PCB-haltige Materialien in Gebäuden:

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Transkript:

PCB-haltige Materialien in Gebäuden: Praxisbeispiel zur Ermittlung der Sanierungsdringlichkeit Dipl.-Ing. Alfred Kratochwil VDI, Landshut Dipl.-Ing. Albert Hütter VDI, Inzell Dipl.-Ing. Jürgen Braun VDI, Dortmund 1. Einleitung und rechtliche Grundlagen Zum heutigen Zeitpunkt steht für die Bewertung der Sanierungsdringlichkeit von PCB-haltigen Bauteilen (PCB = polychlorierte Biphenyle) in Gebäuden die sogenannte PCB-Richtlinie zur Verfügung. Die Richtlinie für die Bewertung und Sanierung PCB-belasteter Baustoffe und Bauteile in Gebäuden ist z.b. in Bayern 1995, in Hessen 1993 und in Nordrhein-Westfalen 1996 als technische Baubestimmung bauordnungsrechtlich eingeführt worden. Bundesland Bewertung der Dringlichkeit einer Sanierung: PCB-Raumluftkonzentration < 300 ng/m³ Luft 300-3000 ng/m³ Luft > 3000 ng/m³ Luft ARGEBAU * Quelle aufspüren und nach Möglichkeit beseitigen oder Raumluftkonzentration durch regelmäßiges Lüften Kontrollanalysen; bei Bestäti- Bayern Nordrhein- Westfalen langfristig tolerabel bzw. gründliche Reinigung und Entstaubung vermindern Quelle aufspüren und mittelfristig beseitigen; Vorläufige Maßnahmen zur Verminderung der Konzentration gung unverzüglich Maßnahmen zur Verringerung der Raumluftkonzentration ergreifen Hessen langfristig tolerabel, Langzeitziel ist das Erreichen der Außenluftwerte mittelfristige Maßnahme wie Quellensuche, regelmäßiges Reinigen und Lüften; Raumluftkonzentrationen innerhalb ein bis zwei Jahre auf < 300 ng/m³ Luft senken Kontrollanalysen; Sanierungsplan erstellen; durch Erstmaßnahmen die Konzentration innerhalb 3 Monate unter 3000 ng/m³ Luft senken bei Nichterreichen Räume/ Gebäude schließen Tabelle 1: Gegenüberstellung der Bewertung der Dringlichkeit einer Sanierung in einigen Bundesländern und der ARGEBAU (* Arbeitsgemeinschaft der für das Bau-, Wohnungs- und Siedlungswesen zuständigen Minister der Länder)

2. Konzepterstellung Vor der eigentlichen Begehung ist es obligatorisch eine Prioritätenliste zu erstellen. Dabei wer-den Unterlagen wie Baupläne sowie Informationen über Bauzeit, Bauweise, Nutzung des Ge-bäudes und evtl. Umbau- und Renovierungsarbeiten erfaßt. Im Praxisbeispiel (gesamter Be-stand öffentlicher Gebäude einer mittelgroßen bundesdeutschen Stadt) wurde anhand dieser Informationen der erforderliche Umfang sowie die zeitliche Abfolge der Untersuchung festgelegt. 3. Ermittlung der Sanierungsdringlichkeit 1. Schritt 2. Schritt 3. Schritt Begehung Materialprobenentnahme Analyse der Proben Erstellung Meßkonzept Durchführung der Raumluftmessungen > 300 ng/m³ Luft (NRW) Ja weitere Maßnahmen erforderlich Nein Diagramm 1: Ablaufdiagramm für die Ermittlung der Sanierungsdringlichkeit > 0,1 Gewichtsprozent PCB (NRW) Nein Projektabschluß Ja Die Bestandserfassung erfolgte Raum für Raum. Bei der Begehung wurden Art und Verteilung potentieller PCB-Quellen ermittelt. Es folgte die Materialprobenentnahme, wobei zunächst davon ausgegangen wurde, daß optisch gleiche Materialien auch gleiche Gehalte an PCB aufweisen. Von dieser Regel muß man jedoch Abstand nehmen, wenn große Mengen Fugenmaterialien vorhanden sind. So wurde in der Praxis oftmals vor Ort von den ausführenden Handwerkern PCB als Weichmacher zugemischt, um eine bessere Verarbeitung der Materialien zu erzielen. Optisch gleiche Materialien können daher durchaus sehr unterschiedliche Gehalte an PCB aufweisen. Nach Auswertung der Materialproben wurde ermittelt, ob die Entnahme von Raumluftproben notwendig erscheint (siehe Diagramm 1). Als Entscheidungskriterien dienten dabei neben den PCB-Gehalten auch die Massen der jeweiligen Materialien. Je nach Verhältnis von Oberfläche zu Raumvolumen, können auch bei relativ gering belasteten Materialien erhöhte Raumluftkonzentrationen festgestellt werden.

