Stadtsoziologie Stadt und Land

Ähnliche Dokumente
Michael Böniger, Statistik Stadt Zürich. Stadthaus Zürich, Musiksaal 22. November 2012

Gemeinsame Medienmitteilung mit Statistik Stadt Zürich. Deutlicher Anstieg der Leerwohnungszahlen im Kanton Zürich

Bei uns in guten Händen. Kids & Co Kindertagesstätten von profawo Zürich

Seminar: Ferdinand Tönnies: Gemeinschaft und Gesellschaft oder der Wille zum Sozialen

Die politische Landkarte der Schweiz. Die politische Landschaft der Schweiz. Kapitel 1. Institut für öffentliches Recht, Uni Bern, 3.

Soziale Räume in der Urbanisierung. Quartierbildung und Mobilität Mobilität im Stadtviertel: Zürich um 1870

und Integration Sozialstruktur SoSe2013

Bevölkerungssegregation in Hamburg Herausforderungen für die Quartiersentwicklung

Zahl der Leerwohnungen steigt leicht Ergebnisse der Leerwohnungszählung vom 1. Juni 2015

Nachfragersegmente im Wohnungsmarkt Konzeption & Überblick

Soziologie im Nebenfach

Die politische Landkarte des Nationalrats Zur Methode

Sozialräumliche Quartiersentwicklung aus Sicht der Wohnungswirtschaft

Strukturelle Unterscheide der Migration

Die Bedeutung der Städte und ihre Einflussmöglichkeiten gegenüber dem Bund

Informationen zum smartvote-parteienkompass

Regionale Disparitäten in der Schweiz

Soziale Ungleichheit in Deutschland

Vorlesung Einführung in die Soziologie WiSe 2016/17 Mo Uhr, Auditorium Maximum. 17. Oktober Einführung und Arbeitsplanung

Stadt-Land-Gegensatz die Grundlagen. Die politische Landschaft der Schweiz. Kapitel 1. Institut für öffentliches Recht, Uni Bern, 3.

Wright-Strasse, 8152 Opfikon. Zeitraum Wettbewerbsart Studienauftrag. Allgemeine Baugenossenschaft Zürich. Ersatzneubau Schulanlage Schauenberg

Methodenbeschreibung smartmap

Sozialstruktur und Wandel der Bundesrepublik Deutschland

Innenentwicklung Schweiz

Soziale Milieus im gesellschaftlichen Strukturwandel

Witikon 2034: Ein Altersheim für Begüterte?

Sozialräumliche Differenzierung in Hamburg Jüngere Entwicklungen und Perspektiven

Soziale Ungleichheit in Deutschland

BAU- UND WOHNUNGSWESEN

Max Weber. Universität Augsburg Grundkurs Soziologie B.A. Sozialwissenschaften WS 2007/2008. Dozent: Saša Bosančić, M.A.

GRUNDBEGRIFFE DER SOZIOLOGIE. Markus Paulus. Radboud University Nijmegen DIPL.-PSYCH. (UNIV.), M.A.

Kerry-U. Brauer. Wohnen, Wohnformen, Wohnbedürfnisse.

STATISTISCHES JAHRBUCH DER STADT ZÜRICH 2004

Lebenswelten in Deutschland

Thesen zur Soziologie der Stadt revisited Kommentar zu Häußermann & Siebels Thesen zur Soziologie der Stadt

Soziale Ungleichheit und Klassenstrukturen in Deutschland. Lebenslagen, Interessenvermittlung und Wertorientierung von M.

Stadt-Land-Gegensatz die Grundlagen. Die politische Landschaft der Schweiz. Kapitel 1. Institut für öffentliches Recht, Uni Bern, 16.

Die Sinus-Milieus ein sozialwissenschaftliches Instrument für die soziale Arbeit

Gruppen und Systeme. Kurs: GK Soziologie Dozent: Sasa Bosancic Di Referenten: Amelie Schuster & Gesa Bürger

Das Zürcher Kombi Plus

Seminar: Humanistische Soziologie

Das Zürcher Kombi plus

Das Individuum und seine Familie

VORLESUNG SOZIOLOGISCHE GRUNDBEGRIFFE SoSe 09. Prof. Dr. Anna Schwarz Dienstag, 16:15 17:45 Uhr Raum: GD 203

Gliederung. 1. Lebenslauf Max Webers. 2. Hauptwerke. 3. Die Begriffe Klasse Stand Partei 3.1. Klasse 3.2. Stand 3.3. Partei. 4.

