Einführung. Gründe und Ziele der Datenschutz-Grundverordnung

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Transkript:

Einführung Gründe und Ziele der Datenschutz-Grundverordnung Mehr als Papier? Umsetzungsperspektiven für die Datenschutz-Grundverordnung Provet e.v.-mitgliederversammlung Universität Kassel Kassel, 28. Oktober 2016

Datenschutz-Grundverordnung Verordnung zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (Datenschutz- Grundverordnung) vom 27.4.2016 In Kraft seit dem 25.5.2016 Geltung in Deutschland ab dem 25.5.2018 Unmittelbare Geltung Keine Umsetzungs- oder Anpassungsakte durch die Mitgliedstaaten notwendig Anwendungsvorrang Die Regelungen der Verordnung haben Anwendungsvorrang vor widersprechenden Regelungen des Gesetzes- und Richterrechts

Regelungsbereiche der Verordnung Kap. 1: Allgemeine Bestimmungen (1 4) Kap. 2: Grundsätze (5 11) Kap. 3: Rechte der betroffenen Person (12 23) Kap. 4: Verantwortliche und Auftragsverarbeiter (24 43) Kap. 5: Übermittlung personenbezogener Daten in Drittländer (44 50) Kap. 6: Unabhängige Aufsichtsbehörden (51 59) Kap. 7: Zusammenarbeit und Kohärenz (60 76) Kap. 8: Rechtsbehelfe, Haftung und Sanktionen (77 84) Kap. 9: Besondere Datenverarbeitungssituationen (85 91) Kap. 10: Delegierte Rechtsakte und Durchführungsrechtsakte (92 93) Kap. 11: Schlussbestimmungen (94 99)

Kontinuität Viele Regelungen der DSRL und des BDSG übernommen z.b. Art. 2 und 3: Sachlicher und räumlicher Anwendungsbereich Art. 5: Grundsätze der Datenverarbeitung Art. 6: Zulässigkeit der Datenverarbeitung Art. 9: Besondere Kategorien personenbezogener Daten Art. 12-23: Rechte der betroffenen Person Art. 28-29: Auftragsdatenverarbeitung Art. 32-34: Datensicherheit Art. 44-50: Datenübermittlung in Drittland Art. 51-59: Aufgaben und Unabhängigkeit der Aufsichtsbehörde

Innovationen Regelungen, die in DSRL und BDSG fehlen Art. 3: Räumlicher Anwendungsbereich: Marktort Art. 8: Einwilligung eines Kindes Art. 20: Recht auf Datenübertragbarkeit Art. 25: Datenschutz durch Technik Art. 35: Datenschutz-Folgenabschätzung Art. 60-76: Zusammenarbeit und Kohärenz Art. 83-84: Sanktionen

Verlorene Regelungen Durch Verordnung grundsätzlich abgeschafft Direkterhebung beim Betroffenen Datengeheimnis Aufweichung der Zweckbindung Aufweichung des Prinzips der Erforderlichkeit Spezielle Regelungen für Werbung, Auskunfteien, Marktforschung Spezielle Regelungen für Datenschutz in Telemedien (Internet) Spezielle Regelungen für Videoüberwachung Spezielle Regelungen für mobile Verarbeitungsmedien Betriebliche Datenschutzbeauftragte

Zielsetzungen der DSGVO Vereinheitlichung des Datenschutzrechts Erwägungsgründe 3, 5, 9 und 13: Datenschutzrecht unionsweit harmonisieren und einen soliden, kohärenten und durchsetzbaren Rechtsrahmen im Bereich des Datenschutzes in der Union schaffen Angleichung der Wettbewerbsbedingungen Erwägungsgründe 5, 9 und 10: einheitliche Vorgaben für gleiche wirtschaftliche Bedingungen in der Union bieten und damit den Binnenmarkt stärken Modernisierung des Datenschutzrechts Erwägungsgründe 1, 2, 4 und 6: Datenschutz angesichts der Herausforderungen der technischen Entwicklung modernisieren und den Schutz der Grundrechte verbessern

Vereinheitlichung des Datenschutzrechts? 70 Öffnungsklauseln für die Regulierung durch die Mitgliedstaaten Art. 6 Abs. 2 und 3: Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung aller öffentlichen Stellen, aller nicht-öffentlichen Stellen, die zur Datenverarbeitung verpflichtet sind oder Daten im öffentlichen Interesse verarbeiten Art. 9: Ausnahmen vom Verbot der Verarbeitung schützenswerter Daten Art. 23: 10 Einschränkungsmöglichkeiten für die Rechte Betroffener Art. 37 Abs. 4: Betriebliche Datenschutzbeauftragte Art. 85: Meinungsfreiheit, Presse, Medien und Datenschutz Art. 88: Arbeitnehmerdatenschutz Wirkung der Öffnungsklauseln Für sehr viele Datenschutzfragen national unterschiedliche Regelungen

Gleiche Wettbewerbsbedingungen? Einheitlicher Text der Verordnung in der Union Text sehr abstrakt und allgemein: Beispiel: Art. 6 Abs. 1 lit. f): Zulässigkeit der Datenverarbeitung, wenn für berechtigtes Interesse des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich und schutzwürdige Interessen des Betroffenen nicht überwiegen. Auslegung am Beispiel der Videoüberwachung: GB: intensive Überwachung zulässig BRD: Überwachung nur zulässig, wenn für beschränkte Zwecke erforderlich Vereinheitlichung durch Datenschutzausschuss? Nur für Aufsichtsstellen verpflichtend, nicht für lokale Gerichte Vereinheitlichung durch EuGH? Nur für speziellen Fall und nach langer Zeit (Bsp.: Vorratsdatenspeicherung 8 Jahre; Safe Harbor 15 Jahre)

Modernisierung? Risikospezifische Regelungen zu den neuen Herausforderungen? KEINE Gewollt: Technikneutralität (EG 15) Keine technikspezifischen Regelungen, die Technikentwicklung verhindern Realisiert: Risikoneutralität Keine Regelungen die spezifischen Grundrechtsrisiken gerecht werden

Zielerreichung? Unterkomplexität der Regelungen Enorme Komplexität des Regelungsbedarfs wenige abstrakte Regelungen 1 Artikel mit 6 Erlaubnistatbeständen für alle Formen der Datenverarbeitung in allen Gesellschafts-, Wirtschafts- und Verwaltungsbereichen 51 materielle Regelungen für die Problem, für die in Deutschland Tausende von Regelungen bestehen Keine risikobezogenen Regelungen Datenschutzgrundverordnung verfehlt alle drei Ziele (Rechtsvereinheitlichung, Wettbewerbsgleichheit, Modernisierung)

Umsetzung der DSGVO Entwicklung neuer Handlungspflichten Beispiel: Datenschutz-Folgenabschätzung nach Art. 35 DSGVO Steuerungsinstrument über 4d Abs. 5 und 6 BDSG? Übernahmen erarbeiteter Lösungen Beispiel: Löschen personenbezogener Daten nach Art. 17 und 18 DSGVO Löschkonzepte weiter anwendbar? Sicherheitskonzepte unter Art. 32 DSGVO weiter anwendbar? Umsetzung neuer Handlungsmöglichkeiten Beispiel: Aufgaben und Befugnisse der Aufsichtsstellen nach Art. 57f. DSGVO Sind die Aufssichtstellen darauf personell und organisatorisch vorbereitet?