Stärke durch Vielfalt - Stellung und Bedeutung der Leibniz-Gemeinschaft

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Transkript:

Stärke durch Vielfalt - Stellung und Bedeutung der Leibniz-Gemeinschaft 1. Memorandum: Dresden/Bonn im Februar 1999 Stellung und Bedeutung der Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz e. V. in der deutschen Forschungslandschaft Die Leibniz-Gemeinschaft und ihre Institute Die Institute der Blauen Liste haben sich beginnend ab 1995 in der heutigen Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz (WGL) zusammengeschlossen. Dieser Zusammenschluss basiert einerseits auf dem Wunsch der beteiligten Institute und wurde andererseits durch die Empfehlung des Wissenschaftsrates sowie durch Erwartungen und Argumente der staatlichen Zuwendungsgeber vorangetrieben. Inzwischen gehören 79 Forschungsinstitute und Serviceeinrichtungen für die Forschung zur WGL. Die Leibniz- Institute haben sich für eine klare und zukunftsweisende Organisationsstruktur entschieden, die aus fünf fachbestimmten Sektionen sowie einem Präsidium und dem Präsidenten als Exekutivorganen bestehen. Die Organe der WGL werden durch eine Geschäftsstelle in Bonn unterstützt. Als Aufsichtsgremium hat sich im Oktober 1998 der Senat der WGL konstituiert. Dem Senat gehören Vertreter des Bundes und der Länder, Repräsentanten der Wissenschaftsorganisationen, Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens sowie international anerkannte Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen an. Insgesamt verfügen die 79 Leibniz-Institute über 1.180 Mio. DM an institutioneller Förderung. Zusätzlich werden fast 250 Mio. DM an Drittmitteln und sonstigen Mitteln eingeworben. In der WGL sind 11.000 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen tätig, davon 4.200 Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen. Die WGL hat ein eigenständiges und klares Profil entwickelt und verfügt über vorzügliche Bedingungen, um zur Lösung aktueller Zukunftsaufgaben in Bildung, Forschung und Technologie beizutragen. Anwendungsorientierte Grundlagenforschung auf internationalem Niveau Die Leibniz-Institute sind auf thematisch definierten, zukunftsweisenden Forschungsfeldern tätig, die zumeist eine langfristige Bearbeitung erfordern und sich wegen ihres Umfangs oder ihrer Inhalte nicht für die typische Universitätsforschung eignen. Die Forschungsaufgaben der Leibniz-Institute liegen zwischen der erkenntnisorientierten Grundlagenforschung und der angewandten Forschung und stellen eine Verbindung zwischen diesen beiden Polen her. In diesem intermediären, problemorientierten, oftmals interdisziplinären Bereich liegt ein wesentliches wissenschaftliches Innovationspotential. Erfolgreiche Innovationen basieren heute mehr denn je auf der ständigen Interaktion von erkenntnisorientierter und anwendungsorientierter Forschung die Übergänge zwischen beiden Bereichen werden zunehmend fließend. Mit ihrer Ausrichtung nimmt die WGL einen unverwechselbaren, wichtigen Platz in der arbeitsteiligen deutschen Forschungslandschaft ein. Die Leibniz-Institute decken ein Forschungs- und Dienstleistungsspektrum ab, das weder von Instituten der Max-Planck- Gesell-schaft (MPG) noch der Fraunhofer-Gesellschaft (FhG) bearbeitet wird. Die MPG ist der erkenntnisorientierten Grundlagenforschung verpflichtet und gründet ihre Institute bevorzugt um herausragende Forscherpersönlichkeiten. Die FhG orientiert ihre Forschungsaufgaben an den Erfordernissen der Industrie. Im Unterschied dazu sind viele Leibniz-Institute aus Anlass eines konkreten gesellschaftlichen Problems oder zu einem definierten Zweck gegründet worden. Hierzu einige Beispiele:

