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Transkript:

Imamausbildung Samstagmorgen in der Yeni Cami, der neuen Moschee in Rheda-Wiedenbrück. 15 junge Frauen und Männer im Alter zwischen 13 und 21 sind zusammengekommen, um die nächste gemeinsame Reise zu planen. Kuchen und Kekse haben sie mitgebracht, den Tee gibt es aus der Küche der Moschee. Die Atmosphäre ist angeregt, entspannt. Während ihr Mann Imam Abdurrahman Atasoy den Tisch deckt, flitzt Sena Atasoy von einer Ecke zur anderen, begrüßt die Jugendlichen. Die studierte Theologin betont, dass sie keine Imamin ist: O-Ton Sena Imamin: Wenn man Imam sagt, denkt man ja sofort eher an die Moschee, an den Vorbeter. Unser Titel lautet Religionsbeauftragter oder Religionsbeauftragte, wenn man weiblich ist. Der männliche Religionsbeauftragte hat noch zusätzlich die Aufgabe des Imams. Die Frau als Imam in einer gemischten Gemeinde kommt eigentlich selten vor. In der islamischen Welt gibt es Frauen, die auch Vorbeterinnen sind. Wenn auch nur einige wenige. So unter anderem Amina Wadoud in New York, Rabeya Müller in Bonn und Sherin Khankan in Kopenhagen. Warum nicht auch bei der DITIB, zu der die Moschee von Sena gehört? O-Ton Sena Vorbeterin: Dass die Frauen in einer gemischten Gemeinde als Vorbeter fungiert haben, war in traditioneller Hinsicht in der Zeit des Propheten nicht üblich. Außerdem noch gibt es in der islamischen Jurisprudenz, also in der Rechtswissenschaft, die Regel: Muhasattun an-nisa, was bedeutet: die Aufstellung im Gebet. Es gibt eine bestimmte Reihenfolge, wonach die Männer in den ersten Reihen, dann die Kinder, dann die Frauen. Die Frauen unter sich können eigentlich beten, wie sie wollen. Und daher kann die Frau eben, wenn sie die bestimmten Kompetenzen hat, auch als Imamin in dieser Frauengemeinschaft vorbeten. Schaut es genauso aus, wie der Mann es tut? Also dass er vorne ist und die Gemeinde hinter ihm? Nein. Die Frau ist in der gleichen Reihe wie die Frauen mit ihr mit. Abgesehen davon, dass Sena Atasoy keine Gebete leitet, sind ihre Aufgaben denen des Imams, also ihres Mannes, gleichgestellt. Sie erteilt Koranunterricht, führt Gespräche mit den Frauen, ist Ansprechpartnerin bei allen Problemen. Angefangen von der Familienberatung bis hin zur Seelsorge. Die jungen Frauen in der Moschee sehen die 26jährige Religionsbeauftragte als Lehrerin und Beraterin an.

