Leitlinien für die Mediation beim Güterichter am Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht (Fassung Januar 2013)

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Transkript:

Leitlinien für die Mediation beim Güterichter am Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht (Fassung Januar 2013) 1. Beim Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht wird seit Herbst 2005 gerichtliche Mediation angeboten. Dieses Angebot wird auf der Grundlage des am 26. Juli 2012 in Kraft getretenen Gesetzes zur Förderung der Mediation und anderer Verfahren der außergerichtlichen Konfliktbeilegung ab dem 1. Januar 2013 im Aufgabenbereich der neu zu bestellenden Güterichterinnen und Güterichter (nachfolgend: Güterichter) fortgeführt. Die im Geschäftsverteilungsplan des Oberlandesgerichts bestimmten Güterichter im Sinne der 278 Abs. 5 ZPO, 36 Abs. 5 FamFG können alle Methoden der Konfliktbeilegung einschließlich der Mediation einsetzen. Auf der Grundlage der beachtlichen Erfolge des Angebots gerichtlicher Mediation wird der Schwerpunkt allerdings auch künftig auf dem Angebot von Konfliktbeilegung nach der Methode der Mediation liegen. Daher wird die Kurzbezeichnung "Mediation beim Güterichter verwendet. 2. Mediation als eine von mehreren Formen der Konfliktbewältigung und -lösung ist wegen ihrer Erfolge in vielen unterschiedlichen Bereichen zwischenmenschlicher Streitfälle anerkannt. Ihre Akzeptanz beruht darauf, dass sie zu Lösungen führt, die das Ergebnis autonomer Entscheidungen der Streitenden selbst sind und sich deshalb in besonderem Maße als befriedend und nachhaltig erweisen. Für das Verständnis dieser Konfliktlösungsmethode ist insbesondere zur Abgrenzung zum Streitverfahren und zum richterlichen Vergleichsgespräch - auf folgende Grundprinzipien hinzuweisen:

2 a) Erfolgreiche Mediation setzt regelmäßig voraus, dass sich die streitenden Beteiligten einschließlich ihrer an der Mediation zu beteiligenden Verfahrensbevollmächtigten diesem Verfahren freiwillig, also ohne jeglichen Zwang und mit positiver Erwartungshaltung stellen. Es darf zu keiner Zeit der Eindruck entstehen, dass die Bereitschaft zu einem Mediationsverfahren oder gar dessen vom Verhalten der Beteiligten abhängiger Erfolg in irgendeiner Weise Einfluss auf den Fort- bzw. Ausgang des gerichtlichen Streitverfahrens hat. Deshalb sind zwei weitere Aspekte wichtig: b) Eine Mediationsverhandlung sollte auch vor dem Güterichter absolut vertraulich sein. Das Gesetz hilft hierbei: Denn Güterichterverhandlungen sind nichtöffentlich (Umkehrschluss aus 169 Satz 1 GVG). Auch wird ein Protokoll nur auf übereinstimmenden Antrag aller Beteiligten aufgenommen ( 159 Abs. 2 Satz 2 ZPO, 28 Abs. 4 Satz 3 FamFG). Dem Güterichter selbst steht ein Zeugnisverweigerungsrecht gemäß 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zu. Gleichwohl verbleiben Schutzlücken. Daher sollte die Frage des Schutzes der Vertraulichkeit und der Nichtverwertung der in der Güterichterverhandlung getätigten Äußerungen der Beteiligten im streitigen Verfahren mit diesen ausdrücklich angesprochen und ggf. vereinbart werden. c) Die Mediatorin oder der Mediator (nachfolgend: Mediator) darf in keiner Weise am streitigen Verfahren beteiligt sein. Führt der Güterichter eine Mediation durch, so ist von Gesetzes wegen ( 278 Abs. 5 Satz 1 ZPO, 36 Abs. 5 Satz 1 FamFG) sicher gestellt, dass dieser nicht der entscheidungsbefugte Richter ist. d) Die Mediation beim Güterichter bezweckt, den Beteiligten eine Wiederaufnahme der durch die Konflikteskalation unterbrochenen Kommunikation zu ermöglichen. Anders als das streitige Verfahren orientiert sich Mediation nicht an den Rechtspositionen, sondern an den Interessen der Beteiligten. Der Gang des Verfahrens

