STAATSMINISTERIUM FÜR SOZIALES UND VERBRAUCHERSCHUTZ. Verwaltungsrechtliche und Berufliche Rehabilitierung Die Aufarbeitung von DDR-Unrecht

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Transkript:

STAATSMINISTERIUM FÜR SOZIALES UND VERBRAUCHERSCHUTZ Verwaltungsrechtliche und Berufliche Rehabilitierung Die Aufarbeitung von DDR-Unrecht

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Vorwort Sehr geehrte Damen und Herren, auch 25 Jahre nach der Friedlichen Revolution begleiten uns die Folgen von über 40 Jahren Diktatur in der ehemaligen DDR weiter. Die Opfer spüren sie wohl ihr Leben lang. Die bestehenden Rehabilitierungsgesetze haben das Ziel, die erlittenen Nachteile zu lindern, indem sie ihnen die persönliche Rehabilitierung ermöglichen und soziale Ausgleichsleistungen gewähren. Einen vollständigen Ausgleich für das erlittene Unrecht können sie jedoch nicht leisten. Einen Antrag auf Rehabilitierung zu stellen bedeutet, alte Papiere durchzusehen, sich an deprimierende Situationen und schlimme Ereignisse zu erinnern, sich mit dem selbst Erlebten auseinanderzusetzen. Rehabilitierung kann die Vergangenheit nicht ungeschehen machen. Eine Rehabilitierung kann aber vom Makel der persönlichen Diskriminierung befreien und Bestätigung geben, dass Unrecht geschehen ist. Ich möchte alle Opfer ermutigen, sich mit ihrer eigenen Vergangenheit zu beschäftigen und, soweit sie das noch nicht getan haben, einen Antrag auf Rehabilitierung zu stellen. Diese Broschüre erscheint nun anlässlich des 25. Jahrestages der Deutschen Einheit - ergänzt um die aktuellen Gesetzesänderungen - bereits zum sechsten Mal. Noch immer wissen manche von DDR-Unrecht Betroffene nicht, dass sie rehabilitiert werden können. Ziel dieser Broschüre ist deshalb, die Möglichkeiten der Rehabilitierung anhand von Beispielen verständlich zu machen und die gesetzlichen Leistungen zu erläutern. Die Broschüre richtet sich dabei nicht nur an die Betroffenen, sondern möchte auch Behörden und Institutionen für das Thema sensibilisieren und Fachwissen vermitteln. Barbara Klepsch Staatsministerin für Soziales und Verbraucherschutz 3

Inhaltsverzeichnis I. Einleitung Seite 7 1. Ziele und Grenzen des Verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungs- Seite 8 gesetzes (VwRehaG) und des Beruflichen Rehabilitierungsgesetzes (BerRehaG) 2. Abgrenzung zum Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz (StrRehaG) Seite 8 II. Die verwaltungsrechtliche Rehabilitierung Seite 9 1. Die verwaltungsrechtliche Rehabilitierung nach 1 VwRehaG Seite 9 - Rehabilitierungsentscheidung Seite 10 - Wiedergutmachung von Gesundheitsschäden Seite 10 - Wiedergutmachung von Vermögensschäden Seite 10 - Wiedergutmachung von beruflichen Benachteiligungen Seite 12 2. Die moralische Rehabilitierung Voraussetzungen für eine verwaltungs- Seite 12 rechtliche Rehabilitierung in sonstigen Fällen nach 1a VwRehaG III. Die berufliche Rehabilitierung Seite 13 1. Die Anerkennung als Verfolgter im Sinne des 1 Abs. 1 BerRehaG Seite 13 - Rehabilitierungsentscheidung Seite 13 - Wiedergutmachung von beruflichen Benachteiligungen aufgrund Seite 13 einer Freiheitsentziehung - Wiedergutmachung von beruflichen Benachteiligungen aufgrund einer Seite 14 rechtsstaatswidrigen Verwaltungsmaßnahme - Wiedergutmachung von beruflichen Benachteiligungen aufgrund einer Seite 14 anderen politisch motivierten Maßnahme 2. Die Anerkennung als Verfolgter Schüler im Sinne des 3 Absatz 1 BerRehaG Seite 16 IV. Ausschluss von Ansprüchen Seite 17 1. Allgemeine Ausschlusstatbestände Seite 17 2. Individuelle Ausschließungsgründe Seite 17 4

V. Wiedergutmachungsleistungen Seite 18 1. Ausgleich für Gesundheitsschäden Seite 18 2. Unterstützungsleistungen im Sinne des 18 StrRehaG Seite 18 3. Ausgleich für Vermögensschäden Seite 19 4. Leistungen für Verfolgte im Sinne des 1 BerRehaG Seite 19 - Ausgleich von Nachteilen in der Rentenversicherung Seite 19 - Bevorzugte berufliche Fortbildung und Umschulung Seite 19 - Ausgleichsleistung nach 8 BerRehaG Seite 20 5. Leistungen für Verfolgte Schüler im Sinne des 3 BerRehaG Seite 20 VI. Hinweise zum Rehabilitierungsverfahren Seite 21 1. Antrag Seite 21 2. Zuständigkeit Seite 22 3. Verfahren Seite 22 4. Rechtsweg Seite 22 5. Anschriften Seite 23 5

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I Einleitung Mit dem Zweiten SED-Unrechtsbereinigungsgesetz (2. SED-UnBerG) traten am 1. Juli 1994 das Verwaltungsrechtliche Rehabilitierungsgesetz (VwRehaG) und das Berufliche Rehabilitierungsgesetz (BerRehaG) in Kraft. Zusammen mit dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz (StrRehaG), das bereits zwei Jahre früher mit dem Ersten SED-Unrechtsbereinigungsgesetz (1. SED-UnBerG) in Kraft trat, bilden sie die rechtliche Grundlage für die Rehabilitierung von Unrechtsmaßnahmen in der ehemaligen DDR. Seit dieser Zeit wurden die Rehabilitierungsgesetze durch den Gesetzgeber mehrfach überprüft und fortentwickelt. Zuletzt wurden sie mit dem Fünften Gesetz zur Verbesserung rehabilitierungsrechtlicher Vorschriften für Opfer der politischen Verfolgung in der ehemaligen DDR reformiert. Unter anderem sind dabei mit Wirkung zum 1. Januar 2015 die Höchstsätze für die besondere Zuwendung für Haftopfer nach 17a StrRehaG (SED-Opferrente) und die Ausgleichsleistung für beruflich Verfolgte nach 8 BerRehaG erhöht worden. Auch 25 Jahre nach der Wiedervereinigung ist die Aufarbeitung der Geschehnisse in der ehemaligen DDR nicht abgeschlossen. Die Frage nach einer Rehabilitierung ist auch heute noch für viele Betroffene aktuell. Seit 1994 wurden allein im Freistaat Sachsen ca. 58.000 Anträge nach den beiden Rehabilitierungsgesetzen VwRehaG und BerRehaG gestellt und bearbeitet. 7

