Das Benediktinerkloster St. Ulrich und Afra

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Transkript:

Die Aufgaben der Klöster St. Ulrich und Afra zu Augsburg Gotteslob und Gottesdienst in Gebet, Gesang und Messfeier bei persönlicher Armut, Keuschheit und Gehorsam seiner Insassen waren und sind die Aufgaben der Klöster. Seelsorge, Wissenschaft, Bildung und Schule, aber auch wirtschaftliches Denken und Handeln wie auch die Herrschaft über Land und Leute wuchsen den Klöstern von Anfang an als weitere Aufgaben zu: spiritualia und temporalia, also Geistliches und Weltliches, gehörten seit ihrer Stiftung und Gründung im Mittelalter zusammen. Klöster und Stifte haben nur deshalb eine so gewichtige Wilhelm Liebhart Das Benediktinerkloster St. Ulrich und Afra Das vornehmste und älteste Kloster Augsburgs war 800 Jahre lang Grundherr Rolle im Bereich von Wissenschaft, Kunst und Kultur spielen können, weil sie sich nicht von der sündigen Welt hermetisch abschlossen. Sie waren bis 1803 wichtige Faktoren der feudalen Wirtschaftsund Sozialordnung 1, sogar Träger von Herrschaft und politischer Macht. Die adelige Elite, die Klöster stiftete, verlangte die Erfüllung nicht nur geistlicher, sondern auch geistig-kultureller, wirtschaftlicher, sozialer und verwaltungspolitischer Aufgaben. 2 In diesem kurz skizzierten Rahmen ist auch das Benediktinerkloster St. Ulrich und Afra in Augsburg zu sehen, das 800 Jahre lang mit dem Ansicht des Klosters St. Ulrich und Afra in einem Stich von B. Hertfelder aus dem Jahr 1627 Foto: Dr. Hubert Raab DAS BENEDIKTINERKLOSTER ST. ULRICH UND AFRA 115

Grund und Boden als ökonomische Basis Lechraindorf Todtenweis in engster Beziehung stand. 3 Das Kloster war bis zu seiner Aufhebung 1803 das vornehmste und älteste Augsburgs, weil es über den Gräbern der Augsburger Bistumsheiligen Afra, Simpert und Ulrich entstanden war. Da es keine Stiftungsurkunde gibt, liegen seine Anfänge im Dunkeln. Die Klosterchroniken berichten jedoch einvernehmlich, dass unter Bischof Bruno (Sedenzzeit 1006-1029), Bruder Kaiser Heinrichs II., ein schon bestehendes Klerikerstift St. Afra in ein Kloster umgewandelt worden sei. Durchgesetzt hat sich als Umwandlungsdatum das Jahr 1012. Deshalb fand 1712 auch eine barocke 700-Jahr-Feier statt. St. Ulrich und Afra war seit seiner Gründung ein bischöfliches Kloster, obwohl es die Päpste in ihren besonderen Schutz aufnahmen. Es versuchte schon im Spätmittelalter, sich von der Abhängigkeit vom Augsburger Bischof zu lösen, was aber nicht gelang. 1323 gewährte der Wittelsbacher König Ludwig IV. ein Privileg, in dem er den Abt zum kaiserlichen Kaplan ernannte, das Kloster mit Besitz und Leuten unter seinen besonderen Schutz stellte und sich zum alleinigen Gerichtsstand erklärte. Das Privileg blieb folgenlos und verlieh nicht die angestrebte Reichsunmittelbarkeit. Diese wurde erst 1643/1644 nach jahrzehntelangen Prozessen und unter hohem Geldaufwand erreicht. 4 Seitdem war der Abt ein Reichsprälat, der nicht nur direkt unter dem Kaiser stand, sondern auch Sitz und Stimme auf dem Reichstag besaß. Diese Rangerhöhung erwies sich im 18. Jahrhundert als nicht günstig, weil für die wittelsbachischen Kurfürsten der Reichsprälat als Vertreter einer ausländischen Macht galt, die Grundbesitz in Bayern besaß. Kirchenbesitz war allerdings reichsrechtlich gesehen unantastbar. Um ihre eigentlichen Aufgaben erfüllen zu können, mussten Klöster wie St. Ulrich und Afra zu Augsburg wirtschaftlich ausreichend ausgestattet und autark sein. Bestimmt heute das Aktien- und Finanzkapital unser wirtschaftliches Leben, so waren es im Zeitalter des Feudalismus in erster Linie Grund und Boden, die Agrarwirtschaft. Zu diesem Grund und Boden gehörten auch Menschen. Im Mittelalter bewirtschafteten ausschließlich Leibeigene, in der Neuzeit überwiegend persönlich freie, aber dennoch mehrfach abhängige so genannte Arme Leute bzw. Grunduntertanen den geistlichen Großgrundbesitz. Grunduntertan und Grundherr standen in einem besonderen Verhältnis. Der Untertan leistete als Pächter des Klostergrunds Abgaben in Naturalien (Getreide) und Geld, der Grundherr Grabkapelle der hl. Afra in der Gruft von St. Ulrich und Afra. Über ihrem Grab am 2. Meilenstein der Via Claudia vor der Römerstadt Augsburg war das Kloster St. Afra entstanden. Rechts: Grabkapelle des hl. Ulrich in der Gruft von St. Ulrich und Afra. Der Augsburger Bischof ließ sich bei der hl. Afra bestatten. Später wurde die Kirche in St. Ulrich und Afra umbenannt. Fotos (2): Dr. Hubert Raab 116 DAS BENEDIKTINERKLOSTER ST. ULRICH UND AFRA

