06.02.2014 Susanne Oppermann 1
BBS Hildesheim Susanne Oppermann - 5 BEK (Bau-/Farb-/Holztechnik, Körperpflege, - Deutschlehrerin BEK + BVJ-A LM-Handwerk und Gastronomie) - Sprachlernkoordinatorin - DaZNet-Schule, DSD 1-Modellschule - DaZNet-Moderatorin BBS 06.02.2014 Susanne Oppermann 2
Fachtexte lesen und verstehen in der BEK - was erwartet Sie? Lesen in der BEK curriculare Vorgaben Lesekompetenz nach PISA Faktoren Verstehensprobleme Lesestrategien Leseprinzipien Verständnisprobleme bei Fachtexten Verstehensprobleme von Migranten Textanpassung Didaktisieren von Fachtexten Arbeitsphase durchgängige Sprachbildung Thesen zur Leseförderung Leisen Vortrag 06.02.2013 Susanne Oppermann 3
Rahmenrichtlinien Deutsch/Kommunikation in der BEK (Januar 2010) 06.02.2013 Susanne Oppermann 4
Lesen - mit Texten und Medien umgehen Zielformulierung der Rahmenrichtlinien a) Die Schülerinnen und Schüler kennen Lesetechniken und Strategien zum Leseverstehen und wenden sie an. b) Sie entnehmen aus Sach- und Gebrauchstexten Informationen. Rahmenrichtlinien Deutsch /Kom. BEK 06.02.2013 Susanne Oppermann 5
Kerncurricula Hauptschule Klasse 9 06.02.2013 Susanne Oppermann 6
PISA-Ergebnisse Lesekompetenz (2000) Eklatante Schwächen in der Lesekompetenz von Jugendlichen schockierten!!! 10 % der 15-Jährigen erreichen noch nicht einmal die 1. Lesekompetenzstufe. ( Sie können aus einem Text i. d. R. keine Informationen entnehmen.) Nur 11 % dieser SuS werden von ihren Lehrkräften als schwache Leser eingeschätzt. 13 % erreichen nur die 1. Lesekompetenzstufe. ( Sie können sich durch Überschriften/Druckkonventionen einen Eindruck vom Texthauptgedanken verschaffen und explizit genannten Informationen entnehmen.) Nur 4 % dieser SuS werden von ihren Lehrkräften als schwache Leser eingeschätzt. Bei den schwachen Lesern gibt es überdurchschnittlich viele Schüler mit Migrationshintergrund! In keinem Land ist die Lesekompetenz der Schüler mit Migrationshintergrund so schlecht wie in Deutschland. Artelt et al. 2001 S. 116-120, Schaffner et al. 2004 S. 102 103 06.02.2013 Susanne Oppermann 7
PISA und Lesekompetenz -> Lesekompetenz ist mehr als einfach nur lesen zu können! Unter Lesekompetenz versteht PISA die Fähigkeit, geschriebene Texte unterschiedlicher Art in ihren Aussagen, ihren Absichten und ihrer formalen Struktur zu verstehen und in einen größeren ( ) Zusammenhang einordnen sowie in der Lage zu sein, Texte für verschiedene Zwecke sachgerecht zu nutzen. PISA unterscheidet dabei verschiedene Textsorten (nicht nur Fließtexte, auch Tabelle und Diagramme), typische Anwendungssituationen und verschiedene Leseaufgaben zu verschiedenen Aspekten des Textverständnisses. Deutsches PISA-Konsortium 2001, S. 23 06.02.2013 Susanne Oppermann 8
Faktoren für Verstehensprobleme 1. Motivation und Interesse fehlen SuS-gemäße Texte wählen, SuS an der Auswahl beteiligen 2. Vorwissen nicht ausreichend spezifisches Vorwissen muss aktiviert oder erworben werden 3. Sprachliche Komplexität überfordert Gegenstand des Deutschunterrichts (z. B. komplizierte Satzstrukturen) 4. Basale Lesekompetenz und Lesegeläufigkeit zu gering spezielle Fördermaßnahmen Initiative zur Lesekompetenzförderung S. 15 06.02.2013 Susanne Oppermann 9
Leseübung 06.02.2013 Susanne Oppermann 10
Leseflüssigkeit Die Leseflüssigkeit ist für das Gesamtverständnis von zentraler Bedeutung. Ab etwa 100 WpM kann ein narrativer Text verstehend gelesen werden (bei nicht mehr als 5 Fehlern auf 100 Wörtern). Ein routinierter Leser liest ca. 250 WpM. 06.02.2013 Susanne Oppermann 11
Verbesserung des Textverstehens Förderung basaler Lesefertigkeiten Textentlastung Anpassung des Lesers durch Förderung der Lesekompetenzen Förderung der Lesegeläufigkeit Anpassung des Textes an die Lesekompetenzen Textkürzung Förderung von Lesestrategien Alternativtext 06.02.2013 Susanne Oppermann 12