Winter-Semester 2004/ 2005

Neue Migrationslandschaft Schweiz

Im Auftrag der Stadt Zürich und in Zusammenarbeit mit dem Tiefbauamt, den SBB und dem ZVV. Was bringt die Zukunft? Das VBZ Linienkonzept 2025.

Unterstützte Kommunikation - ihre theoretischen Bezugssysteme

Informationsveranstaltung zur Zukunft der Gemeinde Hütten

Segregation. Sozialstruktur SoSe2013

Seminar: Von der Institution zum System Gehlen, Schelsky, Luhmann

BEVÖLKERUNG STADT ZÜRICH 2011

Lebenswerte Gesellschaft

Einführung in die Urbanisierung

Einführung in die Politikwissenschaft: Begriffe, Theorien, Methoden

Pädagogische Soziologie

Einführung in die Soziologie sozialer Ungleichheit (PS)

Europäische Entwicklungspolitik zwischen gemeinschaftlicher Handelspolitik, intergouvernementaler Außenpolitik und ökonomischer Effizienz

Georg Simmel, Rembrandt und das italienische Fernsehen

Beflaggungsreglement der Stadt Zürich

Die Sinus-Milieus für ein verändertes Österreich. Statistiktage 2016 der Österreichischen Statistischen Gesellschaft

Dieter Holtmann. Wohlstand und Wohlfahrt der Nationen. im Wandel

Globalisierung und soziale Ungleichheit. Einführung in das Thema

Adam Smith und die Gerechtigkeit

Sozialraumforschung als Beitrag zur Analyse, Erhaltung und Stärkung menschlicher Lebens- und Wohnqualität Prof. Dr.

Eltern und Kind - Secondhand

Neue Wohnformen für eine sich wandelnde Gesellschaft Tagung Innovative Wohnformen 6. Dezember 2014, Winterthur

Neue Theorie der Schule

Neue Struktur der reformierten Kirche der Stadt Zürich Grundsatzabstimmung

Informationen über den Reformierten Stadtverband

Stadt Luzern. Leitsätze. Kinder-, Jugend- und Familienpolitik. Stadtrat

Anforderungen 1. Teilnahme Die regelmäßige Teilnahme sowie die Lektüre der obligatorischen Texte sind grundlegend für den Erwerb von Kreditpunkten.

Einführung in die Geschichte der Soziologie

Proseminar über soziologische Fragestellungen: Theorie Herbstsemester 2013 Montags, Uhr Prof. Dr. Jörg Rössel

Peter Bartelheimer Zur Einführung: Mehr Wohlfahrt ungleicher verteilt Wo entstehen geschlossene Gesellschaften

WOHNBAU GENOSSENSCHAFTEN IN DER STADT ZÜRICH

Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Phänomenologie des Geistes, Hamburg Ders., Vorlesungen über die Philosophie der Religon, Band 1, Stuttgart 1965

Antje Flade (Hrsg.) Stadt und Gesellschaft. im Fokus aktueller. Stadtforschung. Konzepte-Herausforderungen- Perspektiven.

Band 159. Arbeitssituationsanalyse. Zur phänomenologischen Grundlegung einer interdisziplinären Arbeitsforschung. Beiträge aus der Forschung

Demografischer Wandel im ländlichen Raum

Modul A 3.2: Psychologische, soziologische und pädagogisch Beiträge zu den Sozial- und Gesundheitswissenschaften. Sitzung 03

Bevölkerungs prognosen für die Stadt Zürich

Dr. Wolfgang Rose LEHRE. Universitäre Lehre

Familie im Wandel. Pädagogen!? Hans-Dieter Dammering 0391/662550

Lebensqualität: ein weicher Standortfaktor?

Deutschland im demografischen Wandel.

ParlamentarierInnen-Umfrage zur Nationalen Strategie gegen Krebs Kurzbericht zur Umfrage

Aktuelle Herausforderungen auf dem Wohnungsmarkt

Facetten der Globalisierung

Einkaufen in der Stadt Zürich. Ergebnisse der Bevölkerungsbefragung

Tutorium IB Donnerstag Uhr, Am Friedensforschung (Senghaas, Galtung)

Landschaften in Deutschland Der stille Wandel: Demographie, Lebenswelten, Lebensstile

Biodiversität im Siedlungsraum: Zustand und Potenziale

Naturschutz ein aktuelles Themen-und Aktionsfeld der rechtsradikalen Szene

SPITEX VEREIN TEUFEN. Kundenbefragung BENCHMARK 2004

Methodische Ansätze zur Regionalisierung von Daten

Der strapazierte Mittelstand. ETH Forum Wohnungsbau 2017 Zürich, 30. März 2017 Dr. Patrik Schellenbauer, Avenir Suisse

