188 JAHRESABSCHLUSS Jahresabschluss Der Jahresabschluss ist jedem Wirtschaftsausschuss einmal jährlich zusammen mit dem Betriebsrat durch den Unternehmer zu erläutern. Dies regelt 108 BetrVG. Rechtliche Grundlage ( 108 Abs. 5 BetrVG) Der Jahresabschluß ist dem Wirtschaftsausschuß unter Beteiligung des Betriebsrats zu erläutern. Mit der Erläuterung des Jahresabschlusses für den Wirtschaftsausschuss soll sichergestellt werden, dass die in ihm enthaltenen Informationen über die wirtschaftliche und finanzielle Lage des Unternehmens transparent werden. Nicht umsonst gilt der Jahresabschluss daher als eine der wichtigsten f Informationsquellen für den Wirtschaftsausschuss. Was ist ein Jahresabschluss? Der Jahresabschluss dient zur Darstellung der finanziellen und wirtschaftlichen Lage eines Unternehmens. Dabei sind zu einem bestimmten Zeitpunkt (Stichtag) sämtliche Vermögensgegenstände, Schulden, Rechnungsabgrenzungsposten, Aufwendungen und Erträge auszuweisen, damit die Öffentlichkeit, wie z.b. Aktionäre, Kreditgeber, Investoren, Mitarbeiter, Kunden etc., einen Überblick über das Unternehmen gewinnen. Der Jahresabschluss dient mehreren Zielen: Bemessung von Zahlungen: In Ausübung der Zahlungsbemessungsfunktion dient der Jahresabschluss als Grundlage zur Feststellung der Dividenden- und Steuerzahlung. Information über Vermögens-, Finanz- und Ertragslage: Die Informationsfunktion beinhaltet die Aufgabe, allen Adressaten möglichst verlässliche und aussagefähige Beurteilungsmaßstäbe über die finanzielle und wirtschaftliche Situation des Unternehmens zu gewähren, damit z.b. Investoren das Ausmaß und den Sicherheitsgrad ihrer möglichen Beteiligung abschätzen können.
JAHRESABSCHLUSS 189 Tipp! Nach 18 des Kreditwesensgesetz (KWG) muss ein Unternehmen, das bei einer Bank oder einem sonstigen Kreditinstitut um einen Kredit nachsucht, einen geprüften Jahresabschluss einschließlich des Prüfungsberichts vorlegen. Die Unterlagen dürfen dabei nicht älter als zwölf Monate sein. Gesetzlich geregelt ist der Jahresabschluss im Handelsgesetzbuch sowie in den Steuergesetzen. Für deutsche Unternehmen, vor allem Konzerne, gelten z.t. auch f Internationale Rechnungslegungsstandards. Welche Bestandteile hat ein Jahresabschluss? Der Jahresabschluss besteht für Einzelkaufleute und f Personengesellschaften (OHG, KG) nach 242 HGB aus der f Bilanz und der f Gewinnund Verlustrechnung (GuV). Rechtlicher Hintergrund ( 242 HGB) (1) Der Kaufmann hat zu Beginn seines Handelsgewerbes und für den Schluss eines jeden Geschäftsjahrs einen das Verhältnis seines Vermögens und seiner Schulden darstellenden Abschluss (Eröffnungsbilanz, Bilanz) aufzustellen. (2) Er hat für den Schluss eines jeden Geschäftsjahres eine Gegenüberstellung der Aufwendungen und Erträge des Geschäftsjahres (Gewinnund Verlustrechnung) aufzustellen. (3) Die Bilanz und die Gewinn- und Verlustrechung bilden den Jahresabschluss. Aktiengesellschaften, GmbHs und KGaAs, also f Kapitalgesellschaften, haben laut 264 HGB einen erweiterten Jahresabschluss zu erstellen, welcher aus Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung und f Anhang besteht. Wichtig! Der Anhang eines Jahresabschlusses enthält zusätzliche und meist äußerst wichtige Angaben sowie Erläuterungen zur Bilanz und Gewinnund Verlustrechnung. Den Jahresabschluss haben die Kapitalgesellschaften um den f Lagebericht zu ergänzen. Der Lagebericht enthält allgemeine wirtschaftliche Informationen zur Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des Unternehmens ( 289 HGB).
