Kolumnentitel rechts 85 Spezialfall: Zahnarztbehandlung
86 Spezialfall: Zahnarztbehandlung Zahnärzte behandeln ihre Patienten kaum mit Medikamenten, dafür kommen in vielen Fällen Verfahren mit einem hohen handwerklichen Aufwand zum Einsatz. Lange war deshalb umstritten, ob der Zahnarzt wie ein Handwerker für den Erfolg haften müsse. Inzwischen ist allgemein anerkannt, dass er wie die übrigen Ärzte nur ein fachgemäßes Bemühen schuldet, den Heilerfolg aber nicht garantieren muss. Nur der Teil der Leistungen, die handwerklich ausgeführt werden, unterliegt dem Werkvertragsrecht. Eine weitere wichtige Besonderheit: Vor allem beim Zahnersatz müssen Patienten tief in die Tasche greifen. Nicht selten entstehen Kosten von mehreren Tausend Euro. Da verwundert es nicht, dass Zahnarztbehandlungen und -rechnungen oft Anlass für Ärger sind.! Urteil Ein Zahnarzt hatte es unterlassen, den Patienten darüber zu in formieren, dass es durch die Betäubungsspritze zu einer dauerhaften Gefühllosigkeit der Zunge kommen kann. Dies tritt zwar äußerst selten auf, dennoch wurde der Zahnarzt zu Schadenersatz und Schmerzensgeld verurteilt (OLG Koblenz, Az. 5 U 41/0). Probleme bei der Behandlung Zahnärzte greifen häufiger direkt in den Körper des Patienten ein als andere Ärzte, indem sie zum Beispiel Zähne ziehen, kariöse Stellen entfernen oder operieren. Über die damit verbundenen Risiken muss der Zahnarzt aufklären, vor allem wenn dies bleibende Beeinträchtigungen nach sich ziehen kann, etwa Verletzungen von Nerven. Viele Zahnärzte fragen ihre Patienten schon bei kleineren Eingriffen, ob sie eine Spritze wünschen, da sie dann ent spannter arbeiten können. Ob und welche Risiken damit verbunden sind, muss der Zahnarzt sagen. Da Zahnärzte häufig körperfremde Materialien Metalle, Keramiken und Chemikalien im Mund des Patienten verwenden, sind sie verpflichtet, auf das Risiko möglicher Unverträglichkeiten hinzuweisen. Wenn ein Patient den Zahnarzt auf eine bestehende Allergie aufmerksam macht, muss dieser das selbstverständlich beachten (OLG Bremen, Az. U 28/00).
Probleme bei der Behandlung 87 : Amalgam Amalgam, die Legierung aus Quecksilber und anderen Metallen (Silber, Zinn und Kupfer), hat sehr gute mechanische Eigenschaften und wird deshalb als Standardmaterial bei Zahnfüllungen eingesetzt. Manche Patienten betrachten Amalgam jedoch mit Skepsis, da bereits minimale freigesetzte Quecksilbermengen allergische Reaktionen auslösen können. Die Verwendung von Amalgam kann jedoch trotzdem nicht als Kunstfehler gewertet werden: Lediglich wenn der Zahnarzt eine bekannte Allergie nicht berücksichtigt, verstößt er gegen die Sorgfaltspflichten und haftet für die Folgen. Gesetzliche Kassen wie private Versicherer übernehmen nur bei Nachweis einer allergischen Reaktion dazu benötigt der Patient eine Bescheinigung nach den Kriterien der Kontaktallergiegruppe der Deutschen Gesellschaft für Dermatologie oder bei Patienten mit Nierenkrankheiten die Kosten der nächstteureren Füllungsalternative. Eine weitere