übte Schutz und Schirm aus. In Notzeiten streckte der Grundherr das Saatgut vor, stundete die Abgaben, gab Kredite und schützte das Leben seiner Abhängigen. Dieses an sich patriarchalische System bezeichnet man als Grundherrschaft 5, sie war eine Risikogemeinschaft und kein feudales Ausbeutungssystem, was natürlich Konflikte, Agrarverfassungskonflikte genannt, nicht ausschloss. Im 12. Jh. verdoppelt sich der Besitz des Klosters Klöster wie St. Ulrich und Afra lebten im Wesentlichen von den Erträgnissen des Grund und Bodens, den ihre Bauern bewirtschafteten. Vereinfacht gesagt kamen bis zu vier Fünftel der jährlichen Einkünfte aus dem Großgrundbesitz, der im Falle des Augsburger Klosters verstreut in Schwaben und Oberbayern lag. Um 1100 besaßen die Benediktiner von St. Ulrich und Afra in knapp 60 Siedlungen Ostschwabens und Oberbayerns circa 230 Hufen mit elf Fronhöfen als Zentren, darunter Todtenweis. 6 Ein 1175 angelegtes Urbar oder Grundbesitzverzeichnis 7 verzeichnet schon 470 Hufen in 222 Siedlungen. Der Großgrundbesitz hatte sich binnen sieben Jahrzehnten verdoppelt. Dahinter standen nach Ausweis eines Traditions- oder Schenkungsbuches 8 die Stiftungen des Adels Ostschwabens und des westlichen Oberbayerns. Um 1450 besaß die Abtei in 312 Siedlungen mehr als 700 Anwesen. 9 Diese hohe Zahl blieb bis zur Finanzkrise in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts trotz der Kriege der Frühen Neuzeit im Wesentlichen konstant. 10 Zwischen 1755 und 1788 schmolz der Großgrundbesitz jedoch auf 126 Siedlungen, auf 61 in Schwaben und 65 in Kurbayern, zusammen, was einen Verlust von 45% des Großgrundbesitzes bedeutete. 11 Der Verkauf war notwendig geworden, um die hohe Schuldenlast abzutragen. Der Verkehrswert des Großgrundbesitzes sank von rund 3,2 Millionen auf 1,1 Million Gulden zusammen. Wie ist in diesem Gesamtzusammenhang das Klosterdorf Todtenweis zu sehen? Wann, warum und wie kam es zum Augsburger Kloster? Todtenweis 1033 Von 1033 bis 1803 gehörte das Dorf Todtenweis mit Grund und Boden zwar nicht ausschließlich, aber doch mehrheitlich dem Kloster St. Ulrich und Afra zu Augsburg. Nach Klostertradition soll Herzog Heinrich IV. von Bayern, der spätere König und Kaiser Heinrich II. der Heilige (1002 1024), dem Vorgängerstift St. Afra Grundbesitz in Bayern gestiftet haben. 12 Als König soll Heinrich nochmals Grund und Boden im westlichen Oberbayern geschenkt haben. Dazu passt die Urkunde vom 26. Juni 1033 mit der ersten urkundlichen Nennung von Todtenweis. 13 Kaiser Konrad II., der erste Mo- Grabmal des Kaiserpaars Heinrich II. und Kunigunde von Tilman Riemenschneider im Bamberger Dom Mitte: Relief am Kaisergrab. Kunigunde besteht die Feuerprobe. Rechts: Relief am Kaisergrab. Kunigunde und Mitglieder des Hofs am Sterbebett von Kaiser Heinrich II. Fotos (3): Dr. Hubert Raab

