,2 1,3 1,5 1,6 bis... Euro 4.000 entsprechen den Gebühren eines Wahlanwalts nach der Tabelle 13 RVG 5.000 257,00 77,10 102,80 128,50 179,90 205,60 282,70 308,40 334,10 385,50 411,20 6.000 267,00 80,10 106,80 133,50 186,90 213,60 293,70 320,40 347,10 400,50 427,20 7.000 277,00 83,10 110,80 138,50 193,90 221,60 304,70 332,40 360,10 415,50 443,20 8.000 287,00 86,10 114,80 143,50 200,90 229,60 315,70 344,40 373,10 430,50 459,20 9.000 297,00 89,10 118,80 148,50 207,90 237,60 326,70 356,40 386,10 445,50 475,20 10.000 307,00 92,10 122,80 153,50 214,90 245,60 337,70 368,40 399,10 460,50 491,20 13.000 321,00 96,30 128,40 160,50 224,70 256,80 353,10 385,20 417,30 481,50 513,60 16.000 335,00 100,50 134,00 167,50 234,50 268,00 368,50 402,00 435,50 502,50 536,00 19.000 349,00 104,70 139,60 174,50 244,30 279,20 383,90 418,80 453,70 523,50 558,40 22.000 363,00 108,90 145,20 181,50 254,10 290,40 399,30 435,60 471,90 544,50 580,80 25.000 377,00 113,10 150,80 188,50 263,90 301,60 414,70 452,40 490,10 565,50 603,20 30.000 412,00 123,60 164,80 206,00 288,40 329,60 453,20 494,40 535,60 618,00 659,20 über 30.000 447,00 134,10 178,80 223,50 312,90 357,60 491,70 536,40 581,10 670,50 715,20 Tabelle nach 49 RVG AnwBl Online 2013 258

Anwaltsvergütung Zivilsachen: RVG-Gebühren und Gerichtskosten erhöht viele Klarstellungen Änderungen im Vergütungsrecht durch das 2. KostRMoG Rechtsanwalt Norbert Schneider, Neunkirchen und Rechtsanwältin Lotte Thiel, Koblenz Das 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz (KostRMoG) bringt im Teil zum RVG die von der Anwaltschaft seit langem erwartete Erhöhung der Tabellen. Damit verbunden ist eine Änderung der Staffelung. Außerdem hat der Gesetzgeber für Verfahren in Zivilsachen viele Klarstellungen im Kostenrecht vorgenommen. Ebenfalls erhöht werden die Gerichtsgebühren. Die Autoren erläutern die Änderungen in Zivilsachen. A. Änderungen des RVG I. Änderungen im Paragraphenteil 1. 13 RVG (Wertgebühren) In 13 Abs. 1 RVG werden die Gebührenbeträge angehoben. Dabei wird auch die Staffelung geändert. Anstelle der bisherigen zwölf Wertstufen bis 5.000 Euro wird die Tabelle des 13 Abs. 1 RVG künftig nur noch sieben Wertstufen enthalten. Bis 1.500 Euro gibt es künftig anstelle der bisherigen fünf Wertstufen (300/600/900/1.200/1.500) nur noch drei Stufen (500/1.000/1.500). Darüber hinaus werden die drei Zwischenstufen (2.500/3.500/4.500) aufgehoben. Der bisherige Mindestbetrag von 10 Euro wird angehoben ( 13 Abs. 2 RVG). Er beträgt künftig 15 Euro. 1 2. 16 Nr. 3a RVG (Gerichtsstandsbestimmungsverfahren) Nach der derzeitigen Fassung des RVG ist strittig, unter welchen Voraussetzungen ein Gerichtsstandsbestimmungsverfahren mit zur Hauptsache zählt und wann es eine gesonderte Vergütung auslöst. Unstrittig ist der Fall, 9 dass es im Gerichtsstandsbestimmungsverfahren auch zur Bestimmung eines Gerichts kommt und 9 dann vor diesem Gericht das Verfahren eingeleitet bzw. fortgesetzt wird. In diesem Fall gilt unstrittig 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 RVG, wonach das Gerichtsstandsbestimmungsverfahren zum Rechtszug gehört und weder eine gesonderte Angelegenheit noch gesonderte Gebühren auslöst. Wird dagegen der Antrag auf Bestimmung vom Gericht als unzulässig verworfen, als unbegründet zurückgewiesen oder wird er wieder zurückgenommen, bevor eine Entscheidung des Gerichts ergangen ist, so ist die Rechtslage strittig. Ausgangspunkt ist die Entscheidung des BGH 2 wonach ein erfolgloses Bestimmungsverfahren eine gesonderte Angelegenheit darstellt und eine gesonderte Vergütung auslöst. Dabei werden verschiedene Konstellationen unterschiedlich beurteilt. 9 Nach einer Auffassung ist in diesen Fällen immer von einer gesonderten Angelegenheit auszugehen, und zwar auch dann, wenn das Bestimmungsverfahren während des bereits anhängigen Hauptsacheverfahrens eingeleitet wird. 3 9 Nach anderer Ansicht ist ein erfolgloses Bestimmungsverfahren nur dann eine gesonderte Angelegenheit, wenn es vor Anhängigkeit der Hauptsache durchgeführt worden ist, nicht aber, wenn es erst nach deren Anhängigkeit eingeleitet worden ist. 4 9 Nach einer weiteren Auffassung ist dagegen auch ein erfolgloses Verfahren keine gesonderte Angelegenheit. 5 Mit dem neuen 16 Nr. 3a RVG wird jetzt klargestellt, dass ein Gerichtsstandsbestimmungsverfahren für den Prozessbevollmächtigten immer zum Rechtszug zählt und keine gesonderte Vergütung auslöst, unabhängig davon, ob es zur Bestimmung gekommen ist oder nicht. Beispiel: Gerichtsstandsbestimmungsverfahren (I) Der Kläger möchte den in Köln ansässigen A und den in Bonn ansässigen B gemeinsam vor einem Landgericht verklagen. Sein Anwalt beantragt daraufhin beim OLG Köln die Bestimmung eines gemeinsamen Gerichts. Das OLG weist den Antrag zurück, da ein gemeinsamer Gerichtsstand vor dem LG Köln bereits aus dem Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung bestehe. Daraufhin wird die Klage vor dem LG Köln erhoben. Nach einem Teil der bisherigen Rechtsprechung konnte der Anwalt in diesem Fall für das Gerichtsstandsbestimmungsverfahren eine gesonderte Vergütung verlangen, weil es nicht in den Rechtsstreit mündete. Nach neuem Recht ist die Tätigkeit im Gerichtsstandsbestimmungsverfahren mit den Gebühren in der Hauptsache abgegolten. Gleiches würde gelten, wenn auf Hinweis des Gerichts der Bestimmungsantrag zurückgenommen worden wäre. Eine gesonderte Vergütung kann daher im Gerichtsstandbestimmungsverfahren nur dann entstehen, wenn der Anwalt insoweit mit einer Einzeltätigkeit beauftragt worden ist, die dann nach Nr. 3403 VV RVG zu vergüten wäre. Beispiel: Gerichtsstandsbestimmungsverfahren (II) Die Partei möchte den in München wohnenden A und den in Berlin wohnenden B gemeinsam verklagen und beauftragt einen Berliner Anwalt, zunächst nur vor dem KG die Bestimmung eines gemeinsamen Gerichts zu beantragen. Das KG bestimmt daraufhin das LG München als gemeinsames Gericht. Zu einem Klageauftrag an den Anwalt kommt es nicht mehr, weil der Klageauftrag einem Münchener Anwalt erteilt wird. In diesem Fall hatte der Anwalt noch keinen Auftrag für das Klageverfahren, sondern lediglich einen isolierten Auftrag für eine Einzeltätigkeit im Gerichtsstandsbestimmungsverfahren. Der Anwalt erhält jetzt eine 0,8-Gebühr nach Nr. 3403 VV RVG. 3. 17 Nr. 1 RVG (Rechtsmittelverfahren) In 17 RVG wird eine neue Nr. 1 eingefügt, die klarstellt, dass das Verfahren über ein Rechtsmittel gegenüber dem vorausgegangenen Rechtszug eine gesonderte Angelegenheit bildet. Diese neue Regelung basiert auf der derzeitig gleich lautenden Vorschrift des 15 Abs. 2 S. 2 RVG, die gleichzeitig aufgehoben wird. Grund für die Verschiebung ist, dass Abgrenzungen mehrerer Angelegenheiten voneinander sys- 1 Eine Tabelle nach den neuen Werten und Beträgen bis 1.000.000 Euro findet sich in dieser Ausgabe (AnwBl Online 2013, 256). 2 BGH MDR 1987, 735 = NJW-RR 1987, 757. 3 OLG Köln AGS 2007, 229 = JurBüro 2007, 302 = MDR 2007, 921 = OLGR Köln 2007, 495 = NJW-RR 2007, 1721 = Rpfleger 2007, 577 = NJW 2008, 385. 4 OLG Köln AGS 2007, 67; AGS 2007, 607 = OLGR 2008, 100; AGS 2008, 114 u. 406; OLG München AGS 2008, 276 = FamRZ 2008, 627 = OLGR 2008, 462. 5 OLG Dresden AGS 2006, 272 = Rpfleger 2006, 44 = OLGR 2006, 233 = NJ 2005, 564; OLG München AGS 2007, 607 = OLGR 2007, 783 = MDR 2007, 1153 = Rpfleger 2007, 577. Zivilsachen: RVG-Gebühren und Gerichtskosten erhöht viele Klarstellungen, Schneider/Thiel AnwBl Online 2013 259

tematisch in 17 RVG gehören. Inhaltliche Änderungen sind damit aber nicht verbunden. 4. 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 RVG (Erbringung der Sicherheitsleistung und deren Rückgabe) In 19 Abs. 1 S. 2 Nr. 7 RVG wird die bisherige Formulierung Verfahren wegen Rückgabe einer Sicherheit in Mitwirkung bei der Erbringung der Sicherheitsleistung und das Verfahren wegen deren Rückgabe geändert. Damit sind die Verfahren nach 109 und 715 ZPO gemeint, die neben der Vergütung in der Hauptsache keine gesonderten Gebühren auslösen. Bisher war nur geregelt, dass ein Verfahren auf Rückgabe einer Sicherheit zum Rechtszug gehört. Beispiel: Beibringung und Rückgabe einer Sicherheitsleistung Der Kläger hat erstinstanzlich vor dem LG ein Urteil erstritten. Daraus will er vor Rechtskraft vollstrecken und beschafft sich bei seiner Bank eine Prozessbürgschaft. Diese übergibt er dem Anwalt, die dieser dem Beklagten zustellt und nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens wieder zurückverlangt. Für die Zustellung und Rückforderung der Bürgschaft kann der Anwalt keine gesonderte Vergütung verlangen. Diese Tätigkeit zählt mit zum Rechtszug und wird durch die dortigen Gebühren mit abgegolten. 5. 22 Abs. 2 RVG (Wertgrenze bei mehreren Auftraggebern) Geändert wird die Regelung des 22 Abs. 2 S. 2 RVG, die eine Anhebung des Höchstwerts bei mehreren Auftraggebern vorsieht. Entsprechend der Rechtsprechung des BGH 6 wird klargestellt, dass eine Anhebung der Höchstgebühr gem. 22 Abs. 2 S. 2 RVG nur in Betracht kommt, wenn der Anwalt mehrere Auftraggeber wegen verschiedener Gegenstände vertritt. Eine Erhöhung auch bei Vertretung mehrerer Auftraggeber wegen desselben Gegenstandes, wie es die Rechtsprechung unzutreffender Weise zum Teil angenommen hat, 7 ist damit nicht mehr möglich. Beispiel: Mehrere Auftraggeber derselbe Gegenstand Der Anwalt vertritt drei Auftraggeber, die als schuldner auf Zahlung eines Betrags in Höhe von 100 Mio. Euro verklagt werden. Abzurechnen ist nur nach einem Wert von 30 Mio. Euro. Allerdings erhöht sich die Verfahrensgebühr nach Nr. 1008 VV RVG um zweimal 0,3 auf 1,9. Beispiel: Mehrere Auftraggeber verschiedene Gegenstände Der Anwalt vertritt zwei Auftraggeber, die jeweils einen Anspruch in Höhe von 40 Mio. Euro geltend machen. Der Gegenstandswert ist zunächst je Auftraggeber auf 30 Mio. Euro zu begrenzen ( 23 Abs. 1 S. 1 RVG in Verbindung mit 39 Abs. 1 GKG). Da verschiedene Gegenstände zugrunde liegen, sind die Werte sodann zu addieren. Der nach 23 Abs. 1 S. 4 in Verbindung mit 22 Abs. 2 S. 2 RVG zu berechnende wert beläuft sich jetzt auf 60 Mio. Euro. Eine Erhöhung der Verfahrensgebühr nach Nr. 1008 VV RVG kommt daneben nicht in Betracht, da derselbe Gegenstand vorliegt. 