Ausnahme ist der Frontzahnbereich: Dort zahlen private wie gesetzliche Versicherer auch für Kunststofffüllungen. Bei Patienten, die eine Behandlung mit Amalgam auch ohne Allergie ablehnen, übernimmt die Krankenkasse anteilig die Kosten der Amalgamfüllung. Zahnärzte müssen ihre Patienten persönlich aufklären, sie dürfen diese Aufgabe nicht auf die Zahnarzthelferin übertragen. Schriftliches Material kann die Aufklärung unterstützen, reicht aber allein nicht aus. Ist der Patient der deutschen Sprache nicht mächtig, muss der Zahnarzt über einen Dol metscher das kann ein Angehöriger oder Bekannter des Patienten sein sicherstellen, dass er die Erklärungen ver steht. Ist der Zahnarzt im Streitfall nicht in der Lage zu beweisen, dass er den Patienten aufgeklärt hat, kann dieser Schadenersatz geltend machen. Das kann bedeuten, dass der Patient kein Honorar zahlen muss (LG München I, Urteil vom 14.7.1994, Az. 6 O 14 07/92). Ein wichtiger Punkt der Auf klärung sind immer wieder die möglichen Behandlungsalternativen, weil davon vielfach abhängt, welchen Betrag ein Patient selbst finanzieren muss ( Seite 88 ff.). Natürlich hat auch ein Patient beim Zahnarzt das Recht auf Einsicht in seine Krankenunterlagen. Er kann verlangen, dass
88 Spezialfall: Zahnarztbehandlung für ihn Kopien angefertigt und ihm gegen Erstattung der Portokosten zugesandt werden. Er sollte sich schriftlich die Erklärung geben lassen, dass die Unterlagen vollständig sind. Röntgenbilder können ein wichtiges Beweismittel bei Behandlungsfehlern sein, sie müssen zehn Jahre aufgehoben werden. Grundsätzlich kann ein Patient verlangen, dass der Zahnarzt die Original-Röntgenbilder herausgibt, um eventuelle Behandlungsfehler zu überprüfen (OLG München, Urteil vom 19.4.2001, Az. 1 U 6107/00). Er muss die Aufnahmen auch weiterbehandelnden Zahnärzten vorübergehend überlassen. Gegen Erstattung der Kopierkosten muss er dem Patienten Kopien aushändigen. Patienten sollten in jedem Fall darauf bestehen, dass ihnen der Zahnarzt eine Kopie des Heil- und Kostenplans ( Seite 94 ff.) überlässt. Die Heil- und Kostenpläne sind zwar für Laien schwer verständlich, sie sind aber eine wichtige Unterlage, wenn es um Verhandlungen mit anderen Zahnärzten geht oder wenn es Streit über die endgültige Ausfertigung der Arbeit oder Abrechnung gibt. Eine Erklärungshilfe zum Heil- und Kostenplan finden Sie unter www.vz-nrw.de. Zahnersatz Für Zahnersatz werden von den Patienten oft mehrere Tausend Euro als Selbstbeteiligung gefordert. Die Laborkosten machen einen großen Teil der Kosten aus. Aber selbst wenn es einem Patien ten über Internet oder Informationen seiner Krankenkasse gelingt, ein preiswerteres Angebot einzuholen, wird es schwierig sein, den Zahnarzt zur Kooperation mit diesem Labor zu bewegen. Denn die meisten Zahnärzte arbeiten nur mit einem (ihrem gewohnten) Labor zusammen oder besitzen sogar ein eigenes. Dann bleibt dem Patienten nichts anderes übrig, als sich einen anderen Zahnarzt zu suchen oder die höheren Kosten zu tragen.