1. Ziele und Grenzen des Verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes (VwRehaG) und des Beruflichen Rehabilitierungsgesetzes (BerRehaG) Mit dem Verwaltungsrechtlichen und dem Beruflichen Rehabilitierungsgesetz soll den Opfern von politischen Verfolgungsmaßnahmen und Verwaltungswillkür in der ehemaligen DDR die Möglichkeit eröffnet werden, sich vom Makel der persönlichen Diskriminierung zu befreien und eine Wiedergutmachung für erlittenes Unrecht zu erhalten. Es ist jedoch nicht möglich, 40 Jahre Verwaltungshandeln in der ehemaligen DDR insgesamt einer generellen Überprüfung zu unterziehen. Nicht jede subjektiv als Unrecht empfundene Maßnahme wird erfasst, sondern nur die gravierendsten Unrechtsfälle, deren Folgen heute noch schwer und unzumutbar fortwirken, werden rehabilitiert und unter bestimmten Voraussetzungen entschädigt. Entschädigung bedeutet dabei in der Regel keinen vollen Schadenersatz, sondern wird als Ausgleichsleistung des Staates unter sozialen Aspekten gewährt. 2. Abgrenzung zum Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz (StrRehaG) Demgegenüber ermöglicht das Strafrechtliche Rehabilitierungsgesetz die Aufhebung rechtsstaatswidriger Strafurteile, die in der Zeit vom 8. Mai 1945 bis zum 2. Oktober 1990 von deutschen Gerichten erlassen wurden, sowie die Aufhebung von Maßnahmen von Behörden, soweit sie in rechtsstaatswidriger Weise zu einer Freiheitsentziehung führten. Der strafrechtlichen Rehabilitierung unterliegen auch staatsanwaltschaftlich oder gerichtlich verfügte Einweisungen in psychiatrische Krankeneinrichtungen, wenn die Einweisung ohne sachlich nachvollziehbaren Grund erfolgte. Auch die strafrechtliche Rehabilitierung begründet Ansprüche auf soziale Ausgleichsleistungen (u. a. Kapitalentschädigung für zu Unrecht erlittene Haftzeiten, Beschädigtenrente nach 29 ff Bundesversorgungsgesetz (BVG), SED- Opferrente). Sie ist zudem eine Zugangsvoraussetzung zur beruflichen Rehabilitierung, wenn das Haftopfer vor dem Inkrafttreten des 1. SED- UnberG keine Bescheinigung nach 10 Abs. 4 Häftlingshilfegesetz beantragt hat. Weitere Informationen zur strafrechtlichen Rehabilitierung finden Sie im Internet unter: http://www.soziales.sachsen.de/20096.html 8

II. Die verwaltungsrechtliche Rehabilitierung 1. Die verwaltungsrechtliche Rehabilitierung nach 1 VwRehaG Nach 1 VwRehaG wird auf Antrag die Rechtsstaatswidrigkeit von hoheitlichen Maßnahmen deutscher behördlicher Stellen der ehemaligen DDR sowie von Maßnahmen der SED und der von ihr beherrschten Blockparteien und gesellschaftlichen Organisationen (z. B. FDGB, DSF, FDJ) aus der Zeit vom 8. Mai 1945 bis zum 2. Oktober 1990 festgestellt, die zu einer gesundheitlichen Schädigung, zu einem Eingriff in Vermögenswerte oder zu einer beruflichen Benachteiligung geführt haben. Zwar sieht das Gesetz auch die Aufhebung der rechtsstaatswidrigen Maßnahme als Rechtsfolge vor, wenn nach heutiger Rechtslage eine Verwaltungsentscheidung gleichen Inhalts erneut erlassen werden könnte. In den meisten Fällen ist dies aber aus tatsächlichen Gründen, insbesondere wegen des Zeitablaufs nicht möglich. Eine Aufhebung der Maßnahme kommt deshalb in der Regel nicht in Betracht. Weitere Voraussetzung für eine verwaltungsrechtliche Rehabilitierung ist, dass die hoheitliche Maßnahme mit tragenden Grundsätzen eines Rechtsstaates schlechthin unvereinbar ist und die Folgen der Maßnahmen heute noch unmittelbar schwer und unzumutbar fortwirken. Rehabilitierungsfähig sind deshalb weder Behördenentscheidungen, die subjektiv als ungerecht empfunden werden noch solche, die unter formalen Fehlern (z. B. Schreibfehler, Fristüberschreitungen), Fehlprognosen oder Beurteilungsfehlern leiden und die einen Verwaltungsakt nach heutigem Rechtsverständnis rechtswidrig und damit anfechtbar erscheinen lassen. Gegenstand eines verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsverfahrens können nur konkrete Rechtsverstöße massivster Art sein. Sie müssen der politischen Verfolgung gedient haben oder in anderer Hinsicht einen Willkürakt im Einzelfall darstellen. Außerdem müssen ihre Folgen deutlich spürbar fortwirken. Folgeleistungen nach dem VwRehaG sind ausgeschlossen, wenn der Betroffene oder derjenige, von dem er seine Rechte ableitet, gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit verstoßen oder in schwerwiegendem Maße seine Stellung zum eigenen Vorteil oder zum Nachteil anderer missbraucht hat. Deshalb sind zum Beispiel Personen, die sich freiwillig als Denunzianten oder als Spitzel des Ministeriums für Staatssicherheit der ehemaligen DDR (MfS) betätigt haben, von den Leistungen ausgeschlossen. Eine Wiedergutmachung im Rahmen der verwaltungsrechtlichen Rehabilitierung kommt zudem nur dann in Betracht, wenn für den Ausgleich des erlittenen Unrechts eine spezielle Rechtsgrundlage in einem Bundes- oder Landesgesetz geschaffen wurde. Aus diesem Grund können im verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsverfahren keine Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden. Gleiches gilt für allgemeine Folgenbeseitigungsansprüche oder datenschutzrechtliche Berichtigungsansprüche. 9