190 JAHRESABSCHLUSS Rechtlicher Hintergrund ( 264 Abs. 1 Satz 1 HGB) Die gesetzlichen Vertreter einer Kapitalgesellschaft haben den Jahresabschluss ( 335 Abs. 1 HGB) um einen Anhang zu erweitern, der mit der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung eine Einheit bildet, sowie einen Lagebericht aufzustellen. Die GmbH & Co. KG ist eine Personengesellschaft und müsste demnach lediglich eine Bilanz und eine GuV aufstellen. Jedoch gab es erst kürzlich eine Gesetzesänderung für Personengesellschaften, bei denen nicht mindestens ein Gesellschafter eine natürliche Peron ist. Das ist bei der GmbH & Co. KG regelmäßig der Fall. Diese Personengesellschaften haben nach 264a HGB einen Jahresabschluss zu erstellen, wie die Kapitalgesellschaften. Was geschieht, wenn ein vorgeschriebener Jahresabschluss fehlt? Das Registergericht kann auf Antrag von jedermann gegen die Geschäftsführung, den Vorstand oder andere Mitglieder des vertretungsberechtigten Organs einer Kapitalgesellschaft (wie z.b. laut 335 und 335a HGB dem Aufsichtsrat oder Beirat) nach 335 HGB ein Zwangsgeld festsetzen, wenn der Pflicht zur Aufstellung eines Jahresabschlusses nicht nachgekommen wird. Rechtlicher Hintergrund ( 335 Abs. HGB) Mitglieder des vertretungsberechtigen Organs einer Kapitalgesellschaft, die 1. 242 Abs. 1 und 2, 264 Abs. 1 über die Pflicht zur Aufstellung eines Jahresabschlusses und eins Lageberichts 2. 290 Abs. 1 und 2 über die Pflicht zur Aufstellung eines Konzernabschlusses und eines Konzernlageberichts nicht befolgen, sind hierzu vom Registergericht durch Festsetzung eines Zwangsgeldes nach 140a Abs. 1 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit anzuhalten Das Zwangsgeld darf den Betrag von 5000 Euro nicht übersteigen.
JAHRESABSCHLUSS 191 Wer muss seinen Jahresabschluss offen legen, wann und wo? Alle Kapitalgesellschaften, wie die GmbH, die Aktiengesellschaft und die KGaA, müssen grundsätzlich ihren Jahresabschluss veröffentlichen. Für sie gilt nach 325 HGB die Pflicht, spätestens nach 12 Monaten den Jahresabschluss im elektronischen Bundesanzeiger offen zu legen. Rechtlicher Hintergrund ( 325 Abs. 1 Satz 1 HGB) Die gesetzlichen Vertreter von Kapitalgesellschaften haben für diese den Jahresabschluss beim Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers elektronisch einzureichen. Er ist unverzüglich nach seiner Vorlage an die Gesellschafter, jedoch spätestens vor Ablauf des zwölften Monats des dem Abschlussstichtag nachfolgenden Geschäftsjahrs, mit dem Bestätigungsvermerk oder dem Vermerk über dessen Versagung einzureichen. Gleichzeitig sind der Lagebericht, der Bericht des Aufsichtsrats, die nach 161 des Aktiengesetzes vorgeschriebene Erklärung und, soweit sich dies aus dem eingereichten Jahresabschluss nicht ergibt, der Vorschlag für die Verwendung des Ergebnisses und der Beschluss über seine Verwendung unter Angabe des Jahresüberschusses oder Jahresfehlbetrags elektronisch einzureichen. Angaben über die Ergebnisverwendung brauchen von Gesellschaften mit beschränkter Haftung nicht gemacht zu werden, wenn sich anhand dieser Angaben die Gewinnanteile von natürlichen Personen feststellen lassen, die Gesellschafter sind. Damit diese Offenlegungsfrist eingehalten werden kann, gibt 264 HGB weitere Termine vor. So müssen Kapitalgesellschaften den Jahresabschluss»in den ersten drei Monaten des Geschäftsjahrs für das vergangene Geschäftsjahr aufstellen«(ausnahme: kleine Kapitalgesellschaften haben hierfür sechs Monate Zeit). Mit anderen Worten: Innerhalb der ersten drei Monate nach Ende des Geschäftsjahres ist die Erstellung des Jahresabschlusses zu starten. Acht Monate nach Ende des Geschäftsjahres ist ferner der Jahresabschluss festzustellen (Ausnahme: Kleine Kapitalgesellschaften erst nach elf Monaten). Tipp! Für die Arbeitnehmervertreter haben die Offenlegungs- / Publizitätsvorschriften eine enorme Bedeutung. Nicht selten verweigern Arbeitgeber den Einblick in den Jahresabschluss mit der Begründung, dass das Unternehmen keinen Abschluss zu erstellen habe. Handelt es sich bei dem Unternehmen jedoch um eine Kapitalgesellschaft, dann hat jeder und somit auch der Betriebsrat die Möglichkeit, den Jahresabschluss spätestens nach zwölf Monaten im Bundesanzeiger unter www.ebundesanzeiger.de einzusehen!