Zahnersatz 89 : Kostenübernahme für Privatversicherte Privatversicherte müssen wie bei allen medizinischen Leistungen in ihrem Vertrag prüfen, welche Kosten die Versicherungsgesellschaft beim Zahnersatz übernimmt. Sie müssen regelmäßig einen Eigenanteil leisten. Findet sich im Vertrag nur der Verweis auf das medizinisch Notwendige, kann der Versicherte nur diese Leistungen verlangen, also beispielsweise nur eine Teleskopkrone und kein Implantat (LG Koblenz, Az. 12 S /04). Versicherte, die noch nicht lange Mitglied einer privaten Krankenversicherung sind, müssen aufpassen, ob der Anspruch auf Zahnersatz für die ersten Jahre (außer nach Unfall) ausgeschlossen oder auf bestimmte Höchstbeträge begrenzt ist. Gesetzlich Versicherte erhalten einen festen Zuschuss, den sogenannten befundorientierten Festzuschuss. Das bedeutet: Alle Versicherten bekommen bei gleichem Befund den gleichen Betrag von ihrer Kasse erstattet. Früher war beispielsweise ein implantatgestützter Zahnersatz reine Privatleistung. Heute spielt es hingegen keine Rolle mehr, wie eine Zahnlücke versorgt wird. Wünscht der Versicherte eine höher wertige Versorgung, beispielsweise ein Implantat statt einer Brücke, bekommt er den gleichen Festzuschuss wie derjenige, der sich für die Brücke entscheidet. Je nach Qualität und Kosten des gewünschten Zahnersatzes müssen Patienten dann unterschiedlich hohe Eigenanteile zahlen. : Das Bonusheft Ab dem 12. Lebensjahr werden Kontrolluntersuchungen in ein Bonusheft eingetragen. Nicht immer händigt der Zahnarzt das Heftchen aus vielleicht, um auf diese Weise Patienten an seine Praxis zu binden. Doch ohne Bonusheft gibt es keinen erhöhten Zuschuss beim Zahnersatz. Lassen Sie sich das Heft nach dem Arztbesuch aushändigen. Es gehört Ihnen. Wenn Zahnarztbesuche nicht vollständig im Bonusheft dokumentiert sind, können Sie das nachholen. Selbst wenn Sie zwischenzeitlich den Zahnarzt gewechselt haben: Zahnärzte müssen die Patientenakten zehn Jahre aufbewahren und können so die fehlenden Termine nachtragen.
90 Spezialfall: Zahnarztbehandlung Ein Verzeichnis der Festzuschüsse finden Sie unter www.test.de/festzuschuesse. : Härtefallregelung Der neue befundorientierte Festzuschuss beträgt 50 Prozent der Summe, der für die Regelversorgung ( Seite 91) bei diesem Befund festgelegt wurde. Wenn der Versicherte der Krankenkasse nachweist, dass er die regelmäßigen Vorsorge untersuchungen wahrgenommen hat, zahlt die Krankenkasse einen Bonus zum Festzuschuss: Ist der Versicherte in den letzten fünf Jahren jährlich zur Kontrolle beim Zahnarzt gegangen, erhält er 60 Prozent. Hat er in den letzten zehn Jahren keinen Kontrolltermin versäumt, erhöht sich der Zuschuss auf 65 Prozent des für die Regelversorgung vorgesehenen Betrags. Überschreitet das monatliche Bruttoeinkommen eines Alleinstehenden für das Jahr 2010 nicht den Betrag von 1.022 Euro, greift beim Festzuschuss eine Härtefallregelung. (Die Einkommensgrenze erhöht sich, wenn im gemeinsamen Haushalt Ehepartner oder Kinder zu berücksichtigen sind. Für Versicherte mit einem Angehörigen gelten 1.405,25 Euro, für jeden weiteren Angehörigen kommen 255,50 Euro hinzu.) Die Krankenkasse zahlt dann den doppelten Festzuschuss zur Regelversorgung. Reicht der doppelte Festzuschuss bei ausschließlicher Regelversorgung nicht aus, sind die Krankenkassen verpflichtet, weitere Kosten zu übernehmen. Wählen als Härtefall anerkannte Versicherte einen über