Weitere Informationen zu den Ausschließungsgründen finden Sie in dieser Broschüre unter Ziffer IV. Ausschluss von Ansprüchen. Rehabilitierungsentscheidung Sind die oben dargestellten Bedingungen erfüllt, wird die Rehabilitierungsbehörde die Rechtsstaatswidrigkeit der Verwaltungsmaßnahme feststellen. Mit dieser Grundentscheidung ist es dem Rehabilitierten dann möglich, die im Gesetz vorgesehenen Folgeleistungen bei der jeweils zuständigen Stelle zu beantragen (siehe hierzu auch Ziffer V. Wiedergutmachungsleistungen). Weitere Hinweise zu den Voraussetzungen einer verwaltungsrechtlichen Rehabilitierung sowie Beispiele finden Sie in den nachfolgenden Abschnitten. Wiedergutmachung von Gesundheitsschäden Ob ein konkreter Rehabilitierungsantrag erfolgreich ist und zu einer angemessenen Wiedergutmachung führt, entscheidet sich im Ergebnis einer sachbezogenen Prüfung im Einzelfall. Die bisherige Verwaltungspraxis hat dabei gezeigt, dass bestimmte Fallgestaltungen regelmäßig zu einer Anerkennung als Opfer rechtsstaatswidriger Verwaltungsmaßnahmen mit gesundheitlichen Folgeschäden führen: bleibende Gesundheitsschäden infolge massiver Gewaltanwendung durch die Sicherheitsorgane (Volkspolizei und MfS) zur Verhinderung öffentlicher Kundgebungen bzw. zur Auflösung öffentlicher Versammlungen, Tötung eines Angehörigen im Rahmen der Niederschlagung des Volksaufstandes vom 17. Juni 1953, Bekämpfung der so genannten politischideologischen Diversion durch das MfS, konspirative Zersetzungsmaßnahmen des MfS zur Diskreditierung und zur psychischen Destabilisierung von politischen Gegnern, soweit sie psychische Schädigungen wie posttraumatische Belastungsstörungen oder das so genannte Stasi-Verfolgten-Syndrom bewirkt haben, Anordnung einer sachwidrigen Medikation durch das MfS, um Systemgegner ruhig zu stellen, psychische Zersetzungsmaßnahmen zur Rückdrängung von Übersiedlungsersuchen (Stasi-Verfolgten-Syndrom), bleibende Gesundheitsschäden infolge massiver Gewaltanwendung bei Verhören, die außerhalb einer Untersuchungshaft stattfanden. Für Gesundheitsschäden, die ein Betroffener während einer strafrechtlich rehabilitierten Haftzeit oder einer willkürlichen Einweisung in eine psychiatrische Einrichtung erlitten hat, ist kein verwaltungsrechtliches Rehabilitierungsverfahren erforderlich. In diesem Fall muss sich der Betroffene mit seinem strafrechtlichen Rehabilitierungsbeschluss direkt an das zuständige Versorgungsamt wenden. Im Freistaat Sachsen ist das der Kommunale Sozialverband Sachsen. Die Kontaktdaten finden Sie in dieser Broschüre unter Ziffer VI. Hinweise zum Rehabilitierungsverfahren/Anschriften. Wiedergutmachung von Vermögensschäden Um eine zügige und rechtsverbindliche Klärung der offenen Vermögensfragen zu ermöglichen, hat der Gesetzgeber für die Bereinigung von vermögensrechtlichen Unrechtsmaßnahmen mehrere Gesetzesgrundlagen geschaffen. Dabei sollten mit dem Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen und dem Entschädigungs- 10

und Ausgleichsleistungsgesetz vorrangig die Fälle gelöst werden, in denen in rechtswidriger Weise direkt und gezielt in das Vermögen der Bürger eingegriffen wurde. Dazu gehören u. a. die entschädigungslose Enteignung, die Verwertung von Flüchtlingsvermögen zu Gunsten des Staatshaushalts, der Erwerb von Vermögenswerten und Nutzungsrechten aufgrund von unlauteren Machenschaften, z. B. durch Machtmissbrauch, Korruption, Nötigung und Täuschung von Seiten des Erwerbers, staatlicher Stellen oder Dritter. In diesen Fällen erschöpft sich der Unrechtsgehalt regelmäßig im willkürlichen Zugriff auf das Vermögen des Betroffenen. Auf solche Sachverhalte ist deshalb ausschließlich das Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen oder das Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetz anzuwenden; die verwaltungsrechtliche Rehabilitierung ist ausgeschlossen. Der Anwendungsbereich des Verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes ist dagegen eröffnet, wenn die DDR-Behörden in rechtsstaatswidriger Weise in nichtvermögensrechtlichen Bereichen regulierend eingriffen und dabei Eigentums- und Vermögensverluste verursachten. Diese Fälle zeichnen sich dadurch aus, dass die Behörde rechtsstaatswidrig in die Persönlichkeitssphäre des Betroffenen eingriff und dabei Vermögensschäden verursachte, wobei mehr oder weniger vorhersehbare Eigentumsverluste in Kauf genommen wurden. Eine Anerkennung als Opfer rechtstaatswidriger Verwaltungsmaßnahmen wegen vermögensrechtlicher Folgeschäden kommt daher in Betracht bei: Eigentumsverlusten infolge von Zwangsaussiedlungen aus dem Grenzgebiet auf der Grundlage der Verordnung über Maßnahmen an der Demarkationslinie und den westlichen Besatzungszonen Deutschlands vom 26. Mai 1952 oder der Verordnung über Aufenthaltsbeschränkungen vom 24. August 1961, Ordnungsstrafmaßnahmen und die damit verbundene Einziehung von Vermögensgegenständen in Verwaltungsstrafverfahren bzw. Ordnungsstrafverfahren, soweit die Rechtsstaatswidrigkeit der Maßnahme nicht bereits in einem strafrechtlichen Rehabilitierungsverfahren festgestellt wurde und keine Rechtsverletzung vorliegt, die auch in einem demokratischen Rechtsstaat einen Ordnungswidrigkeiten- oder Straftatbestand erfüllt, Mehrerlösabführungsbescheiden auf Grund von Verstößen gegen das so genannte DDR- Preisstrafrecht, wenn bei der Festsetzung des Abführungsbetrags der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht gewahrt wurde oder Beschlagnahmen durch die Zollverwaltung nach dem Zoll- und Devisenrecht der DDR, soweit die Beschlagnahme bzw. Einziehung rechtstaatswidrig war und es nicht bloß um die Verletzung von zoll- und devisenrechtlichen Vorschriften geht, die in jedem souveränen Staat bestehen. Der Anwendungsbereich des VwRehaG ist nicht eröffnet für: Eigentumsverluste, für die der Bundesgesetzgeber das Restitutionsverfahren nach dem Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen vorgesehen hat, Enteignungen in der Zeit von 1945 bis 1949 auf besatzungsrechtlicher bzw. besatzungshoheitlicher Grundlage diese Fälle werden nach dem Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetz entschädigt, für dessen Vollzug die Ämter bzw. Landesämter zur Regelung offener Vermögensfragen zuständig sind, finanzielle Nachteile durch die Währungsreform in der Sowjetischen Besatzungszone, Verluste von Vermögenswerten, die im Rahmen eines rechtsstaatswidrigen Strafverfah- 11