Das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNI) wurde 1900 von dem damaligen Hamburger Hafenarzt Bernhard Nocht als Forschungsinstitut mit klinischer Abteilung gegründet, um sich tropenmedizinischer Forschung und der Behandlung von Patienten mit tropischen Infektionskrankheiten zu widmen. Diese Forschungsarbeiten haben inzwischen aufgrund der stark gestiegenen Reisetätigkeit vieler Menschen in tropische Länder an Bedeutung gewonnen. Hinzu kommt die Verpflichtung der Industrieländer, Forschungsarbeiten zur Bekämpfung tropischer Krankheiten durchzuführen, um damit auch die ärmeren Länder der Dritten Welt zu unterstützen. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin wurde 1925 mit Blick auf konjunkturelle Krisenerscheinungen vom damaligen Statistischen Reichsamt als Konjunkturforschungsinstitut gegründet. Zweifellos ist Konjunkturforschung auch weiterhin ein wichtiges Forschungsgebiet. Das DIW arbeitet komplementär mit den fünf anderen wirtschaftswissenschaftlichen Instituten der WGL zusammen. Das Institut für Deutsche Sprache (IDS) wurde 1964 zur umfassenden Erforschung der deutschen Sprache besonders in ihrem gegenwärtigen Gebrauch gegründet. Seit der Erweiterung durch entsprechende Forschergruppen aus der früheren Akademie der Wissenschaften der DDR ist es die zentrale wissenschaftliche Einrichtung zur Erforschung und Dokumentation der Landessprache. Das Deutsche Institut für Erwachsenenbildung (DIE) entstand 1957 zur Forschung, Entwicklung und Unterstützung des entstehenden vierten Bildungsbereiches. Es ist heute für Wissenschaft, Politik und Praxis im nationalen und internationalen Rahmen die zentrale Anlaufstelle in Fragen der Weiterbildung und liefert unverzichtbaren Service für die wissenschaftliche Bearbeitung des expandierenden Weiterbildungsbereiches. Das Heinrich-Hertz-Institut für Nachrichtentechnik Berlin GmbH (HHI) entwickelt informationstechnische Grundlagen und zeigt in Abstimmung mit der Industrie produktorientierte Anwendungsmöglichkeiten auf. Diese Arbeiten haben insbesondere vor dem Hintergrund der zunehmenden Verwendung des Internets und der mobilen Kommunikationssysteme sehr große Bedeutung. Die vom Heinrich- Hertz-Institut erarbeiteten Ergebnisse erfahren weltweite Anerkennung auf dem Gebiet der Photonik und der Optischen Nachrichtentechnik. Viele weitere Institute der WGL wurden ebenfalls gegründet, um Beiträge zur Lösung erkannter gesellschaftlicher Probleme zu liefern. Sie stellen ein singuläres Forschungspotential in Deutschland dar. Dies trifft z. B. zu auf das Institut für Arbeitsphysiologie, das Deutsche Primatenzentrum, das Deutsche Institut für Ernährungsforschung, das Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung und auf die raumwissenschaftlichen Forschungsinstitute der WGL, um nur einige zu nennen. Mehrere Institute der WGL sind auch mit dem ausdrücklichen Ziel der Politikberatung gegründet worden. Dies trifft insbesondere auf die wirtschaftswissenschaftlichen Forschungsinstitute zu, aber auch die raumwissenschaftlichen Institute erfüllen in großem Umfang Beratungsaufgaben. Darüber hinaus nehmen etwa das Forschungsinstitut für Öffentliche Verwaltung, das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung und das Zentrum für Agrarlandschafts- und Landnutzungsforschung, um wiederum nur eine kleine Auswahl zu nennen, Beratungsaufgaben für die Öffentlichkeit wahr. Diese kurze Aufzählung macht auch die Vielfalt der Forschungsarbeiten deutlich, die in den Leibniz-Instituten betrieben werden. Diese Vielfalt wird gelegentlich Heterogenität genannt. Die WGL ist allerdings der Überzeugung, dass die fachliche und thematische Vielfalt der Leibniz-Institute eine ihrer Stärken ist, die es ihr erst ermöglicht, komplexe Themen wissenschaftlich umfassend zu behandeln und für eine breite Öffentlichkeit aufzubereiten. Gerade wegen der Heterogenität der Institute ist die WGL in besonderem Maße geeignet, Forschungsthemen aufzugreifen, die einer interdisziplinären und transdisziplinären Zusammenarbeit bedürfen, um nachhaltige, zukunftsweisende Lösungen drängender gesellschaftlicher Probleme zu erarbeiten.