1033: Aindling geht an den Freisinger Bischof Todtenweis im 12. Jahrhundert narch aus dem Geschlecht der Salier 14, bestätigte darin die Verfügung der am 3. März 1033 verstorbenen Kaiserin Kunigunde 15. Die Kaiserwitwe hatte für das Seelenheil ihres schon 1024 verstorbenen Gemahls Kaiser Heinrich II. ein Gut im Ort Todtenweis (predium in loco Teitinwich) an St. Ulrich und Afra gestiftet. Es lag in der Grafschaft eines Udalschalk. Konrad II. übergab als so genannter Salmann die Verfügung mit dem Zusatz, dass sie auch seinem Seelenheil, dem seiner Gemahlin Gisela und seines Sohnes Heinrich dienen sollte. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass sich die Familie des neuen Kaisers quasi als Trittbrettfahrer an die Verfügung anschloss, aber weshalb? Kunigunde hatte testamentarisch über Besitz, der nicht ihr Privateigentum, sondern Besitz des Reiches war, verfügt. Der neue Herrscher musste den Ausverkauf des Reichsgutes bestätigen. Interessant ist, dass ausdrücklich von der Fürsprache der Kaiserin und des gemeinsamen Sohnes Heinrich die Rede ist. Gisela, 999 geboren und 1043 gestorben, war eine schwäbische Herzogstochter, ihr Sohn Heinrich, geboren 1017, war seit 1027 Herzog von Baiern und seit 1028 auch deutscher König. Er folgte 1046 bis 1056 als Heinrich III. seinem Vater als Kaiser nach. Mutter und Sohn bewegten den Kaiser auch am 21. Juli 1033, den Königshof im nahen Aindling dem Freisinger Bischof Egilbert zu überlassen. 16 Egilbert stammte aus der Umgebung Kaiser Heinrichs II. und war Erzieher des jungen Heinrich III. 17 Für unseren Zusammenhang von Bedeutung ist, dass beide Lechrainorte Reichsgüter gewesen sind und an einer Ost-West-Achse lagen, die auf natürliche Weise durch die Todtenweiser Pforte den Weg in die Lechauen und über den noch ungezähmten Lech fand. Die noch um 1425 als Heerstraße 18 bezeichnete Verbindung querte eine rechtslechische Süd- Nord-Achse, an der das Benediktinerkloster Thierhaupten lag. Diese strategische Lage erklärt auch die zwei Erdbefestigungsanlagen Römer- oder Pfarrerschanze (zuletzt Ungarnfliehburg des 10. Jhs.) und Burgfeld (zuletzt Pfalzgrafenburg des 12. Jhs.). 19 Was genau 1033 an das Augsburger Kloster geschenkt wurde, entzieht sich zunächst unserer Kenntnis, weil der lateinische Begriff predium nur allgemein mit Landbesitz zu übersetzen ist. 20 Erst im 12. Jahrhundert erfahren wir Genaueres. 1131 bekam Pfalzgraf Otto IV. von Wittelsbach die Klostervogtei Kaiser Konrad II. (Mitte). Er bestätigte in einer Urkunde von 1033 die Schenkung eines Gutes in Teitinwich durch die Kaiserin Kunigunde an das Kloster St. Afra in Augsburg für das Seelenheil ihres Mannes. Repro einer Miniatur: Dr. Hubert Raab Heiligsprechungsurkunde, ausgestellt am 3. April 1200 in Rom. Im oberen Bildteil werden Heinrich II. und Kunigunde von Christus gekrönt, hinter ihnen Petrus und Paulus, unten: huldigende Personen. Repro: Heinrich Leopold 118 DAS BENEDIKTINERKLOSTER ST. ULRICH UND AFRA

rechts des Lechs übertragen. 21 Was war die Klostervogtei? Nach allgemeiner Rechtsauffassung durfte die Kirche keine weltliche Macht ausüben und benötigte deshalb einen adeligen Vogt oder Schutzherrn, der das Klostergut schützte und über die leibeigenen Bauern zu Gericht saß. Dies tat der Vogt nicht umsonst. Er bekam dafür Geld, Naturalien und Dienstleistungen. De facto beherrschte der Vogt dadurch auch das Kloster und seine Bauern. Die Vögte haben diese Rechte oft zu ihren Gunsten missbraucht. Die Pfalzgrafen von Scheyern-Wittelsbach und ihre Nachfolger, die Herzöge von Bayern, erhielten für ihre Tätigkeit seit 1131 Vogteihafer von den curtilibus, den Fronhöfen (später Amts- oder Meierhöfe), des Klosters zu Rettenbach, Hollenbach, Unterschönbach, +Stettenhof, Oberzell, Bachern, Aichach und Taitenwis. 22 Die Fron-, Amts- oder Meierhöfe stellten sehr große Höfe dar, die zentrale Aufgaben für das Kloster erfüllten. Blick auf die im Norden am Ort vorbeiziehende Heerstraße Foto: Dr. Hubert Raab Hannesbauer Kern des Königshofes von 1033 Im Hannesbauern von Todtenweis dürfen wir im Kern den ursprünglichen Königshof von 1033 vermuten. Ihn schützte eine Befestigungsanlage, die erstmals 1177 als Burg bezeichnet wird. Die zwei zugehörigen Mühlen an der Friedberger Ach lagen in Sand. Den Hinweis auf die Pfalzgrafenburg am Lechrain verdanken wir einer Papsturkunde, die am 6. August 1177 auf der Rialtobrücke in Venedig ausgestellt wurde. 23 Papst Alexander III. nahm auf Bitten Abt Heinrichs II. (1175 1178) das Kloster mit seinen wichtigsten Besitzungen in den apostolischen Schutz auf. Genannt wird eigens auch Taitenwis und ein wie es heißt aus dem Besitz des Pfalzgrafen Otto (VI., DAS BENEDIKTINERKLOSTER ST. ULRICH UND AFRA 119