O-Ton Meryem Aydogan : Sie ist seit ein paar Monaten hier und wir verstehen uns richtig, weil sie nur ein paar Jahre älter ist. Wir haben eher so eine lustige Atmosphäre wenn wir hier sind, deshalb ist das auch schön. O-Ton Hüsnanur Albayrak: Neben diesen islamischen Fragen, würde ich auch zu ihr gehen, wenn ich Hilfe an der Uni oder in der Schule habe. Auch generell, weil sie einfach so eine Schwester für uns ist. Deshalb würde ich mit allen Fragen zu ihr gehen. Auch bei familiären Fragen, weil wir einfach so nah zu uns stehen. O-Ton Elif Özden: Es gibt bestimmt Fragen, die ich persönlich einem Mann nicht stellen könnte und denke, ein Mann weiß nicht, wie wichtig es zum Beispiel für ein Mädchen ist, dass man sich z.b. über Schminke unterhält. Aber daneben habe ich auch viele schulische Fragen, z.b. weiß ich nicht, ob es möglich ist, mit Kopftuch eine Lehrerin zu werden. Da frage ich sie oder welche anderen Studiengänge sie mir empfehlen würde. Sena Atasoy ist im Münsterland geboren und aufgewachsen. Sie stammt aus einer religiösen Familie, die in der Moschee des Ortes ehrenamtlich sehr aktiv ist. Sena Atasoy hat für sich sehr früh entschieden, dass sie in der Moschee nicht nur ehrenamtlich tätig sein möchte, sondern die Religion auch zum Beruf machen will als erste in der Familie. O-Ton Sena Religion: Für mich bedeutet Religion ein Teil der Identität. Religion bedeutet für mich: Frieden, Gemeinsamkeit, Toleranz, Akzeptanz. Und all diese Werte und Normen, die einen Menschen zum Menschen machen. Im Islam gibt es vom Grundsatz her - kein Berufspriestertum. Derjenige unter den Gläubigen, der die fundiertesten Korankenntnisse und vielleicht sogar die schönste Stimme hat, wurde als Imam, als Vorbeter, von der Gemeinde eingesetzt. Mit dem Zuwachs an Größe und Aufgaben der Gemeinde wurde es notwendig, dass das Amt institutionalisiert und ein anerkannter Ausbildungsweg eingerichtet wurde. Auch für Muslime in Deutschland, die sich für den Berufsweg eines Imams oder einer Theologin entschieden haben. Seit 2006 ermöglicht die DITIB deutschen Abiturientinnen und Abiturienten türkischer Herkunft, wie Sena und Abdurrrahman, durch Stipendien die Aufnahme eines theologischen Studiums in der Türkei. O-Ton Sena Studium: Lernen und Lehren hat eine große Bedeutung im Islam. Man kann sogar sagen, dass es ein Grundprinzip ist. Denn der Prophet sagt Friede sei auf ihm das Erlernen von Wissen ist jedem Muslim eine Pflicht. 2

Der Studiengang heißt: Internationaler Studiengang islamische Theologie. Das Auswahlverfahren findet in Kooperation mit der DITIB in Köln und der Diyanet, dem türkischen Präsidium für Religionsangelegenheiten in Ankara statt. Nachdem sowohl Sena als auch Abdurrahman ihre Prüfungen in Köln und Ankara bestanden hatten, konnten sie sich an der Theologischen Fakultät in Ankara einschreiben. Bevor das vierjährige Studium beginnt werden die Anwärter ein Jahr auf das eigentliche Studium vorbereitet. Am Ende der fünf Jahre haben sowohl Sena als auch Abdurrahman den Bachelor in Islamischer Theologie gemacht. Sie darf sich seitdem Religionsbeauftragte, er Religionsbeauftragter und Imam nennen. Aber das schönste am Studium für die beiden: Sie haben sich gefunden und geheiratet. O-Ton Sena Mann: Wenn man mal überlegt. Zwischen uns liegen 420 Kilometer. Er wohnt in Heilbronn, ich in Ennigerloh. Eigentlich ein ganz kleiner Ort, wenn man mal so bedenkt, könnten wir uns in Deutschland kaum treffen O-Ton Abdurrahman Frau: Wir hatten eine