6. 23 RVG (Allgemeine Wertvorschrift) a) Verweisung auf das GNotKG ( 23 Abs. 3 S. 1 RVG) In 23 Abs. 3 RVG wird die bisherige Verweisung auf die Vorschriften der KostO durch eine Verweisung auf die entsprechenden Bewertungsvorschriften der 37, 42 bis 45 sowie 99 bis 102 des GNotKG ersetzt. Die Änderung passt die Verweisung zur Anwendung bestimmter Wertvorschriften an das neue Gerichts- und Notarkostengesetz an. 8 b) Auffangwert ( 23 Abs. 3. S. 2, 2. Hs. RVG) In 23 Abs. 3. S. 2, 2. Hs. RVG wird der allgemeine Auffangwert von 4.000 Euro auf 5.000 Euro erhöht. Damit entspricht dieser Wert den Auffangwerten in den übrigen Kostengesetzen (siehe 52 Abs. 2 GKG; 42 Abs. 3 FamGKG; 36 Abs. 3 GNotKG). 7. 23a RVG (Gegenstandswert im Verfahren über die Prozesskostenhilfe) In dem neuen 23a RVG wird der Gegenstandswert in Prozesskostenhilfeverfahren geregelt. Der neue 23a RVG entspricht der bisherigen Anm. zu Nr. 3335 VV RVG. 9 Mit der Versetzung dieser Wertvorschrift soll zum einen entsprechend der allgemeinen Systematik des RVG die für die Anwälte geltenden Vorschriften zum Gegenstandswert einheitlich in Abschnitt 4 des Paragrafenteils geregelt werden. Zum anderen soll durch die Gesetzesänderung klargestellt werden, dass diese Wertvorschrift auch für die Terminsgebühr und gegebenenfalls die Einigungsgebühr gilt. Bislang war die Wertvorschrift als Anm. zu Nr. 3335 VV RVG (Verfahrensgebühr in Prozesskostenhilfeverfahren) geregelt. Damit galt der Wert nach dem Wortlaut der Vorschrift nur für die Verfahrensgebühr, nicht aber auch für die Terminsgebühr oder die Einigungsgebühr. Durch die Versetzung der Wertvorschrift in den Paragraphenteil ist künftig klargestellt, dass dieser Wert für alle Gebühren gilt. Inhaltlich hat sich durch die Verschiebung nichts geändert. In den einzelnen Verfahren gilt weiterhin Folgendes: 9 In Verfahren über die Bewilligung der Prozesskostenhilfe richtet sich der Gegenstandswert nach dem für die Hauptsache maßgebenden Wert ( 23a Abs. 1, 1. Hs. RVG). Der volle Wert ist auch dann anzunehmen, wenn es nur um die Frage der Beiordnung geht. 10 9 In sonstigen Verfahren, die nicht auf Bewilligung, Aufhebung oder Abänderung gerichtet sind, also in den Verfahren nach 124 Nr. 2 bis 4 ZPO, ergibt sich der Gegenstandswert aus dem Kosteninteresse und ist nach billigem Ermessen zu bestimmen ( 23a Abs. 1, 2. Hs. RVG). Grund hierfür ist, dass in den Fällen des 124 Nr. 2-4 ZPO die Erfolgsaussichten der Hauptsache keine Rolle spielen. Hier geht es um die Aufhebung der Prozesskostenhilfe aus anderen Gründen. 9 In Beschwerdeverfahren gelten über 23 Abs. 3 S. 1 RVG die gleiche Grundsätze wie in den Ausgangsverfahren. 8. 25 RVG (Gegenstandswert bei der Vollstreckung und bei der Vollziehung) a) Vollziehung einer einstweiligen Verfügung oder eines Arrests ( 25 Abs. 1 RVG) In 25 Abs. 1 RVG wird klargestellt, dass die Vorschrift auch für die Vollziehung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung gilt. Dies entsprach auch bislang schon der einhelligen Praxis. 6 AGS 2010, 213 = WM 2010, 823 = NJW 2010, 1373 = zfs 2010, 342 = BRAK-Mitt 2010, 144; bestätigt in AGS 2012, 142 = NJW-Spezial 2012, 91; ebenso OLG Hamm AGS 2010, 394 = RVGreport 2010, 273; Thiel, AGS 2010, 215. 7 OLG Köln AGS 2009, 454 m. abl. Anm. N. Schneider = JurBüro 2009, 485 = NJW 2009, 3586 = AnwBl 2010, 67 = RVGreport 2009, 399; OLG Dresden AGS 2007, 521; ebenso Maier-Reimer, NJW 2009, 3550; ebenso Bischof, NJW 2010, 1374. 8 Siehe in dieser Ausgabe (Schneider/Thiel, AnwBl Online 2013, 277). 9 Siehe in dieser Ausgabe (Schneider/Thiel, AnwBl Online 2013, 282). 10 BGH AGS 2010, 549 = MDR 2010, 1350 = FamRZ 2010, 1892 = JurBüro 2011, 31 = FuR 2011, 48 = FamRB 2011, 9 = RVGreport 2011, 72. Zivilsachen: RVG-Gebühren und Gerichtskosten erhöht -- viele Klarstellungen, Schneider/Thiel AnwBl Online 2013 260

b) 25 Abs. 1 Nr. 1 RVG In 25 Abs. 1 Nr. 1 RVG wird zukünftig nicht mehr auf 42 Abs. 1 GKG verwiesen werden, sondern auf 9 ZPO. Dies ist Folge der Aufhebung des bisherigen 42 Abs. 1 GKG (s. u. B III.). Wird wegen wiederkehrender Leistungen auf Zahlung einer Schadensersatzrente aus der Verletzung des Körpers oder der Gesundheit eines Menschen aufgrund gesetzlicher Vorschriften ( 843 ff. BGB) in wiederkehrendes Arbeitseinkommen gepfändet, gilt zukünftig ebenfalls nicht mehr der fünffache Jahresbetrag der zu vollstreckenden Beträge (60 Monate) als Höchstgrenze, sondern gem. 9 ZPO der dreieinhalbfache Jahresbetrag (42 Monate). Fällige Beträge werden allerdings nach wie vor hinzugerechnet. Beispiel: Pfändung in laufendes Arbeitseinkommen aufgrund Schadensersatzrente Der Gläubiger hat gegen den Schuldner ein Urteil erwirkt, wonach von diesem monatlich 400 Euro Schadensersatzrente ab März 2012 zu zahlen ist. Da der Schuldner nicht zahlt, beauftragt der Gläubiger im August 2013 seinen Anwalt wegen der fälligen und zukünftigen Beträge in das Arbeitseinkommen zu vollstrecken. Der Gegenstandswert der anwaltlichen Vollstreckungstätigkeit berechnet sich (ohne Zinsen und Kosten) wie folgt: 1. fällige Beträge (März 2012 bis August 2013), 18 x 400,00 Euro = 7.200,00 Euro 2. zukünftige Beträge, 42 x 400,00 Euro 16.800,00 Euro 24.000,00 Euro c) 25 Abs. 1 Nr. 4 RVG Der Gegenstandswert für die Vertretung in einem Verfahren über den Antrag auf Abnahme der Vermögensauskunft nach 802c ZPO richtet sich gem. 25 Abs. 1 Nr. 4 RVG nach dem Betrag, der einschließlich der Nebenforderungen aus dem Vollstreckungstitel noch geschuldet wird; der Wert ist jedoch begrenzt, und zwar künftig auf höchstens 2.000,00 Euro. Damit wird die bisherige Wertgrenze von 1.500,00 Euro um 500,00 Euro angehoben. Beispiel: Antrag auf Erteilung der Vermögensauskunft (I) Der Anwalt wird beauftragt, wegen eines Titels über 1.000 Euro nebst bisheriger Vollstreckungskosten in Höhe von 860 Euro das Verfahren auf Abgabe der Vermögensauskunft einzuleiten. Der Gegenstandswert richtet sich auch hier nach dem Wert der Forderung einschließlich Nebenforderungen ( 25 Abs. 1 Nr. 4, 1. Hs. RVG), also 1.860 Euro die Höchstgrenze wirkt sich nicht aus Beispiel: Antrag auf Erteilung der Vermögensauskunft (II) Der Anwalt wird beauftragt, wegen eines Titels über 5.000 Euro das Verfahren auf Abgabe der Vermögensauskunft einzuleiten. Da der Gegenstandswert nach 25 Abs. 1 Nr. 4, 1. Hs. RVG über 2.000 Euro liegen würde, greift jetzt der Höchstwert des 25 Abs. 1 Nr. 4, 2. Hs. RVG von 2.000 Euro. 9. 31b RVG (Gegenstandswert bei Zahlungsvereinbarungen) Eingefügt wird ein neuer 31b RVG, der ergänzend zu der neuen Einigungsgebühr für Zahlungsvereinbarungen in Anm. Abs. 1 S. 1 Nr. 2 zu Nr. 1000 VV RVG deren Gegenstandswert regelt. Der Wert beträgt 20 Prozent der Forderung. Zu beachten ist, dass bei einer Zahlungsvereinbarung vor Titulierung nur auf den Wert der Hauptforderung abzustellen ist ( 23 Abs. 1 S. 3 RVG in Verbindung mit 43 Abs. 1 GKG), da hier Zinsen und Kosten als Nebenforderungen unberücksichtigt bleiben. Ist die Forderung dagegen bereits tituliert, sind auch Zinsen und Kosten hinzuzurechnen, da sich der Gegenstandswert einer Forderung in der Vollstreckung nicht allein nach der Hauptsache richtet, sondern hier Zinsen und Kosten hinzuzurechnen sind (siehe 25 Abs. 1 Nr. 1 RVG). Der Prozentsatz ist also von dem Forderungsstand einschließlich der bislang aufgelaufenen Kosten und Zinsen zu berechnen. 10. 36 RVG (Schiedsrichterliche Verfahren und Verfahren vor dem Schiedsgericht) Bislang wurde für schiedsrichterliche Verfahren nach Buch 10 der ZPO ( 1025 ff. ZPO), bei denen es sich um außergerichtliche Tätigkeiten handelt, nur auf die Gebühren nach Teil 3 Abschnitt 1 und 2 VV RVG verwiesen, also auf die Gebühren eines erstinstanzlichen gerichtlichen Verfahrens und auf die Rechtsmittelverfahren. Übersehen worden war dabei, auch auf Teil 3 Abschnitt 4 VV RVG zu verweisen (Verkehrsanwalt, Terminsvertreter und Einzeltätigkeiten). Mit der Änderung des 36 RVG soll klargestellt werden, dass in schiedsrichterlichen Verfahren nach der ZPO und Verfahren vor dem Schiedsgericht nach 104 ArbGG auch Teil 3 Abschnitt 4 VV RVG anzuwenden ist. 11. 49 RVG (Wertgebühren aus der Staatskasse) Ebenso wie die Tabelle des 13 Abs. 1 RVG (siehe oben 1.) wird auch die Tabelle des 49 RVG geändert und an die wirtschaftlichen Verhältnisse angepasst. Zum einen wird die Einstiegs-Gebührenstufe angehoben. Während nach derzeitigem Recht die Gebührenbeträge bis zur Wertstufe von 3.000 Euro mit den Wahlanwaltsbeträgen identisch sind, werden künftig die Gebührenbeträge bis zu einer Wertstufe von 4.000 Euro mit den Wahlanwaltsgebühren gleichgestellt. Insoweit bleibt es also bei der Tabelle des 13 Abs. 1 RVG. Erst bei Werten von über 4.000,00 Euro, also der Gebührenstufe von 4.000,01 Euro bis 5.000,00 Euro treten an Stelle der Gebührenbeträge des 13 Abs. 1 RVG die des 49 RVG. Geblieben ist die höchste Gebührenstufe, die der Gebührenstufe für die Wahlanwaltsbeträge bis 35.000 Euro entspricht. Höhere Gegenstandswerte schlagen sich wie bisher in der Prozess- und Verfahrenskostenhilfe nicht nieder. Es bleibt dann bei der Gebührenstufe von über 30.000 Euro (siehe Tabelle nächste Seite). II. Änderungen im Vergütungsverzeichnis 1. Teil 1 VV RVG (Allgemeine Gebühren) a) Anm. Abs. 1 S. 1 zu Nr. 1000 VV RVG (Zahlungsvereinbarung) Die Regelung in der bisherigen Anm. Abs. 1 S. 1 zu Nr. 1000 VV RVG wird zu Anm. Abs. 1 S. 1 Nr. 1 zu Nr. 1000 VV RVG und um eine neue Nr. 2 ergänzt und spiegelt eine bereits bei Inkrafttreten des RVG gegebene Intention des Gesetzgebers wider, den Anwendungsbereich der Einigungsgebühr auf den Abschluss von (Raten-)Zahlungsvereinbarungen zu erweitern. Trotz der Änderung der gesetzlichen Fassung gegenüber 23 BRAGO bestand auch nach Inkrafttreten des RVG weiterhin Unsicherheit über den Umfang des Anwendungsbereichs, sodass bis heute strittig geblieben ist, ob eine Einigungsgebühr beim Abschluss einer (Raten-)Zahlungsvereinbarung auch bei bereits titulierten Forderungen entstehen kann, weil die Anm. Abs. 1 S. 1 Nr. 1 zu Nr. 1000 VV RVG Zivilsachen: RVG-Gebühren und Gerichtskosten erhöht viele Klarstellungen, Schneider/Thiel AnwBl Online 2013 261