rens beschlagnahmt oder mit einem rechtsstaatswidrigen Strafurteil eingezogen wurden, die Nachprüfung von DDR-Steuerbescheiden hier gibt es ein gesondertes Verfahren, das die Finanzämter durchführen, die Überleitung von DDR-Entschädigungsrenten (z. B. Renten für die Verfolgten des NS- Regimes) dies ist im Entschädigungsrentengesetz geregelt, den Austritt aus der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung, weil der bisher vom Betrieb als zusätzlicher Rentenbeitrag abgeführte Betrag dem Arbeitnehmer ausgezahlt wurde in diesem Fall findet kein Eingriff in einen Vermögenswert statt oder finanzielle Nachteile aus der unterbliebenen Aufnahme in ein Zusatzversorgungssystem der DDR. Wiedergutmachung von beruflichen Benachteiligungen Soweit rechtsstaatswidrige Verwaltungsmaßnahmen von DDR-Behörden zu rehabilitierungsfähigen Eingriffen in die Berufsausübung oder in die schulische oder berufliche Ausbildung führten, entscheidet die Rehabilitierungsbehörde gleichzeitig über den verwaltungsrechtlichen und beruflichen Rehabilitierungsantrag. Die Feststellung der Rechtsstaatswidrigkeit der Verwaltungsmaßnahme und die Anerkennung als Verfolgter im Sinne des 1 Abs. 1 BerRehaG erfolgen dabei in einem Bescheid. Fallbeispiele für den Bereich der Eingriffe in die berufliche Entwicklung werden unter Ziffer III. Die berufliche Rehabilitierung erläutert. 2. Die moralische Rehabilitierung Voraussetzungen für eine verwaltungsrechtliche Rehabilitierung in sonstigen Fällen nach 1a VwRehaG Die verwaltungsrechtliche Rehabilitierung in sonstigen Fällen nach 1a VwRehaG, die sogenannte moralische Rehabilitierung, kann beantragt werden, wenn ein rechtsstaatswidriges Verwaltungshandeln keine nachteilige Auswirkung für die Gesundheit, das Vermögen oder die berufliche Entwicklung des Betroffenen bewirkt hat, aber zu einer schweren Herabwürdigung des Betroffenen im persönlichen Lebensbereich geführt hat. Auf diese Weise können Ehre und Ansehen des Einzelnen in der Öffentlichkeit wiederhergestellt werden. Aus einer solchen moralischen Rehabilitierung können allerdings keine Folgeansprüche geltend gemacht werden. Beispiele: Zwangsaussiedlungsmaßnahmen aus dem Grenzgebiet auf der Grundlage der Verordnung über Maßnahmen an der Demarkationslinie und den westlichen Besatzungszonen Deutschlands vom 26. Mai 1952 oder der Verordnung über Aufenthaltsbeschränkungen vom 24. August 1961, die sich nur moralisch ausgewirkt haben, Kreisverweise, Vertreibungsmaßnahmen gegen enteignete Großgrundbesitzer, Vollzug von Verwaltungsentscheidungen, die allein der Demütigung und Herabsetzung des Betroffenen dienen. 12

III. Die berufliche Rehabilitierung 1. Die Anerkennung als Verfolgter im Sinne des 1 Abs. 1 BerRehaG Anspruch auf Leistungen nach BerRehaG hat gemäß 1 Abs. 1 BerRehaG derjenige, der in der Zeit vom 8. Mai 1945 bis 2. Oktober 1990 im Beitrittsgebiet 1. infolge einer zu Unrecht erlittenen Freiheitsentziehung, deren Rechtsstaatswidrigkeit in einem strafrechtlichen Rehabilitierungsverfahren festgestellt wurde, 2. infolge einer zu Unrecht erlittenen Freiheitsentziehung, die in einer gültigen Bescheinigung nach 10 Abs. 4 Häftlingshilfegesetz als politischer Gewahrsam anerkannt wurde, 3. durch eine hoheitliche Maßnahme einer deutschen Behörde, deren Rechtsstaatswidrigkeit in einem verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsbescheid festgestellt wurde oder 4. durch eine andere Maßnahme im Beitrittsgebiet, wenn diese der politischen Verfolgung gedient hat, zumindest zeitweilig weder seinen bisher ausgeübten, begonnenen, erlernten oder durch den Beginn einer berufsbezogenen Ausbildung nachweisbar angestrebten noch einen sozial gleichwertigen Beruf ausüben konnte. Die Rehabilitierungsbehörde prüft, ob die oben angeführten Voraussetzungen für eine berufliche Rehabilitierung erfüllt sind und ob Tatsachen und Umstände vorliegen, die einen Ausschluss von der Wiedergutmachung begründen können (siehe dazu unter Ziffer IV. Ausschließungsgründe). Führt die Prüfung zu dem Ergebnis, dass eine Anerkennung als Verfolgter im Sinne des 1 BerRehaG gerechtfertigt ist, hat die Rehabilitierungsbehörde dies in einem rechtsmittelfähigen Bescheid festzustellen. Ein anerkannter Verfolgter hat darüber hinaus Anspruch auf die Erteilung einer Bescheinigung nach 17, 22 BerRehaG, die er seinem Rentenversicherungsträger vorlegen muss, damit der rentenversicherungsrechtliche Nachteilsausgleich stattfinden kann. Weitere Einzelheiten, Hinweise und Beispiele zu den Voraussetzungen für die Anerkennung als beruflich Verfolgter im Sinne des 1 Absatz 1 BerRehaG finden Sie in den nachfolgenden Abschnitten. Wiedergutmachung von beruflichen Benachteiligungen aufgrund einer Freiheitsentziehung nach 1 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 BerRehaG Eine Anerkennung als Verfolgter im Sinne des 1 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 BerRehaG kommt regelmäßig in Betracht, wenn jemand durch einen zu Unrecht erlittenen Freiheitsentzug an der Ausübung seiner Berufstätigkeit oder an der Fortsetzung seiner Berufsausbildung gehindert wurde. Rehabilitierungsentscheidung Dazu muss nachgewiesen werden, dass der Antragsteller vor der Inhaftierung sozialversicherungspflichtig beschäftigt war oder sich in der Ausbildung befand und die Inhaftierung zu Unrecht erfolgte. Letzteres muss durch einen strafrechtlichen Rehabilitierungsbeschluss nach dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz, durch eine Kassations- oder Rehabilitierungsentscheidung nach dem Rehabilitierungs- 13