die Regelversorgung hinausgehenden gleichartigen oder andersartigen Zahnersatz ( Seite 91 f.), finanziert die Krankenkasse lediglich den doppelten Festzuschuss. Die übrigen Kosten muss der Versicherte selbst tragen. Durch eine gleitende Härtefallregelung können Versicherte, die knapp über der zuvor genannten Einkommensgrenze liegen, ebenfalls eine Zuzahlung zum Festzuschuss erhalten. Die Höhe des zusätzlichen Zuschusses hängt von der Einkommenshöhe ab. Die unterschiedlichen Arten der Versorgung Gerade beim Zahnersatz gibt es oft mehrere geeignete Behandlungsformen, die sich jedoch in der Ausführung und in den Kosten für den Patienten unterscheiden. Der Zuschuss
Zahnersatz 91 der Krankenkasse bemisst sich nach der sogenannten Regelversorgung. Abweichungen von der Regelversorgung erfolgen entweder als»gleichartige«oder als»andersartige«versorgung. Regelversorgung: In den Festzuschuss-Richtlinien sind acht Befundklassen mit über 50 Befunden festgelegt. Jedem dieser Befunde sind eine bestimmte Versorgung und ein fester Betrag zugeordnet. Unter der Regelversorgung versteht man also die Versorgungsform, die in der überwiegenden Zahl aller Fälle zur Anwendung kommt und als ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich erachtet wird. Dem Zahnarzt ist von der Kasse vorgeschrieben, welchen Betrag er für seine Leistung abrechnen darf. Die Abrechnung erfolgt nach BEMA (der Gebührenordnung für Kassenzahnärzte). Gleichartige Versorgung: Bei der gleichartigen Versorgung erbringt der Zahnarzt als Grundleistung eine Regelversorgung, zu der weitere Leistungen hinzukommen. Typisches Beispiel ist eine Krone auf dem oberen ersten großen Backenzahn. Die Regelversorgung sieht dafür eine nicht verblendete, metallische Vollgusskrone vor. Wird diese nun mit einer weißen Schicht zahnfarben verblendet, so gilt diese»weiße Krone«als Zusatzleistung und deshalb als»gleichartiger Zahnersatz«. Der Versicherte erhält von der Kasse den»festzuschuss Metallkrone«und trägt die anfallenden Mehrkosten für die Verblendung. Das zahnärztliche Honorar ergibt sich für die Regelversorgung aus der BEMA und für die zusätzlichen Leistungen nach der GOZ (der Gebührenordnung der Zahnärzte für Privatleistungen). Andersartige Versorgung: Andersartig ist Zahnersatz, wenn er nach individuellen Bedürf nissen und Ansprüchen des Patienten gewählt wird und nicht in der Regelversorgung enthalten ist. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn für einen bestimmten Befund als Regel versorgung eine Prothese vorgesehen ist, der Patient sich aber einen implantat-
92 Spezialfall: Zahnarztbehandlung : Pass für Zahnersatz Für Implantate und ausländischen Zahnersatz muss ein Zahnarzt einen Pass ausstellen und Ihnen übergeben. In dem Dokument müssen wichtige Daten wie die verwendeten Materialien und das Labor, das den Zahnersatz hergestellt hat, vermerkt werden. Diese Informatio nen sind zum einen wichtig, wenn es Probleme mit dem Zahnersatz gibt. Denn das Labor haftet für die Qualität der Arbeit. Zum anderen benötigen andere Zahntechniker diese Informationen, wenn sie Reparaturen vornehmen wollen. Es spricht nichts dagegen, sich diese Angaben auch bei deutschem Zahnersatz vom Zahnarzt geben zu lassen. gestützten Zahnersatz einsetzen lässt. Die Abrechnung des andersartigen Zahnersatzes erfolgt als Privat leistung komplett nach der GOZ. Im Wege der Kostenerstattung erhält der Patient auf Antrag von seiner Kasse