3 wird daher auch vorrangig durch diese bestimmt und nicht durch die Maßstäbe der staatlichen Rechtsordnung. Gleichwohl ist es im Rahmen einer Mediation beim Güterichter Aufgabe des Güterichters, bei der Durchführung der Mediation für einen rechtsstaatlichen und fairen Ablauf zu sorgen und im Falle einer gütlichen Einigung für eine rechtsbeständige Fassung eines protokollierten Vergleichs. Sind diese Ziele gefährdet, bricht der Güterichter die Güteverhandlung ab. e) Ob eine anwaltliche Vertretung der Beteiligten in der Güteverhandlung geboten ist, richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften des jeweiligen Verfahrensrechts. Empfehlenswert ist sie stets. Da die Beteiligten eine eigenverantwortliche Lösung erarbeiten sollen, wandelt sich die Rolle des Anwalts allerdings vom Vertreter zum Begleiter und Berater. 3. Grundsätzlich sind alle Streitigkeiten für eine Mediation beim Güterichter geeignet, in denen die Beteiligten erkennbar eine Einigung suchen. Denn so komplex und vielfältig Grund oder Anlass für zwischenmenschliche Konflikte sein können, können auch die Strategien zu deren Lösung sein. Daher kann grundsätzlich keine Art oder Gruppe von Streitigkeiten als für ein derartiges Verfahren ungeeignet ausgeschlossen werden. Dies gilt auch für das Rechtsmittelverfahren, weil und soweit der bisherige Verfahrensgang nicht zu der von den Beteiligten erwünschten Klarheit und/oder Befriedung geführt hat. 4. Das Angebot des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts für Mediation beim Güterichter orientiert sich in seinen Abläufen an der Vorgabe folgenden Rahmens: a) Zur Erfassung der Verfahren im Angebot Mediation beim Güterichter, zur Verteilung der Akten auf die Güterichter und zur Unterstützung bei der Durchführung der Güterichterverhandlungen wird eine eigene Abteilung (Mediationsabteilung) mit eigener Geschäftsstelle (Serviceeinheit Mediation) eingerichtet. Die Mediationsabteilung untersteht der Leitung einer Koordinatorin oder eines Koor-

4 dinators (nachfolgend Koordinator), der aus dem Kreis der Güterichter kommen muss. b) Das Verfahren vor dem Güterichter setzt eine Verweisung durch den zuständigen Zivil- oder Familiensenat voraus ( 525, 278 Abs. 5 Satz 1 ZPO; 68 Abs. 3 Satz 1, 36 Abs. 5 FamFG). Nach den bisherigen Erfahrungen mit gerichtlicher Mediation und nach der Begründung des Gesetzgebers (BT-Drs. 17/8058, S. 21) sollte eine Verhandlung vor dem Güterichter nur mit Einverständnis der Beteiligten durchgeführt werden. Dieses Einverständnis kann bereits von den zuständigen Zivil- oder Familiensenaten eingeholt werden. Allerdings wird es auf der Grundlage der bisherigen Erfahrungen in der Regel zweckmäßig sein, dass der insoweit speziell ausgebildete Koordinator der Mediationsabteilung oder der von ihm im Einzelfall bestimmte Güterichter die Beteiligten über die Möglichkeiten der Konfliktbeilegung beim Güterichter informiert und auf die Bereitschaft zur Durchführung einer Güterichterverhandlung sowie insbesondere einer Mediation anspricht. c) Holen die Zivil- oder Familiensenate das Einverständnis der Beteiligten nicht selbst ein, leiten sie vor einer förmlichen Verweisung die aus ihrer Sicht geeigneten Verfahren der Mediationsabteilung z.hd. des Koordinators zu. Zur Abklärung der Zweckmäßigkeit einer Güterichterverhandlung gelten der Koordinator oder der von diesem beauftragte Güterichter als im Sinne des 299 Abs. 2 ZPO, 13 Abs. 2 FamFG befugt, Einsicht in die Verfahrensakten zu nehmen. Bei neu eingehenden Berufungen oder Beschwerden sollte diese Aktenvorlage frühestens nach Eingang der Begründung des Rechtsmittels erfolgen, spätestens aber nach der Entscheidung, bei Berufungen ein Verfahren nach 522 Abs. 2 ZPO nicht durchzuführen. Im Einzelfall kann ein Güterichterverfahren aber auch nach Absprache parallel zu einem Verfahren nach 522 Abs. 2 ZPO durchgeführt werden, wenn die Berufung zwar keine Aussicht auf Erfolg hat, aber angesichts der erkennbaren Interessenlage der Beteiligten eine gütliche Einigung geboten erscheint. Das Güterichterverfahren wird grundsätzlich nur dann durchge-