Tabelle zu 49 RVG Wert bis Euro 0,3 0,5 0,8 1,0 1,1 1,2 1,3 1,5 1,6 500 15,00 22,50 36,00 45,00 49,50 54,00 58,50 67,50 72,00 1.000 24,00 40,00 64,00 80,00 88,00 96,00 104,00 120,00 128,00 1.500 34,50 57,50 92,00 115,00 126,50 138,00 149,50 172,50 184,00 2.000 45,00 75,00 120,00 150,00 165,00 180,00 195,00 225,00 240,00 3.000 60,30 100,50 160,80 201,00 221,10 241,20 261,30 301,50 321,60 4.000 75,60 126,00 201,60 252,00 277,20 302,40 327,60 378,00 403,20 5.000 77,10 128,50 205,60 257,00 282,70 308,40 334,10 385,50 411,20 6.000 80,10 133,50 213,60 267,00 293,70 320,40 347,10 400,50 427,20 7.000 83,10 138,50 221,60 277,00 304,70 332,40 360,10 415,50 443,20 8.000 86,10 143,50 229,60 287,00 315,70 344,40 373,10 430,50 459,20 9.000 89,10 148,50 237,60 297,00 326,70 356,40 386,10 445,50 475,20 10.000 92,10 153,50 245,60 307,00 337,70 368,40 399,10 460,50 491,20 13.000 96,30 160,50 256,80 321,00 353,10 385,20 417,30 481,50 513,60 16.000 100,50 167,50 268,00 335,00 368,50 402,00 435,50 502,50 536,00 19.000 104,70 174,50 279,20 349,00 383,90 418,80 453,70 523,50 558,40 22.000 108,90 181,50 290,40 363,00 399,30 435,60 471,90 544,50 580,80 25.000 113,10 188,50 301,60 377,00 414,70 452,40 490,10 565,50 603,20 30.000 123,60 206,00 329,60 412,00 453,20 494,40 535,60 618,00 659,20 darüber hinaus 134,10 223,50 357,60 447,00 491,70 536,40 581,10 670,50 715,20 nur den Wortlaut des 779 Abs. 1 BGB unter Verzicht auf das gegenseitige Nachgeben enthält. Nicht enthalten ist nämlich, inwieweit der Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis die Unsicherheit bei der Verwirklichung des Anspruchs gleichsteht ( 779 Abs. 2 BGB). Insoweit hat der Gesetzgeber dieser Problematik Rechnung getragen, indem er die Anm. Abs. 1 zu Nr. 1000 VV RVG ergänzt mit der Maßgabe, dass die Einigungsgebühr auch bei einer Vereinbarung über die Erfüllung des Anspruchs unter gleichzeitigem vorläufigen Verzicht auf Titulierung oder Vollstreckungsmaßnahmen anfällt. Damit sind die bisherigen Streitfragen insoweit erledigt. Gleichzeitig wird in 31b RVG klargestellt, dass eine solche Einigung nicht mit dem Wert der Hauptsache zu bewerten ist, sondern lediglich mit 20 Prozent des Anspruchs (s. o. I. 9.). Mit dieser neuen Variante der Anm. Abs. 1 S. 1 Nr. 2 VV RVG sollen die Fälle erfasst werden in denen unabhängig davon, ob die betreffende Forderung bereits tituliert ist oder gegebenenfalls noch hätte tituliert werden sollen 9 kein Streit über den Bestand der Forderung (mehr) besteht, 9 dem Schuldner die Forderung gestundet oder ihm nachgelassen wird, die Forderung in Raten zu zahlen und 9 der Gläubiger auf eine Vollstreckung der Forderung vorläufig verzichtet. Beispiel: Zahlungsvereinbarung (I) Der Anwalt macht für seinen Mandaten eine Forderung in Höhe von 5.000 Euro geltend. Der Schuldner erkennt die Forderung an, erklärt aber, nicht zahlen zu können. Er bietet eine Ratenzahlungsvereinbarung an, der der Anwalt zustimmt und für den Fall der pünktlichen Ratenzahlung auf eine Titulierung verzichtet. 1. 1,3-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV RVG (Wert 5.000,00 Euro) 393,90 Euro 2. 1,5-Einigungsgebühr, Nr. 1000 VV RVG (Wert 1.000,00 Euro) 120,00 Euro 3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG 20,00 Euro 533,90 Euro 4. Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG 101,44 Euro 635,34 Euro Beispiel: Zahlungsvereinbarung (II) Der Anwalt hat für seinen Mandaten einen rechtskräftigen Vollstreckungsbescheid über 1.860 Euro erwirkt und droht die Zwangsvollstreckung an. Daraufhin meldet sich der Gegner und bietet eine Ratenzahlungsvereinbarung an, der der Anwalt zustimmt und für den Fall der pünktlichen Ratenzahlung auf Vollstreckungsmaßnahmen verzichtet. 1. 0,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3309 VV RVG (Wert 1.860,00 Euro) 45,00 Euro 2. 1,5-Einigungsgebühr, Nr. 1000 VV RVG (Wert 372,00 Euro) 67,50 Euro 3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG 20,00 Euro 132,50 Euro 4. Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG 25,18 Euro 157,68 Euro Die Einigungsgebühr kann auch nach einem geringeren Gebührensatz (Nrn. 1003, 1004 VV RVG) anfallen, nämlich, wenn die zugrunde liegende Forderung noch gerichtlich anhängig ist, so z. B. bei einer Vollstreckung aus einem Versäumnisurteil, gegen das Einspruch eingelegt worden ist oder aus einem erstinstanzlichen Urteil, gegen das Berufung eingelegt worden ist. Eine Ermäßigung tritt auch dann ein, wenn ein Vollstreckungsverfahren anhängig ist. Dazu gehört nach Anm. Abs. 1 S. 2 zu Nr. 1003 VV RVG auch ein Verfahren vor dem Gerichtsvollzieher. Beispiel: Zahlungsvereinbarung (III) Der Anwalt hat für seinen Mandaten einen Vollstreckungsbescheid über 1.860 Euro erwirkt und hat den Gerichtsvollzieher beauftragt. Nunmehr meldet sich der Gegner und bietet eine Ratenzahlungsvereinbarung an, der der Anwalt zustimmt. Gleichzeitig wird vereinbart, den Vollstreckungsauftrag zurückzunehmen und für den Fall der pünktlichen Ratenzahlung auf weitere Vollstreckungsmaßnahmen zu verzichten. 1. 0,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3309 VV RVG (Wert 1.860,00 Euro) 45,00 Euro 2. 1,0-Einigungsgebühr, Nr. 1000, 1003 VV RVG (Wert 372,00 Euro) 45,00 Euro 3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG 18,00 Euro 108,00 Euro 4. Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG 20,52 Euro 128,52 Euro Nach der Rechtsprechung des BGH 11 sind die Kosten eines im Zwangsvollstreckungsverfahren geschlossenen Ver- 11 AGS 2007, 302 = BGHR 2007, 330 = FamRZ 2007, 555 = DGVZ 2007, 36 = NJW 2007, 1213 = JurBüro 2007, 216 = Rpfleger 2007, 271 = MDR 2007, 609 = InVo 2007, 294 = VuR 2007, 193 = RVGreport 2007, 276 = FoVo 2008, 114. Zivilsachen: RVG-Gebühren und Gerichtskosten erhöht -- viele Klarstellungen, Schneider/Thiel AnwBl Online 2013 262

gleichs in entsprechender Anwendung von 98 S. 1 ZPO als gegeneinander aufgehoben anzusehen, wenn nicht die Parteien ein anderes vereinbart haben. Bei Abschluss einer Ratenzahlungsvereinbarung sollte daher auf jeden Fall auch vereinbart werden, dass der Schuldner die Kosten der Einigung übernimmt. b) Nr. 1004 VV RVG (Einigungs- und Erledigungsgebühr in Rechtsmittelverfahren) In Nr. 1004 VV RVG wird der Gebührentatbestand ergänzt um die 9 Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der in Nr. 1004 und Anm. Abs. 1 zu Nr. 1004 VV RVG genannten Rechtsmittel sowie 9 Verfahren vor dem Rechtsmittelgericht auf Zulassung eines Rechtsmittels. Mit Inkrafttreten des FamFG ist die Vorschrift der Nr. 1004 VV RVG bereits auf Beschwerde- und Rechtsbeschwerdeverfahren nach den Vorbem. 3.2.1 und 3.2.2 VV RVG erweitert worden (Anm. Abs. 1 zu Nr. 1004 VV RVG). Dabei war jedoch übersehen worden, dass es noch weitere Verfahren gibt, die ebenfalls eine Erhöhung rechtfertigen. Dies wird jetzt für die o. g. Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren sowie die Verfahren auf Zulassung eines Rechtsmittels nachgeholt. Beispiel: Nichtzulassungsbeschwerde mit Einigung Nach abweisendem Urteil des OLG lässt der Kläger beim BGH gem. 544 ZPO Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision einlegen (Wert: 50.000 Euro). Während des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens verhandeln die Anwälte außergerichtlich nochmals und erzielen eine Einigung. Es entsteht eine 2,3-Verfahrensgebühr nach Nrn. 3506, 3508 VV RVG und eine 1,2-Terminsgebühr nach Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2, Nr. 3516 VV RVG. Die Höhe der Einigungsgebühr beläuft sich dagegen dem derzeitigen Wortlaut nach nur auf 1,0 (Nr. 1003 VV RVG). Nach der Neufassung der Nr. 1004 VV RVG entsteht künftig eine 1,3-Einigungsgebühr. Der Anwalt erhält danach: 1. 2,3-Verfahrensgebühr, Nrn. 3506, 3508 VV RVG (Wert 50.000,00 Euro) 2.674,90 Euro 2. 1,2-Verfahrensgebühr, Nr. 3516 VV RVG (Wert 50.000,00 Euro) 1.395,60 Euro 3. 1,3-Einigungsgebühr, Nrn. 1000, 1004 VV RVG (Wert 50.000,00 Euro) 1.511,90 Euro 4. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG 20,00 Euro 5.602,40 Euro 5. Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG 1.064,46 Euro 6.666,86 Euro c) Nr. 1008 VV RVG (Mehrere Auftraggeber) Ergänzt wird die Vorschrift in der Anmerkung um einen neuen Abs. 4. Diese Ergänzung dient an sich nur (noch) der Klarstellung. Soweit wegen des geringen Umfangs oder der geringen Schwierigkeit nur die sog. Schwellengebühr (Anm. zu Nr. 2300 VV RVG) angemessen ist, wird diese Gebühr bei mehreren Auftraggebern unter den Voraussetzungen der Nr. 1008 VV RVG um 0,3 angehoben. Beispiel: Schwellengebühr bei mehreren Auftraggebern (Wertgebühren) d) Nr. 1010 VV RVG (Zusatzgebühr für besonders umfangreiche Beweisaufnahmen) Seit Wegfall der Beweisgebühr wurde ständig kritisiert, dass das RVG für umfangreiche Beweisaufnahmen, insbesondere solche, die sich über mehrere Termine erstrecken, keine angemessene Vergütung vorhalte. Der Gesetzgeber hat sich gegen eine generelle Beweisgebühr entschieden, andererseits aber einen Ausgleich für besonders umfangreiche Beweisaufnahmen durch eine Zusatzgebühr in Nr. 1010 VV RVG geschaffen. Voraussetzungen der Zusatzgebühr sind 9 eine besonders umfangreiche Beweisaufnahme und 9 mindestens drei gerichtliche Termine, in denen Sachverständige oder Zeugen vernommen werden. Der besondere Umfang muss nach dem Wortlaut des Gesetzes nicht in der Vernehmung der Zeugen oder Sachverständigen bestehen. Die Zusatzgebühr entsteht daher auch dann, wenn die Vernehmungstermine für sich nicht besonders umfangreich sind, sich der Umfang jedoch aus anderen Tätigkeiten im Rahmen der Beweisaufnahme ergibt. Es ist auch nicht erforderlich, dass der Anwalt an den Terminen teilnimmt, da es sich nicht um eine Terminsgebühr handelt. Das lässt sich auch aus einem Umkehrschluss zu Nr. 4102 VV RVG herleiten. Zu beachten ist, dass es sich bei den drei Terminen um Vernehmungstermine nach den 394 ff. ZPO (Zeuge) oder nach 411 Abs. 3 ZPO (Sachverständiger) handeln muss. Daher reicht z. B. ein bloßer Sachverständigentermin zur Besichtigung und Begutachtung des Beweisobjekts nicht aus. Die Höhe der Gebühr beträgt 0,3. Eine Erhöhung dieser Gebühr bei mehreren Auftraggebern nach Nr. 1008 VV RVG findet nicht statt, da es sich nicht um eine Verfahrensgebühr handelt. Die Gebühr kann je Angelegenheit auch nur einmal entstehen ( 15 Abs. 2 RVG). Sie entsteht also im Gegensatz zu der Gebühr der Nr. 4102 VV RVG nicht für jeweils drei Termine. Beispiel: Umfangreiche Beweisaufnahme (I) Im Verfahren (Wert: 200.000 Euro) kommt es zu einer umfangreichen Beweisaufnahme mit drei Terminen zur Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen. Neben der Verfahrens- und der Terminsgebühr entsteht jetzt die Zusatzgebühr der Nr. 1010 VV RVG. 1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG (Wert: 200.000,00 Euro) 2.616,90 Euro 2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG (Wert: 200.000,00 Euro) 2.415,60 Euro 3. 0,3-Zusatzgebühr, Nr. 1010 VV RVG (Wert: 200.000,00 Euro) 603,90 Euro 4. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG 20,00 Euro 5.656,40 Euro 5. 19 Prozent Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG 1.074,72 Euro 6.731,12 Euro Soweit nicht über den gesamten Verfahrensgegenstand Beweis erhoben wird, ist für die Zusatzgebühr ein gesonderter Wert nach 33 RVG festzusetzen, nach dem sich dann diese Gebühr berechnet. Der Anwalt wird von zwei Auftraggebern beauftragt (Wert: 6.000 Euro). Die Sache ist weder umfangreich noch schwierig. Der Anwalt erhält eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG. Allerdings ist lediglich die Schwellengebühr der Anm. zu Nr. 2300 VV RVG mit 1,3 anzusetzen, die sich wiederum nach Nr. 1008 VV RVG um 0,3 auf 1,6 erhöht. 1. 1,6-Geschäftsgebühr, Nrn. 2300, 1008 VV RVG 566,40 Euro 2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG 20,00 Euro 586,40 Euro 3. 19 Prozent Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG 111,42 Euro 697,82 Euro Zivilsachen: RVG-Gebühren und Gerichtskosten erhöht viele Klarstellungen, Schneider/Thiel AnwBl Online 2013 263

Beispiel: Umfangreiche Beweisaufnahme (II) Im Verfahren (Wert: 200.000,00 Euro) kommt es wegen eines Teils der Forderungen in Höhe von 120.000 Euro zu einer umfangreichen Beweisaufnahme mit drei Terminen zur Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen. Neben der Verfahrens- und der Terminsgebühr aus dem wert entsteht jetzt die Zusatzgebühr der Nr. 1010 VV RVG nur aus dem Wert von 120.000,00 Euro. 1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG (Wert: 200.000,00 Euro) 2.616,90 Euro 2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG (Wert: 200.000,00 Euro) 2.415,60 Euro 3. 0,3-Zusatzgebühr, Nr. 1010 VV RVG (Wert: 120.000,00 Euro) 476,40 Euro 4. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG 20,00 Euro 5.528,90 Euro 5. 19 Prozent Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG 1.050,49 Euro 6.579,39 Euro 2. Teil 2 VV RVG (Außergerichtliche Tätigkeiten) a) Schwellengebühr Ursprünglich hatte der Gesetzgeber beabsichtigt, die Schwellengebühr der Anm. zu Nr. 2300 VV RVG zu einem eigenen Gebührentatbestand (Nr. 2301 VV RVG-E) aufzuwerten. Damit wollte der Gesetzgeber klarstellen, dass entgegen der Entscheidungen des BGH vom 13. 1. 2011 12 und vom 8. 5. 2012 13 bei der Schwellengebühr kein Toleranzbereich besteht. Erklärter Wille des Gesetzgebers war es schon bei Einführung des RVG und der sog. Schwellengebühr, dass die Begriffe von Umfang und Schwierigkeit als unbestimmte Rechtsbegriffe in vollem Umfang gerichtlich nachprüfbar sein sollten. Diese Intention sah der Gesetzgeber durch die Rspr. des BGH unterlaufen. Daher hatte er sich entschlossen, die Anm. zu Nr. 2300 VV RVG zu einer eigenen Gebührennummer aufzuwerten, um dann in der Begründung zu dieser Änderung klar und unmissverständlich zum Ausdruck zu bringen, dass die Frage von Umfang und Schwierigkeit gerade keine Toleranzfrage, sondern gerichtlich voll überprüfbar sein solle (neue Nr. 2301 VV RVG des Regierungsentwurfs v. 29. August. 2012). Nachdem dann der BGH von seiner Rechtsauffassung in seinen weiteren Entscheidungen vom 11. Juli 2012 14 und vom 5. Februar. 2013 15 wieder abgerückt war, bestand keine Notwendigkeit mehr zu dieser Änderung; andererseits schien diese aber auch nicht schädlich. Letzteres wiederum war eine Fehlannahme. Daraus, dass die Schwellengebühr zukünftig zu einer gesonderten Nummer im Vergütungsverzeichnis werden sollte, folgerten schon wieder viele, dass es sich bei der Schwellengebühr tatsächlich doch nicht um eine reine Kappungsgrenze handele, sondern um einen Gebührenrahmen, wie dies anfangs einmal von Braun 16 vertreten worden war. Um hier nicht neue Missverständnisse zu erzeugen, hat sich der Gesetzgeber daher wohl entschlossen, die Aufwertung der Schwellengebühr zu einer eigenen Gebührennummer wieder rückgängig zu machen. Es bleibt also alles beim Alten. b) Abschnitt 5 Beratungshilfe Die Beratungshilfegebühr der Nr. 2500 VV RVG beträgt künftig 15 Euro (bisher 10 Euro). Die Beratungsgebühr der Nr. 2501 VV RVG wird von 30 Euro auf 35 Euro angehoben, die Geschäftsgebühr der Nr. 2503 VV RVG von 70 Euro auf 85 Euro. Die Einigungs- und Erledigungsgebühr beträgt künftig 150 Euro (bislang 125 Euro). Auch die Gebühren in der Schuldenbereinigung werden angehoben. 3. Teil 3 VV RVG (Gerichtliche Verfahren) a) Vorbem. 3 Abs. 1 VV RVG Mit einer neuen Formulierung in Vorbem. 3 Abs. 1 VV RVG soll der Anwendungsbereich des Teil 3 VV RVG klargestellt werden. In der Praxis bereitet die Abgrenzung zwischen der Anwendung der Gebühren nach Teil 2 VV RVG für außergerichtliche Tätigkeiten und den Gebühren des Teil 3 VV RVG für das gerichtliche Verfahren immer wieder Probleme. Anzuwenden ist Teil 3 VV RVG nur, wenn ein (unbedingter) Auftrag für ein dort genanntes Verfahren erteilt worden ist. Dabei kann es nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers möglich sein, dass für den einen Anwalt bereits die Gebühren nach Teil 3 VV RVG gelten, während der andere (noch) nach Teil 2 VV RVG abrechnet. Damit wird der Gleichstellungsrechtsprechung des OLG Koblenz 17 der Boden entzogen. Beispiel Der Anwalt des Gläubigers hat den Auftrag erhalten, die Klage einzureichen und vor Einreichung des Klageantrags zu versuchen, die Sache mit der Gegenseite einvernehmlich zu besprechen und nach Möglichkeit einvernehmlich zu regeln. Er nimmt daraufhin Kontakt zum Schuldner auf, der einen Anwalt beauftragt, die Vergleichsverhandlungen zu führen. Der Anwalt des Gläubigers hat bereits den unbedingten Auftrag zu einem gerichtlichen Verfahren nach Teil 3 VV RVG, sodass er eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG erhält, da außergerichtliche Verhandlungen nach 19 Abs. 1 S. 1, 2 Nr. 3 RVG zum Rechtszug gehören. Die Verfahrensgebühr beläuft sich allerdings zunächst nur auf 0,8, da der Antrag noch nicht eingereicht ist. Für Besprechungen kommt gem. Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 VV RVG eine 1,2-Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV RVG hinzu. Der Anwalt des Schuldners hat dagegen noch keinen Auftrag für ein Verfahren nach Teil 3 VV RVG, sodass er eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG erhält. Eine Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV RVG kann für ihn nicht entstehen, da diese in Teil 2 VV RVG nicht vorgesehen ist. Für ihn kommt nur in Betracht, die Besprechungen im Rahmen des 14 Abs. 1 RVG Gebühren erhöhend anzusetzen. b) Vorbem. 3 Abs. 3 VV RVG aa) Gerichtlichte Termine (Vorbem. 3 Abs. 3 S. 1 VV RVG) Darüber hinaus sollen zukünftig alle gerichtlichen Termine eine Terminsgebühr auslösen, ausgenommen bloße Verkündungstermine. Die Beschränkung auf Verhandlungs-, Erörterungs- oder Beweisaufnahmetermine wird damit aufgegeben. Bedeutung hat dies z. B. für Anhörungstermine oder auch bloße Protokollierungstermine. 12 AGS 2011, 120 = MDR 2011, 454 = AnwBl 2011, 402 = NJW 2011, 1603 = JurBüro 2011, 301 = Rpfleger 2011, 399 = ZfSch 2011, 465 = NJW-Spezial 2011, 155 = NJW-Spezial 2011, 156 = ZfIR 2011, 213 = FamRZ 2011, 560 = RVGreport 2011, 136 = FoVo 2011, 151. 13 AGS 2012, 220 u. 267 = ZfSch 2012, 402 = Schaden-Praxis 2012, 267 = AnwBl 2012, 662 = NJW-RR 2012, 887 = BRAK-Mitt 2012, 190 = VersR 2012, 1056 = Rpfleger 2012, 580 = JurBüro 2012, 467 = NJW-Spezial 2012, 379 = IBR 2012, 426 = RVGprof. 2012, 112 = RVGreport 2012, 258 = MDR 2012, 810 = FamRZ 2012, 1134 = Info M 2012, 294 = ArbRB 2012, 210 = FamRB 2012, 275. 14 AGS 2012, 373 = AnwBl 2012, 775 = NJW 2012, 2813 = DAR 2012, 552 = MDR 2012, 1127 = WuM 2012, 513 = ZfSch 2012, 584 = Schaden-Praxis 2012, 374 = NZV 2012, 538 = Rpfleger 2012, 713 = JurBüro 2012, 582 = GRUR-RR 2012, 491 = DStR 2012, 2559 = NJW-Spezial 2012, 541 = RVGprof. 2012, 147 = GRURPrax 2012, 396 = ArbRB 2012, 275 = MietRB 2012, 294 = RVGreport 2012, 375 = FamRB 2012, 311 = BRAK-Mitt 2012, 246 = Info M 2012, 397 = EWiR 2013, 25 = MittdtschPatAnw 2012, 574. 15 AGS 2013, 111 = AnwBl 2013, 295 = DAR 2013, 238 = ZfSch 2013, 288 = Schaden-Praxis 2013, 195 = NJW-Spezial 2013, 169 = VRR 2013, 123 = RVGreport 2013, 185. 16 Gebührenabrechnung nach dem neuen RVG, S. 62. 17 AGS 2010, 66 = zfs 2010, 42 = RVGreport 2010, 68 = ArbRB 2010, 180 = FamFR 2010, 43. Zivilsachen: RVG-Gebühren und Gerichtskosten erhöht -- viele Klarstellungen, Schneider/Thiel AnwBl Online 2013 264