den Festzuschuss zur Regelversorgung, also die anteiligen Kosten einer Prothese. Besondere Aufklärungspflichten Selbstverständlich gelten auch für Zahnärzte die medizinischen Aufklärungspflichten ( Seite 2 ff.). Das umfasst etwa Infektionsgefahren oder allergische Reaktionen bei Zahnersatz (Urteil des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 29.5.2008, Az. 12 U 241/07). Umstritten ist die Frage, ob zu möglichen Nervenverletzungen informiert werden muss. Fragt der Patient aber nach, muss der Zahnarzt auch wahrheitsgemäß zu den Risiken Auskunft geben. Grundsätzlich ist jeder Zahnarzt verpflichtet, seine Patienten über Kosten und mögliche Alternativen der Behandlung genau aufzuklären. Er muss allerdings nicht im Einzelnen prüfen, insbesondere bei privat versicherten Patienten, deren Leistungsansprüche je nach Versicherungsvertrag stark variieren können, welche Kostenanteile vom Patienten selbst zu tragen sind (OLG Düsseldorf, Urteil vom 20.5.1999, Az. 8 U 181/94). Ist ihm allerdings bekannt und das ist bei gesetzlich versicherten Patienten anzunehmen, dass die Kassen die geplante Behandlung ganz oder teilweise nicht übernehmen, so muss er dies dem Patienten mitteilen. Der Heil- und Kostenplan ( Seite 94 ff.) sollte stets so umfassend wie möglich sein.
Zahnersatz 9 Der Patient erhält von seiner Kasse immer nur den Zuschuss zur Regelversorgung, egal welche Art von Zahnersatz er sich anfertigen lässt. Für den Zahnarzt bedeutet dies, dass er dem Patienten aber auch wesentlich teurere Leistungen anbieten kann, für die der Patient dann entsprechend zuzahlt. Der Zahnarzt muss deshalb in jedem Fall über sämtliche Versorgungsformen umfassend aufklären. Versäumt er dies, informiert er vor allem nicht über die Regelversorgung und drängt er einen Patienten zu einer teureren andersartigen Versorgung, muss der Patient die Mehrkosten nicht bezahlen vorausgesetzt er kann dies belegen. Da der Zahnarzt die Aufklärung dokumentieren muss, sollte der Patient, wenn er den Eindruck hat, es hätte auch die Regelversorgung ausgereicht, umgehend Kopien der Behandlungsunterlagen einfordern (Musterbrief Seite 1), um die Beweislage zu sichern und nachträgliche Änderungen der Unterlagen zu verhindern. Da Zahnärzte für Leistungen, die nicht von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen werden, ein höheres Honorar (einen anderen Steigerungssatz Seite 46) vom Patienten verlangen können, ist es für den Patienten wichtig zu erfahren, für welche Leistungen bei dem geplanten Vorhaben der Zahnarzt welches Honorar verlangt. Patienten sollten sich nicht scheuen zu fragen, warum bestimmte Leistungen mit einem höheren Steigerungssatz angesetzt werden. Tipp Vorauszahlungen auf das Honorar dürfen Zahnärzte nicht fordern. Gelegentlich kommt es sogar Heben Sie die Belege für Zahnersatz und Zahnkronen auf, denn vor, dass Zahnärzte Abtretungserklärungen auf diese Ausgaben können Sie als den Festzuschuss verlangen. Sie wollen damit außergewöhnliche Belastung von sicherstellen, dass der Patient zumindest diesen der Steuer absetzen. Teil der Rechnung bezahlt. Sofern Patienten mit solchen Forderungen konfrontiert werden, sollten sie, bevor sie zahlen, mit ihrer Krankenkasse und der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Kontakt aufnehmen und überlegen, ob sie den Zahnarzt wechseln. [ ]