Aufgabe bekommen, das wir zusammen erledigen sollten. Das war auch so etwas, wie ein Interview. Und da haben wir uns auch gegenseitig interviewt. Und da haben wir gemerkt, dass wir eigentlich fast die gleichen Ansichten besitzen, dann habe ich eigentlich nur gedacht: ja das ist sie, das muss sie sein. Das Ehepaar Atasoy gehört zu den bisher 60 Absolventen, die in Deutschland geboren und aufgewachsen sind, aber ihre theologische Ausbildung in der Türkei gemacht haben. O-Ton Abdurrahman Studium: Ich hoffe, dass unsere Zahl weiterhin rasant steigen, so dass wir all diese Notwendigkeiten hier in Deutschland und Europa entgegen kommen können. Aber zurzeit ist das nicht möglich, weil unsere Zahl ist sehr wenig hier in Deutschland und Europa. Also wenn wir das so betrachten, könnte das erst in 30-40 Jahren soweit sein, dass wir alle Moscheen dementsprechend besetzen können. Daher spricht sich das Ehepaar dafür aus, dass solange der Bedarf nicht aus Deutschland gedeckt werden kann Imame und Religionsbeauftragte aus der Türkei importiert werden. O-Ton Abdurrahman Import-Imame : Die Import-Imame, wie sie das ausgedrückt haben, die sind für uns sehr wichtig, weil die seit 10-20 Jahren als Religionsbeauftragter arbeiten und deren Erfahrungen auch sehr wertvoll sind. Wir lernen heute noch von diesen Religionsbeauftragten, weil sie den Koran sehr schön rezitieren, weil sie den islamische Literatur sehr gut beherrschen. Auch wenn wir mehrere Absolventen wären, wäre es für mich immer ein Plus, wenn diese Import-Imame hier wären. So dass wir uns dann gegenseitig helfen können. 3

Immer wieder wird der Ruf laut, dass für die Muslime in Deutschland auch die Imame in Deutschland ausgebildet werden sollten. Dafür seien die islamischen Fakultäten, wie in Osnabrück, ins Leben gerufen worden. Rauf Ceylan, Professor für gegenwartsbezogene Islamforschung an der theologischen Fakultät in Osnabrück, erläutert. O-Ton Rauf Ceylan_Imame: Wir sind ein Projekt seit 2012, also relativ jung. Und es geht darum, dass wir nicht Imame ausbilden, wir bilden Theologen aus. Die Imamausbildung müsste die Gemeinde danach übernehmen. So wie auch in der katholischen Kirche. Und der Wunsch Imame in Moscheen einzustellen, dieses Ziel haben wir nicht erreicht. Was wir erreicht haben ist, dass früher viele nach Ägypten oder sonst wohin gegangen sind, um Theologie zu studieren. Das haben wir unterbunden. Auf der anderen Seite haben wir immer noch die türkischen Imame, die kommen. Das kann auch nicht die Lösung sein. Aber selbstkritisch: dieses Ziel haben wir nicht erreicht. Dass das Ziel nicht erreicht wurde, liegt nicht an den islamischen Fakultäten. Denn sie dürfen keine Imame ausbilden. Das dürfen nur die Moschee-Verbände. Verankert ist das im Grundgesetz Artikel 140, im so genannten religionsgemeinschaftlichen Selbstbestimmungsrecht. Mit über 900 Moschee-Gemeinden und circa 1.000 Religionsbeauftragen ist die DITIB der größte muslimische Verband in Deutschland. Die Theologen und Theologinnen, die bei der DITIB arbeiten, sind beim türkischen Präsidium für Religionsangelegenheiten, der Diyanet, als Beamte angestellt. Abdullah Gümüssoy, Angestellter bei der Diyanet in Ankara und zuständig für die Fortbildung der zukünftigen Auslandsgeistlichen, erklärt, wie diese Fortbildung für die Imame aussieht, die nicht wie das Ehepaar Atasoy aus Deutschland kommen, sondern in der Türkei sozialisiert sind. O-Ton Abdullah Gümüssoy: Sie müssen zunächst in der Türkei fünf Jahre als