192 JAHRESABSCHLUSS Das Handelsgesetz ( 267 HGB) unterscheidet bei der Pflicht zur Offenlegung (auch: Publizität) verschiedene Größenklassen der Kapitalgesellschaften. Sogenannte kleine Kapitalgesellschaften dürfen beispielsweise mindestens zwei der drei nachstehenden Merkmale nicht überschreiten: Abbildung 35: Größenklassen von Kapitalgesellschaften ( 267 HGB) Kleine Kapitalgesellschaften müssen nun laut 326 HGB nur die Bilanz und den Anhang publizieren, während große Kapitalgesellschaften zudem ihren Jahresabschluss auch im Bundesanzeiger zu veröffentlichen haben ( 325 Abs. 2 HGB). Befreit sind von der Offenlegungspflicht die folgenden Unternehmen: Merkmale Kleine Kapitalgesellschaft Mittelgroße Kapitalgesellschaft Große Kapitalgesellschaft Bilanzsumme Ma. 3 438000 $ Ma. 13750 000 $ Min. 13 750000 $ Umsatzerlöse Ma. 6 875000 $ Ma. 27500 000 $ Min. 27 500000 $ Anzahl der Arbeitnehmer Ma. 50 Arbeitnehmer im Jahresdurchschnitt Ma. 250 Arbeitnehmer im Jahresdurchschnitt Min. 250 Arbeitnehmer im Jahresdurchschnitt Personengesellschaften, sobald bei ihnen wenigstens eine natürliche Person ein persönlich haftender Gesellschafter ist. Tochtergesellschaften von f Konzernen, deren Konzernabschlüsse offen gelegt wurden ( 264 Abs. 3 HGB). Wichtig! Personengesellschaften ohne natürliche Personen als persönlich haftende Gesellschafter, wie bei einer GmbH & Co. KG oder einer GmbH & Co. OHG, haben ihren Jahresabschluss offen zu legen! Personengesellschaftern mit natürlichen Personen als persönlich haftende Gesellschaftern haben laut dem neueren Publizitätsgesetz ( 1 PublG) dennoch auch ihren Jahresabschluss offen zu legen, wenn sie in den Bereich einer sogenannten»großen Personengesellschaft«kommen. Als solche zählen sie bei einer Bilanzsumme von über 63,9 Mio. R oder einem Umsatz von über 127,8 Mio. R oder einer Anzahl von über 5000 Mitarbeitern. Kommt ein Unternehmen oder genauer seine Geschäftsführung oder sein Vorstand der Pflicht zur Offenlegung des Jahresabschlusses nicht nach, so kann das Registergericht nach 335a HGB ein Ordnungsgeld festsetzen.
JAHRESABSCHLUSS 193 Rechtlicher Hintergrund ( 335 HGB) Gegen die Mitglieder des vertretungsberechtigten Organs einer Kapitalgesellschaft, die 1. 325 über die Pflicht zur Offenlegung des Jahresabschlusses, des Lageberichts, des Konzernabschlusses, des Konzernlageberichts und anderer Unterlagen der Rechnungslegung oder 2. 325a über die Pflicht zur Offenlegung der Rechnungslegungsunterlagen der Hauptniederlassung nicht befolgen, ist wegen des pflichtwidrigen Unterlassens der rechtzeitigen Offenlegung vom Bundesamt für Justiz ein Ordnungsgeldverfahren nach Absätzen 2 und 6 durchzuführen. Das Ordnungsgeld beträgt nach 335 Satz 4 HGB mindestens zweitausendfünfhundert und höchstens fünfundzwanzigtausend Euro. Es bezieht sich auf alle Mitglieder des vertretungsberechtigten Organs einer Kapitalgesellschaft, also auch auf Aufsichtsräte und Beiräte. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte am 29. 9. 1998 (Az: C-191/95) hierzu festgestellt, dass die Sanktionen gegen die Unternehmen, die ihre Bilanzen entgegen den Gesetzesvorschriften nicht offenlegen, zu harmlos sind. Weiterhin wurde festgestellt, dass das o.g. Ordnungsgeld erst auf Antrag von Gesellschaftern, Gläubigern, Arbeitnehmern oder auf Antrag ihrer Vertreter in Gang gesetzt werden kann (EuGH v. 4.12.1997 Az: C-97/96). Ein solches Verfahren reiche den EU-rechtlichen Anforderungen nicht aus. Nach den Vorstellungen der europäischen Richter begeben sich diejenigen Geschäftsführer und Vorstände, die den Jahresabschluss einer publizitätspflichtigen Kapitalgesellschaft nicht offen legen, in die Gefahr, gegen 1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) zu verstoßen. Als mögliche Folge kann dann neben dem Ordnungsgeldverfahren nach 335a HGB eine Unterlassungsklage wegen Verstoßes gegen 1 UWG betrieben werden. Dann wird das Gericht, bei dem die Unterlassungsklage anhängig ist, beurteilen müssen, ob die Aussetzung des Verfahrens nach 148 Zivilprozessordnung (ZPO) in Betracht kommt. Wer prüft einen Jahresabschluss mit seinen Inhalten? Zum Schutz der Gläubiger und der Öffentlichkeit ist ein Jahresabschluss von mittelgroßen und großen Kapitalgesellschaften von Abschlussprüfern zu prüfen und zu testieren. Das Testat, das dabei oft spannende Hintergrundinformationen über den Jahresabschluss gibt, zählt zu den wichtigen
194 JAHRESABSCHLUSS f Informationsquellen für den WA. Daher wird dem Aspekt der Prüfung durch Wirtschaftsprüfer ein eigenes Kapital gewidmet (f Wirtschaftsprüfungsbericht). Literatur Coenenberg A.G.: Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, Landsberg / Lech, 2000 Ossola-Haring C., Cremer U.: Jahresabschluss und Bilanz, Landsberg / Lech, 2001