Projektmanagementsysteme sinnvoll eingesetzt Erfahrungsbericht aus dem Forschungsprojekt procure Dr.-Ing. Wolfgang Haas, Stuttgart Dipl.-Ing. Daniela Ilieva, Berlin Dipl.-Ing. Konstantinos Kessoudis, Stuttgart Das EU Forschungsvorhaben procure wurde mit dem Ziel ins Leben gerufen, verfügbare Software und Schnittstellen so zu bündeln, dass eine integrierte Planung optimal unterstützt wird. Es sollten keine neuen Lösungen entwickelt, sondern vorhandene Produkte eingesetzt und die Ergebnisse anschließend bewertet werden, um so einen Überblick über den Stand der Technik und deren Anwendbarkeit in der Praxis zu erhalten. Hierzu wurden gleichzeitig Pilotprojekte mit unterschiedlichen Anwendungsszenarien in Großbritannien, Finnland und Deutschland durchgeführt. Ziel des deutschen Teams war es, ein System einzusetzen, das jeweils in den Partnerfirmen lokal installiert ist. Dadurch sollten die jeweiligen Arbeitsweisen und Methoden unterstützt und so die Einarbeitungsphase erleichtert werden. Durch die Kopplung der Daten- und Workflow-Strukturen der einzelnen Partnerfirmen konnte ein virtuelles Büro gebildet werden, das die Transparenz der Zusammenarbeit erhöht und damit die Bearbeitungsgeschwindigkeit beschleunigt, aber gleichzeitig den Arbeitsaufwand minimiert. Am Beispiel der Ed. Züblin AG und DaimlerChrysler AG soll im folgenden eine mögliche Zusammenarbeit aufgezeigt werden. Neue Wege der integrierten Fabrikplanung Vor der Einführung des Projektmanagement-Systems hatten sowohl Züblin als auch Daimler Chrysler bereits eine effiziente Arbeitsweise auf Basis der neuen Information- und Kommunikationsmittel etabliert. Bei der Übertragung von Daten zwischen den Unternehmen wurden aber nach wie vor alle internen Prozesse unterbrochen. Ziel war es deshalb, eine parallele Fabrikplanung weltweit und rund um die Uhr zu ermöglichen, bei der die internen Planungsprozesse in die unternehmensübergreifenden Prozessen integriert werden. Auf diese Weise sollte eine effiziente und nachvollziehbare Arbeitsweise ohne Kommunikations- und Medienbrüche realisiert werden. Dazu wurde das integrierte Fabrikplanungssystem der DaimlerChrysler AG über das Web externen Planern und Unternehmungen zugänglich gemacht. Über eine Schnittstelle zur Projektmanagement-Lösung PlanNet wurden außerdem die Bestandsdaten der aktiven Projekte exportiert. Die Projekt- und Arbeitswelten der Zulieferer wurden weiterhin in PlanNet analog zum Fabrikplanungssystem abgebildet und durch die Vergabe von Rollen und Rechten vor unberechtigtem Zugriff geschützt. Der PlanTeam-Server regelt den Zugriff auf die Fabrikplanungsdaten und die zugehörigen Informationen über das Internet. Alle Zulieferer kommunizieren mit dem PlanTeam-Server über den Standard Web-Browser und können dadurch auf die Fabrikplanungsdaten zugreifen.