Imam gearbeitet haben, wenn sie sich für die Laufbahn im Ausland bewerben möchten. Sie werden einer Prüfung unterzogen, die sie mit mindestens 80 von 100 Punkten bestehen müssen. Je nach den Bedürfnissen werden die Kandidaten dann zur weiteren Prüfungen einbestellt. Zuerst gibt es eine mündliche Prüfung, in der es um die Berufskenntnisse geht. Abgefragt werden Korankenntnisse, die Hadithe, die Koranexegese, islamische Rechtsprechung und vieles mehr. Zu der Ausbildung der Imame, die zum Beispiel nach Deutschland möchten, gehört auch der Deutschkurs, der in Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut gegeben wird. Das deutsche Auswärtige Amt trägt einen Teil der Kosten. Die Kursteilnehmer kommen aus der ganzen Türkei, wie zum Beispiel aus Kahramanmaras, Südostanatolien. O-Ton Numan Dülger: Ich habe mich für Europa, insbesondere Deutschland entschieden, da ich dort Freunde und Verwandte habe. 4

Herrn Dülger schreckt es nicht ab, dass er in ein fremdes Land entsandt wird, das mehrheitlich christlich ist und in dem gerade in den letzten Monaten die antiislamische Stimmung zugenommen hat. O-Ton Numan Dülger Toleranz: Unsere Religion ist eine Religion der Toleranz. Außerdem sind wir es aus der Türkei gewöhnt, mit verschiedenen Kulturen und Religionen zu leben. Also schreckt mich das nicht ab. Selbstkritisch fügt er jedoch hinzu: O-Ton Numan Dülger_Bildung: Wir wissen, dass das Bildungssystem in Europa besser ist. Wir möchten hier unsere Sprachkenntnisse verbessern und hoffen auch, dass unsere Kinder davon profitieren werden. Dass sie von der Ausbildung, die wir bekommen, einen Mehrwert haben. Solche Dinge haben wir auch im Kopf, deswegen sind wir hier. Seine beiden Mitstreiter, Cuma Ardinc und Hakki Tulun ergänzen: O-Ton Cuma Ardinc_Deutschland: Die Welt ist im Moment in Aufruhr, dessen sind wir uns bewusst. Es gibt Anschläge gegen Moscheen und ähnliches. Muslime sind im Moment nicht gerade beliebt. Aber ich glaube, dass wir eine Friedensbotschaft übermitteln können. Ich glaube nicht, dass wir mit dem deutschen Volk irgendein Problem haben werden. Da lebt ja eine große Zahl an Türken und Muslimen. Manche Brücken mögen beschädigt sein, aber ich glaube, dass sich das wieder geben wird. O-Ton Hakki Tulun_Deutschland: Ich glaube schon, dass ich am Anfang Probleme haben werde. Denn ich möchte mit meinen Kindern nach Deutschland. Aber da sie noch jung sind, glaube ich, dass sie sich schnell einleben werden. Ich glaube, dass das erste Jahr schwierig wird, aber danach nicht mehr. Nach bestandener Deutschprüfung müssen sich die Imame der zweiten Prüfung stellen: Hierbei geht es im weitesten Sinne um die Kultur des Landes, in das sie entsandt werden. Themengebiete sind: Landeskunde, Grundgesetz, kulturelle Besonderheiten, oder eben das Vereinsrecht, da DITIB ein Verein ist. Diese Orientierungskurse werden seit 10 Jahren von der Konrad-Adenauer-Stiftung durchgeführt. Der Osnabrücker Professor Rauf Ceylan hat sie mit entwickelt und erteilt bis heute den landeskundlichen Unterricht. 5