gesetz vom 6. September 1990 oder durch eine Bescheinigung nach 10 Abs. 4 Häftlingshilfegesetz erfolgen. Die begonnene Berufsausbildung oder die sozialversicherungspflichtige Berufstätigkeit sollte mit dem Arbeits- und Sozialausweis belegt werden. Hier sind jedoch auch andere Nachweismöglichkeiten zulässig. Wiedergutmachung von beruflichen Benachteiligungen aufgrund einer rechtsstaatswidrigen Verwaltungsmaßnahme nach 1 Abs. 1 Nr. 3 BerRehaG Auf eine Verfolgungsmaßnahme im Sinne des 1 Abs. 1 Nr. 3 BerRehaG kann ein beruflicher Rehabilitierungsantrag gestützt werden, wenn die berufliche Benachteiligung durch eine rechtstaatswidrige Verwaltungsmaßnahme verursacht wurde. Hier kommen alle schwerwiegenden Einschnitte in die berufliche Entwicklung in Betracht, die durch förmliche Verwaltungsentscheidungen verursacht wurden, wie zum Beispiel der Entzug einer Gewerbegenehmigung, die Exmatrikulationsentscheidung einer Fach- oder Hochschule oder ein behördliches Berufsverbot. Neben diesen klassischen Behördenentscheidungen erfasst 1 Abs. 1 Nr. 3 BerRehaG vor allem die Maßnahmen der Staatssicherheitsorgane, soweit diese gezielt gegen Einzelpersonen durchgeführt wurden, die zuvor als Ausreiseantragsteller registriert oder als politisch unzuverlässige Bürger identifiziert wurden. Beispiele: Anordnung des MfS, einen politisch unzuverlässigen Bürger aus der Nationalen Volksarmee (NVA), der Grenztruppe oder der Volkspolizei zu entfernen, Anweisung des MfS, einen Ausreise-Antragsteller innerhalb eines Betriebs umzusetzen. Auch rechtstaatswidrige Anweisungen von Verantwortungsträgern der SED, der Blockparteien und der so genannten gesellschaftlichen Massenorganisationen können Verfolgungsmaßnahmen im Sinne des 1 Abs. 1 Nr. 3 BerRehaG darstellen. Wiedergutmachung von beruflichen Benachteiligungen aufgrund einer anderen politisch motivierten Maßnahme nach 1 Abs. 1 Nr. 4 BerRehaG 1 Abs. 1 Nr. 4 BerRehaG ist ein Auffangtatbestand, der schwerwiegende Eingriffe in das Berufsleben erfasst, die nicht direkt auf einen zu Unrecht erlittenen Freiheitsentzug oder ein rechtsstaatswidriges Verwaltungshandeln zurückzuführen sind. Mit dem Verfolgungsmaßnahmetatbestand des 1 Abs. 1 Nr. 4 BerRehaG werden insbesondere unrechtmäßige Eingriffe in Arbeits- oder Ausbildungsrechtsverhältnisse erfasst, die durch rechtswidrige Gestaltungsakte auf betrieblicher Ebene bewirkt wurden. Die Rechtsstaatswidrigkeit der Maßnahme ergibt sich dabei aus der mit ihr verfolgten Intention, den politisch Andersdenkenden in seiner beruflichen Entwicklung empfindlich zu treffen bzw. ihm in diskriminierender Art und Weise zu schaden. Dazu gehören vor allem Maßnahmen des Arbeitgebers auf Betriebsebene, mit denen auf Parteiaustrittserklärungen, auf kritische Meinungsäußerungen, auf Engagement in kirchlichen oder oppositionellen Gruppen oder auf die Stellung eines Ausreiseantrags reagiert wurde. Hierzu gehörten zum Beispiel: arbeitgeberseitige Kündigungen, Umsetzungen an einen anderen Arbeitsplatz, 14

erzwungene Aufhebungs- bzw. Änderungsverträge oder Herabstufungen in eine schlechter bezahlte Tätigkeit. Eine Maßnahme dient dann der politischen Verfolgung, wenn sie auf die Rasse, Religion, Volksoder Staatszugehörigkeit, Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder die politische Überzeugung des Betroffenen zielt. Diese Definition der politischen Verfolgung erfasst damit die überwiegende Zahl der Fälle, in denen das SED-Regime gegen tatsächliche oder vermeintliche Gegner mit arbeitsrechtlichen Repressalien vorgegangen ist. Darüber hinaus muss die Verfolgungsmaßnahme aber auch zu einem Eingriff in den bisher ausgeübten, begonnenen, erlernten oder durch den Beginn einer berufsbezogenen Ausbildung nachweisbar angestrebten oder einen sozial gleichwertigen Beruf geführt haben. Mit der Anknüpfung an den sozial gleichwertigen Beruf wird erreicht, dass nicht jeder Eingriff in eine berufliche Position die Verfolgteneigenschaft begründet. Notwendig für die Anerkennung ist grundsätzlich eine nicht unerhebliche Einkommenseinbuße. Die Benachteiligung muss einem beruflichen Abstieg gleichkommen und von solchem Gewicht sein, dass sie vor allem Folgeansprüche auslösen kann, d. h., dass ein Ausgleich von Nachteilen in der Rentenversicherung nach Maßgabe des Beruflichen Rehabilitierungsgesetzes in Betracht kommt. Die Frage, wann sich ein Nachteilsausgleich in der Rentenversicherung zugunsten des Betroffenen auswirken kann, hängt daher vom Umfang der finanziellen Einbuße ab, die durch die Verfolgungsmaßnahme verursacht worden ist. Regelmäßig wird nur eine erhebliche finanzielle Einbuße (Faustformel: Verdienstseinbuße in Höhe von mindestens 20 %) Ausdruck des sozialen Abstiegs sein, und damit die Grundlage bilden, dass das Tatbestandsmerkmal der Erheblichkeit des Eingriffs bzw. der fehlenden sozialen Gleichwertigkeit erfüllt ist. Andererseits hat der Gesetzgeber aber nicht nur auf die wirtschaftliche Betrachtungsweise, sondern auch auf das soziale Prestige einer Tätigkeit abgestellt. Daher kann beispielsweise auch die Umsetzung eines Facharbeiters auf einen Hilfsarbeiterposten die Verfolgteneigenschaft begründen, auch wenn es zu keiner wesentlichen Einkommenseinbuße gekommen ist. Eine berufliche Rehabilitierung nach 1 Abs. 1 Nr. 4 BerRehaG kommt regelmäßig nicht in Betracht bei Eigenkündigungen, bei sogenannten Aufstiegsschäden (d. h. Steuerung/Verhinderung des beruflichen Aufstiegs wegen unliebsamer gesellschaftlicher Aktivitäten oder der Parteizugehörigkeit), wenn der Betroffene das Fortwirken der Benachteiligung selbst zu vertreten hat, indem er z. B. das Angebot eines sozial gleichwertigen Ersatzarbeitsplatzes bewusst ausgeschlagen hat oder zu einer Haftstrafe wegen einer Straftat verurteilt wurde, die nicht strafrechtlich rehabilitiert werden kann oder bei allgemein geltenden Regelungen, durch die der Zugang zur Erweiterten Oberschule (EOS), zur Hochschule oder zu bestimmten Berufen beschränkt wurde. Diese fallen nicht in den Anwendungsbereich des BerRehaG, da diese Einschränkungen der Grundfreiheiten mehr oder weniger alle Bürger der DDR trafen und insoweit kein Einzelfallschicksal darstellten. In Fällen der Eigenkündigung kann im Einzelfall dann eine Ausnahme vorliegen, wenn dem Betroffenen durch massive Drohungen oder durch konkrete Nötigungs- oder Täuschungshandlungen der Betriebsführung der freie Wille genommen wurde, so dass ihm die Zustimmung zu einem Aufhebungsvertrag oder die Abgabe der Kündigungserklärung nicht zugerechnet werden kann. Solche 15