Duisburg von Industriestadt zu Kulturstandort? Duisburg from industrial city to cultural center? MA Modul 3 Lehrforschungsprojekt

Transkript:

Stadtsoziologie Stadt und Land

Soziokulturelle Unterschiede Soziokulturelle Unterschiede in der Schweiz vier Indizes zu räumlichen Disparitäten, 1990-2000 Ziel: integrale Analyse der zeitlichen und räumlichen Dynamik der Bevölkerungsstruktur der Schweiz 4 verschiedene inhaltliche Dimensionen Wechselwirkungen gesellschaftliche Entwicklungstrends feststellen, Folgen für die räumliche Ordnung der Gesellschaft ableiten räumliche Disparitäten in der Schweiz: Ungleichheiten zwischen dynamischen Zentrumsgebieten (Stadt) und strukturschwachen Randregionen (Land) entstehen durch: Unterschiede in der regionalen Wirtschaftskraft ( Kennzahlen zu Wertschöpfung und Arbeitsplatzangebot), nicht-monetäre Restriktionen, Pluralisierung der Lebensstile etc. ( sozialgeografische Masse)

Georg Simmel (1858-1918) Die Grossstädte und das Geistesleben (1903) Mensch als Unterschiedswesen Leben in der (Gross-)Stadt: rascher und ununterbrochener Wechsel innerer und äusserer Eindrücke Leben auf dem Land: langsamer, gleichmässigerer Rhythmus Die drei wichtigsten t Merkmale der Grossstädter: Intellektualität Blasiertheit Reserviertheit Soziale Beziehungen in der Stadt besonders geeignet für die Integratoin von Fremden

Max Weber (1864-1929) Begriff und Kategorien der Stadt Die Stadt des Okzidents (1922) Definition Stadt: Geschlossene Siedlung, eine Ortschaft Quantitative Merkmale: Grösse und Dichte Ökonomische Merkmale: Gewerbe und Handel, Vielseitigkeit Politisch-administrative Merkmale: Besteuerung, er Festung (Stadtmauern) Zentrale Elemente einer Stadt: Sitz des Fürsten: sog. Fürstenstädte Markt als ökonomischer Mittelpunkt Stadtgemeinde

Ferdinand Tönnies (1855-1936) Gemeinschaft und Gesellschaft (1887) Stadt: höchste, komplizierteste Gestaltung menschlichen Zusammenlebens Gemeinsamkeit zwischen Städten und Dörfern: räumliches Prinzip des Zusammenlebens Im Gegensatz zur Familie: zeitliches Prinzip des Zusammenlebens Land: eher gemeinschaftiche h Lebensweise Stadt: eher gesellschaftliche Lebensweise Wirtschaftlicher Charakter von Städten Unterschied von Einheimischen und Fremden egal Persönliche Freiheit und persönliches Vermögen zentral

Diskussionsfragen Tönnies schreibt in seinem Werk Gemeinschaft und Gesellschaft (1887) über die sozialen Beziehungen in einer Grossstadt: Der Unterschied von Einheimischen und Fremden wird gleichgültig. Lässt sich dies auch heute noch über eine Stadt sagen?

Literatur Häusermann, Hartmund/ Siebel, Walter (2004): Stadtsoziologie Eine Einführung, Campus Verlag, Frankfurt, 19-44. Schäfer, Bernhard (2006): Stadtsoziologie. Stadtentwicklung und Theorien Grundlagen und Praxisfelder, VS Verlag, Wiesbaden, 77-86. Simmel, Georg (1995): Aufsätze und Abhandlungen 1901-1908. Band I, Suhrkamp, Frankfurt am Main, 116-131. Tönnies, Ferdinand (1935): Gemeinschaft und Gesellschaft Grundbegriffe der reinen Soziologie, Hans Buske Verlag, Leipzig. Weber, Max (1999): Wirtschaft und Gesellschaft Teilband 5: Die Stadt, J.C.B. Mohr, Tübingen, 59-144.