O-Ton Rauf Ceylan_Fortbildung: Aber dann nochmal von uns so richtig: was deutsche Geschichte, was ist Demokratie, was ist Pluralisierung. Was heißt eigentlich säkulare Gesellschaft in Deutschland. Also solche Dinge sprechen wir an, und interessant ist immer: Bild, was die im Kopf haben. Den Laizismus in der Türkei, erzähle ich immer, wie das in Deutschland ist, was geht und was nicht. Die haben dann natürlich ganz andere Bilder, wo ich die dann wieder runter hole und sage Leute, nach einem Jahr seid ihr völlig desillusioniert. Glaubt nicht, ihr kommt dahin und die türkischen Jugendlichen warten auf euch. Merken sie, okay, die Community tickt hier ganz anders, die Jugendlichen ticken ganz anders. Die sind nicht ansprechbar. Im Sinne von - nicht nur sprachlich, sondern auch kulturell nicht ansprechbar. Nach seiner Meinung kann man die Anwärter in drei Gruppen aufteilen: die Abenteurer, die Idealisten. Und dann die dritte Gruppe: O-Ton Rauf Ceylan_Bezahlung: Die meisten, über 80%, kommt aus materiellen Gründen aus der Türkei. Wenn ich Imam in der Türkei wäre, ich würde diese Chance nutzen. Sie bekommen doppelten Verdienst. Ihr Lohn aus der Türkei wird fort bezahlt. Das ist wunderbar, für 5 Jahre lernen sie ein neues Land kennen. Sie können Geld verdienen und wenn sie zurückkommen, können sie ein Eigenheim oder eine Wohnung kaufen. Von wem wird das Ehepaar Atasoy bezahlt? O-Ton Atasoy Angestellte des türkischen Staates: Wir werden von der Diyanet bezahlt, so dass wir in Deutschland arbeiten können ohne Benachteiligung. Sie wird genauso bezahlt, wie ich bezahlt werde. Also wir bekommen den gleichen Lohn. Das heißt: ein deutscher Staatsbürger kein Doppelstaatler ist zugleich ein türkischer Beamter und wird vom Präsidium für Religionsangelegenheiten eines laizistischen Staates bezahlt. Da muss auch Abdurrahmen Atasoy lachen. O-Ton Abdurrahman Deutschland: Das ist irgendwie komisch. Wir sind eigentlich Beamte mit einem deutschen Pass. Das wird sich auch regeln. Das ist nur eine Notlösung, so dass die Gemeindearbeiten hier gelöst werden können. Mein Wunsch ist, dass sich das mit der Zeit regelt. Dass dann Deutschland das Ganze übernimmt und wir als deutsche Staatsbürger für Deutschland arbeiten können. Gibt es keine Loyalitätsprobleme? 6

O-Ton Abdurrahman Sena Angestellte des türkischen Staates: Nein, nein. So was gibt es nicht. Wir bekommen Unterstützung aus der Türkei aber wir arbeiten für Deutschland. O-Ton Sena: Ich frage mich, warum ich ein Loyalitätsproblem haben sollte. Denn primär setzen wir uns in Deutschland für die Jugendlichen ein, die in der deutschen Kultur eigentlich sozialisiert sind. Abdurrahman Atasoy ist zwar Imam, arbeitet zurzeit aber nicht als Vorbeter. Er betreut 73 Moscheen im Münsterland, hält vor Jugendlichen Vorträge über verschiedene Themen. Und das alles nur auf Deutsch. Der 25 jährige Geistliche ist ständig auf Achse. Dabei kommt es auch vor, dass er auf die Spionage-Vorwürfe angesprochen wird, die gegen einige DITIB-Imame erhoben werden. O-Ton Adurrahmen Sena Vorwürfe: (Mann) Ich bin der Auffassung, dass DITIB heute wegen dieser Vorwürfe nicht komplett kritisiert werden sollte. DITIB hat bis heute wirklich sehr sehr gute Arbeit geleistet, leisten immer noch sehr gute Arbeiten. Ich finde das sehr traurig, dass wir mit solchen Sachen konfrontiert werden. Ich denke, dass es sehr schade ist, auch für das Miteinander und für die weitere Arbeit in der Gemeinde. Daher kann ich nur sagen, dass mich das wirklich sehr betrifft. Und hoffe, dass wir uns auch bald einigen und wieder alles ins Positive sich entwickeln wird. Professor Doktor Mehmet Görmez leitet seit 2010 die Diyanet in Ankara. Als Präsident der Diyanet ist er der ranghöchste Geistliche der Türkei. Er erklärt, in welcher Beziehung DITIB und Diyanet zueinander stehen. O-Ton Mehmet Görmez: Die DITIB ist nach deutschem Recht auf deutschem Boden entstanden. Wenn es nun um die Beziehung zwischen der DITIB und der Diyanet geht, die nun seit 35-40 Jahren existiert: Von Beginn ihrer Gründung an, hat die DITIB die geistige Führung durch die Diyanet akzeptiert. DITIB profitiert in religiösen Fragen von der Erfahrung und dem Wissen der Diyanet. Die DITIB wurde im Zuge der Migration gegründet. Weder von türkischer noch von deutscher Seite gab es bis dahin Erfahrung in der Institutionalisierung solch eines Vereins, der die religiösen Dienste und Betreuung der türkischen Muslime im Ausland regelt. 7