Zwangssituationen können sich unter Umständen auch ergeben haben, wenn der Betroffene Opfer von MfS-Zersetzungsmaßnahmen gewesen ist und die Eigenkündigung als letzten Ausweg ansehen musste, um der Verfolgung am Arbeitsplatz zu entgehen. Eine Rehabilitierung kommt in diesem Zusammenhang vor allem dann in Betracht, wenn es nach der förmlichen Beantragung der Ausreise zum Abschluss eines Aufhebungsvertrags oder der Eigenkündigung gekommen ist. 2. Die Anerkennung als Verfolgter Schüler im Sinne des 3 Abs. 1 BerRehaG Eine Sonderstellung innerhalb des BerRehaG nehmen die Verfolgten Schüler ein. Nach 3 BerRehaG kann rehabilitiert werden, wer als Schüler infolge eines zu Unrecht erlittenen Freiheitsentzugs oder einer rechtstaatswidrigen Verwaltungsentscheidung nicht zum Gymnasium (bis 1959) bzw. zur EOS zugelassen wurde, von der EOS entfernt wurde, nicht zur Abiturprüfung zugelassen wurde, nicht zu einem Studium an einer Fach- oder Hochschule zugelassen wurde oder eine nicht zur Hochschulreife führende Ausbildung (z. B. Polytechnische Oberschule) nicht beenden konnte. Die Folgeansprüche, die aus einer Rehabilitierung als Verfolgter Schüler resultieren, sind auf die Hilfe zur Selbsthilfe beschränkt. Weitere Informationen hierzu finden Sie in dieser Broschüre unter Ziffer V./5. Leistungen für Verfolgte Schüler. 16

IV. Ausschluss von Ansprüchen 1. Allgemeine Ausschlusstatbestände Sämtliche Ansprüche der Betroffenen von Unrechtsmaßnahmen sind im VwRehaG, im BerRehaG bzw. in anderen Entschädigungsgesetzen (z. B. Vermögensgesetz, Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetz sowie dem StrRehaG) oder landesgesetzlich geregelt. Weitergehende Ansprüche gegen die Bundesrepublik Deutschland oder andere Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechts sind aus jeglichem Rechtsgrund (aus Vertrag, aus unerlaubter Handlung oder nach dem öffentlichen Recht wie Staatshaftung, Folgenbeseitigung) ausgeschlossen. Dieser Ausschluss betrifft beispielsweise die Zahlung von Schmerzensgeld, arbeitsrechtliche Ansprüche, wie z. B. Ansprüche auf Wiedereinstellung und Gehaltsnachzahlung, Schadensersatzansprüche nach den Grundsätzen der Amts- und Staatshaftung oder Ansprüche aus Pacht- oder Nutzungsverträgen zwischen dem Rat des Kreises und dem Eigentümer eines landwirtschaftlichen Grundstücks oder Betriebes wegen mangelnder Instandhaltung oder sonstiger Verschlechterung des verpachteten oder zur Nutzung überlassenen Grundstücks bzw. Betriebs. 2. Individuelle Ausschließungsgründe Folgeansprüche sind im Einzelfall ausgeschlossen, wenn der Berechtigte oder derjenige, von dem er seine Rechte ableitet, gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit verstoßen oder in schwerwiegendem Maße seine Stellung zum eigenen Vorteil oder zum Nachteil anderer missbraucht hat. Ausschließungsgründe bestehen insbesondere bei Personen, die sich freiwillig als Denunziant oder als Spitzel für das MfS betätigten, das DDR-Regime (oder den NS-Staat) mitgetragen und die Unrechtsmaßnahmen somit mit verschuldet haben, aufgrund ihrer leitenden Stellung (z. B. Funktionäre des SED-Regimes) an der Verfolgung und Unterdrückung anderer mitgewirkt haben oder ihre leitende Stellung zum eigenen Vorteil missbraucht haben. 17

V. Wiedergutmachungsleistungen Alle möglichen Folgeansprüche zur Wiedergutmachung des erlittenen Unrechts sind im VwRehaG, im BerRehaG bzw. in anderen Entschädigungsgesetzen (z. B. Opferentschädigungsgesetz, BVG) oder landesrechtlich festgeschrieben. Eine Wiedergutmachung kommt damit nur in Betracht, wenn für den Ausgleich des erlittenen Unrechts eine spezielle Rechtsgrundlage in einem Bundesoder Landesgesetz geschaffen wurde. Die Rehabilitierungsbehörde selbst gewährt keine Leistungen. Ihre Entscheidungen sind jedoch Voraussetzung für die Leistungsgewährung durch andere Behörden (zweistufiges Verfahren). 1. Ausgleich für Gesundheitsschäden Führte die rechtsstaatswidrige Maßnahme zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tode, werden von den Versorgungsämtern in entsprechender Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes Leistungen in gleichem Umfang wie für einen Kriegsbeschädigten oder dessen Hinterbliebene gewährt. Hierbei ist Folgendes zu beachten: Während die Rehabilitierungsbehörde nur die Rechtsstaatswidrigkeit der Maßnahme sowie den möglichen Ursachenzusammenhang zwischen der Maßnahme und dem geltend gemachten Gesundheitsschaden feststellt, prüft das Versorgungsamt für die Gewährung der Folgeansprüche, ob eine gesundheitliche Schädigung im Sinne des BVG vorliegt. Voraussetzung ist dabei, dass die rechtsstaatswidrige Maßnahme mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu einem heute vorliegenden Gesundheitsschaden geführt hat. Folgende Leistungen kommen nach dem BVG u. a. in Betracht: Heilbehandlung, Krankenbehandlung, Fürsorgeleistungen, Beschädigtenrenten, gestaffelt nach dem Grad der Schädigungsfolgen (GdS), Pflegezulage, Hinterbliebenenrenten an Witwen/-er und Waisen. Die Aufgaben eines Versorgungsamtes nimmt im Freistaat Sachsen zentral der Kommunale Sozialverband Sachsen (KSV) wahr (Kontakt siehe unter VI. Hinweise zum Rehabilitierungsverfahren/5. Anschriften). 2. Unterstützungsleistungen im Sinne des 18 StrRehaG Angehörige von Opfern, die im Rahmen der Niederschlagung des Volksaufstandes vom 17. Juni 1953 getötet wurden, können bei der Stiftung für ehemalige politische Häftlinge in 53179 Bonn, An der Marienkapelle 10 einen Antrag auf Unterstützungsleistungen stellen. Die Rehabilitierungsbehörde stellt dazu eine Bescheinigung nach 12 VwRehaG i. V. m. 18 Abs. 5 StrRehaG aus, die der Stiftung vorzulegen ist. Die Stiftung gewährt diesem Personenkreis Unterstützungsleistungen in Form von Einmalzahlungen. Unterstützungsanträge können wiederholt gestellt werden, grundsätzlich frühestens 12 Monate nach der letzten Bewilligung. 18