Lesestrategien mentale Werkzeuge, um Verstehensanforderungen von Texten vor, während und nach der Leseaktivität sowohl kognitiv als auch metakognitiv zu unterstützen Handlungspläne, die helfen, einen Text gut zu verstehen werden von Bildungsstandards gefordert müssen in unterschiedlichen Fächern über Jahrgangsstufen hinaus angewendet werden, um erfolgreich zu sein Rosebrock/Nix 2006:59, Initiative Lesekompetenzförderung S. 16 06.02.2013 Susanne Oppermann 13
Lesestrategien zeitliche Abfolge Vor dem Lesen - Aktivieren von Vorwissen - Erwartung formulieren - Überblick verschaffen Während des Lesens - Text mit dem Bild lesen (vergleichende Text-Bild-Analyse) - farborientiert markieren - Randbemerkungen an den Text schreiben - Notieren von Stichwörtern - Schlüsselwörter suchen - Einteilung in Sinnabschnitte - Zwischenüberschriften formulieren - Klärung unbekannter Wörter/Textpassagen Nach dem Lesen - Fragen zum Text beantworten - Fragen an den Text stellen und durch Partner beantworten lassen - Text expandieren (durch Beispiele, Erläuterungen, Skizzen etc.) - Zusammenfassung des Gesamttextes - Übertragung in nichtlinearen Text (Tabelle, Struktur-/Prozessdiagramm, Mindmap, Graph etc.) - Verschiedene Texte zum Thema vergleichen Initiative Lesekompetenzförderung S. 17, Studienseminar Koblenz S. 18-24 06.02.2013 Susanne Oppermann 14
Lesenavigator www.bildungsserver.berlin-brandenburg.de 06.02.2013 Susanne Oppermann 15
Planungsraster Leseverstehen (Neugebauer IIK) Neugebauer Version 22.04.09 06.02.2013 Susanne Oppermann 16
5 Leseprinzipien nach Leisen 1. Eigenständige Auseinandersetzung mit dem Text 2. Verstehensinseln 3. Zyklische Bearbeitung 4. Leseprodukt 5. Anschluss- und Begleitkommunikation 06.02.2013 Susanne Oppermann 17
Verbesserung des Textverstehens Förderung basaler Lesefertigkeiten Textkürzung Anpassung des Lesers durch Förderung der Lesekompetenzen Förderung der Lesegeläufigkeit Anpassung des Textes an die Lesekompetenzen Textentlastung Förderung von Lesestrategien Alternativtext 06.02.2013 Susanne Oppermann 18
Exkurs: Leseprobleme von Migranten beim Umgang mit (Fach-)Texten geringerer Wortschatz Interferenzen der Erst- und Zweitsprache auf der Wortschatzebene Komposita, Verben mit Vorsilben, substantivierte Infinitive komplexe und verschachtelte Sätze geringe Vertrautheit mit Bildungssprache geringere Lesegeschwindigkeit, langsameres Textverstehen überfordernder Textumfang einzubringendes Vorwissen und kulturelles Wissen oft zu gering mangelndes Selbstbewusstsein, laut vorzulesen oder frei über den Text zu sprechen geringere Lesemotivation/-freude in DaZ Schüler mit Migrationshintergrund können Lesehilfen und strategien nicht ausreichend nutzen, weil sie bereits vorher stolpern. Vorentlastungen und zusätzliche Vorübungen unterstützen das Leseverstehen! Studienseminar Koblenz S. 29 06.02.2013 Susanne Oppermann 19
Was macht das Lesen von Fachtexten so schwer wo kann entlastet werden? Fachtexte fachliche Inhalte (fach-)sprachliche Gestaltung Fachwissen Empraxie Wortebene (morphologische Probleme) Satzebene (syntaktische Probleme) Textebene (textuelle Probleme) Nichtlineare Texte (Tabellen, Grafiken etc.) 06.02.2013 Susanne Oppermann 20
Wie können Fachtexte entlastet werden? 1. Inhaltliche Entlastung Vorwissen aktivieren Erfahrungswelt der Leser einbeziehen Überflüssiges streichen Beispiele ergänzen 2. Visuelle Hilfen Veränderung des Druckbildes (Schriftart, Schriftgrad, Fettdruck, Farbdruck farbige Unterlegung, Unterstreichung, Zeilenabstand, kurze Zeilen, Flattersatz ) Gliederungen (Zeilennummerierung, Nummerierungen/Aufzählungszeichen... ) Visualisierung (Fotos, grafische Symbole, Zeichnungen, Skizzen ) Sinnabschnitte Zwischenüberschriften Sinneinheiten eines Satzes bestimmen Zeilenende Strukturskizzen, Ablaufdiagramme etc. Schünemann S. 162 06.02.2013 Susanne Oppermann 21
Anregungen für die Textentlastung 3. Sprachliche Vereinfachungen Kurze Wörter, Sätze, Texte Eindeutige Begriffe verwenden Proformen durch ihre Bezugsausdrücke ersetzen Sätze vereinfachen (Parataxe einfacher als Hypotaxe) Wiederholungen einbauen/redundanz Fachbegriffe schonend einführen Randbemerkungen Wortlisten/Glossaren bereitstellen Nachschlagewerke bereithalten (Bildwörterbücher, Wörterbücher, Lexika) Online-Hilfen nutzen 06.02.2013 Susanne Oppermann 22