O-Ton Mehmet Görmez : Alle Schritte zur Institutionalisierung von DITIB wurden von Anfang an mit der deutschen Seite besprochen und ausgeführt. Die Ausbildung der Imame erfolgt gemeinsam mit Deutschland. Sei es beim Goethe-Institut oder der Konrad-Adenauer Stiftung. Es gibt zwischen den beiden Ländern keine Geheimnisse. Jeder Religionsbeauftragter, der entsandt wird, benötigt die Erlaubnis des Deutschen Botschafters. Bis heute hat es keine Probleme gegeben. Hätte es welche gegeben, wir hätten das gemeinsam gelöst. Rauf Ceylan gibt zu bedenken, dass bei aller berechtigten Kritik an der DITIB die deutsche Seite sich auch ihrer Verantwortung bewusst sein muss. O-Ton Rauf Ceylan: Das System von DITIB war von Anfang an klar. In den 60-70ziger Jahren ist ein Vakuum entstanden. Im Grunde genommen war das Feld völlig frei. Viele Oppositionelle konnten hier aufbauen. In den 90er Jahren sind auch problematische Gruppen nach Deutschland gekommen, fundamentalistische Gruppen. Wir hatten einen Kaplan, das darf man nicht vergessen. Die Ausländerpolitik damals, die werden alle zurückkehren, 84 noch das Rückkehrförderungsgesetz. Wenn man das alles zusammenzählt, dann war DITIB natürlich eine willkommene Gelegenheit. Aus dem einst willkommenen Partner DITIB ist ein Problemkind geworden. Fast täglich gibt es Nachrichten über die Verfehlungen der DITIB-Imame. Vor allem der Spionagevorwurf wiegt schwer. Imame sollen Mitglieder der Gülenbewegung bespitzelt haben. Professor Görmez wirbt für einen anderen Blick auf die Geschehnisse. O-Ton Mehmet Görmez_Spionage: Ich wiederhole es nochmal: es ging nicht darum, private Details von Jemandem zu sammeln oder zu verraten. Sondern darum, die Menschen in Europa, in Deutschland vor einem Mann zu warnen, der 40 Jahre das Volk hintergangen hat, der sich in allen Bereichen des Staats ausgebreitet hat und am 15.7 einen Putschversuch begangen hat, mit Panzern, Militärflugzeugen und ähnlichem. 249 unserer Landsleute sind zu Tode gekommen, über 2000 Menschen sind verletzt worden. Es ging darum, die Menschen vor einer Terrororganisation zu warnen. Wenn jemand seine Kompetenzen überschritten hat, dann werden wir alles Nötige veranlassen und Denjenigen zur Verantwortung ziehen. Das kann ich hier versichern. Aber von wem erhalten die Imame die Weisungen? Ist es DITIB, wo sie arbeiten oder die Diyanet, von der sie bezahlt werden? 8

O-Ton Imamausbilder Abdullah Gümüssoy: Wenn Jemand mit einem alltäglichen Problem zum Imam kommt, kann dieser es aufgrund seiner Ausbildung und Erfahrung selber beantworten. Aber wenn es um ein streitbares Thema geht, auch streitbar innerhalb der islamischen Theologie, dann kann der Religionsbeauftragte diese Frage nicht selber klären. Bei strittigen Themen wenden sich die Imame an den Hohen Rat für Religionsangelegenheiten und der trifft eine Entscheidung. So erreicht man eine gemeinsame Linie. Stellen Sie sich vor, sonst könnte ja der eine Imam zum gleichen Thema den einen