Außerdem organisiert der PlanTeam-Server - unter anderem durch ein mehrstufiges Firewall- System - sämtliche Zugriffsrechte sowie die Belange des System- und Datenschutzes. In dieser Form wurde die Lösung inzwischen sowohl bei der DaimlerChrysler AG im Werk Sindelfingen als auch bei der Ed. Züblin AG installiert. PlanNet umfasst ein Spektrum von Komponenten, um Pläne zu visualisieren, Unterschiede von Planungsständen zu zeigen, Planungsänderungen in vorhandene Pläne einzufügen, Pläne und Dokumente auszutauschen und die Projektdokumentation zu verwalten. Darüber hinaus gehört zu PlanNet noch eine Komponente für die Unterstützung des Workflows. Die zentrale Datenhaltung erfolgt im STEP-CDS-Format, das dem ISO Standard ISO-10303 entspricht und neben dem nativen Format für den CAD-Datenaustausch in der Fabrikplanung und für das Computer unterstützte Facility Management zugelassen ist. STEP-CDS wurde im Rahmen des Forschungsprojektes für den Datenaustausch zwischen den beteiligten Planern eingesetzt. Es kamen dabei die CAD-Lösungen Allplan FT, AutoCAD und MicroStation sowie die zugehörigen Konverter zum Einsatz. Planungsdaten der Partner im STEP-CDS-Format Im Werk Sindelfingen ist der PlanTeam-Server installiert worden, um so den Zugang zu den Fabrikplanungsdaten über das Internet zu ermöglichen. Bei Züblin ist das System PlanNet und ein zugehöriger PlanTeam-Server als ein Integrationsserver für die Planung ebenfalls installiert worden. Die Informationen des Fabrikinformationssystems werden bei Züblin auf die eigene interne Struktur repliziert und sowohl zur weiteren internen Bearbeitung als auch den externen Planungspartnern zur Verfügung gestellt. Die externen Planungspartner von Züblin wurden somit über das Internet und den Standard-WEB-Browser ebenfalls in die Planung eingebunden. Ihre Planungsdaten stellen sie dabei im neutralen STEP-CDS-Format in den Integrationsserver ein. Auf den PlanTeam-Servern bei DaimlerChrysler und Züblin wurden alle Dienstprogramme von PlanNet installiert. Es ist somit möglich, die CAD-Daten im STEP-CDS-Format zu visualisieren und beispielsweise im Hinblick auf die Einhaltung von Layer-Richtlinien zu analysieren. Die Unterschiede zweier Planstände können dabei dargestellt und ältere Planstände rekonstruiert werden.
Bild1: Pilotprojekt im Forschungsprojekt procure Die Beteiligten im Forschungsprojekt gehen davon aus, dass das Projektmanagement zukünftig in der Regel dezentral abgewickelt werden wird. Große Unternehmen prägen ihre Arbeitsweise in die eingesetzten Projektmanagementsysteme und verbinden diese mit den intern eingesetzten kaufmännischen oder Organisationsmanagementsystemen. Dadurch wird Know-how-Verlust vermieden und eine interne Prozessintegration sowie die optimale Unterstützung der gewohnten Arbeitsweise erreicht. Im Forschungsprojekt procure wurde deshalb ein sogenannter Replikaktionsmechanismus zwischen den eingesetzten Systemen angewendet. Replikationsmechanismus zwischen den eingesetzten Systemen Über den Standard-WEB Browser werden hierzu beim Bauherrn und bei den Zulieferer die notwendigen Daten geladen, darunter CAD- und Office-Dokumente, aber auch zugehörigen alphanumerischen (Meta-) Informationen. Alle Aufgaben, Termine und Freigaben, die mit dem Vorgang zusammenhängend bei DaimlerChrysler abgelegt wurden, finden über die Replikation eine entsprechende Ablage in der Dokumentenstruktur bei Züblin und sind auch dort wieder entsprechend verknüpft.
Bild 2: Replikation Bild 3: Replikaktionsauftrag über PlanTeam-Server von WeltWeitBau GmbH
Die Zeit für aufwendige manuelle Einordnung beziehungsweise Importierung wurde somit komplett eingespart. Durch vordefinierte Plan- und Dokumentenschablonen auf dem Integrationsserver bei Züblin konnten außerdem Aufgaben, die sich durch den Auftrag vom Bauherrn ergeben haben, an den Subunternehmer weitergeleitet werden. Jede Schablone beinhaltet dabei für einen bestimmten Typ eines Dokumentes in einer vorgegebenen Planungsphase Ausführungszeiten, exakte Aufgabenbeschreibungen und Vorgänger-Nachfolger Beziehungen. Alle Beteiligten wurden außerdem mit Hilfe der Workflow-Komponente PlanWorkflow über Ihre Aufgaben und Termine via E-Mail informiert und konnten die zugehörigen Dokumente und Informationen zum Bearbeiten über den Standard Browser abholen. Bild 4: Die Planläufe selbst wurden durch Züblin überwacht,...
