LEBEN SCHÜTZEN! ABTREIBUNG LEGALISIEREN! WEG MIT 218!

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Transkript:

LEBEN SCHÜTZEN! ABTREIBUNG LEGALISIEREN! WEG MIT 218! * www.schweigemarsch-stoppen.de

Leben Schützen! Abtreibung legalisieren! Weg mit 218! In Annaberg-Buchholz versammeln sich seit 2007 christliche Fundamentalist*innen. [1] jedes Jahr zu einem Schweigemarsch gegen das Recht auf Abtreibung. Seit 2014 formiert sich Widerstand. Mehrere hundert Menschen protestierten seitdem jährlich gegen diese Ansichten und für ein selbstbestimmtes Leben. Daran wollen wir auch dieses Jahr anknüpfen diese Broschüre erklärt, warum! Fundamentalistische Christ*innen im Erzgebirge In dieser Region, in der es abgesehen von religiösen Gruppen wenig soziale Strukturen gibt, sind die Kirchen besonders konservativ. Die einflussreiche CDU ist auch viel konservativer als die Bundes-CDU. Die Evangelikalen (christliche Fundamentalist*innen/Fundis), die durch eine wortgetreue Bibelauslegung, den Glauben an den strafenden Gott, aggressive Missionsarbeit, ihre Klagen über die Zerstörung der traditionellen Familie und ihre Äußerungen gegen Homosexualität von sich reden machen, verzeichnen hier großen Zuspruch. Rechte und rechtskonservative Strukturen in der Lebensschutzbewegung Die Lebensschutzbewegung [2] vertritt konservative, zum Teil völkische und antifeministische Meinungen. Über die Einflussnahme kirchlicher Einrichtungen im Erzgebirge hinaus bestehen auch Verbindungen in die Politik. Der langjährige Trägerverein des Schweigemarsches waren die Christdemokraten für das Leben (CDL), eine Arbeitsgemeinschaft innerhalb der CDU. Seit 2016 wird der Marsch nun vom Verein Lebensrecht Sachsen organisiert. Das Ziel ist es, Menschen über Parteigrenzen hinaus zu erreichen. Damit öffnet [1] Uns ist es wichtig, nicht nur in der männlichen Form zu schreiben. Das * steht für alle Geschlechter, die weder Mann noch Frau sind. Dieses verwenden wir, auch wenn die angesprochenen Gruppen, wie bei fundamentalistischen Christ*innen, tief in einem zweigeschlechtlichen Modell verhaftet sind. [2] Die Lebensschutzbewegung vertritt konservative, zum Teil völkische und antifeministische Meinungen.

sich der Schweigemarsch deutlich den Anhänger*innen neurechter Gruppierungen, darunter der AFD, die sich bei dem Thema bundesweit stark einmischt. Prominentester Redner von 2010 bis 2013 war Steffen Flath, welcher 10 Jahre mit einem Direktmandat für Annberg-Buchholz im Landtag saß. Als Mitglied der CDU vertritt er die konservativen Interessen am rechten Rand. Beim CDU-Parteitag 2012 forderte er, gegen die steuerliche Gleichbehandlung homosexueller Paare zu stimmen - um den Fortbestand der Menschheit zu sichern. Auch Theo Lehmann und Carsten Rentzing gehören zu den Gästen des Schweigemarschs. Theo Lehmann ist ein bekannter Pfarrer aus Chemnitz, nahm als Ehrengast an der rechten CEGIDA- Versammlung teil und macht Stimmung gegen den angeblichen Linkstrend in Gesellschaft und Kirche. Carsten Rentzing, der Homosexualität ablehnt, ist seit 2015 Landesbischof der evangelischlutherischen Kirche. Inhaltlich sowie personell sind zwischen der CDL Sachsen und dem neuen Trägerverein Überschneidungen festzustellen. Thorsten Schneider war stellvertretender CDL-Vorsitzender und Initiator der Aktion Linkstrend stoppen einer rechten Gruppe innerhalb der CDU. Nach seinem Austritt aus der CDU ist er jetzt Vorsitzender des Vereins Lebensrecht Sachsen. Schneider schreibt für die christlich-fundamentalistische Plattform idea und betreibt mehrere Internetportale. Auf diesen verbreitet er regelmäßig Artikel der extrem rechten Zeitung Junge Freiheit, hetzt gegen den Islam und zeigt offen seine Nähe zu den Inhalten der AfD. Du bist die Einzige, die über deinen Körper bestimmen darf! Klingt logisch, ist aber leider nicht so. Auch in Deutschland sind die Missstände größer als viele denken. Hier regelt u.a. der 218 des Strafgesetzbuches seit 1871 den Schwangerschaftsabbruch. [3] Er stellt ihn auch heute noch unter Strafe. Lediglich unter bestimmten Bedingungen bleibt er straffrei. Dazu gehört die Möglichkeit, innerhalb der ersten 12 Schwangerschaftswochen nach einer Pflichtberatung und dreitägiger Bedenkzeit eine Abtreibung vornehmen lassen zu können. Außerdem gibt es zwei Ausnahmen, die eine Abtreibung auch später straffrei bleiben lassen. [3] Wir werden häufig den Begriff Abtreibung anstatt Schwangerschaftsabbruch verwenden. Dies machen wir, obwohl der Begriff Abtreibung meistens von Abtreibungsgegner*innen verwendet wird. Wir versuchen uns den Begriff dadurch zurückzuholen.