3. Ausgleich für Vermögensschäden Die Folgeansprüche richten sich nach dem Vermögensgesetz (VermG), dem Investitionsvorranggesetz (InVorG) sowie dem Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetz. Weitere Auskünfte dazu können die zuständigen Ämter zur Regelung offener Vermögensfragen (Vermögensämter) der Städte Chemnitz, Dresden und Leipzig sowie die Landesdirektion Sachsen in ihrer Funktion als Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen geben (Kontakt siehe unter Ziffer VI. Hinweise zum Rehabilitierungsverfahren/5. Anschriften). 4. Leistungen für Verfolgte im Sinne des 1 BerRehaG Ausgleich von Nachteilen in der Rentenversicherung Das Berufliche Rehabilitierungsgesetz sieht einen Ausgleich von Nachteilen in der Rentenversicherung vor. Dieser stellt den Schwerpunkt der gesetzlichen Regelung dar. Die Betroffenen sollen für die Verfolgungszeit rentenrechtlich möglichst so gestellt werden als hätte der rechtsstaatswidrige Eingriff in die berufliche Stellung oder das berufliche Fortkommen nicht stattgefunden. Von besonderer Bedeutung ist dabei die Berücksichtigung von Pflichtbeitragszeiten: Die Rehabilitierungsbehörde bescheinigt für die zuständigen Rentenversicherungsträger, welche beruflichen Tätigkeiten der Betroffene ohne die politische Verfolgung ausgeübt hätte. Auf dieser Grundlage erfolgt eine Zuordnung zu den diesen Tätigkeiten entsprechenden durchschnittlichen Verdiensten von Versicherten mit vergleichbarer Qualifikation. Diese werden dann vom zuständigen Rentenversicherungsträger bei der Rentenberechnung anstelle der tatsächlich erzielten Verdienste zugrunde gelegt, sofern sich daraus eine höhere Rente ergibt. Wenn Verfolgungsmaßnahmen eine berufsbezogene Ausbildung negativ beeinflusst haben, wird auch dies rentenrechtlich ausgeglichen, nachdem die Rehabilitierungsbehörde die Verfolgungssachverhalte bescheinigt hat. Verfolgungsbedingte rentenrechtliche Nachteile können in der Rentenversicherung längstens bis zum Verlassen des Beitrittsgebietes bzw. bis zum 2. Oktober 1990 berücksichtigt werden. Der rentenrechtliche Ausgleich gilt auch für die Hinterbliebenen von Verfolgten beim Bezug von Witwen- und Witwerrenten. Ansprechpartner ist der zuständige Rentenversicherungsträger, der die oben erwähnte Bescheinigung der Rehabilitierungsbehörde nach 17 Abs. 1 i. V. m. 22 Abs. 1 BerRehaG berücksichtigt. Bevorzugte berufliche Fortbildung und Umschulung Verfolgten Schülern werden bei Teilnahme an einer nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) für die Förderung zugelassenen Maßnahme der beruflichen Weiterbildung notwendige Weiterbildungskosten erstattet (z. B. Lehrgangs- und Fahrkosten) sowie als Leistung zum Lebensunterhalt Arbeitslosengeld bei Weiterbildung gewährt. Die Antragstellung und die Beratung müssen vor Beginn der Teilnahme bei der örtlich zuständigen Agentur für Arbeit erfolgen. 19

Die Möglichkeit der Förderung eines Studiums durch Gewährung einer altersunabhängigen Ausbildungsförderung nach 60 Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) sowie die nachträgliche Umwandlung von BAföG-Darlehen in einen staatlichen Zuschuss spielen heutzutage kaum eine Rolle mehr. Informationen hierzu erhalten Sie beim Amt für Ausbildungsförderung (BAföG-Amt). Ausgleichsleistung nach 8 BerRehaG Wer sozialhilfebedürftig im Sinne des Sozialgesetzbuches XII ist, kann auf Antrag eine monatliche Ausgleichsleistung in Höhe von bis zu 214 Euro ohne Anrechnung auf andere Sozialleistungen erhalten. Voraussetzung ist, dass eine berufliche Beeinträchtigung entweder noch am Vortag der Wiedervereinigung bestanden oder eine Verfolgungszeit von mehr als drei Jahren vorgelegen hatte. Auch Rentner können die monatliche Ausgleichsleistung beanspruchen, wobei der Betrag auf maximal 153 Euro begrenzt ist. Auch hier gelten bestimmte Einkommensgrenzen. Weitere Voraussetzung ist, dass zwischen dem Beginn der Verfolgungszeit und dem Beginn der Rentenzahlung ein Zeitraum von mehr als sechs Jahren liegt. Bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen zahlt das örtlich zuständige Sozialamt auf Antrag die Ausgleichsleistungen aus. Der Antrag kann vorsorglich zeitgleich mit dem Antrag auf Rehabilitierung gestellt werden. Zu beachten ist, dass die Ausgleichsleistung monatlich im Voraus, beginnend mit dem auf die Antragstellung folgenden Monat, gewährt wird. Antragsformulare und weitere Informationen sind bei den Sozialämtern erhältlich. 5. Leistungen für Verfolgte Schüler im Sinne des 3 BerRehaG Die Folgeansprüche, die aus einer Rehabilitierung als Verfolgter Schüler resultieren, sind auf die Hilfe zur Selbsthilfe beschränkt. Anerkannte Verfolgte Schüler haben nur Anspruch auf bevorzugte berufliche Fortbildung und Umschulung (siehe oben). Insbesondere besteht kein Anspruch auf Ausgleich von Nachteilen in der Rentenversicherung und Ausgleichsleistungen nach 8 BerRehaG. 20

VI. Hinweise zum Rehabilitierungsverfahren 1. Antrag Der Antrag ist vom Betroffenen schriftlich bei der Rehabilitierungsbehörde zu stellen. Nach dessen Tod sind Personen, die ein rechtliches Interesse an der Rehabilitierung haben (Erben, Hinterbliebene) ebenfalls antragsberechtigt. Rehabilitierungsanträge können bis zum 31. Dezember 2019 gestellt werden. Die Antragsfrist gilt auch als gewahrt, wenn der Antrag fristgemäß bei einer anderen inländischen Behörde oder bei einem deutschen Gericht gestellt worden ist. Ist ein Rehabilitierungs- oder Kassationsverfahren nach dem StrRehaG oder ein Feststellungsverfahren nach dem Häftlingshilfegesetz vorgeschaltet, kann der Antrag noch bis sechs Monate nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der Entscheidung der zuständigen Behörden gestellt werden. Die Antragsformulare können schriftlich, telefonisch oder per E-Mail bei der zuständigen Rehabilitierungsbehörde angefordert werden. Die Kontaktdaten der Rehabilitierungsbehörde im Freistaat Sachsen finden Sie in dieser Broschüre unter Ziffer VI. Hinweise zum Rehabilitierungsverfahren/5. Anschriften. Hinweise und weiterführende Links zum Thema der verwaltungsrechtlichen und beruflichen Rehabilitierung finden Sie auch auf der Homepage des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Verbraucherschutz unter: http://www.soziales.sachsen.de/3603.html und der Landesdirektion Sachsen unter: https://www.lds.sachsen.de/soziales/index. asp?id=5968&art_param=563 (BerRehaG) https://www.lds.sachsen.de/soziales/index. asp?id=5965&art_param=562 (VwRehaG) 21