Bild 5:... so dass der Stand der Planung transparent verfolgt werden konnte. Nach der erfolgten Bearbeitung wurden die neuen Versionen der Dokumente bei dem Subunternehmer neu kodiert und über automatische Import-Verfahren an die richtige Stelle auf dem Integrationsserver bei Züblin eingepflegt. Die relevanten Daten auf dem Integrationsserver und die entsprechenden Daten auf dem PlanTeam-Server bei DaimlerChrysler wurden täglich über Replikation synchronisiert. Damit hatten alle Planungsbeteiligten den selben aktuellen Informationsstand. Es musste also nicht ein zentraler Datenpool etabliert werden, sondern es wurde ein effizienter Workflow realisiert. Hierfür wurden Daten aus dem Bestand in die Projektwelt bei DaimlerChrysler exportiert, von da nach PlanNet übernommen und über das Internet den Zuliefern in ihren eigenen Arbeitswelten zur Verfügung gestellt. Die Zulieferer wiederum replizierten die für sie relevanten Daten und veröffentlichten diese über das Internet für ihre Subunternehmer. Die Subunternehmer wurden damit im Planungsprozess unmittelbar beteiligt und in den bestehenden Workflow optimal eingebunden. Durch Einsatz von automatischen Importmechanismen bei Züblin und anschließender Rück-Replikation zu DaimlerChrysler konnte somit der Kreis unternehmensübergreifend geschlossen werden. Abschliessend wurden die Daten bei DaimlerChrysler automatisch auf die Einhaltung der CAD Richtlinien geprüft und von STEP-CDS in das MicroStation-Format konvertiert. Nach Abschluss des Projektes wurden die Planungsdaten in das Fabrikinformationssystem als neue Bestandsdaten übernommen. Verbesserungspotential auch für die Bauindustrie
Dass diese Form der Zusammenarbeit auch aus Sicht der Bauindustrie ein enormes Verbesserungspotential zu bieten hat, liegt auf der Hand. Auch bei den Beteiligten im Bauwesen lässt sich schließlich durch die Nutzung moderner Kommunikationstechnologien eine virtuelle Produktions- und Planungseinheit für die verbesserte, transparentere Abwicklung von Bauprozessen schaffen. Natürlich gibt es auch jetzt eine enge Zusammenarbeit zwischen den Projektbeteiligten, allerdings werden die Vorteile, die die Automobilindustrie durch ihre arbeitsteilige und verzahnte Produktionsstruktur über Firmengrenzen hinweg erreicht, in der Bauindustrie nicht erzielt. Die Gründe sind in der Struktur der einzelnen Produktionszweige zu suchen. In beiden Produktionen arbeiten Firmen in Arbeitsgemeinschaften zusammen um ein Produkt technisch hochwertig zu wirtschaftlich günstigen Konditionen zu erstellen. Trotzdem gibt es wesentliche Unterschiede: Zum Einen arbeiten in der Automobilindustrie wenige, große Firmen zusammen, während die Bauindustrie geprägt ist durch eine Vielzahl von Firmen aller Größen, wobei kleine Firmen überwiegen. Zum Anderen wechseln in der Automobilindustrie die Partner nur selten, wohingegen in der Bauindustrie Arbeitsgemeinschaften für jede Baustelle neu gebildet werden. Und schließlich ist der Kunde in der Automobilindustrie lediglich über sein Kaufverhalten eingebunden, während der Bauherr direkt involviert ist und die Randbedingungen für das Gebäude direkt festlegt. In der Automobilindustrie kann aufgrund der oben erwähnten Gründe eine intensive Partnerschaft in der Produktion und der Planung aufbauen kann. Der»Bauherr«gibt dabei die Regeln für das Erstellen und Produzieren der Produkte über Kommunikationssitzungen, Musterfiles und schriftliche Anweisungen vor und sorgt dafür, dass diese in die Struktur der Partner implementiert werden. Intensive Partnerschaft im Baubereich dank neuer Technologien Auf die Bauindustrie lässt sich dieses Modell nur übertragen, wenn neueste Kommunikationstechnologie die vorstehenden»mankos«ausgleichen kann: Da die beteiligten Firmen in der Arbeitsgemeinschaft ständig wechseln, muss der Generalunternehmer seine Regeln, Vorgaben und Vorlagen für die Planung und Ausführung über ein einfaches und selbst strukturierbares Kommunikationssystem für seine Nachunternehmer aber auch für seinen Bauherrn bereitstellen. Dies wurde im Forschungsvorhaben procure wie oben beschrieben mittels der Software- Lösungen PlanNet/PlanTeam-Server erreicht. Im Forschungsvorhaben procure wurde aber nicht nur eine Umsetzung der Planungsmethoden der Automobilindustrie im Bereich Generalunternehmer - Subunternehmer gezeigt, sondern auch die Integration des Kunden in dieses»virtuelle Planungsumfeld«. Dabei wurde die Anbindung des Bauherrn so umgesetzt, dass er in seiner gewohnten Struktur arbeiten kann. Über Datenreplikation können die Vorgaben des Bauherrn, die Ergebnisse des»bauteams«und eine gemeinsame Termin- und Freigabenverwaltung direkt zwischen dem Bauherrn und dem Generalunternehmer ausgetauscht werden.