Standpunkt haben, der andere einen anderen. So etwas kommt selten vor, aber wenn es doch vorkommt, wird er vom Hohen Rat belehrt und kann sich selber verteidigen. Und was macht das Ehepaar in Deutschland, wenn es religiöse Fragen und Probleme hat, die es nicht lösen kann? Denn der Hohe Rat, ein Beratungsgremium aus Religionsgelehrten, der zum Beispiel islamische Rechtsgutachten erlässt, ist weit weg in Ankara. O-Ton Abdurrahman: Nur, wenn was über den Islam gefragt wird, wo wir dann nicht mehr weiterwissen und vielleicht vertieftes Wissen brauchen, dann könnte es sein, dass wir einen Gelehrten aufsuchen. Zum Beispiel unseren Attaché oder einen anderen Religionsbeauftragten, der schon seit Jahren dabei ist. DITIB ist zwar der größte, aber nicht der einzige muslimische Verband. Mit 420 Moscheegemeinden ist die IGMG, die Islamische Gemeinschaft Milli Görüs, der zweitgrößte Verband. Der Generalsekretär Bekir Altas erklärt, dass die Imame der Gemeinschaft in erster Linie aus der Türkei kommen, wo sie die theologische Ausbildung abgeschlossen haben. D.h., wie die DITIB Imame auch, haben sie das staatliche Berufsfachgymnasium für Theologen besucht und im günstigsten Fall dann noch Theologie studiert. Aber sie sind nicht bei der Diyanet angestellt. Doch auch Milli Görüsmöchte selbst Imame ausbilden. O-Ton Bekir Altas: Dass man direkt nach dem Abitur die Jugendlichen in eine Berufsschule aufnimmt. Diese Berufsschule ist vorgelagert, bevor man die theologische Fakultät besucht. Die Schüler besuchen dann vier Jahre lang die Berufsschule. Dort erlernen sie die Fremdsprachen. Das Arabisch ist sehr wichtig, das Persisch ist sehr wichtig, Und das Türkisch ist sehr wichtig, und natürlich auch alles, was mit der Liturgie zu tun hat. Und natürlich die Grundkenntnisse in der islamischen Theologie. Der drittgrößte türkische Verband ist der VIKZ mit 300 Moscheegemeinden. Er ist Vorreiter in der Ausbildung von Imamen in Deutschland. 9

O-Ton Erol Pürlü Ausbildung: Der Verband der islamischen Kulturzentren bildet seit den 80er Jahren Imame hier in Deutschland aus. Früher hatten wir Ferienseminare, Wochenendseminare. Mittlerweile haben wir eine Ausbildung, die drei Jahre andauert. Dem schließt sich ein Jahr Praktikum an. So bilden wir unsere Imame in islamischer Theologie, islamische Praxis. D.h. Glaubenslehre, Glaubenspraktiken, in diesen Angelegenheiten müssen sie versiert sein. Und das versuchen wir innerhalb dieser drei Jahre den Studierenden beizubringen. Doch wer sind diese jungen Männer und Frauen, die sich für den geistlichen Weg entschieden haben. O-Ton Erol Pürlü: Es sind muslimische Jugendliche, die hier in Deutschland zur Schule gegangen sind, die die Vollzeitschulpflicht abgeleistet haben. Die Gemeinden tragen die Kosten für diese Ausbildung, einem Vollzeitstudium. Die Studenten bezahlen keine Studiengebühren. Nach der Ausbildung sind sie qualifiziert, eine Gemeinde zu leiten. Der arabisch dominierte Zentralrat der Muslime ist mit 100 Moscheevereinen der kleinste Verband. Seine Mitglieder stammen vorwiegend aus dem arabischen Raum, aber auch aus dem Balkan oder Afrika. Mit der deutschen Muslimliga zählt auch ein deutscher Verein zu den Mitgliedern. Der ZMD holt seine Imame in der Regel aus den Ursprungsländern, wie zum Beispiel Marokko, O-Ton Samir Bouaissa Ausbildung: Der normale Weg ist, dass man im Umkreis schaut, ob es Imame gibt, die noch keine Beschäftigung haben. Das ist ein üblicher Arbeitsmarkt. Aber leider ist der Markt