Auslandssemester in Jordanien an der German Jordanian University WS15/16
1 Erfahrungen in Jordanien Jordanien ist das kleine Wüstenland zwischen Israel, Syrien, Irak und Saudi Arabien. Trotz der Kriege in den Nachbarländern habe ich mich in Amman immer sicher gefühlt, dazu haben die vielen Soldaten und gepanzerten Militärfahrzeuge sicherlich beigetragen. Das Land an sich ist relativ stabil und das Flüchtlingsdebakel an der Syrischen Grenze ist in der Öffentlichkeit ein Tabu Thema. Mein Semester in Amman war ein Ausflug in eine komplett andere Welt und da ich erleben wollte, wie das Leben in einem arabischen Land ist, hat sich mein Aufenthalt in dieser Hinsicht sehr gelohnt. Ich denke man hat es als Frau noch etwas schwerer, aber auch Männer werden in manchen Vierteln angestarrt, wenn sie Shorts tragen. In anderen Gegenden ist das wieder vollkommen okay. Das Herausforderndste war für mich die Unorganisiertheit des Landes und das Studieren an der GJU. Das positive, das ich aus Jordanien mitnehmen kann sind die interkulturellen Erfahrungen in einer eher antiwestlich geprägten Kultur und ein neues Verständnis der Flüchtlingskrise und des Israel-Palästina Konflikts. 2 Verkehr/Infrastruktur Am besten und am teuersten kommt man mit dem Taxi voran. Davon gibt es sehr viele und sie sind noch relativ erschwinglich (3-4 einmal quer durch die Stadt, 10 zur Uni). Ein geordnetes Bussystem gibt es nur zwischen Städten (siehe weiter unten). Busse fahren wenn sie voll sind, was dazu führt dass man zwischen 5 Minuten und 1,5 Stunden warten muss, bis mal einer vorbeikommt. In der regulären Vorlesungszeit fuhren die öffentlichen Busse relativ verlässlich von und zur Uni, in der Prüfungszeit war man mit einem Taxi am besten dran. Alternativ konnte man sich ein Semesterticket für die Uni Busse kaufen, das kostete allerdings über 300, während eine reguläre Busfahrt nur 1 kostet. 3 Studium Ich konnte aus allen Kursen frei wählen, auch wenn einige schon ausgebucht waren, so arrangierten die Angestellten vom Registration Department immer, dass ich trotzdem noch in den Kurs konnte. Den Kurskatalog bekam ich 2 Wochen vor Beginn, das LA musste also nochmal komplett neu gemacht werden. Es wurden viele Kurse angeboten, da war das kein Problem. Obwohl in der Beschreibung seitens Heilbronn stand, dass es keine Studiengebühren gibt, musste man 360 Einschreibegebühren zahlen. Das große Chaos gab es gleich zu Beginn, denn für die Registrierung an der Uni mussten wir Gaststudenten an je 3 Tagen jeweils 2-4 Stunden warten, bis uns gesagt wurde,
dass wir uns noch nicht registrieren könnten. In der ersten Vorlesungswoche fanden bei mir keine Kurse statt, was man auch erst erfährt, wenn man da ist. Man muss wirklich sehr viel Geduld mitbringen. Das International Office der GJU war sehr hilfsbereit und bei Problemen aller Art konnte ich mich immer an sie wenden. Ausflüge wurden auch mehrmals vom IO organisiert, diese waren jedes mal sehr schön und auch wenn sie teuer waren, hat es sich jedes mal voll gelohnt. Außerdem gab es auch Hilfe beim Organisieren von privaten Trips, zum Beispiel eine Nacht in der Wüste mit Beduinen, was meine schönste Erinnerung an Jordanien ist. Zu den Vorlesungen: Offiziell ist die Unterrichtssprache Englisch, in Wirklichkeit sind aber lediglich die Powerpoint Folien auf Englisch und der Dozent liest diese vor und erklärt sie dann auf arabisch. Fragen und deren Antworten oder Ansagen über Prüfungen und Quizze waren ebenfalls meistens auf arabisch, nur wenn man explizit nachfragt gibt es diese Infos dann nochmal auf Englisch. Daher finde ich, dass sich ein Semester and der GJU nur dann wirklich lohnt, wenn man fließend arabisch kann. Einmal beschwerten wir uns in einem Fach, weil die Vorlesung fast nur auf Arabisch war, das war jedoch ein sehr großer Fehler weil der Dozent das als persönliche Beleidigung aufgefasst hat, uns Deutsche vor der ganzen Klasse angeschrien hat und für das restliche Semester durchgehend diskriminiert, abfällige Kommentare fallen lassen und uns auffällig anders behandelt hat als die arabischen Studenten. Bis auf diesen einen Fall waren die Dozenten aber wirklich sehr nett und entgegenkommend, haben regelmäßig gefragt ob man mitkommt und haben uns Gaststudenten am Ende die Prüfungen sogar vorschreiben lassen (nachdem die Termine spontan verschoben wurden). Auch galt die Anwesenheitspflicht nicht bei allen Dozenten. Einige Dozenten gaben sogar die Möglichkeit, Bonuspunkte zu erarbeiten, nachdem sie von der strengen Umrechnung der Noten gehört hatten. Jeder Kurs