70% > 0,1 Gew.% 30% < 0,1 Gew.% Diagramm 2: PCB-Gehalte in Materialproben bezogen auf den gesamten Gebäudebestand Basierend auf den Ergebnissen der Bestandserfassung (siehe Diagramm 2) erfolgte die Erstellung eines Meßkonzeptes. Hierbei wurden repräsentative Meßorte ausgewählt, um eine konkrete Aussage zu möglichen Raumluftbelastungen im Gebäude zu erhalten. Bei der Festlegung der Meßpunkte fanden Gesichtspunkte wie z.b. die Nutzungsdauer und -art des Raumes, Verhältnis von PCB-Quelle zu Raumvolumen sowie unterschiedliche Stockwerke und Lage der Raumaußenwand Berücksichtigung. Die Raumluftmessungen wurden dann unter normalen Nutzungsbedingungen gemäß der VDI-Richtlinie 4300 Blatt 2 durchgeführt. Da zum Teil Messungen auch außerhalb der üblichen Nutzungszeiten stattfanden, wurde hier die Nutzung in Absprache mit der jeweiligen Verwaltungsstelle simuliert. Wichtig ist in diesem Zusammenhang die exakte Dokumentation aller durchgeführten Untersuchungsschritte, um alle durchgeführten Maßnahmen später nachvollziehen zu können. 4. Alternative Vorgehensweisen Bundesweit gesehen kann nicht von einer einheitlichen Vorgehensweise bei der Ermittlung der Sanierungsdringlichkeit von PCB-haltigen Materialien gesprochen werden. Alternativen, wie Entnahme von Materialmischproben oder vorrangiger Durchführung von Raumluftmessungen, werden nachfolgend, basierend auf den von uns gemachten Erfahrungen, beschrieben. 4.1 Materialmischproben Bei dieser Methode werden z.b. verschiedene Fugenmassen, Farbanstriche, Bodenbeläge etc. zu einer Probe zusammengefaßt. Diese Vorgehensweise setzt zwingend voraus, daß alle Kom-ponenten der Materialmischproben in gleichen Verhältnissen (Massen) vorliegen. Die Einord-nung der Ergebnisse solcher Proben ist schwierig, da keine Aussage zum jeweiligen Gehalt der Einzelproben möglich ist. Daher ist zur Mischprobenanalyse oftmals die Analyse der Einzelpro-ben notwendig, da nur mit diesen Ergebnissen eine Aussage in Bezug auf die in der PCB-Richtlinie genannten Orientierungswerte möglich ist.

