Altes Klingenmünster - die Ziegelhütte. Wie es früher einmal war!

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Transkript:

Wie es früher einmal war!

Nur der Straßenname An der Ziegelhütte erinnert heute noch daran, dass hier bis in die 70iger Jahre Ziegel und Backsteine hergestellt wurden. Die hier vorhandenen Lehmvorkommen wurden abgebaut, der Lehm wurde geformt, getrocknet und dann gebrannt. Quelle: Google Earth Bahnhofstraße Alter Bahnhof Einkaufsmarkt Gelände Fa. Paul ehem. Abbaugebiet

Die Ziegelhütte befand sich am östlichen Ortsausgang von Klingenmünster. Die großen Gebäude und vor allem die beiden Schornsteine bestimmten das Ortsbild, wenn man sich von Osten her dem Ort näherte.

Im Laufe der Jahrzehnte änderten sich mehrmals die Besitzverhältnisse. Im Heimatbuch der Gemeinde wird erwähnt, dass im Jahre 1898 eine Firma Gleich & Bayer Eigentümer der Ziegelei war. Sie ging schon 1900 an den Ingenieur Maas über, der Deckenhohlsteine und Falzziegel produzierte. Weitere Eigentümer waren Ernst Nollmeyer, Valentin Hohweiler und schließlich die Familie Bentz, die die Ziegelei bis zur Stilllegung Anfang der 1970er Jahre leitete.

Vom Abbau des Lehms bis zum fertigen Backstein Bevor der Lehm abgebaut werden konnte, musste die darüberliegende Humusschicht mit einem Raupenfahrzeug abgetragen werden.

Der Lehmabbau war in früheren Zeiten noch schwere Handarbeit; später wurden Eimerfräsen eingesetzt. Seit den 1950er Jahren besorgte diese Arbeit ein Bagger. Der Lehm wurde auf Kipploren verladen und mit einer kleinen Lok zur Fabrik transportiert.

Der Lehm wurde in den Beschicker eingebracht. Dahinter befand sich der Kollergang, in dem die Lehmmasse durch zwei gegenläufige Walzen gedrückt wurde. Anschließend wurde sie auf einem Förderband zur Presse transportiert. Abhängig von der Beschaffenheit des Rohmaterials, traten manchmal sogenannte Kalkmännchen auf, d.h. Kalkeinlagerungen, die dazu führten, dass der Backstein beim Brennen auseinander fiel. Dieses Problem versuchte man dadurch zu lösen, dass Streusalz zugesetzt und die Walzen im Kollergang enger gestellt wurden.

Am Ausgang der Ziegelpresse wurde ein Mundstück eingesetzt, durch das der Lehm, entsprechend der gewünschten Form des Endproduktes, gepresst wurde. Dahinter wurden die Rohlinge durch einen Abschneideautomaten abgetrennt und aufgesetzt. Altes Klingenmünster - die Ziegelhütte

Nun wurden die Ziegelrohlinge mit Schubkarren von der Presse zu den Trockenräumen transportiert. Dort wurden sie in regalähnlichen Stellagen für zwei bis drei Wochen aufgesetzt.

Die Ziegelrohlinge wurden nach ausreichender Trocknung in eine Kammer des Ringbrennofens von den Einsetzern eingebracht und nach einer genauen Anordnung aufgeschichtet. Das über mehrere Deckenöffnungen eingebrachte Heizmaterial (Kohle) konnte sich so gleichmäßig verteilen.

Der Brennofen wurde als die Seele der Ziegelei bezeichnet. Der Brenner hatte deshalb eine besondere Stellung innerhalb der Belegschaft. Er verfügte weder über Messapparaturen noch über sonstige Kontrollgeräte zur Regulierung des Brennvorgangs. Alleine das Auge des Brenners und dessen langjährige Berufserfahrung entschieden über die Qualität der Backsteine.

Die Zichelhitt ein begehrter Arbeitsplatz Die Ziegelei war immer ein Saisonbetrieb, d.h. es wurde, abhängig von der Wetterlage, von März/April bis Ende Oktober produziert. Die Verdienstmöglichkeiten in der Ziegelhütte waren im Vergleich zu anderen Arbeitsstellen unserer Region besonders gut. Deshalb waren diese Arbeitsplätze, obwohl es sich um eine Saisonarbeit handelte, sehr begehrt.

Es waren drei Heizer beschäftigt, die in 12-Stunden- Schichten arbeiteten; d.h., sie hatten eine durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von 56 Stunden. Aus heutiger Sicht betrachtet, wirken diese Arbeitszeiten nicht familienfreundlich. Ungeachtet dessen erzählen uns die noch lebenden Familienangehörigen voller Stolz, wie sie ihre Väter täglich in der Fabrik besuchten, um ihnen in Henkelmännern die Mahlzeiten vorbeizubringen.

Der überwiegende Teil der Beschäftigten arbeitete im Stundenlohn, bei einer Regelarbeitszeit von 48 Stunden pro Woche. Abhängig von der Konjunktur, wurde diese Regelarbeitszeit häufig überschritten. Übrigens, über die langen Arbeitszeiten hatte sich in den 50er und 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts niemand beklagt. Viele freuten sich darüber und waren dankbar über den Zusatzverdienst. Die Beschäftigten, die als Ein- und Aussetzer arbeiteten je nach Auftragslage zwischen 6 bis 8 Arbeiter-, waren besonders hohen Arbeitsbelastungen ausgesetzt.

So mussten z.b. die Einsetzer die Rohlinge in den Ringbrennofen einbringen und die gebrannten Steine wieder aus den Brennkammern herausholen. Diese Arbeit, bei der die Arbeitsplatztemperaturen oft bei über 60 Celsius lagen, wurde im Stücklohn verrichtet. In der Ziegelei waren zwischen 20 und 25 Arbeiter beschäftigt. Die Arbeitszeiten und die Entlohnung waren, abhängig von den jeweiligen Anforderungen und Belastungen, recht unterschiedlich.

Xaver Bentz leitete die Firma bis zu dessen Stilllegung, Anfang der 1970er Jahre. Die Fabrikgebäude wurden in den Folgejahren abgerissen, die Schornsteine wurden im September 1977 unter großer Anteilnahme der Bevölkerung gesprengt. Wie nachfolgender Artikel aus der Rheinpfalz vom 19. September 1977 zeigt, nahm die Regionalpresse von diesem Ereignis jedoch nur wenig Kenntnis: In Klingenmünster beendete eine Sprengung der beiden Schornsteine die Existenz der jahrzehntealten Ziegelei. Der Beton hat die Backsteine verdrängt. Foto: Schmeckenbacher

Der Arbeitskreis Altes Klingenmünster dankt allen, die durch Bilder, Texte sowie weitere Informationen mitgeholfen haben, diesen Beitrag zu gestalten. April 2014