Beispiel: Protokollierungstermin In einem selbstständigen Beweisverfahren schlägt das Gericht den Parteien einen Vergleich vor, der dann in einem Termin protokolliert wird. Im Falle eines schriftlichen Vergleichs wäre keine Terminsgebühr angefallen, da im selbstständigen Beweisverfahren eine mündliche Verhandlung nicht vorgeschrieben ist, und damit Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV RVG nicht anwendbar ist. Da der Protokollierungstermin jedoch einen gerichtlichen Termin darstellt, entsteht die Terminsgebühr. bb) Terminsgebühr für Besprechungen (Vorbem. 3 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 VV RVG) Des Weiteren soll klargestellt werden, dass die Terminsgebühr für die Mitwirkung an auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten außergerichtlichen Besprechungen unabhängig davon entsteht, ob für das gerichtliche Verfahren eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist oder nicht. Damit wird der in sich widersprüchlichen und dem Gesetz zuwider laufenden Rspr. des BGH 18 der Boden entzogen. Beispiel: Besprechung zur Erledigung eines selbstständigen Beweisverfahrens In einem selbstständigen Beweisverfahren (Wert: 8.000 Euro) führen die Anwälte eine Besprechung, mit der sie das Beweisverfahren erledigen und ein Hauptsacheverfahren vermeiden wollen. Obwohl im selbstständigen Beweisverfahren eine mündliche Verhandlung nicht vorgeschrieben ist, entsteht die Terminsgebühr. 1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG (Wert: 8.000,00 Euro) 592,80 Euro 2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3104 VV RVG (Wert: 8.000,00 Euro) 547,20 Euro 3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG 20,00 Euro 1.160,00 Euro 4. 19 Prozent Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG 220,40 Euro 1.380,40 Euro Beispiel: Besprechung zur Erledigung eines einstweiligen Verfügungsverfahrens In einem einstweiligen Verfügungsverfahren führen die Anwälte eine Besprechung, mit der sie das Verfügungsverfahren erledigen und ein Hauptsacheverfahren vermeiden wollen. Obwohl im einstweiligen Verfügungsverfahren eine mündliche Verhandlung nicht vorgeschrieben ist, entsteht die Terminsgebühr. c) Nr. 3101 VV RVG Mit dieser Änderung soll klargestellt werden, dass eine Ermäßigung der Verfahrensgebühr auch dann eintritt, wenn eine Einigung über nicht anhängige Gegenstände im Termin ausgehandelt und vereinbart wird. Das war aufgrund des bisherigen Wortlauts umstritten. 19 Dieses Ergebnis, das dem Wortlaut entspricht, war vom Gesetzgeber jedoch offenbar nicht gewollt. Auch im Falle einer Verhandlung und Einigung über in diesem Verfahren nicht anhängige Gegenstände soll die Ermäßigung greifen. Besondere Bedeutung hat die Änderung nicht, da sich zwischen den verschiedenen Auffassungen in der Regel wegen der Anwendung des 15 Abs. 3 RVG keine Unterschiede ergeben. d) Abschnitt 2 Berufung, Revision, bestimmte Beschwerden und Verfahren vor dem Finanzgericht aa) Beschwerden in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Nr. 2 Buchst. b) Bislang waren in Vorbem. 3.2.1 VV RVG (Nr. 2 Buchst. c)) aus den Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit nur die Verfahren nach dem Gesetz über Landwirtschaftssachen und Verfahren über die Beschwerde gegen die Endentscheidung in Familiensachen (Nr. 2b)) geregelt und damit aufgewertet. Künftig sollen alle Beschwerden gegen eine Entscheidung in der Hauptsache in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit erfasst und nach den Gebühren eines Berufungsverfahrens vergütet werden. Besondere Bedeutung wird dies für die Beschwerdeverfahren in erbrechtlichen Mandaten haben. Nur für einfache Beschwerden gegen Zwischenentscheidungen oder -verfügungen, Nebenentscheidungen und verfahrensleitende Beschlüsse der ersten Instanz bleibt es danach bei der Anwendung der Nrn. 3500 ff. VV RVG. Beispiel: Beschwerde gegen Nebenentscheidung Der Antragsteller lehnt im Verfahren auf Abberufung des Testamentsvollstreckers den Richter wegen der Besorgnis der Befangenheit ab. Der Ablehnungsantrag wird vom Stellvertreter des Richters zurückgewiesen. Hiergegen wird Beschwerde erhoben. Im Beschwerdeverfahren richten sich die Gebühren nach den Nrn. 3500 ff. VV RVG, da nicht eine Entscheidung in der Hauptsache angegriffen wird, sondern in einem Nebenpunkt. In Verfahren über eine Beschwerde gegen eine Entscheidung in der Hauptsache erhält der Anwalt künftig eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 VV RVG, die sich grundsätzlich auf 1,6 beläuft. Wie in allen Verfahren ermäßigt sich diese Gebühr bei vorzeitiger Erledigung nach Anm. Abs. 1 zu Nr. 3201 VV RVG auf 1,1, also wenn der Auftrag endigt, bevor der Rechtsanwalt das Rechtsmittel eingelegt oder einen Schriftsatz, der Sachanträge, Sachvortrag, die Zurücknahme der Klage oder die Zurücknahme des Rechtsmittels enthält, eingereicht oder bevor er einen gerichtlichen Termin wahrgenommen hat. Diese Erhöhung der Verfahrensgebühr auf 1,6 durch Vorbem. 3.2.1 Nr. Buchst. b) VV RVG schränkt aber der Gesetzgeber sogleich in Anm. Abs. 2 zu Nr. 3201 VV RVG wieder ein. Danach entsteht neben den Fällen der vorzeitigen Erledigung ebenfalls nur die ermäßigte Verfahrensgebühr in Höhe von 1,1, bei einer sog. eingeschränkten Tätigkeit. Eine solche eingeschränkte Tätigkeit soll nach Anm. Abs. 2 Nr. 2 zu Nr. 3201 VV RVG vorliegen, wenn sich der Auftrag auf die Einlegung und Begründung des Rechtsmittels und die Entgegennahme der Rechtsmittelentscheidung beschränkt. Der Gesetzgeber wollte nicht in allen Fällen dem Anwalt die 1,6-Verfahrensgebühr für das Beschwerdeverfahren zugestehen. Er hat vielmehr mit seiner Konstruktion ein Zwei- Stufen-Modell entwickelt. Grundsätzlich soll der Anwalt eine höhere Vergütung erhalten als bisher. Anstelle der 0,5-Gebühr, die er bislang verdient, soll er auf jeden Fall eine 18 AGS 2007, 298 m. Anm. N. Schneider = BGHR 2007, 369 = NJW 2007, 1461 = FamRZ 2007, 637 = NJ 2007, 223 = RVGprof. 2007, 78 = MittdtschPatAnw 2007, 242 = JurBüro 2007, 252 = MDR 2007, 742 = RVGreport 2007, 269 = zfs 2007, 467 (Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde); AGS 2007, 397 m. Anm. N. Schneider = BGHR 2007, 735 = NJW 2007, 2644 = AnwBl 2007, 631 = MDR 2007, 1103 = Rpfleger 2007, 574 = JurBüro 2007, 525 = BB 2007, 1360 = FamRZ 2007, 1096 = RVGreport 2007, 271 = NZBau 2007, 448 = NJ 2007, 365 = zfs 2007, 467 = MittdtschPatAnw 2007, 383 ( Verfahren nach 522 Abs. 2 S. 1 ZPO nach Hinweiserteilung); AGS 2012, 274 m. Anm. N. Schneider = NJW 2012, 1294 = FamRZ 2012, 708 = AnwBl 2012, 470 = MDR 2012, 615 = zfs 2012, 342 = JurBüro 2012, 302 = RVGprof. 2012, 55 = RVGprof. 2012, 77 = RVGreport 2012, 184 = NJW- Spezial 2012, 317 (Prozesskostenhilfebewilligungsverfahren); AGS 2012, 10 m. Anm. Thiel = MDR 2012, 57 = zfs 2012, 43 = FamRZ 2012, 110 = Rpfleger 2012, 102 = NJW 2012, 459 = JurBüro 2012, 137 = FF 2012, 43 = FuR 2012, 93 = FamFR 2012, 36 = FamRB 2012, 47 = RVGreport 2012, 59 = NJW-Spezial 2012, 156 (einstweilige Anordnung in Familiensachen); AGS 2012, 124 m. Anm. N. Schneider = NJW-RR 2012, 314 = MDR 2012, 376 = Rpfleger 2012, 287 = JurBüro 2012, 242 = AnwBl 2012, 286 = FamRZ 2012, 545 = FamRB 2012, 115 = RVGreport 2012, 148 = RVGprof. 2012, 94 ( Verfahren nach 522 Abs. 2 S. 1 ZPO vor Hinweiserteilung). 19 N. Schneider, AGS 2007, 277; Mayer/Kroiß/Mayer, Nr. 3101 Rn 45; Mayer, Gebührenformulare, 5 Rn 79. Zivilsachen: RVG-Gebühren und Gerichtskosten erhöht viele Klarstellungen, Schneider/Thiel AnwBl Online 2013 265

1,1-Verfahrensgebühr erhalten, also eine Verbesserung um 0,6. Bleibt es bei der Rechtsmitteleinlegung und seiner Begründung und muss der Anwalt darüber hinaus keine weiteren Tätigkeiten entfalten, als später die Entscheidung des Gerichts entgegenzunehmen, dann soll seine Tätigkeit mit 1,1 angemessen vergütet sein. Damit sollen insbesondere einseitige Verfahren erfasst werden. Häufig gibt es in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit keinen echten Gegner, der sich beteiligt oder sich gegen ein Rechtsmittel wehrt. Zum Teil gibt es zwar einen Gegner ; dieser beteiligt sich aber in Verfahren nicht, sodass die Sache einseitig bleibt und es der Anwalt nur mit dem Gericht zu tun hat. Diese Fälle sollen mit einer 1,1-Verfahrensgebühr vergütet werden. Beispiel: Eingeschränkte Tätigkeit im Beschwerdeverfahren Gegen den Beschluss des Nachlassgerichts, mit dem der Erbscheinantrag des Mandanten abgelehnt worden ist, legt der Anwalt auftragsgemäß Beschwerde ein und begründet diese. Das Gericht weist die Beschwerde ohne mündliche Verhandlung zurück und setzt den Geschäftswert auf 10.000 Euro fest. Andere Verfahrensbeteiligte sind nicht vorhanden. Der Anwalt erhält jetzt nur eine 1,1-Verfahrensgebühr nach Vorbem. 3.2.1 Nr. 2 Buchst. b); Nrn. 3200, Anm. Abs. 2 zu 3201 VV RVG. Ausgehend von den neuen Gebührenbeträgen des 13 RVG ergibt sich dann folgende Berechnung: 1. 1,1-Verfahrensgebühr, Nrn. 3200, 3201 VV RVG 613,80 Euro 2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG 20,00 Euro 633,80 Euro 3. 