Die meisten Abtreibungen finden innerhalb der ersten Schwangerschaftswochen statt. Die hierzu notwendige Beratung ist leider in ländlichen Gebieten schwer zu erhalten. Denn diese Beratung kann nur von speziell staatlich anerkannten Stellen gemacht werden. Der schwangeren Personen werden während der Beratung häufig Angebote gemacht, um nicht abzutreiben. Die beiden Ausnahmen außerhalb der 12-Wochen-Frist betreffen die Gefährdung der Gesundheit der Schwangeren (medizinische Indikation) oder das Vorliegen einer Straftat (kriminologische Indikation), aus welcher die Schwangerschaft heraus entstanden ist. Dazu gehört Inzest oder eine Vergewaltigung. In diesen Fällen ist eine Abtreibung bis zur Geburt straffrei. Pränatale Diagnostik (PND) und Abtreibung PND - also vorgeburtliche Untersuchungen - sind in vielen Ländern selbstverständlich. Man kann inzwischen nicht nur herausfinden, ob eine Schwangerschaft vorliegt und wie viele Embryonen sich entwickeln. Es wird auch versucht, das Geschlecht und Genveränderungen festzustellen, die auf eine mögliche Behinderung hinweisen. In manchen Ländern hat das zur Folge, dass Mädchen viel häufiger abgetrieben werden. In Deutschland hat es zur Folge, dass Föten mit Genveränderungen (z.b. Trisomie 21) häufiger abgetrieben werden. Viele Menschen möchten kein Kind mit einer Behinderung bekommen. Die Gründe dafür sind häufig das Ergebnis der behindertenfeindlichen Gesellschaft, in der wir leben. Das wollen wir ändern! Wir kämpfen für eine Gesellschaft, in der es keine Rolle spielt, ob ein Kind mit oder ohne Behinderung auf die Welt kommt. Das Recht auf Abtreibung weltweit Weltweit ist die Situation unterschiedlich. Einige Länder haben Abtreibungen generell legalisiert, viele andere verbieten sie ausnahmslos. Interessant dabei ist, dass Abtreibungsraten bei Gesetzeslockerungen nicht ansteigen. Ein Beispiel dafür sind die Niederlande: sie haben eines der liberalsten Gesetze und gleichzeitig eine der geringsten Abbruchquoten. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) geht davon aus, dass knapp die Hälfte aller Schwangerschaftsabbrüche gegen die gesetzlichen Bestimmungen der jeweiligen Länder verstoßen und dies mit teilweise verheerenden Folgen.