5 führt, wenn der für das Streitverfahren zuständige Senat über Gesuche der Beteiligten auf Gewährung von Prozesskostenhilfe oder Verfahrenskostenhilfe bereits entschieden hat. In Ausnahmefällen kann nach Absprache mit den Verfahrensbevollmächtigten die Entscheidung über das Prozesskostenhilfe- /Verfahrenskostenhilfegesuch für die Dauer des Güterichterverfahrens zurückgestellt werden. d) Der Koordinator der Mediationsabteilung bestimmt den im Einzelfall zuständigen Güterichter. Hierbei achtet er auf eine gleichmäßige Belastung der Güterichter ebenso wie auf bei diesen vorhandene Spezialkenntnisse und auf von den Beteiligten geäußerte Wünsche. Der Koordinator oder der zuständige Güterichter nimmt anschließend Kontakt zu den Verfahrensbevollmächtigten auf, um ihnen eine Verhandlung vor dem Güterichter, insbesondere aber eine Mediation beim Güterichter, anzubieten. Sind alle Beteiligten des Streitverfahrens hiermit einverstanden, wird dies in der Hauptakte vermerkt. In der Mediationsabteilung wird danach ein AR-Sonderheft (ähnlich einem in Streitsachen geführten Senatsheft) angelegt. e) Die Verfahrensakte wird vor Durchführung des Termins nochmals dem zur Streitentscheidung zuständigen Zivil- oder Familiensenat überlassen, damit dieser einen Beschluss über die Verweisung des Verfahrens an den Güterichter gemäß den 525 Satz 1, 278 Abs. 5 Satz 1 ZPO bzw. gemäß den 68 Abs. 3 Satz 1, 36 Abs. 5 Satz 1 FamFG erlassen kann. Daneben sollte auch im Beschlusswege das Ruhen des Verfahrens ( 251 ZPO) oder seine Aussetzung ( 21 FamFG) angeordnet werden, um den Fristenlauf zu beeinflussen. Dies betrifft allerdings im Falle einer Ruhensanordnung nicht den Lauf der Rechtsmittelbegründungsfrist (Notfrist). f) Der Güterichter bestimmt nach Absprache mit allen Beteiligten kurzfristig einen Termin für die Güterichterverhandlung und führt die (im Regelfall nicht länger als zwei- bis vierstündige) Verhandlung durch. Die Verfügung über die Terminbe-

6 stimmung und ein mit Einverständnis der Beteiligten errichtetes Protokoll wird Bestandteil der Hauptakte. g) Im Übrigen wird über Gang und Inhalt der Güterichterverhandlung - auch zum Sonderheft - kein Protokoll erstellt. Andere für die Vorbereitung der Güteverhandlung oder in deren Verlauf erstellte oder von den Beteiligten eingereichte Unterlagen werden zum Sonderheft genommen. h) Der weitere Verfahrensgang hängt vom Erfolg des Güterichterverfahrens ab: - Wenn die Verhandlung erfolgreich ist und zu einem ausformulierten Vergleichstext führt, kann der Güterichter diesen als gerichtlichen Vergleich protokollieren. Dies geschieht entweder in der Form einer normalen Sitzungsniederschrift zur Verfahrensakte ( 525 Satz 1, 160 Abs. 3 Nr. 1, 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO; 68 Abs. 3 Satz 1, 36 Abs. 2 Satz 2 FamFG mit den vorgenannten Vorschriften) oder im schriftlichen Verfahren ( 525 Satz 1, 278 Abs. 6 ZPO; 68 Abs. 3 Satz 1, 36 Abs. 3 FamFG, 278 Abs. 6 ZPO). Eine Ausfertigung der Sitzungsniederschrift verbleibt im Sonderheft. Die Verfahrensakte ist sodann soweit noch erforderlich dem zuständigen Senat oder Einzelrichter zur Abschlussverfügung (Streitwertfestsetzung, Kosten pp.) zurückzugeben. Streitwertvorstellungen der Beteiligten sollen bereits in der Güterichtersitzung zu Protokoll genommen werden. - Wünschen die Beteiligten - bei inhaltlicher Einigung, also erfolgreichem Verlauf - in der Güterichtersitzung eine andersartige Erledigung (z. B. Klagerücknahme, beiderseitige Erledigungserklärung, Anerkenntnis, Verzicht u. ä., aber auch etwa die Protokollierung eines abzuschließenden Vergleichs vor dem ordentlichen Senat/Einzelrichter) oder soll die Verhandlung auf Wunsch der Beteiligten ausnahmsweise in einem weiteren Termin fortgesetzt werden, so ist dem Rechnung zu tragen. Erklärungen zum Verfahren können zum einverständlich errichteten Protokoll genommen

7 werden. Ungeachtet dessen wird der Güterichter in Abstimmung mit den Beteiligten das inhaltliche Ergebnis der bisherigen Verhandlung im Sonderheft schriftlich dokumentieren und ggf. die Verfahrensakte mit einer Ausfertigung dieses Vermerks an den zuständigen Senat/Einzelrichter zur weiteren Verwendung zurückreichen. - Führt der Güterichtertermin zu keinem Ergebnis, so ist - sofern die Beteiligten nicht anderes wünschen - über den Ablauf und den Inhalt der Verhandlung nichts zu dokumentieren, auch nicht im Sonderheft. Die Durchführung des Termins (Beginn und Ende, erschienene Personen) und ggf. auch erfolgte Abreden über die Vertraulichkeit sind allerdings formlos zur Hauptakte zu vermerken (auch, um den Anfall der anwaltlichen Termingebühr zu dokumentieren). Von diesem Vermerk wird eine Ausfertigung zum Sonderheft genommen. Der Koordinator der Mediationsabteilung wird sodann die Verfahrensakte an den für die Entscheidung zuständigen Senat/Einzelrichter mit einem möglichst neutral formulierten Vermerk (etwa: Das Verfahren konnte im Rahmen der Güterichterverhandlung nicht abgeschlossen werden ) zur Fortsetzung des Streitverfahrens zurückgeben. Soweit nicht aus einschlägigen Bestimmungen anderes folgt, verbleiben die Sonderhefte in der Mediationsabteilung und werden dort fünf Jahre aufbewahrt.