2. Zuständigkeit Der Antrag ist bei der Rehabilitierungsbehörde des Bundeslandes zu stellen, von dessen jetzigem Gebiet die Verfolgungsmaßnahme ausgegangen bzw. wo die angegriffene Verwaltungsentscheidung ergangen ist. Kommen danach für eine Schädigungsmaßnahme mehrere Bundesländer in Betracht, ist grundsätzlich die Behörde zuständig, die zuerst mit der Sache befasst war. Im Freistaat Sachsen ist die Rehabilitierungsbehörde bei der Landesdirektion Sachsen in Chemnitz eingerichtet. 3. Verfahren Die Grundentscheidung (Rehabilitierung) trifft die Rehabilitierungsbehörde. Sie ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen. In Fällen unverschuldeter Beweisnot bestehen Möglichkeiten zur Beweiserleichterung. Sind Beweismittel wie z. B. schriftliche Unterlagen oder Zeugen nicht vorhanden, können im Einzelfall der Entscheidung auch nur die Angaben des Antragsstellers zugrunde gelegt werden, soweit sie glaubhaft erscheinen. In diesem Zusammenhang kann die Behörde für bestimmte Sachverhalte auch die förmliche Abgabe einer Versicherung an Eides Statt verlangen. Wegen der Komplexität der Sachverhalte kann die Bearbeitung der Rehabilitierungsanträge einen gewissen Zeitraum in Anspruch nehmen. Insbesondere die Recherche und Einholung von Auskünften in Archiven (z. B. Archive der Stasi- Unterlagen-Behörde) ist sehr zeitaufwendig. Deshalb besteht die Möglichkeit, eine vorläufige Rehabilitierungsbescheinigung auszustellen, soweit die entsprechenden Voraussetzungen vorliegen. Das Verwaltungsverfahren ist grundsätzlich kostenfrei. 4. Rechtsweg Gegen die Entscheidung der Rehabilitierungsbehörde kann innerhalb eines Monats nach Zugang des Bescheides Widerspruch bei der Rehabilitierungsbehörde erhoben werden. Im Widerspruchsverfahren wird der Fall noch einmal eingehend geprüft. Im Ergebnis ergeht ein Abhilfe- oder Widerspruchsbescheid. Nach Durchführung eines Widerspruchsverfahrens können zur Überprüfung der Entscheidungen der Rehabilitierungsbehörden die Verwaltungsgerichte angerufen werden. Bei abweisenden Urteilen gibt es danach nur noch die Möglichkeit, gegen die Nichtzulassung der Revision Beschwerde einzulegen. Über diese Beschwerde entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in letzter Instanz. Das Widerspruchsverfahren ist in der Regel kostenfrei. Für die Durchführung des Gerichtsverfahrens fallen Kosten an. 22

5. Anschriften Anschrift der Rehabilitierungsbehörde im Freistaat Sachsen Landesdirektion Sachsen Rehabilitierungsbehörde 09105 Chemnitz Tel.: 0371 532 2399 E-Mail: post@lds.sachsen.de Besucheradresse: Altchemnitzer Straße 41 09120 Chemnitz Eine persönliche Vorsprache bei der Rehabilitierungsbehörde ist nach telefonischer Vereinbarung möglich. Anschrift des Landesversorgungsamtes im Freistaat Sachsen Kommunaler Sozialverband Sachsen Außenstelle Chemnitz Fachbereich Soziales Entschädigungs- und Fürsorgerecht Reichsstraße 3 09112 Chemnitz Tel.: 0371 577 0 www.ksv-sachsen.de Anschrift des Sächsischen Landesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen Landesdirektion Sachsen Referat 16 Olbrichtplatz 1 01099 Dresden Tel.: 0351 8135 6000 23

Herausgeber und Redaktion: Sächsisches Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz Referat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Albertstraße 10, 01097 Dresden E-Mail: presse@sms.sachsen.de www.sms.sachsen.de Satz/Druck/Weiterverarbeitung: Stoba-Druck GmbH Lampertswalde, www.stoba-druck.de Fotonachweis: Titelbild: Maren Winter / Fotolia.com BStU BStU/Marco Maria Dresen Gedenkstätte Bautzner Straße Dresden 6. Auflage: 5.000 Stück Bezug: Diese Druckschrift kann kostenfrei bezogen werden bei: Zentraler Broschürenversand der Sächsischen Staatsregierung Hammerweg 30, 01127 Dresden Telefon: +49 351 2103671 Fax: +49 351 2103681 E-Mail: publikationen@sachsen.de www.publikationen.sachsen.de Verteilerhinweis Diese Informationsschrift wird von der Sächsischen Staatsregierung im Rahmen ihrer verfassungsmäßigen Verpflichtung zur Information der Öffentlichkeit herausgegeben. Sie darf weder von Parteien noch von deren Kandidaten oder Helfern im Zeitraum von sechs Monaten vor einer Wahl zum Zwecke der Wahlwerbung verwendet werden. Dies gilt für alle Wahlen. Missbräuchlich ist insbesondere die Verteilung auf Wahlveranstaltungen, an Informationsständen der Parteien sowie das Einlegen, Aufdrucken oder Aufkleben parteipolitischer Informationen oder Werbemittel. Untersagt ist auch die Weitergabe an Dritte zur Verwendung bei der Wahlwerbung. Auch ohne zeitlichen Bezug zu einer bevorstehenden Wahl darf die vorliegende Druckschrift nicht so verwendet werden, dass dies als Parteinahme des Herausgebers zu Gunsten einzelner politischer Gruppen verstanden werden könnte. Diese Beschränkungen gelten unabhängig vom Vertriebsweg, also unabhängig davon, auf welchem Wege und in welcher Anzahl diese Informationsschrift dem Empfänger zugegangen ist. Erlaubt ist jedoch den Parteien, diese Informationsschrift zur Unterrichtung ihrer Mitglieder zu verwenden. Copyright Diese Veröffentlichung ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch die des Nachdruckes von Auszügen und der fotomechanischen Wiedergabe, sind dem Herausgeber vorbehalten.