4.2 Raumluftmessungen Eine andere Strategie ist die vorrangige Durchführung von Raumluftmessungen. Eine Einordnung der Sanierungsdringlichkeit ist mit dieser Vorgehensweise möglich. Da jedoch keine Erkenntnisse über die PCB-Gehalte in den vorhandenen Materialien vorliegen, ist die Entnahme von Materialproben im Anschluß zwingend erforderlich, wenn die Ergebnisse der Raumluftmessungen Werte über 300 ng/m³ Luft ergeben und weitere Maßnahmen erforderlich sind. Liegen die Ergebnisse der Raumluftmessungen unterhalb der als langfristig tolerabel geltenden PCB- Belastung, können durchaus Materialien mit hohen PCB-Gehalten vorhanden sein. Beispielsweise kann es sich hierbei um Dehnungsfugen handeln, die aufgrund ihrer geringen Massen und ihres geringen Verhältnisses von Oberfläche zu Raumvolumen keinen nennenswerten Einfluß auf die Raumluftbelastung haben. Dieser Fall verdeutlicht die Problematik bei dieser Vorgehensweise, da der Sachverständige bei der Ermittlung der Sanierungsdringlichkeit neben der PCB-Richtlinie auch Gesichtspunkte wie Hautkontakt, Beschädigung und direkte Zugänglichkeit zu berücksichtigen hat, um dann zu ent-scheiden, ob und in welchem Umfang weitere Untersuchungsschritte erforderlich sind. Ein Verzicht auf Materialproben ist auch aus abfallrechtlicher Sicht bedenklich. Materialien, die mehr als 50 mg/kg PCB enthalten (PCB-Richtlinie NRW, Absatz 4.4.2), gelten nicht als PCB-frei und müssen daher gesondert entsorgt werden. Andererseits ist nicht damit zu rechnen, daß Materialien mit geringen Gehalten (z.b. PCB-Richtlinie NRW < 0,1 Gew.%) eine Raumluftbe-lastung oberhalb des Vorsorgewertes verursachen. Durch die alleinige Entnahme von Raumluft-proben werden solche Materialien nicht erfaßt. Vorgehensweise zur Ermittlung der Sanierungsdringlichkeit Einordnung der Ergebnisse gemäß PCB-Richtlinie Einordnung der Ergebnisse aus abfallrechtlicher Sicht Erfassung gering belasteter PCB-Quellen im Hinblick auf Umbauund Abbrucharbeiten Materialproben möglich möglich Möglich Materialmischproben nicht möglich * nicht möglich * nicht möglich * Raumluftmessungen möglich nicht möglich * nicht möglich * * Einzelmaterialprobe notwendig Tabelle 2: Vergleich der unterschiedlichen Vorgehensweisen bei der Ermittlung der Sanierungsdringlichkeit

5. Ergebnisse der Untersuchungen Mit jedem Untersuchungsschritt verringert sich in der Regel der Anteil der Gebäude, in denen weitere Untersuchungsschritte eingeleitet werden müssen. Letztendlich wurden bei ca. einem Viertel des Gebäudebestandes erhöhte Raumluftkonzentrationen (zwischen 300 und 3000 ng/m³ Luft bzw. über 3000 ng/m³ Luft) festgestellt. 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 70 39 31 30 Begehung Materialpr. > 0,1 Gew.% 25 14 Raumluftmess ungen 25 0 weitere Maßnahmen Weitere Maßnahmen in % Gebäuden notwendig Keine weiteren Maßnahmen in % Gebäuden notwendig Diagramm 3: Anteil der zu untersuchenden Gebäude im jeweiligen Untersuchungsschritt in Prozent Lediglich bei 5% des gesamten Gebäudebestandes wurden Raumluftkonzentrationen über 3000 ng/m³ Luft festgestellt. 6. Maßnahmen nach Abschluß der Untersuchungen Bei Raumluftkonzentrationen über 3000 ng/m³ Luft wurden gemäß PCB-Richtlinie (NRW) unverzüglich Kontrollanalysen durchgeführt. Nach Bestätigung der Ergebnisse bestand gemäß PCB-Richtlinie sofortiger Handlungsbedarf. Die Sofortmaßnahmen sahen wie folgt aus: Nutzungsart der betreffenden Räume ändern Nutzungsdauer der betreffenden Räume verkürzen Festlegung von Reinigungsintervallen und Entstaubungsmaßnahmen Verkürzung der Naßreinigungsintervalle Festlegung von Lüftungsintervallen Erstellen einer Betriebsanweisung, welche die zu treffenden Maßnahmen beschreibt Erstellen eines Sanierungskonzeptes, ggf. unter Einbindung einer Pilotsanierung