94 Spezialfall: Zahnarztbehandlung Der Heil- und Kostenplan Vor einer Behandlung, bei der Kosten entstehen können, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, sollten Patienten immer auf einem Kostenvoranschlag (Heilund Kos tenplan) bestehen. Wenn die beabsichtigte Maßnahme von der Krankenkasse zumindest anteilig übernommen werden soll, ist es für Krankenversicherte verpflichtend, einen solchen Heil- und Kostenplan vorab bei der Kasse einzureichen. Erst nachdem die Kostenübernahme geklärt ist, darf der Zahnarzt mit der Behandlung anfangen. Wechselt der Patient während einer laufenden Zahnersatzbehandlung die Kasse, darf die neue Kasse den Behandlungsplan nicht noch einmal überprüfen, sondern ist verpflichtet, das zu bezahlen, was die alte Kasse bewilligt hat. : Checkliste Zahnersatz Nach den neuen Regelungen ist die Krankenkasse nicht mehr zur Prüfung der Wirtschaftlichkeit verpflichtet. Das heißt, sie prüft nicht, ob die gewählte Alternative wirtschaftlich sinnvoll ist. Allerdings können Sie von der Kasse verlangen, dass sie fachlich prüft und dabei folgende Fragen beantwortet: zz zz zz zz zz zz zz Ist der Befund korrekt? Ist die Versorgung überhaupt notwendig, so wie sie geplant ist? Ist sie zweckmäßig? Hat der Zahnarzt die Alternative der Regelversorgung ausreichend bedacht? Wenn eine gleichartige Versorgung geplant ist, ist diese wissenschaftlich anerkannt? Ist die Versorgung wirklich andersartig oder handelt es sich doch um eine Regelleistung? Handelt es sich womöglich um eine erneute Anfertigung von Zahnersatz und nicht um eine Erstausfertigung? (Dafür gibt es unterschiedliche Zuschüsse.) Ist der Kiefer so zurückgebildet, dass er doch zulasten der Kasse mit Implantaten versehen werden kann? Der Zahnarzt muss den Heil- und Kostenplan kostenlos erstellen. Und der Patient kann auch von mehreren Zahnärzten solche Heil- und Kostenpläne einholen, um Angebote zu vergleichen. Allerdings sind die Unterlagen nicht einfach zu verstehen. Die Schwierigkeit fängt schon damit an, überhaupt zu beurteilen, ob die vorgeschlagenen Maßnahmen notwendig sind. Unabhängige Untersuchungen ergeben immer wieder, dass Testpatienten, die zu mehreren Zahnärzten geschickt werden, mit stark voneinander abweichenden Behandlungsvorschlägen und daraus resultierenden Kosten zurückkehren. Leider gibt es bisher kaum unabhängige Begutachtungsstellen, die die Notwendigkeit und die Kosten von vorgeschlagenen Zahnersatzmaßnahmen beurteilen. Vereinzelt bieten die Zahnärztekammern Beratungen an
Zahnersatz 95 (Adressen Seite 182). Grundsätzlich sind auch die Krankenkassen zu einer fachlichen Beratung verpflichtet allerdings kommen viele dieser Verpflichtung nur sehr unzureichend nach. Zu wirtschaftlichen Fragen, also ob der Zahnersatz nicht zu teuer ist, wird nicht beraten. In den neuesten Formularen müssen die Zahnärzte zudem für bestimmte Leistungen jetzt nur noch Pauschalpreise angeben. So haben die Kassen nicht einmal mehr die Möglichkeit, die Einzelpreise zu überprüfen. [ ] Der Zahnarzt muss einen Heil- und Kostenplan bei allen geplanten Maßnahmen, auch bei Reparaturen, erstellen. Und die Kasse muss ihn vor Beginn der Behandlung genehmigen. Insbesondere bei Reparaturen kann es aber erforderlich sein, dass der Patient schnell wieder über einen kompletten Zahnersatz verfügt. Für diese Fälle haben die Kassen mit den Kassenzahnärzt- Tipp Häufig unterhalten die zahnärztlichen Institute von Universitätskliniken auch Ambulanzen, in denen Patienten ohne Überweisung eines niedergelassenen