19 Prozent Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG 120,42 Euro 754,22 Euro Schließt sich an die Begründung dagegen eine weitere Tätigkeit an, werden also Schriftsätze gewechselt, kommt es zu einem Termin o. ä., dann greift nicht mehr die Ermäßigung der Anm. Abs. 2 zu Nr. 3201 VV RVG; in diesem Fall erhält der Anwalt dann die volle Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 VV RVG. Beispiel: Umfassende Tätigkeit im Beschwerdeverfahren Gegen den Beschluss des Nachlassgerichts, mit dem der Erbscheinantrag des Beteiligten zu 1) abgelehnt und dem Antrag des Beteiligten zu 2) stattgegeben worden ist, legt der Anwalt des Beteiligten zu 1) auftragsgemäß Beschwerde ein und begründet diese. Der andere Beteiligte erwidert darauf, worauf der Anwalt des Beteiligten zu 1) nochmals Stellung nimmt. Hiernach weist das Gericht die Beschwerde ohne mündliche Verhandlung zurück und setzt den Geschäftswert auf 10.000 Euro fest. Der Anwalt erhält jetzt eine volle 1,6-Verfahrensgebühr nach Vorbem. 3.2.1 Nr. 2 Buchst. b); Nr. 3200 VV RVG. 1. 1,6-Verfahrensgebühr, Nrn. 3200 VV RVG 892,80 Euro 2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG 20,00 Euro 912,80 Euro 3. 19 Prozent Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG 173,43 Euro 1.086,23 Euro Auch die Terminsgebühr wird höher ausfallen. Sie wird sich nach Nr. 3202 VV RVG auf 1,2 belaufen. Eine Ermäßigung nach Nr. 3203 VV RVG ist nicht möglich, da in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit eine Versäumnisentscheidung nicht vorgesehen ist. Beispiel: Beschwerdeverfahren mit mündlicher Verhandlung Über die Beschwerde des Antragstellers (Wert: 10.000 Euro) wird vor dem Beschwerdegericht mündlich verhandelt. Der Anwalt erhält jetzt schon allein wegen der Terminswahrnehmung die volle 1,6-Verfahrensgebühr nach Vorbem. 3.2.1 Nr. 2 Buchst. b), Nr. 3200 VV RVG. Hinzu kommt eine 1,2-Terminsgebühr nach Nr. 3202 VV RVG. 1. 1,6-Verfahrensgebühr, Nr. 3200 VV RVG 892,80 Euro 2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3202 VV RVG 669,60 Euro 3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG 20,00 Euro 1.582,40 Euro 4. 19 Prozent Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG 300,66 Euro 1.883,06 Euro Eine weitere Verbesserung ergibt sich im Falle einer Einigung. Dadurch, dass die Beschwerdeverfahren in Sachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit nunmehr in den Katalog der Nr. 3.2.1 VV RVG aufgenommen werden, ist automatisch nicht mehr der Ermäßigungstatbestand der Nr. 1003 VV RVG (Reduzierung auf 1,0) anzuwenden, sondern nur der Ermäßigungstatbestand der Nr. 1004 VV RVG. Die Gebühr der Nr. 1000 VV RVG ermäßigt sich also nur auf 1,3, sodass sich der Anwalt zukünftig also auch hier im Falle einer Einigung um 0,3 besser steht als bisher. Beispiel: Beschwerdeverfahren mit mündlicher Verhandlung und Einigung Gegen den Beschluss des Nachlassgerichts, mit dem die Abberufung des Testamentsvollstreckers abgelehnt worden ist, legt der Anwalt auftragsgemäß Beschwerde ein. Es kommt zu einem Termin zur mündlichen Verhandlung, in dem ein Vergleich geschlossen wird. Der Geschäftswert wird auf 10.000 Euro festgesetzt. Der Anwalt erhält jetzt die volle 1,6-Verfahrensgebühr nach Vorbem. 3.2.1 Nr. 2 Buchst. b), Nrn. 3200 VV RVG, eine 1,2-Terminsgebühr nach Nr. 3202 VV RVG und eine 1,3-Einigungsgebühr nach Nrn. 1000, 1004 VV RVG. 1. 1,6-Verfahrensgebühr, Nrn. 3200 VV RVG 892,80 Euro 2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3202 VV RVG 663,60 Euro 3. 1,3-Einigungsgebühr, Nrn. 1000, 1004 VV RVG 725,40 Euro 4. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG 20,00 Euro 2.301,80 Euro 5. 19 Prozent Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG 437,34 Euro 2.739,14 Euro bb) Beschwerden nach dem SpruchG (Nr. 2 Buchst. i) Ebenso wird durch den neuen Nr. 2 Buchst. i) die Anwendbarkeit der Vorschriften über die Gebühren im Berufungsverfahren auf Beschwerdeverfahren nach dem SpruchG erweitert werden. e) Verfahrensgebühr in Gehörsrügeverfahren (Nr. 3330 VV RVG) Begrenzt wird die Höhe der Verfahrensgebühr auf die Höhe der Verfahrensgebühr der Hauptsache. Durch die Änderung soll sichergestellt werden, dass die Gebühr für das Verfahren über die Gehörsrüge bei Abrechnung nach Wertgebühren nicht höher ausfallen kann als die Gebühr für das Verfahren, in dem die Rüge erhoben wird. Nach dem derzeitigen Wortlaut wäre dies möglich, soweit man nicht auch hier 15 Abs. 6 RVG anwendet. Beispiel: Gehörsrüge in Vollstreckungsverfahren In einem Zwangsvollsteckungsverfahren (Wert: 5.000 Euro) beauftragt der Schuldner einen Anwalt Gehörsrüge zu erheben. Nach der bisherigen Regelung würde der Anwalt dem Wortlaut nach eine 0,5-Verfahrensgebühr erhalten, obwohl in der Hauptsache lediglich eine 0,3-Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV RVG anfallen könnte. Hier wird man aber bereits nach der derzeitigen Rechtslage auf 15 Abs. 6 RVG abstellen und die Gebühr auf 0,3 begrenzen müssen. 20 Zukünftig wird dies klar geregelt. Der Anwalt erhält also: 1. 0,3-Verfahrensgebühr, Nrn. 3330, 3309 VV RVG (Wert: 5.000,00 Euro) 90,90 Euro 2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG 18,18 Euro 109,08 Euro 3. 19 Prozent Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG 20,73 Euro 129,81 Euro 20 AnwK-RVG/N. Schneider, 15 Rn 300. Zivilsachen: RVG-Gebühren und Gerichtskosten erhöht -- viele Klarstellungen, Schneider/Thiel AnwBl Online 2013 266

f) Terminsgebühr in PKH-Verfahren (Vorbem. 3.3.6 S. 2 VV RVG) Derzeit bestimmt sich die Terminsgebühr im Verfahren über die Prozesskostenhilfe wie auch für die in den Nrn. 3333 bis 3336 VV RVG genannten Verfahren gem. Vorbem. 3.3.6 VV RVG nach Teil 3 Abschnitt 1 VV RVG. Diese Regelung ist systemwidrig und führt zu ungerechten Ergebnissen. Beispiel: Prozesskostenhilfeverfahren mit mündlicher Verhandlung (Zwangsvollstreckung) Der Kläger hat einen Unterlassungstitel (Wert: 10.000 Euro) erstritten. Nachdem der Beklagte hiergegen verstoßen hat, begehrt der Kläger im Wege der Zwangsvollstreckung die Verhängung eines Ordnungsgelds und beantragt, ihm für dieses Verfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Das Gericht beraumt einen Termin im Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren an und weist hiernach den Antrag zurück. Die Verfahrensgebühr entsteht nach bisherigem Recht gem. Nr. 3335 VV RVG in Verbindung mit Nr. 3309 VV RVG lediglich in Höhe von 0,3, da auch hier auf die Gebührenhöhe in der Hauptsache abgestellt wird. Für die Terminsgebühr fehlt dagegen eine entsprechende Begrenzungsregelung. Nach dem Wortlaut der Vorbem 3.3.6 in Verbindung mit Nr. 3104 VV RVG würde daher die Terminsgebühr in Höhe von 1,2 entstehen, obwohl in der Hauptsache nur eine 0,3-Terminsgebühr nach Nr. 3310 VV RVG anfallen könnte. Um diesen Widerspruch zu beseitigen, wird durch den neuen S. 2 der Vorbem. 3.3.6 VV RVG künftig angeordnet, dass sich die Terminsgebühr im Bewilligungsverfahren nach der im zugrunde liegenden Verfahren geltenden Terminsgebühr richtet. Abzurechnen ist daher (nach den neuen Beträgen des 13 RVG) wie folgt: 1. 0,3-Verfahrensgebühr, Nrn. 3335, 3309 VV RVG (Wert: 10.000,00 Euro) 165,90 Euro 2. 0,3-Terminsgebühr, Nr. 3310 VV RVG (Wert: 10.000,00 EUR) 165,90 Euro 3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG 20,00 Euro 351,80 Euro 4. 19 Prozent Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG 66,84 Euro 418,64 Euro g) Abschnitt 4 Einzeltätigkeiten Bei den Einzeltätigkeiten ergeben sich unmittelbar keine Änderungen. Eine mittelbare Änderung ergibt sich aber durch die Neufassung der Vorbem. 3 Abs. 3 VV RVG (s. o. 3 b) bb)). Da jetzt grundsätzlich alle gerichtlichen Termine eine Terminsgebühr auslösen, erweitert sich damit auch der Anwendungsbereich des Terminsvertreters. Bedeutung hat dies z. B. für Protokollierungstermine. Beispiel: Wahrnehmung eines Protokollierungstermins nach Aufhebung des Verhandlungstermins In einem Rechtsstreit (Wert: 6.000 Euro) wird vor dem auswärtigen Gericht Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt. Für diesen Termin wird ein Unterbevollmächtigter bestellt. Nachdem die Parteien eine Einigung erzielt haben wird der Verhandlungstermin aufgehoben und ein Protokollierungstermin anberaumt, den der Unterbevollmächtigte wahrnimmt. Nach bisherigem Recht hätte sich die Verfahrensgebühr nach Nr. 3405 Nr. 2 VV RVG auf die Hälfte reduziert. Eine Terminsgebühr wäre nicht angefallen. Abzurechnen gewesen wäre daher nach den bisherigen Beträgen des 13 RVG a. F. wie folgt: 1. 0,5-Verfahrensgebühr, Nrn. 3401, 3405 Nr. 2, 3100 VV RVG (Wert: 6.000,00 Euro) 169,00 Euro 2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG 20,00 Euro 189,00 Euro 3. 19 Prozent Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG 35,91 Euro 224,91 Euro Nach neuem Recht hat der Unterbevollmächtigte einen Termin i.s.d. Vorbem. 3 Abs. 3 VV RVG wahrgenommen, sodass er nicht nur die volle Verfahrensgebühr erhält, sondern auch eine Terminsgebühr. 1. 0,65-Verfahrensgebühr, Nrn. 3401, 3405 Nr. 2, 3100 VV RVG (Wert: 6.000,00 Euro) 230,10 Euro 2. 1,2-Terminsgebühr, Nrn. 3401, 3104 VV RVG (Wert: 6.000,00 Euro) 424,80 Euro 3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG 20,00 Euro 674,90 Euro 4. 