hier sehr eng, es gibt sehr wenige wirklich studierte und gute Imame. Deswegen schaut man sich im europäischen Ausland aber auch Marokko, Tunesien, Algerien sonst wo um. Im Vergleich zu den türkischen Moscheen, sind die arabischen oder die bosnischen Moscheen sehr klein. Die Imame dieser Moscheen machen den Job ehrenamtlich, neben ihrem Beruf. Aber: O-Ton Samir Bouaissa: Ab einer gewissen Größe ist man schon gewillt, eine gewisse Qualität zu haben. Dann schauen wir schon, zumindest unsere großen Gemeinden im ZMD, dass wir dann studierte Theologen haben. In Marokko studieren die Menschen, ähnlich wie hier die Pfarrer, Theologie. In Marokko umfasst das viele Bereiche. Also einmal die Religion an sich, ein Imam muss den Koran vollständig auswendig können. Und auf verschiedene Arten rezitieren können. Muss das Leben des Propheten kennen und bestimmte Interpretationen auch beherrschen. Muss die Scharia interpretieren können. Und dann ist man bereit eine erste Gemeinde zu führen. 10

Während die Religionsbeauftragten der DITIB Angestellte des türkischen Staates sind, sind die Theologen der anderen Verbände Angestellte der jeweiligen Gemeinde und werden auch von dieser bezahlt. Zwischen den Muslimen und den staatlichen und gesellschaftlichen Einrichtungen besteht Einigkeit, dass die Imamausbildung zukünftig in Deutschland stattfinden muss. Aber auf die zentralen Fragen: wer, wo, wann und wie ist bisher keine Antwort gefunden worden. Unter anderem scheitert es daran, dass kein Verband die Kontrolle über die Ausbildung ihres Imams aus der Hand geben möchte. Bekir Altas, von der Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs fasst das so zusammen: O-Ton Bekir Altas: Das heißt aber nicht, dass Jemand, der an deutschen Universitäten Theologie studiert hat, ohne weiteres ein Gebet verrichten kann. Ein Gebet leiten kann. Eine Gemeinde führen kann. Als Imam tätig sein kann. Das sehen sie ja auch bei den katholischen oder evangelischen Kirchen. Nicht jeder, der Theologie studiert hat, ist dann auch geeignet eine Gemeinde zu leiten. Entsprechend gibt es Priesterseminare. Es scheitert aber auch am Geld. Würden die Imame in Deutschland ausgebildet werden, müssten die Moscheegemeinden oder der deutsche Staat dafür aufkommen. Auch danach sieht es bis heute nicht aus. Und doch ist Rauf Ceylan optimistisch. O-Ton Rauf Ceylan: Was wir geschafft haben ist zu mindestens, dass eben die Deutschsprachigkeit in die Gemeinden kommt. Ich war jetzt letztens zum Freitagsgebet mal in einer VIKZ-Moschee, ich mach das schon gerne, zu sehen, wer was macht. Die erste Hälfte war türkisch, und die zweite Hälfte war Deutsch. Das sind die ersten Schritte. Nur 50 Jahre ist nicht viel passiert. Es gab das Ausländerproblem, es gab das Türkenproblem, Flüchtlinge, Solingen, Mölln. All diese Dinge. 2000 ein Paradigmenwechsel im Staatsbürgerrecht, das war ganz wichtig. Und dann war plötzlich der Islam da. Die Verbände waren plötzlich wichtig. Vorher hat man gesagt, mit denen arbeiten wir nicht. Dann wurde gesagt, wir müssen die miteinbeziehen. Die Deutsche Islam Konferenz 2006, Schäubles wichtiger Satz: Islam ist Bestandteil, dann 2010 Wissenschaftsrat: wir müssen Religionsunterricht einführen, islamische Theologie, Sozialarbeit, Und 2012 / 13 das Institut. Also man kann dies langen Jahre der strukturellen Etablierung der Verbände und vieles kann man nicht von heute auf morgen aufbrechen. Aber wir haben damit angefangen aber es ist noch ein zartes Pflänzchen. 11