Bei Raumluftkonzentrationen zwischen 300 und 3000 ng/m³ Luft wurden folgende vorläufige Maßnahmen unter Berücksichtigung der PCB-Richtlinie (NRW) veranlaßt: Festlegung von Reinigungsintervallen und Entstaubungsmaßnahmen Verkürzung der Naßreinigungsintervalle Festlegung von Lüftungsintervallen Erstellen einer Betriebsanweisung, welche die zu treffenden Maßnahmen beschreibt Raumluftkonzentrationen unter 300 ng/m³ Luft sind gemäß der PCB-Richtlinie als langfristig tolerabel anzusehen. Der Ermittlung PCB-haltiger Materialien ist aber, wie unter 4.2 schon ausgeführt, aus abfallrechtlichen Gründen eine große Bedeutung zuzumessen. Materialien mit mehr als 50 mg PCB/kg gelten nicht mehr als PCB-frei und müssen ordnungsgemäß entsorgt werden. Des Weiteren können großflächig vorhandene PCB-haltige Materialien (z.b. Fensterfugen, Wandanstriche und Bodenbelagskleber) bei Renovierungsarbeiten erhöhte Raumluftbelastun-gen hervorrufen, wenn aus Unkenntnis des Vorhandenseins dieser Materialien das Arbeitsver-fahren falsch gewählt wird. In einem konkreten Fall stellte sich heraus, daß nach Beendigung von Renovierungsarbeiten, Raumluftbelastungen oberhalb des Vorsorgewertes von 300 ng/m³ Luft vorhanden waren. Vor den Renovierungsarbeiten waren im gleichen Raum PCB-Belastungen deutlich unter dem Vor-sorgewert festzustellen. Der Umfang der Renovierungsarbeiten umfaßte das Entfernen eines alten verklebten Kunststoffbodenbelages, der - wie in der Praxis üblich - von den Handwerkern herausgerissen wurde. Eine Überprüfung des Bodenbelags und des Klebers ergab PCB-Werte im Kleber von ca. 500 mg/kg (Bodenbelag ca. 100 mg/kg). Aufgrund der Ergebnisse läßt sich die Raumluftbelastung wie folgt erklären: Durch das Herausreißen des alten Bodenbelages wurde die Oberfläche des Klebers enorm vergrößert, zusätzlich wurden Stäube bei Fräs- und Schleifarbeiten erzeugt und aufgewirbelt. Dies führte zu einem Anstieg der PCB-Belastung in der Raumluft, der Vorsorgewert von 300 ng/m³ wurde überschritten. Hier zeigt sich, daß eine Bewertung der Situation ausschließlich durch Raumluftmessungen allein nicht ausreichend ist. Auf der Grundlage einer PCB-Erhebung muß es möglich sein, bei zukünftigen Umbau-, Renovierungs- oder Abbrucharbeiten die Gefahren zu erkennen und die erforderlichen sicherheitstechnischen Vorkehrungen zum Schutz der Nutzer und der Umwelt zu treffen.

7. Fazit Die Untersuchung ergab, daß der Anteil an erforderlichen Maßnahmen gemäß der geltenden PCB-Richtlinie eher gering zu betrachten ist. In diesem konkreten Fall waren bei 5% des gesamten Gebäudebestandes Sanierungen und bei 20% des Gebäudebestandes Maßnahmen wie Entstaubung, Festlegung von Lüftungs- und Reinigungsintervallen sowie Erstellen von Betriebsanweisungen notwendig. Bei drei Viertel des Gebäudebestandes waren keine weiteren Maßnahmen gemäß PCB-Richtlinie erforderlich. Die Ermittlung der Sanierungsdringlichkeit über die hier beschriebenen alternativen Vorgehensweisen ist grundsätzlich ein Weg, der beschritten werden kann. Man muß sich jedoch darüber im klaren sein, daß die so erhaltenen Werte und Erkenntnisse nur eingeschränkt verwendbar sind. Nur die Vorgehensweise gemäß PCB-Richtlinie stellt sicher, daß man ein vollständiges Kataster über PCB-haltige Materialien und mögliche Raumluftbelastungen in Gebäuden erhält. Dieses PCB-Kataster ermöglicht dem Gebäudeeigentümer, die richtigen Schritte zum Schutz der Gebäudenutzer und zur Abwehr von Gefahren zu veranlassen. Literaturverzeichnis: - PCB-Richtlinie Bayern, 12.04.1995 in der Fassung September 1994 - PCB-Richtlinie NRW, 03.07.1996 in der Fassung Juni 1996 - PCB-Richtlinie Hessen, 25.10.1993 in der Fassung September 1993 - VDI 4300, Blatt 2, Dezember 1997 - DIN 51 527, Teil 1