19 Prozent Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG 128,23 Euro 803,13 Euro h) Nichtzulassungsbeschwerde In Nr. 3506 VV RVG waren bislang nur die Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision geregelt. Für Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung einer Rechtsbeschwerde waren dagegen bisher keine Gebührentatbestände vorgesehen, obwohl solche Nichtzulassungsbeschwerden z. B. in Verfahren nach dem GWB möglich sind. Dies war nicht gewollt. Auch hier erhält der Anwalt zukünftig die gleiche Vergütung wie bei einer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde. Beispiel: Nichtzulassungsbeschwerde nach 75 GWB Das OLG entscheidet über die Beschwerde (Wert: 50.000 Euro) und lässt die Rechtsbeschwerde nicht zu. Es wird sodann Nichtzulassungsbeschwerde erhoben, die erfolgreich ist und zur Durchführung des Rechtsbeschwerdeverfahrens führt. Während nach bisherigem Recht anrechnungsfrei zweimal eine 1,6-Verfahrensgebühr nach Vorbem. 3.2.1 Nr. 4, Nr. 3200 VV RVG angefallen wäre, ist jetzt wie folgt zu rechnen, wobei zu berücksichtigen ist, dass im Rechtsbeschwerdeverfahren jetzt die Erhöhung der Verfahrensgebühr nach Nr. 3208 VV RVG greift: I. Nichtzulassungsbeschwerde 1. 2,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3506, 3508 VV RVG (Wert: 50.000,00 Euro) 2.674,90 Euro 2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG 20,00 Euro 2.694,90 Euro 3. 19 Prozent Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG 512,31 Euro 3.206,93 Euro II. Rechtsbeschwerdeverfahren 1. 2,3-Verfahrensgebühr, Vorbem. 3.2.2 Nr. 1 Buchst. a) i. V. m. Vorbem. 3.2.1 Nr. 2 Buchst. c), Nrn. 3206, 3208 VV RVG (Wert: 50.000,00 Euro) 2.674,90 Euro 2. gem. Anm. zu Nr. 3506 VV RVG anzurechnen, 2,3 aus 50.000,00 Euro 2.674,90 Euro 3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG 20,00 Euro 20,00 Euro 4. 19 Prozent Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG 3,80 Euro 23,80 Euro i) Nr. 3514 VV RVG Weist das erstinstanzliche Gericht einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung oder eines Arrests ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurück, so ist hiergegen die einfache Beschwerde nach 567 Abs. 1, 569 ZPO gegeben. Da es für diese Beschwerdeverfahren keine gesonderten Regelungen gibt und sie auch in der Vorbem. 3.2.1 VV RVG nicht erwähnt werden, gilt für diese Verfahren Teil 3 Abschnitt 5 VV RVG. Es gelten also die Gebühren nach den Nrn. 3500 ff. VV RVG. Beispiel: Beschwerdeverfahren ohne Termin Das LG lehnt den Erlass einer einstweiligen Verfügung (Wert: 5.000 Euro) ab. Der Antragsteller legt dagegen Beschwerde ein. Im Beschwerdeverfahren entscheidet das OLG ohne mündliche Verhandlung. Im Verfügungsverfahren entsteht die Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG. Für das Beschwerdeverfahren entsteht die Beschwerdegebühr nach Nr. 3500 VV RVG. Eine Terminsgebühr fällt nicht an. I. Verfügungsverfahren vor dem LG (Wert: 5.000,00 Euro) 1. 1,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3100 VV RVG 393,90 Euro 2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG 20,00 Euro 413,30 Euro 3. 19 Prozent Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG 78,52 Euro 491,83 Euro II. Beschwerdeverfahren vor dem OLG (Wert: 5.000,00 Euro) 1. 0,5-Verfahrensgebühr, Nr. 3500 VV RVG 151,50 Euro 2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG 20,00 Euro 171,50 Euro 3. 19 Prozent Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG 32,59 Euro 204,09 Euro Zivilsachen: RVG-Gebühren und Gerichtskosten erhöht viele Klarstellungen, Schneider/Thiel AnwBl Online 2013 267

Die Terminsgebühr richtet sich daher grundsätzlich nach Nr. 3500 VV RVG. Sie beträgt allerdings nach derzeitigem Recht 1,2, wenn eine mündliche Verhandlung stattfindet und dort durch Urteil entschieden wird. Dabei hat der Gesetzgeber übersehen, dass ein Bedürfnis für eine höhere Terminsgebühr nicht nur dann besteht, wenn aufgrund mündlicher Verhandlung entschieden wird, sondern auch dann, wenn 9 in der mündlichen Verhandlung ein Vergleich geschlossen wird, 9 in der mündlichen Verhandlung die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt wird, 9 in der mündlichen Verhandlung der Antrag oder die Beschwerde zurückgenommen wird oder 9 nach Anberaumung der mündlichen Verhandlung diese aufgrund einer Besprechung der beteiligten Anwälte vermieden wird. Diese Ungleichbehandlung soll durch die Neufassung der Nr. 3514 VV RVG beseitigt werden. In allen Fällen, in denen das Beschwerdegericht einen Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt und damit zu erkennen gibt, dass es vom Beschlussverfahren in das Urteilsverfahren übergehen will, soll bereits die höhere Terminsgebühr anfallen. Beispiel: Beschwerdeverfahren mit Termin (I) Das LG lehnt den Erlass einer einstweiligen Verfügung (Wert: 5.000 Euro) ab. Der Antragsteller legt dagegen Beschwerde ein. Im Beschwerdeverfahren beraumt das OLG Termin zur mündlichen Verhandlung an und entscheidet hiernach durch Urteil. Im Verfügungsverfahren entsteht wiederum die Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG. Im Beschwerdeverfahren entsteht neben der Beschwerdegebühr nach Nr. 3500 VV RVG die Terminsgebühr der Nr. 3513 VV RVG, allerdings in der Höhe der Nr. 3514 VV RVG, also in Höhe von 1,2. Dies war auch nach dem bisherigen Wortlaut der Fall. 1. 0,5-Verfahrensgebühr, Nr. 3500 VV RVG 151,50 Euro 2. 1,2-Terminsgebühr, Nr. 3513, 3514 VV RVG 363,60 Euro 3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV RVG 20,00 Euro 535,10 Euro 4. 19 Prozent Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG 101,67 Euro 636,77 Euro Beispiel: Beschwerdeverfahren mit Termin (II) Das LG lehnt den Erlass einer einstweiligen Verfügung (Wert: 5.000 Euro) ab. Der Antragsteller legt dagegen Beschwerde ein. Im Beschwerdeverfahren beraumt das OLG Termin zur mündlichen Verhandlung an. Dort wird die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt. Abzurechnen ist ebenso wie im vorangegangenen Beispiel. Kommt es zu einer Einigung, entsteht die Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV RVG nur in Höhe von 1,0. Da es sich nicht um ein Berufungsverfahren handelt, bleibt es bei einer 1,0-Gebühr nach Nr. 1003 VV RVG; die Erhöhung nach Nr. 1004 VV RVG ist nicht einschlägig. 4. Auslagen (Teil 7 VV RVG) a) Dokumentenpauschale aa) Farbkopien In Nr. 7000 VV RVG wird eine gesonderte Vergütung für Farbkopien eingeführt, und zwar für die ersten abzurechnenden 50 Seiten 1,00 Euro und ab der 51. Seite mit 0,30 Euro. Schwarz-Weiß- und Farbkopien sind daher künftig gesondert zu erfassen und abzurechnen. Beispiel: Abrechnung Schwarz-Weiß- und Farbkopien Der Anwalt fertigt 30 abzurechnende Seiten Schwarz-Weiß-Kopien und 30 abzurechnende Farbkopien. Obwohl der Anwalt insgesamt mehr als 50 Seiten fertigt, kann er voll abrechnen, da er weder mehr als 50 Seiten Schwarz-Weiß-Kopien und mehr als 50 Seiten Farbkopien erstellt. 30 Schwarz-Weiß-Kopien, Nr. 7000 Nr. 1, 30 x 0,50 Euro 15,00 Euro 30 Farbkopien, Nr. 7000 Nr. 1, 30 x 1,00 Euro 30,00 Euro bb) Übermittlung elektronischer Dateien Darüber hinaus wird die Dokumentenpauschale (Nr. 2) bei Übermittlung elektronischer Dokumente auf 1,50 Euro ermäßigt und ein Höchstbetrag von 5,00 Euro festgelegt für die in einem Arbeitsgang überlassenen, bereitgestellten oder in einem Arbeitsgang auf einen Datenträger übertragenen Dokumente. Schließlich wird eine neue Anm. Abs. 2 eingefügt, die den Fall regelt, dass Dokumente in Papierform erst noch in elektronische Form umgesetzt werden müssen. Damit soll der Fall geregelt werden, dass der Mandant die Übermittlung als elektronische Datei ausdrücklich wünscht, das Dokument aber nur in Papierform vorliegt, und daher eine elektronische Form erst noch erstellt werden muss. Der Anwalt, erhält zwar auch die Vergütung nach Nr. 7000 Nr. 2 VV RVG, mindestens jedoch den Betrag, der auch bei der Fertigung einer Kopie oder bei der Übermittlung per Fax nach Nr. 7000 Nr. 1 VV RVG angefallen wäre. Beispiel: Erstellung und Übermittlung einer Datei Der Anwalt hat vom Gegner die Klageerwiderung in beglaubigter und einfacher Abschrift erhalten. Der Mandant wünscht, dass ihm die Abschrift vorab als pdf-datei zugemailt wird. Der Anwalt scannt daraufhin die Klageerwiderung ein und mailt sie an den Mandanten. Für die Übersendung der einfachen Abschrift hätte der Anwalt keine Dokumentenpauschale erhalten. Dadurch, dass er sie jetzt auf Wunsch des Mandanten einscannt und ihm in elektronischer Form zusendet, erhöht sich die Pauschale der Nr. 7000 Nr. 2 VV RVG gem. Anm. Abs. 2 zu Nr. 7000 VV RVG auf den Betrag, der nach Nr. 7000 Nr. 1 Buchst. d) VV RVG hätte abgerechnet werden können. b) Tage- und Abwesenheitsgeld bei einer Geschäftsreise (Nr. 7005 VV RVG) In Nr. 7005 VV RVG werden die Tages- und Abwesenheitsgelder angehoben. Gegenüber dem bisherigen Recht ergeben sich damit folgende Veränderungen: Übersicht Tage- und Abwesenheitsgelder bis zu 4 Stunden 4bis 8 Stunden über 8 Stunden bisherige Beträge neue Beträge Inland Ausland Inland Ausland 20,00 Euro bis 30,00 Euro 35,00 Euro bis 52,50 Euro 60,00 Euro bis 90,00 Euro B. Änderungen im GKG 25,00 Euro bis 37,50 Euro 40,00 Euro bis 60,00 Euro 70,00 Euro bis 105,00 Euro I. Anhebung der Gerichtsgebühren ( 34 GKG) Auch die Gebührenbeträge für die Gerichtsgebühren werden angehoben. Die Vorschrift des 34 GKG wird entsprechend geändert. Zivilsachen: RVG-Gebühren und Gerichtskosten erhöht -- viele Klarstellungen, Schneider/Thiel AnwBl Online 2013 268