Diese Vielfalt ist die fruchtbare Basis für exzellente Forschungsarbeiten, wie gerade erst am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) demonstriert wurde. Dr. Stefan Rahmstorf vom PIK erhielt als einziger Deutscher einen der fünf mit je 1 Mio. US-$ dotierten Jahrhundertpreise der McDonnell Foundation für seine herausragenden Arbeiten zur Rolle der Meeresströmungen und deren Einfluss auf das Klimageschehen. Interdisziplinarität und Nachhaltigkeit Die Leibniz-Institute arbeiten in der Regel interdisziplinär und haben sich der Erforschung komplexer Systeme verschrieben. In den letzten Jahren wurde immer deutlicher, dass grundlegende wissenschaftliche Fragen nur durch die Zusammenarbeit von Wissenschaftlern unterschiedlicher Disziplinen gelöst werden können. Komplexe und nachhaltige Forschungsbereiche, bei denen die Möglichkeiten zur interdisziplinären Zusammenarbeit und damit die Stärken der Leibniz-Institute besonders zur Geltung kommen, sind die Erforschung des Klimas, der terrestrischen und aquatischen Ökosysteme, die globale agrarische Landnutzung und die Erforschung der Genressourcen sowohl im pflanzlichen als auch im tierischen Bereich. Zu den komplexen Forschungsthemen, die in der WGL bearbeitet werden, gehören Bereiche der Medizin, die Beschäftigung mit der räumlichen Umgebung des Menschen, aber auch die Bildungsforschung, die der zunehmenden Bedeutung von Bildung und Weiterbildung in der Wissensgesellschaft Rechnung trägt. Leibniz-Institute verfügen über eine ausgewiesene wissenschaftliche Expertise und ein singuläres Wissen in diesen Bereichen. Für Forschungen zur Nachhaltigkeit im umfassenden Sinne leisten nicht nur die Institute der Sektion E (Umweltwissenschaften) der WGL einen bedeutenden Beitrag, sondern auch Einrichtungen wie das Deutsche Primatenzentrum, das Forschungsinstitut für die Biologie landwirtschaftlicher Nutztiere, das Institut für Zoo- und Wildtierforschung, das Forschungsinstitut und Naturkundemuseum Senckenberg sowie das Forschungszentrum Rossendorf. Die materialwissenschaftlichen Institute der WGL leisten einen bedeutenden Beitrag zur Nachhaltigkeit durch Forschungsarbeiten zur Entwicklung neuer Materialien mit längerer Lebensdauer, von Materialien, die aus umwelt- und bioverträglichen Stoffen hergestellt sind oder für deren Herstellung weniger Energie benötigt wird. Die Forschungsund Entwicklungsarbeiten der Leibniz-Institute zur "Nachhaltigkeit" liegen in einem Bereich, der auch von der neuen Forschungsministerin als prioritär angesehen wird. Die WGL als Partner von Hochschule und Industrie, Politik und Behörden Die Leibniz-Institute verstehen sich als Kooperationspartner von Hochschulen, Industrie, Behörden und Politik. Besonders eng und intensiv ist die wissenschaftliche Kooperation mit den Hochschulen. In den Leibniz-Instituten werden Forschungsarbeiten durchgeführt, die innerhalb der organisatorischen Bedingungen der Hochschulen kaum realisierbar wären. Die vielfältigen Kooperationsbeziehungen zeigen sich in den 34 gemeinsamen Sonderforschungsbereichen, in der Mitwirkung in 19 Graduiertenkollegs sowie in der Durchführung zahlreicher gemeinsamer Forschungsvorhaben. Die enge Zusammenarbeit mit den Hochschulen wird auch in den vielen gemeinsamen Berufungen von leitenden Wissenschaftlern der