15 Empfehlungen für die Konstruktion eines vereinfachten Alternativtextes (nach Leisen) 1. Leser unmittelbar ansprechen 2. Fragehaltung erzeugen 3. Programmvorschau geben 4. Erklärungen einschieben (mit d. h., z. B. etc.) 5. Kurze Sätze bilden, Parataxe einfacher als Hypotaxe 6. Ausdruck dem mündlichen Sprachgebrauch anlehnen 7. Unnötigen Ausdruckswechsel vermeiden/bei denselben Begriffen bleiben 8. Schwierige Wörter und Aussagen in den Folgesätzen wiederholen 9. Beispiele aus dem Erfahrungsbereich des Lesers einbauen 10. Argumente an bekannte Sachverhalte anlehnen 11. Ergänzende Details an den Schluss stellen 12. Durch Bilder unterstützen 13. Rhetorische Fragen zum Mitdenken stellen 14. Text klar gliedern 15. Zur Ausgangsfrage zurückkehren Studienseminar Koblenz S. 104 06.02.2013 Susanne Oppermann 23
Didaktisieren von Texten für die Leseförderung 1. Die Texte werden auf sprachliche Schwierigkeiten hin analysiert und bei Bedarf sprachlich vorentlastet. 2. SuS lernen Lesestrategien kennen und wenden sie bei der Textarbeit an. 3. Die SuS werden mit eindeutig formulierten Aufträgen durch den Text geleitet. 4. Der Schwierigkeitsgrad der Aufträge steigt langsam an. 5. Auch schwache Leser haben immer Erfolge. 6. Starke Leser werden durch anspruchsvolle Aufgaben final gefordert. 7. So kann binnendifferenzierte Leseförderung umgesetzt werden. 8. Einzelarbeit mit Texten bekommt einen festen Ort im Unterricht. 9. Selbständiges Leseverstehen wird gefördert. 10. Unterschiedliches Weltwissen aller SuS wird berücksichtigt bzw. ergänzt. Heterogene Lerngruppen erfordern didaktisierte Lerntexte, die binnendifferenzierte Lernförderung ermöglichen. Voli-Leseförderung 06.02.2013 Susanne Oppermann 24
Beispiel didaktisierter Text Hühnereier als Zutat Gast, Barbara; Gau-Gallo, Regine: Didaktisierter Text Hühnerei als Zutat 06.02.2013 Susanne Oppermann 25
Beispiel didaktisierter Text - Leseaufgaben Gast, Barbara; Gau-Gallo, Regine: Didaktisierter Text Hühnerei als Zutat 06.02.2013 Susanne Oppermann 26
Leseförderung in allen Fächern sprachsensibler Fachunterricht durchgängige Sprachbildung Wie?! Jetzt soll ich mich in Fachtheorie auch noch um das Lesen kümmern? Was soll ich hier denn sonst noch alles machen? Ich bin doch kein Deutschlehrer!!! Die Rolle, die dem jeweiligen Unterrichtsfach bei der Förderung von Lesekompetenz zukommt, soll nicht als extracurriculare Aktivität verstanden werden. Es kommt vielmehr darauf an, die Leseförderung so in den Unterricht zu integrieren, dass sie basierend auf den Materialien und Anforderung der Fächer zum Teil des Unterrichtsgeschehens wird. ( ) Die Leseförderung in den Fächern dient also letztendlich dem fachlichen Lernen. Artelt 2008:20 06.02.2013 Susanne Oppermann 27
Thesen zur Leseförderung 1. Lesen ist die Basiskompetenz lebenslangen Lernens und der Schlüssel für Erfolg oder Misserfolg im Leben. 2. Förderung von Lesekompetenz ist ein zentraler Bildungsauftrag von Schule. 3. Leseförderung fördert nicht nur das Lesen, sondern auch das Lernen. 4. Ein Fachtext muss vor seinem Einsatz auf seine sprachlichen Schwierigkeiten hin durchgesehen und einer didaktischen Analyse unterzogen werden. 5. Ein einfacher Text ist nicht zwingend ein guter Text. (Leisen) 6. Jede Vereinfachung wird mit didaktischen Nachteilen erkauft. (Leisen) 7. Der Deutschunterricht hat bei der Leseförderung sowohl Vorreiter- als auch Servicefunktion. 8. Unterricht muss sich in allen Fächern mehr Zeit zum Lesen und vergleichsweise langsamen Erarbeiten eines Textes nehmen. 9. Sprachförderung im Fach ist nicht alles, aber ohne Sprachförderung im Fach ist alles nichts. (Leisen) 06.02.2013 Susanne Oppermann 28
Ich danke Ihnen für Ihr Interesse an unserer Fortbildung und wünsche viel Erfolg bei der Leseförderung in Ihrer BEK! 06.02.2014 Susanne Oppermann 29