Auch hier wird die Staffelung ebenso wie bei den Anwaltsgebühren geändert. 21 Der Mindestbetrag einer Gebühr beträgt künftig 15 Euro (bislang 10 Euro). 22 II. Mindestbetrag im Mahnverfahren (Nr. 1110 GKG-Kost- Verz.) Die 0,5-Gebühr für ein Mahnverfahren (Nr. 1110 GKG-Kost- Verz.) beträgt künftig mindestens 32,00 Euro (bislang 23,00 Euro). Die Anhebung betrifft Verfahren mit Werten bis 500,00 Euro, III. Schadensersatzrenten ( 42 Abs. 1 GKG a. F.) Die Wertvorschrift des 42 Abs. 1 GKG (Ansprüche auf Zahlung einer Schadensersatzrente wegen der Tötung eines Menschen oder wegen der Verletzung des Körpers oder der Gesundheit eines Menschen) wird aufgehoben. Die bisherigen Absätze 2 bis 4 werden dann zu den Absätzen 1 bis 3. Es gilt zukünftig 48 Abs. 1 S. 1 GKG in Verbindung mit 9 ZPO, 3½facher Jahreswert (42 Monate) zuzüglich bei Einreichung fälliger Beträge. Zweck des 42 Abs. 1 GKG a. F. war es ursprünglich, die Prozesskosten insbesondere bei Renten aus unerlaubter Handlung aus sozialen Erwägungen zu begrenzen, 23 weil der Zuständigkeitsstreitwert bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Entlastung der Rechtspflege vom 11. 1. 1993 24 grundsätzlich mit dem zwölfeinhalbfachen Betrag des einjährigen Bezugs zu berechnen war. Ausgenommen davon waren diejenigen Ansprüche, die auf Verträgen beruhten, deren Gegenstand die Leistung einer Rente ist, insbesondere Garantieverträge, Versicherungsverträge oder Rentenverträge. 25 Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Entlastung der Rechtspflege wurde der Streitwert in 9 ZPO generell auf den dreieinhalbfachen Jahreswert festgelegt. Dies hatte zur Folge, dass der Wert für die Rente wegen einer unerlaubten Handlung aus einem höheren Streitwert zu berechnen war als eine vertragliche Rente. Die ursprüngliche Wertbegrenzung aus sozialen Gründen war damit in ihr Gegenteil verkehrt, weil sie zu höheren Werten führte. Daher wird die derzeit noch geltende Sonderregelung des 42 Abs. 1 GKG aufgehoben, sodass künftig alle Rentenansprüche einheitlich nach 48 Abs. 1 S. 1 GKG in Verbindung mit 9 ZPO zu bewerten sind. Durch die jetzige Gesetzesänderung werden gleichzeitig Unsicherheiten bei der Abgrenzung von Renten aus unerlaubter Handlung und aus Vertrag beseitigt. Des Weiteren werden die Gerichte von einer gesonderten Streitwertfestsetzung entlastet. Aufgrund der Anwendbarkeit des 9 ZPO ist damit der Zuständigkeitsstreitwert auch für den Gebührenstreitwert verbindlich ( 62 GKG), sodass es keiner gesonderten Festsetzung bedarf. Beispiel: Regulierung Schadensersatzrente Im Januar 2012 war der Ehemann und Kindesvater bei einem Verkehrsunfall tödlich verunglückt und hat seine Ehefrau und ein Kind hinterlassen. Daraufhin war der Anwalt von der Ehefrau beauftragt worden, außergerichtlich eine Schadensersatzrente für sie und das Kind geltend zu machen. Der Anwalt hatte daraufhin den gegnerischen Versicherer angeschrieben und aufgefordert, ab Februar 2012 eine Schadensersatzrente nach 844 BGB zu zahlen, und zwar in Höhe von monatlich 2.500,00 Euro für die Ehefrau und mit 1.000,00 Euro für das gemeinsame Kind. Nach langen Verhandlungen wird schließlich im Juni 2013 Klage eingereicht. Nach bisherigem Recht wäre wie folgt zu rechnen: 1. Ehefrau 60 x 2.500,00 Euro = 150.000,00 Euro Fällige Beträge, 17 x 2.500,00 Euro 42.500,00 Euro 2. Kind 60 x 1.000,00 Euro = 60.000,00 Euro Fällige Beträge, 17 x 1.000,00 Euro 17.000,00 Euro 269.500,00 Euro Nach neuem Recht ergibt sich folgende Berechnung: 1. Ehefrau 42 x 2.500,00 Euro = 105.000,00 Euro Fällige Beträge, 17 x 2.500,00 Euro 42.500,00 Euro 2. Kind 42 x 1.000,00 Euro = 42.000,00 Euro Fällige Beträge, 17 x 1.000,00 Euro 17.000,00 Euro 206.500,00 Euro Lotte Thiel, Koblenz Die Autorin ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht. Sie ist Partnerin in der Kanzlei Bernhard & Thiel. Leserreaktionen an anwaltsblatt@anwaltverein.de Norbert Schneider, Neunkirchen Der Autor ist Rechtsanwalt. Er ist Mitglied des Ausschusses RVG und Gerichtskosten des Deutschen Anwaltvereins. 21 Siehe oben, AnwBl Online 2013,. 22 Eine Tabelle nach den neuen Werten und Beträgen bis 100.000,00 Euro findet sich in dieser Ausgabe (AnwBl Online 2013, ). 23 Lappe, NJW 1993, 2785. 24 BGBl I S. 50. 25 BT-Drucks II S. 2545. Leserreaktionen an anwaltsblatt@anwaltverein.de Zivilsachen: RVG-Gebühren und Gerichtskosten erhöht viele Klarstellungen, Schneider/Thiel AnwBl Online 2013 269

Anwaltsvergütung Gebührenabrechnung im Sozial-, Verwaltungs- und Arbeitsrecht Die Auswirkungen des 2. KostRMoG Rechtsanwalt Dr. Hans-Jochem Mayer, Bühl Das 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz (KostRMoG) bringt für die Anwaltschaft nicht nur die (zwar nicht lineare, aber immerhin durchgängige) Erhöhung der Wert- und Betragsrahmengebühren: Der Gesetzgeber hat anlässlich dieses Gesetzesvorhabens auch strukturelle Brüche im RVG beseitigt. Das wird vor allem am Sozialrecht deutlich. Vor dem Hintergrund der Verbesserungen im Sozialrecht erläutert der Autor dann, was diese Korrekturen für das Verwaltungsrecht bedeuten. Am Ende folgen kurze Hinweise zum weniger betroffenen Arbeitsrecht. I. Sozialrecht 1. Einführung einer echten Anrechnungslösung Systematische Unstimmigkeiten durch den Vergütungstatbestand Nr. 3103 VV a. F. im Bereich des Sozialrechts waren für den Gesetzgeber Anlass, die bedeutendste Strukturänderung durch das 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz, nämlich den Umstieg auf eine echte Anrechnungslösung auch bei Betragsrahmengebühren, vorzunehmen. 1 War die Tätigkeit im Widerspruchsverfahren nur von sehr geringem Umfang und war dort die Gebühr entsprechend niedrig, oder war der Rechtsanwalt im Wege der Beratungshilfe tätig, konnte das alte Recht im Ergebnis dazu führen, dass der Rechtsanwalt, der nur im gerichtlichen Verfahren tätig war, mehr an Gebühren erhielt als der Anwalt, der seinen Mandanten bereits vorher vertreten hatte. 2 Durch das Gesetz zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 4/2009 und zur Neuordnung bestehender Aus- und Durchführungsbestimmungen auf dem Gebiet des internationalen Unterhaltsverfahrensrechts vom 23.05.2011 3 hatte der Gesetzgeber zwar im Wege einer Notreparatur die durch Abs. 2 der Anmerkung zu der Beratungshilfegeschäftsgebühr Nr. 2503 VV vorgeschriebene hälftige Anrechnung auf die in einem anschließenden gerichtlichen oder behördlichen Verfahren anfallenden Gebühren zumindest für die Vergütungstatbestände Nrn. 2401 VV a. F. und 3103 VV a. F. ausgeschlossen, gleichwohl blieb noch ein verfassungsrechtliches Restdefizit, dessen Beseitigung seinerzeit auch die Bundesregierung in einer Stellungnahme gegenüber dem Bundesverfassungsgericht anlässlich eines gerichtlichen Verfahren zugesagt hatte. 4 Nach altem Recht trat bei Rahmengebühren das Nebeneinander der verschiedenen Gebührenrahmen (insbesondere Nr. 3102 VV a. F. und Nr. 3103 VV a. F.) an die Stelle der vorgesehenen Anrechnung, sowohl mit der Anrechnung als auch mit den unterschiedlichen Rahmen sollte erreicht werden, dass der durch die Vorbefassung ersparte Arbeitsaufwand des Anwalts angemessen berücksichtigt wird. 5 Während bei Einführung des RVG durch das 1. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz der Gesetzgeber noch der Auffassung war, dass durch die für Rahmengebühren gewählte Regelungstechnik Schwierigkeiten bei der Anrechnung vermieden werden könnten, ist er nunmehr zu dem Schluss gekommen, dass die durch diese Systematik eingetretenen Systemwidersprüche nur durch eine Anrechnungslösung auch bei Rahmengebühren befriedigend gelöst werden können. 6 Die Umstellung der Geschäftsgebühren mit Rahmen auf eine echte Anrechnungslösung erfolgte entsprechend dem Vorbild in Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG, dies ermöglichte es dem Gesetzgeber, die Gebühren für die außergerichtliche Vertretung, die bisher auf Teil 2 Abschnitt 3 und 4 verteilt waren, in einem Abschnitt zusammenzufassen, sodass in der Folge Teil 2 Abschnitt 4 VV RVG aufgehoben werden konnte. 7 Der neu eingeführte Abs. 4 von Vorbemerkung 2.3 bestimmt daher nunmehr, dass soweit wegen desselben Gegenstands eine Geschäftsgebühr für eine Tätigkeit im Verwaltungsverfahren entstanden ist, diese Gebühr zur Hälfte auf eine Geschäftsgebühr für eine Tätigkeit im weiteren Verwaltungsverfahren, das der Nachprüfung des Verwaltungsakt dient, angerechnet wird. Bei Betragsrahmengebühren ist nach Abs. 4 Satz 2 von Vorbemerkung 2.3 der Anrechnungsbetrag auf höchstens 175 Euro begrenzt. Satz 3 von Abs. 4 von Vorbemerkung 2.3 stellt ferner klar, dass bei der Bemessung einer weiteren Geschäftsgebühr innerhalb des Rahmens nicht zu berücksichtigen ist, dass der Umfang der Tätigkeit infolge der vorangegangenen Tätigkeit geringer ist. 2. Vergütung im Verwaltungsverfahren und Widerspruchsverfahren In sozialrechtlichen Angelegenheiten in denen im gerichtlichen Verfahren Betragsrahmengebühren entstehen, fällt nunmehr nach Nr. 2302 Nr. 1 VV eine Geschäftsgebühr mit einem Rahmen von 50 bis 640 Euro, Mittelgebühr 345 Euro an. Der Versuchung, den als Schwellengebühr von 300 Euro festgelegten Betrag, wenn die anwaltliche Tätigkeit weder umfangreich noch schwierig ist, in einen eigenen Gebührentatbestand zu kleiden, der der Regierungsentwurf noch erlegen war, widerstand der Bundestag im Gesetzesbeschluss aufgrund einer Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses 8. Entsprechend der bekannten Regelungstechnik ist die Schwellengebühr als Anmerkung zum Vergütungstatbestand Nr. 2302 VV ( Eine Gebühr von mehr als 300 Euro kann nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war ) geregelt, der Praxis blieb damit ein Wiederaufleben längst tot geglaubter Diskussionen, wieviele Gebührenrahmen eigentlich bei der Geschäftsgebühr vorhanden sind 9, erspart. Auch der Gebührenrahmen der Geschäftsgebühr Nr. 2302 VV RVG wurde vom Gesetzgeber mit Bedacht gewählt, denn die Schwellengebühr soll, vergleichbar einer 1 BT-Drucks. 17/11471 (neu), 272. 2 BT-Drucks. 17/11471 (neu), 272. 3 BGBl I, 2011, 898. 4 BT-Drucks. 17/11471 (neu), 272. 5 BT-Drucks. 17/11471 (neu), 273. 6 BT-Drucks. 17/11471 (neu), 273. 7 BT-Drucks. 17/11471 (neu), 273. 8 BT-Drucks. 17/13537, 15. 9 Vgl. Braun, Gebührenabrechnung nach dem neuen Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), 62. Gebührenabrechnung im Sozial-,Verwaltungs- und Arbeitsrecht, Mayer AnwBl Online 2013 270