Leibniz-Institute dokumentiert. Insgesamt gibt es bisher mit 28 Hochschulen gemeinsame Berufungen. Wissenschaftler aus Leibniz- Instituten sind in großem Maße in die Lehre eingebunden. Die Leibniz-Institute ergänzen mit ihren speziellen Forschungsgebieten das Ausbildungsangebot der Hochschulen und stellen aufwendige Forschungsinstrumente für die Ausbildung von Nachwuchswissenschaftlern zur Verfügung. Bundesweit haben 53 Leibniz-Institute Kooperationsverträge mit einer oder mehreren benachbarten Hochschulen. In den Leibniz-Instituten wird in großem Maße Nachwuchsförderung betrieben. So sind in der WGL insgesamt über 1.300

Nachwuchswissenschaftler und -wissenschaftlerinnen (ca. 1.000 Doktoranden und 300 Postdocs) beschäftigt. Hinzu kommen ca. 100 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen von Leibniz- Instituten, die an einer Habilitation arbeiten. Die WGL und die neuen Bundesländer Durch ihre vielfältigen Kooperationen mit den Hochschulen haben die Leibniz-Institute insbesondere in den neuen Bundesländern dazu beigetragen, die dortigen Hochschulen aufund auszubauen. Sie haben maßgeblichen Anteil an deren Schwerpunktsetzung. Die im Osten Deutschlands nach der Wende auf Empfehlung des Wissenschaftsrates neu gegründeten Leibniz-Institute, die aus Zentralinstituten der Akademie der Wissenschaften, Instituten der Akademie der Landbauwissenschaften und der Bauakademie der ehemaligen DDR hervorgingen, haben in erheblichem Umfang dazu beigetragen, das Forschungspotential der DDR zu erhalten und sinnvoll zu nutzen. Damit ist es gelungen, dieses Potential erfolgreich in die deutsche Wissenschaft zu integrieren und diese wesentlich zu bereichern. Es ist eine der wichtigsten Leistungen der Leibniz-Gemeinschaft, in ihren Instituten eine erfolgreiche Integration von Mitarbeitern aus Ost und West erreicht zu haben. Viele dieser Institute bilden heute zusammen mit den benachbarten Hochschulen Kristallisationspunkte für die Entstehung von Kompetenzzentren. Die WGL ist stolz darauf, dass diese Leistung der Leibniz-Institute zu den erfolgreichsten Aspekten des Aufbaus Ost und zur Integration von Ost und West gehört. Sie hat damit weit über ihren eigentlichen Forschungsauftrag in die Gesellschaft der neuen Bundesländern hinein gewirkt. Vor diesem Hintergrund sind die Leibniz-Institute die natürlichen Partner der neuen Bundesregierung, um eine Stärkung der Bildung und Forschung in Ostdeutschland zu erreichen, was eines der prioritären Ziele der neuen Koalition ist. Sicherung der Qualität der Forschung in den Leibniz-Instituten Eine regelmäßige externe Bewertung der wissenschaftlichen Qualität der Forschungs- und Serviceleistungen gehört zum Selbstverständnis der Leibniz-Institute. Alle Institute der Leibniz-Gemeinschaft werden derzeit durch den Wissenschaftsrat einer Evaluierung durch externe Gutachter unterzogen. Diese Evaluierung, die 1995 begonnen wurde, wird Mitte 2000 abgeschlossen sein. Das in seiner Transparenz, Vollständigkeit und Konsequenz bisher einmalige Verfahren könnte durchaus Modellcharakter für alle Bereiche der öffentlich geförderten Forschung in Deutschland erlangen. Inzwischen hat der Wissenschaftsrat bereits 60 Institute begangen; für 49 Institute wurden abschließende Stellungnahmen abgegeben. 