4 Indizes 1. Index: sozialer Status 2. Index: Individualisierung der Lebensformen 3. Index: Integration und Fremdsprachigkeit 4. 4 Index: Alterung der Gesellschaft

Altersindex Soziokulturelles Bevölkerungsprofil: Zusammenspiel von Präferenzen und Restriktionen Altersstruktur und Alterung Verhältnis der 3 biografischen Grossgruppen Kinder/Jugendliche 0-19 Jahre Personen im Erwachsenenalter 20-64 Jahre Personen im Rentenalter 65+ Jahre

Resultate Anteil der Personen im Erwerbsalter; räumliche Mobilität

Resultate Altersindex: 3 REN - 1 JUK 1990-2000: zunehmende Werte Reduktion der Unterschiede zwischen den Siedlungstypen Geringer Segregationsindex Kernstädte: höchster Altersindex (56.5) Ländlicher Raum: tiefster Altersindex (47.8) Stärkster Alterungsprozess: Agglomerationsgürtel (+3.3) Alterung folgt mit zeitlicher Verzögerung dem Wachstum der Agglomerationen von 1960,19701970

Individualisierungsindex Soziokulturelles Bevölkerungsprofil: Zusammenspiel von Präferenzen und Restriktionen Lebensformen und Individualisierung Grad der Individualisierung: Abweichung von traditionellen bürgerlichen Lebensformen Indikatoren: Haushaltstyp Familienmodell (Aufteilung von Erwerbs- und Betreuungsarbeiten) Individualisierungsindex: 3 EPH+1.2 WG+2,5 FOK+3 MER-1,5 TBM

Resultate klarer Stadt-Land-Gegensatz, hohe Werte in Kernstädten starke Segregation nach Lebensformen vor allem in Deutschschweiz touristische Gemeinden auf dem Land als atypische Zonen

Soziokulturelle Profile der Siedlungstypen allgemeine soziokulturelle Urbanisierung Urbanisierung als gesamtgesellschaftlicher Prozess keine Dichotomie von zwei geschlossenen Lebenswelten, sondern Dynamik regional abgestufter Grad der Urbanisierung relative Unterschiede zwischen Stadt relative Unterschiede zwischen Stadt und Land unverändert

Quellenangaben: Hermann, M., Heye, C., Leuthold, H., Forschungsgruppe Sotomo, GIUZ. (2005). Bundesamt für Statistik (Hrsg.). Soziokulturelle Unterschiede in der Schweiz, Vier Indizes zu räumlichen Disparitäten, 1990-2000. Neuchatel: Bundesamt für Statistik.

Stadt und Land auf der politischen Landkarte Daten von fast 200 eidg. Abstimmungsresultaten zur Erhebung der Grundlinie der Gemeinden Faktorenanalyse damit subjektive Bewertung vor der Tür bleibt Einteilung in links / rechts und liberal / konservativ links <> rechts Sozialstaat <> ökon. Eigenverantwortung Bürgerrechte <> Recht und Ordnung Pazifismus <> militärische Verteidigung liberal <> konservativ Aussenpol. Öffnung <> nationale Souveränität Integration von Fremden <> Abgrenzung gegen Fremde Reform staatl. Institutionen <> Bewahrung der Ordnung

Schweiz Grossstädte generell linksliberal Romandie/Ticino ist linker Reiche Gegenden sind rechtsliberal D-CH: Hinterland, l d periphere Regionen sind eher rechtsk konservativ ti

Linke Stadt Zürich, rechte Region Zürich Stadt Zürich links Wählerbasis: urbane Mittelschicht Kreis 4/5: Renaissance des Städischen > Gentrifizierung Kreis 9/11/12: peripher > keine Gentrifizierung Land Deutlich rechter als Stadt Unterteilung rechtsliberale suburbane Region rechtskonservatives Hinterland Graben zw. Villenvororte und städtischer Bourgeoisie (v.a. Steuerfuss) Der Kanton Zürich ist der wirtschaftsliberalste Kanton Themen wie wirtschaftliche Erneuerung und Liberalisierung haben im ganzen Kanton meist eine hohe Zustimmung

Kanton Zürich Klare Stadtgrenze: L St L: Stadt dt R: Land 3 Pole Stadt: linksliberal Suburbia: rechtsliberal Hinterland: rechtskonservativ Andere CH-Städte/ Kantone nicht so klar getrennt

Stadt Zürich Liberale Werte verbreitet egal welcher Richtung Kreis 5: höchster Wert auf L/R-skala Deutschschweiz 1: Altstadt/Ausland 2: Wollishofen, Enge & Leimbach 3: Wiedikon 4/5: Langstr/ZH West/Industrie t 6: Unter/Oberstrass 7: Fluntern, Hottingen, Hirslanden, Witikon 8: Seefeld, Riesbach 9: Albisrieden, Altstetten 10: Wipkingen, Höngg 11: Seebach, Affoltern, Oerlikon 12: Schwamendingen

Stadt und Land Erneuerung von der Kernstadt aus > Diffusion ins Umland Geogr. Nachbargemeinden von z. B. Kreis 2/7 sind deutlich rechter aber ähnlich liberal