Die Folgen der Kriminalisierung Die Kriminalisierung von Abtreibungen führt dazu, dass Schwangere illegale Abbrüche vornehmen (lassen). Dies geschieht oft unter schlechten Bedingungen, was immer wieder zu Komplikationen und Todesfällen führt. Nach Erhebungen der WHO sterben dadurch jährlich rund 47.000 Menschen. Insbesondere arme Menschen sind von den Verboten betroffen. Sie können sich die Reise in Länder mit fortschrittlicheren Regelungen nicht leisten. Außerdem gibt es viele Länder, in denen Frauen wegen angeblicher Abtreibungen inhaftiert werden. Die Frauen werden häufig wegen (versuchten) Mordes, auch bei einer Fehlgeburt, verurteilt und sitzen jahrzehntelange Haftstrafen ab. Zusätzlich kommt es zu sozialer Ausgrenzung durch das Umfeld. Ich bin Christ*in. Ist mein Gott wirklich gegen Abtreibung? Die Organisator*innen des Schweigemarschs sind Fundamentalist*innen, das heißt sie verfolgen eine wortgetreue Auslegung der Bibel. Sie halten sie für Gottes Wort, das auch historisch und naturwissenschaftlich wahr sei und wehren jede Kritik daran ab. Fundis gibt es in allen größeren Religionen. Oft sind es wenige Menschen, aber leider mit großem Einfluss. Weil sie sich viel mit der Bibel beschäftigen und sehr religiös tun, glauben ihnen viele Christ*innen, wenn sie etwas als Sünde bezeichnen. Ihr Bibelverständnis ist aber nur eines unter vielen. Hinter ihrer angeblich besonders christlichen Moral steckt zumeist ein persönliches oder politisches Interesse. Meistens gehört dazu, dass sie Frauen in ihren Entscheidungen einschränken. Sie finden, Männer hätten mehr zu entscheiden. Sie wollen, dass Frauen zu Hause bleiben, Kinder kriegen und ihrem Ehemann den Rücken frei halten. Sie bezeichnen ihre Positionen als Gottes Willen, auch beim Thema Abtreibung. In der Bibel steht zu dem Thema jedoch gar nichts, dabei gab es Abtreibungen zur Entstehungszeit der Texte bereits. Die Abtreibungsgegner*innen können sich daher nur auf das sechste Gebot Du sollst nicht töten und die Heiligkeit menschlichen Lebens beziehen. Die Leibesfrucht gilt dort nicht als ein Menschenleben. Dieses beginnt hier mit dem ersten Atemzug, wie sich an der Schöpfungsgeschichte zeigen lässt. [4] [4] 1.Mose 2:7 HfA: Da nahm Gott, der HERR, etwas Staub von der Erde, formte daraus den Menschen und blies ihm den Lebensatem in die Nase. So wurde der Mensch ein lebendiges Wesen.

An einer anderen Stelle wird diese Vorstellung noch deutlicher. Wenn sich Männer streiten und dabei eine schwangere Frau so stoßen, dass sie eine Fehlgeburt hat, aber sonst nichts weiter erleidet, soll dem Schuldigen eine Geldstrafe auferlegt werden. Die Höhe der Strafe wird vom Ehemann festgelegt und muss durch ein Gericht bestätigt werden. Wenn die Frau aber noch weiteren Schaden erleidet, dann wird die Strafe nach dem Grundsatz festgelegt: Leben für Leben. [5] Vorher scheint somit kein Leben ernsthaft beschädigt worden zu sein. An solchen Stellen wird auch deutlich, dass eine historische Einordnung der Texte wichtig ist. Die damaligen Verhältnisse können nicht einfach auf moderne Gesellschaften übertragen werden. Als Christ*in muss man nicht gegen Abtreibung sein, sondern für Verantwortlichkeit. Jesus predigte die Verantwortung der Menschen für ihre Handlungen, über die zu urteilen keinem anderen Menschen zustünde. Fundamentalist*innen dagegen wollen ihre Positionen allen Menschen aufzwingen, egal ob gläubig oder nicht. Selbstbestimmung im Kapitalismus? Das Selbstbestimmungsrecht aller Menschen ist uns wichtig. Jedoch ist uns bewusst, dass dieses im Hier und Jetzt sehr stark eingeschränkt ist. Auch in Bezug auf Schwangerschaft und Abtreibung. Die Entscheidung für oder gegen das Austragen einer Schwangerschaft wird meistens von gesellschaftlichen Gegebenheiten beeinflusst z.b. durch die Familienpolitik des Staates. Die Familienpolitik fördert den Kinderwunsch bestimmter Bevölkerungsgruppen mehr. Dies passiert z.b. durch finanzielle Unterstützung wie Elterngeld. Ärmere Bevölkerungsgruppen, wie ALG II-Bezieher*innen, profitieren von diesen Begünstigungen jedoch nicht. Denn hier wird das Elterngeld mit dem ALG II komplett verrechnet. Hinzu kommt, dass mit einer Schwangerschaft bzw. Elternschaft ein Armutsrisiko verbunden ist. Dies gilt vor allem für Alleinerziehende. Diese sind in Deutschland meistens Frauen. Sie können keine Vollzeitstelle antreten, wenn sie sich gleichzeitig alleine um eines oder mehrere Kinder kümmern. So beziehen sie oft (ergänzend) staatliche Leistungen. [5] 2.Mose 21: 22-23 HfA