besteht aus ca. 20 Studenten, ist zweimal die Woche, es ist Anwesenheitspflicht, es gibt Quizzes, Homeworks, und pro Fach hatte ich 3 Prüfungen. Mit 5 Kursen war ich da schon sehr beansprucht, ich würde empfehlen, nur 4 Kurse zu nehmen. Das Niveau ist relativ einfach, aber in der Masse sehr sehr viel zum auswendig lernen. Prüfungen sind oft multiple choice. Die Falle dabei: oftmals sind von 4 Möglichkeiten 3 richtig und man muss die finden, die genau so im Buch stand. Das hat mich wirklich geschockt, denn inhaltlich hat man dabei wirklich nichts gelernt. Diskussionen gibt es in Vorlesungen fast keine und Fragen, die nicht direkt mit dem Stoff zu tun haben, werden nicht beantwortet. Oft sagten Dozenten: Don t think, just learn what is in the book. Auch das hat mich sehr geschockt. Noten: In Jordanien gibt es Prozente, die beste Note excellent beginnt ab 84, durchge-
fallen ist man unter 50%. Das Probem ist, das die Noten ganz anders ins Deutsche umgerechnet werden. Das Prüfungsamt in Heilbronn verwendet auch den Prozentschlüssel, jedoch ist eine 1,0 ab 95% erst möglich und somit für Jordanien vollkommen ausgeschlossen, ebenso eine 1,3 (ab 90%). Wer nach Jordanien geht, sollte das also keinesfalls für Noten tun, denn die Umrechnung zieht die Noten richtig nach unten. Mir war das vorher nicht klar und ich wäre niemals an die GJU gegangen, wenn ich das gewusst hätte, denn überhaupt auf 84 zu kommen ist wirklich schwer. 4 Wohnen/Alltag Mieten in Amman sind ähnlich hoch wie in Deutschland. Man fährt dann allerdings jeden Tag 30 bis 45 Minuten zur Uni (und auch so lange wieder zurück), da die GJU 35km von der Stadt entfernt ist. Die einzige Option, näher an der Uni zu wohnen, ist die Kleinstadt Madaba, davon wurde mir aber im Vorfeld abgeraten, da Madaba kaum Freizeitmöglichkeiten bietet. Das International Office der GJU ist beim der Wohnungssuche behilflich und postet auf Facebook regelmäßig Wohnungsangebote. Die meisten Studenten lebten im sog. Golden Gate Building. Das ist nah an der Bushaltestelle, ziemlich heruntergekommen aber man hat Kontakt zu anderen deutschen Studenten. Im Winter wird es auch drinnen bitterkalt (Ja, Schnee gibt es auch in Amman), da die Häuser überhaupt nicht isoliert sind. Das Gute: man spart sich den Kühlschrank, das schlechte: Man muss sich entweder eine teure Heizung kaufen oder in Winterjacke herumlaufen. Ratten oder Ameisen sind ebenfalls meistens Mitbewohner, damit muss man eben klarkommen. Amman ist sehr teuer, ich habe ausgerechnet, dass ich pro Monat 30% mehr ausgegeben habe als in Deutschland, und das ohne Urlaube oder besondere Ausflüge dazuzurechnen. Parks oder Möglichkeiten, draußen Sport zu machen oder Spazieren zu gehen, gab es keine. Der Smog war so unerträglich, dass ich meistens schon nach 15 Minuten ein komisches Gefühl in der Lunge bekam. Fitnesscenters kosten 50 aufwärts, die mit Pool gibt es ab 100 im Monat. Fernbusse zu Touristenzielen gab es, die waren relativ billig und was selten für Jordanien war: püntklich. Was leider auch noch zum Alltag gehört und was auf jeden Fall erwähnt werden muss ist der extrem Hass auf Juden und Israelis, den ich immer wieder mitbekommen habe. In Jordanien leben viele Palästinenser, das erklärt wohl die geladene Atmosphäre. Jedoch ist es mir ein Rätsel, wieso die GJU Demonstrationen auf ihrem Campus zulässt, auf denen Tod den Israelis, - Nieder mit Israel, skandiert wird. Meiner Meinung nach dürfte das NICHT auf dem Geländer einer Heilbronner Partneruni passieren. Außerdem
genießt man als Deutscher besondere Achtung und ich musste mir oft anhören wie Hitler leider zu früh gestorben ist. Fast regelmäßig wollten mich Kommilitonen überzeugen, dass man alle Juden umbringen müsse und dass es nur dann Frieden gäbe wenn alle Juden im Mittelmeer versunken sind. Das ging auch anderen deutschen Studenten so und wurde von allen als sehr belastend empfunden. 5 Fazit Leider kann ich beim besten Willen niemandem empfehlen, ein Semester an der GJU zu studieren. Die hohen Lebenskosten, die vom Niveau her schlechten Kurse und die extrem schlechte Notenumrechnung sowie die oben beschriebenen kulturellen Probleme führten zu dieser Einschätzung. Ein 2-3-monatiger reiner Sprachkurs wäre da sicher angemessener, denn so lernt man neben der Sprache viel über die Kultur und spart sich jede Menge Frustrationen. Jordanier waren immer sehr gastfreundlich und hilfsbereit, das ist auf jeden Fall auch erwähnenswert. Jordanien ist auf jeden Fall ein sicheres Reiseland und ich weiß die interkulturellen Erfahrungen sehr zu schätzen.