Zahnarztes vorstellig werden und Zahnersatz oder zumindest Heilund Kostenpläne erstellen lassen können. Wer bereit ist, sich von Zahnärzten behandeln zu lassen, die noch in der Ausbildung stehen (aber natürlich überwacht werden), kann dadurch im Einzelfall Geld sparen. : Zahnersatz aus dem Ausland? Weil Zahnersatz so teuer ist, gibt es immer mehr Angebote aus Ländern mit geringeren Lohnkosten zum Beispiel Tschechien, Polen und Ungarn. Auch in Mallorca ist Zahnersatz sehr günstig. Entscheidend für den Patienten sind Preis und Qualität der Leistung. Die muss nicht zwingend schlechter sein. Eine Stichprobe der Stiftung Warentest hat im Frühjahr 2005 keine gravierenden Qualitätsmängel bei den geprüften Zahnärzten festgestellt. Dennoch ist für Patienten die Qualität mindestens ebenso schwer zu beurteilen wie bei einem deutschen Zahnarzt. Hinzu kommt das Risiko, dass Patienten bei Mängeln zwecks Nachbesserungen unter Umständen mehrmals anreisen und die Reisekosten selbst zahlen müssen. Diesem Problem begegnen manche ausländischen Zahnärzte, indem sie mit einzelnen deutschen Kollegen kooperieren. Ein weiteres Problem: Schlägt die Leistung völlig fehl, müssten Patienten im Ausland nach dortigem Recht klagen ein trotz des gemeinsamen Marktes schwer kalkulierbares Risiko. Innerhalb der EU kann nach vorheriger Antragstellung eine anteilige Kostenübernahme durch die gesetzlichen Kassen erfolgen, außerhalb der EU ist dies nicht möglich.
96 Spezialfall: Zahnarztbehandlung lichen Vereinigungen unterschiedliche Regelungen getroffen, in welchen Fällen oder bis zu welcher Kostenhöhe ohne vorherige Genehmigung bereits mit der Arbeit begonnen werden kann. Patienten sollten aber immer dann, wenn der Zahnarzt zu einer sofortigen Maßnahme rät, mit ihrer Krankenkasse Rücksprache nehmen, ob es Probleme mit der Erstattung geben könnte. Abweichungen vom Kostenplan Häufig gibt es nach Abschluss der Behandlung Ärger, wenn der Zahnarzt die Schlussrechnung ausstellt und der Patient entdeckt, dass diese vom Kostenvoranschlag, also dem Heilund Kostenplan, abweicht. Eine solche Abweichung ist nur innerhalb bestimmter Grenzen erlaubt. Bezüglich des zahnärztlichen Honorars ist der Heil- und Kosten plan verbindlich. Ein Zahnarzt muss in der Lage sein,! Urteil Eine Patientin wechselte den Zahnarzt, da sie mit dem angefertigten Zahnersatz, einer Oberkieferprothese, nicht zufrieden war. Der neue Zahnarzt nahm verschiedene vorbereitende Maßnahmen vor, legte dann einen Heil- und Kostenplan vor und beabsichtigte darin, eine neue Prothese zu erstellen. Die Patientin unterschrieb die Honorarvereinbarung, während der Behandlung wechselte sie aber erneut den Arzt. Sie weigerte sich, das Honorar des bisher behandelnden Zahnarztes in voller Höhe zu zahlen. Und zwar zu Recht, befand das Oberlandesgericht Düsseldorf (Az. 8 U 76/01), denn der Zahnarzt hatte die Honorarvereinbarung erst mit der Patientin abgeschlossen, als er schon mit der Behandlung begonnen hatte. Er hatte zwar erst Vorarbeiten durchgeführt, die Behandlung hätte aber nicht mehr unterbrochen werden können. Deshalb kam die Honorarvereinbarung zu spät. Lediglich wenn die einzelnen Behandlungsschritte klar gegeneinander abzugrenzen wären, sodass der Patient jedes Mal neu entscheiden kann, ob er die Behandlung nun wünscht, können Honorarvereinbarungen auch jeweils vor Beginn dieser einzelnen Schritte gesondert abgeschlossen werden (BGH, Az. III ZR 106/97).