44 dieser 49 WGL-Institute hat der Wissenschaftsrat wissenschaftliche Exzellenz, auch im internationalen Vergleich, und gesamtstaatliche Bedeutung im Sinne von Art. 91 b des Grundgesetzes bescheinigt. Dies gilt insbesondere auch für die schon evaluierten "Ostinstitute". Diese Bewertung durch ein hoch angesehenes, unabhängiges Gremium bestätigt die WGL eindrucksvoll als wichtiges Element der außeruniversitären Forschung und als unabdingbaren Bestandteil der deutschen Forschungslandschaft. Die Leibniz-Gemeinschaft geht gestärkt aus diesem Verfahren hervor. Nach Beendigung der jetzigen Bewertungsrunde durch den Wissenschaftsrat wird die laufende Qualitätskontrolle in ähnlicher Form in den Händen des im November 1998 konstituierten Senats der WGL liegen. Dennoch gilt: In einer dynamischen Welt sollten institutionelle Strukturen nicht auf Dauer festgelegt sein. Die WGL erhofft sich von ihrem Senat Anregungen, wie ihr Profil in Zukunft noch weiter geschärft werden kann. In ständigem Dialog mit der wissenschaftlichen Community und ihren Zuwendungsgebern ist die WGL bestrebt, ihre Forschungsarbeiten fortzuentwickeln und immer wieder neu an den Bedürfnissen der Gesellschaft auszurichten. Die WGL begrüßt daher den Versuch, offene Verbundstrukturen zwischen den vier außeruniversitären Wissenschaftsorganisationen zu etablieren und die Zusammenarbeit

über die institutionellen Grenzen hinweg zu fördern. Sie ist der Meinung, dass sie für einen solchen Wettbewerb gut gerüstet ist, obwohl ihr im Vergleich zu den anderen Forschungsorganisationen weniger Mittel pro Wissenschaftler zur Verfügung stehen. Stärke durch Vielfalt Die Vielfalt der bearbeiteten Themen und der interdisziplinäre Ansatz der Forschungsarbeiten stellt die besondere Stärke der Leibniz-Institute dar. Die wissenschaftlichen Sektionen der WGL Geisteswissenschaften und Bildungsforschung (A) Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Raumwissenschaften (B) Lebenswissenschaften (C) Mathematik, Natur- und Ingenieurwissenschaften (D) Umweltwissenschaften (E) geben einen exzellenten Rahmen für die inter- und intradisziplinäre Zusammenarbeit bei unterschiedlichsten Themen innerhalb der Sektionen und über die Sektionsgrenzen hinweg. Die wissenschaftlichen Konferenzen der Leibniz-Gemeinschaft "Globalisierung und Forschung" (1997) "Biodiversität: Erfassung, Erhaltung, Nutzung" (1998) bestätigen mit ihren Beiträgen aus allen Sektionen eindrucksvoll die Möglichkeiten zur intensiven Kooperation und zeigen Beispiele innovativer Forschungsarbeiten auf. Prof. Frank Pobell stellte genau diese Eigenschaft der WGL bei seinem Amtsantritt als Präsident im Oktober 1998 heraus: "Die Stärke der WGL liegt in ihrer Vielfalt. In einer Gegenwart, die uns mit Problemen ständig wachsender Komplexität konfrontiert, bietet ein Forschungsnetzwerk mit vielen Facetten die beste Gewähr, den aktuellen Herausforderungen zu begegnen." Die Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz ist stolz darauf, in weniger als fünf Jahren seit ihrer Gründung ein eigenes, unverwechselbares Profil entwickelt zu haben. Sie repräsentiert heute einen wichtigen Teil der außeruniversitären, arbeitsteiligen Forschung in Deutschland. Die WGL ist überzeugt, dass sie auf einen Wandel in der Forschungslandschaft, wie er zur Zeit wieder verstärkt diskutiert wird, gut vorbereitet ist.