Zum Anderen gibt es eine rassistisch und nationalistisch aufgeladene Diskussion darüber, wer in Deutschland Kinder bekommen sollte. Rassist*innen und Politiker*innen wie Sarrazin, Mitglieder der AfD und auch Fundis sehen die weiße Kleinfamilie als Grundlage der Nation an. Diese wollen sie bewahren. Andere Lebenskonzepte wie zum Beispiel homosexuelle Partnerschaften oder kinderlose Bezehungen werden abgewertet. Migrant*innen und Schwarze Deutsche werden dabei besonders diskriminiert. Die Entscheidung für oder gegen ein Kind ist in dieser Gesellschaft also leider gar keine selbstbestimmte Entscheidung, wie sie das eigentlich sein sollte. Immer noch wird mit dem Thema Politik gemacht und noch immer ist ein Kind auch eine finanzielle Frage. Die Welt ist bunt und verschieden - Familien auch. Das Ideal der Fundis ist die weiße deutsche heterosexuelle Kleinfamilie. Aber dieses Ideal entspricht weder der Lebensrealität vieler Menschen, noch halten wir es für wünschenswert. Wer außerhalb einer solchen Beziehung Kinder großziehen möchte, stößt ständig an Grenzen. Diese sind sowohl gesetzlich als auch gesellschaftlich vorhanden. Das betrifft besonders LGBTIQ*-Personen. [6] Heterosexuelle Ehepaare dürfen gemeinsam Kinder adoptieren, eingetragene Lebenspartner*innen nicht. Auch bei dem gemeinsamen Sorgerecht für ein bereits vorhandenes Kind gibt es nur einen sehr umständlichen Weg für homosexuelle Paare, mit allen Hürden eines regulären Adoptionsverfahrens. Dazu kommt, dass Frauen, die nicht in einer heterosexuellen Beziehung leben, keinen Zugang zu künstlicher Befruchtung und Spendersamen bekommen. Die rechtliche Elternschaft ist in Deutschland gesetzlich auf zwei Personen begrenzt. Entscheiden sich drei oder mehr Menschen, gemeinsam Verantwortung für ein Kind zu übernehmen, können trotzdem nur zwei von ihnen das Sorgerecht bekommen. Wir finden: Familie ist überall da, wo Menschen füreinander sorgen. Wir entscheiden selbst, in welcher Familienform wir leben wollen. Schluss mit der Diskriminierung von Alleinerziehenden, Regenbogen-, Co- und Patchworkfamilien! [6] LGBTI*Q steht für Lesben, Schwule, Bisexuelle, trans und inter* Personen, sowie queere Menschen. Inter* bedeutet das die Person keine eindeutig männlichen oder weiblichen Geschlechtsmerkmale, oder beide hat.

Wofür wir kämpfen Wir kämpfen für ein selbstbestimmtes Leben. Für das Recht auf Abtreibung und die Abschaffung des 218 StGB. Wir sind dafür, dass die Personen, die sich für eine Abtreibung entscheiden, die besten hygienischen und medizinischen Möglichkeiten für den Abbruch erhalten. Wir kämpfen für eine Gesellschaft, in der es keine Rolle spielt, ob ein Kind mit oder ohne Behinderung auf die Welt kommt. Wir wollen keine gesellschaftliche und staatliche Selektion, welche Personen Kinder bekommen sollen und welche nicht. Menschen die Kinder möchten, sollen in ihrem Wunsch bestmöglich unterstützt werden auch nach der Geburt. Wir sind dafür, dass weltweit Aufklärung über den menschlichen Körper, Sexualität und Verhütungsmitel für alle frei zugänglich ist. Außerdem möchten wir kostenlose Zugänge zu Verhütungsmitteln. Wir sind dafür, dass Homosexualität, trans und inter* Personen nicht diskriminiert werden. Wir stehen ein für die Rechte von Frauen und fordern Gleichberechtigung. * Der Drahtkleiderbügel steht weltweit als Symbol für die Legalisierung von Abtreibung. In Regionen, in denen Abtreibung illegalisiert ist und keine anderen Möglichkeiten bestehen, dient er als letztes Mittel, um einen Abort herbeizuführen. Impressum: 3. Auflage, 10.000 Exemplare Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck erlaubt. Pro Choice Sachsen, Dresden 2017 www.pro-choice-sachsen.de ViSdP: Eva-Maria Schlange, Paradiesstraße 66, 12526 Berlin