Zahnersatz 97 den Umfang seiner Leistungen bereits vor Beginn seiner Behandlung realistisch einzuschätzen. Ein höheres Honorar darf er nur dann verlangen, wenn während der Behandlung Komplikationen auftreten und er den Patienten bereits vor Behandlungsbeginn auf mögliche Schwierigkeiten hingewiesen hat. Der Zahnarzt muss dann, sobald er feststellt, dass die Behandlung tatsächlich umfangreicher oder schwieriger wird, auf die höheren Kosten aufmerksam machen. Die Kosten für Material- und Laborarbeiten dürfen bis zu 20 Prozent vom Heil- und Kostenplan abweichen. Sie sind teilweise erst während der Herstellung des Zahnersatzes genau zu ermitteln. Auch diese Abweichungen sind jedoch nur zulässig, wenn der Patient bereits im ursprünglichen Heilund Kostenplan auf mögliche Abweichungen hingewiesen wurde (LG Hannover, Urteil vom 29.10.1998, Az. 19 S 9/98). Die Honorarvereinbarung Neben dem Heil- und Kostenplan ist die sogenannte Honorarvereinbarung von großer Bedeutung: Eine solche schriftliche Vereinbarung für den Anteil, den der Patient außerhalb der Kassenleistung selbst tragen muss, ist vor Beginn der Behandlung nach der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) zwingend vorgeschrieben. Verstößt ein Zahnarzt gegen diese Pflicht, indem er die Honorarvereinbarung erst später vorlegt, verliert er seinen Anspruch auf das Honorar. Probleme mit der Ausführung Beim Zahnersatz gibt es häufig Probleme mit der exakten Anpassung. Für die Patienten ist es sehr schwer zu beurteilen, ob es sich dabei um medizinische Probleme handelt oder ob der Zahnarzt bzw. das Labor schlecht gearbeitet hat. Grundsätzlich darf der Zahnarzt mangelhaft gefertigten Zahn- [ ] Tipp Da die Krankenkassen ihren Versicherten Unterstützung in Arztschadensfällen zukommen lassen sollen, können Patienten bei vielen Krankenkassen Gutachten über die Qualität des Zahnersatzes anfertigen lassen. Sie sollten möglichst nicht einfach zu einem anderen Zahnarzt gehen und diesen um Beseitigung der Mängel bitten. So werden für einen eventuellen Prozess gegen den ersten Zahnarzt unter Umständen wichtige Beweise vernichtet. Ist dies etwa wegen sehr großer Schmerzen unumgänglich, sollte der neue Zahnarzt die vorgefundene Situation ausführlich dokumentieren.
98 Spezialfall: Zahnarztbehandlung ersatz zwei- bis dreimal nachbessern, bevor ihm das Honorar endgültig verweigert werden kann. Patienten sollten in diesen Fällen zumindest Teile des Honorars zurückhalten, bis die Nachbesserungen erfolgreich beendet sind. Für Patienten ist es aber nicht zumutbar, sich bei einem völlig unbrauchbaren Zahnersatz für Nachbesserungen wieder in die Hände des betreffenden Zahnarztes begeben zu müssen. In solchen Fällen muss die Krankenkasse eine erneute Anfertigung bei einem anderen Zahnarzt bezahlen (Urteil des Landessozialgerichts Schleswig-Holstein vom 16.8.2008, Az. L 5 KR 57/06). Die Ansprüche aus Fehlern verjähren übri gens unterschiedlich schnell: Gegen das Labor können Patienten nach zwei Jahren nicht mehr vorgehen, Mängel der zahnärztlichen Leistungen können sie drei Jahre lang vor Gericht klären lassen ( Seite 158 ff.).