DIALOGTRENDS TARGETING Zielgruppendialog ist Maßarbeit Dank modernem Targeting gelingt der Kundendialog in Offline- und in Onlinekanälen effizienter. Denn nach wie vor gilt: Wer die Zielgruppe kennt und passgenau anspricht, vermeidet Streuverluste. Fotos: plainpicture / Stock4B / Marc Oeder (3), Daniel Kaldori 8 DIREKT+
Targeting bietet heute immer feinere Werkzeuge für maßgeschneiderte Werbung auf allen Kommunikationskanälen DIREKT+ 9
Die Vielfalt moderner Lebensstile liefert kreative Ansätze für erfolgreiches Dialogmarketing AUTOR FLORIAN ALLGAYER Kontakt redaktion@ direktplus.de J unge Digital Natives, familienorientierte Menschen, genussfreudige Best Ager oder kritische, umweltbewusste Bürger: Zielgruppen aus unterschiedlichsten Lebenswelten prägen eine moderne Gesellschaft und machen die Kommunikation der Menschen untereinander, aber auch den Dialog zwischen Marken und Konsumenten vielschichtig und spannend. Die Notwendigkeit, derartige Target Groups, Zielgruppen also, zu analysieren und gezielt anzusprechen, hat auch in der digitalen Medienwelt mit ihrer Vielfalt an Kommunikationskanälen nicht abgenommen im Gegenteil. Gerade auf sozial vernetzten Plattformen müssen Marken einen sehr ziel- gruppengerechten, relevanten Dialog mit ihren Kunden führen, und zwar nicht nur im vertraulichen Einzelgespräch, sondern auch unter den Augen der gesamten Community. Mittlerweile existieren viele kunstvolle Zielgruppenbezeichnungen Wortschöpfungen, die oftmals gesellschaftliche Trends abbilden. So spricht das Zukunftsinstitut vom Silverpreneur, einem aktiven und internetaffinen Best Ager. Latte-Macchiato-Mütter hingegen vereinbaren Karriere und Kinder völlig spielerisch und genießen den Stress sogar. Dazu passend das männliche Pendant: Die Super-Daddys leben ein neues, partnerschaftliches Männer- und Väterbild. Seit Jahren für Marketing und Mediaplanung im Einsatz sind die Ziel- Foto: Daniel Kaldori, plainpicture / Stock4B / Marc Oeder, Colourbox, PR 10 DIREKT+
DIALOGTRENDS TARGETING Wie lassen sich Zielgruppen heute praxisgerecht definieren? Wilhelm Kampik: Die wichtigste Frage ist, welche Bedürfnisse von Konsumenten, spezifiziert auf eine Produktkategorie, angesprochen werden sollen. Einen Sambuca-Likör trinken partyaffine Männer zum Beispiel pur, während distinguierte Genießerinnen mit gehobenem Einkommen daraus einen Cocktail mixen und ambitionierte Hobbyköche ihn zum Verfeinern von Speisen nutzen. Für jede dieser Verwendungsmöglichkeiten finden sich also ganz unterschiedliche Kundensegmente in der Sambuca-Gesamtzielgruppe Zielgruppensegmente, die individuell angesprochen werden müssen. Wie lassen sich aus produktspezifischen Bedürfnisfeldern Marketing- und Mediazielgruppen ableiten? Wir beschreiben diese Konsumenten im nächsten Schritt etwas genauer, mit soziodemografischen Merkmalen, mit Erkenntnissen zur Werteorientierung, zur Mediennutzung oder zu Markenpräferenzen. Durch diese Wilhelm Kampik, Geschäftsführer GIM Gesellschaft für Innovative Marktforschung»Balance finden zwischen harten Fakten der Offline-Zielgruppenforschung und Social-Media-Analysen«quantitative Erhebung werden die Zielgruppen anschlussfähig an etablierte Markt-Media-Studien wie die VerbraucherAnalyse oder die Typologie der Wünsche und damit relevant für die Mediaplanung. Welche Trends werden denn die Definitionen von Zielgruppen künftig beeinflussen? Fest steht, dass der Dialog zwischen Marken und Konsumenten noch wichtiger wird. Hier liegt die Chance der digitalen Medien, der Blogs und der Foren. Künftige Segmentierungen müssen die Balance finden zwischen den harten Fakten der Offlinewelt und der Analyse des digitalen Diskurses. Also, ethnografische Marktforschung, die Konsumenten beim Einkaufen oder Kochen begleitet, plus Netnography, die Analyse von Communitys, von Blogs und von Denkmustern, um daraus die Entstehung von Markenpräferenzen ableiten zu können. Wilhelm Kampik ist Geschäftsführer der GIM Gesellschaft für Innovative Marktforschung mit Instituten in Heidelberg, Berlin, Lyon und Zürich. gruppenmodelle von Sinus, GfK und TNS Infratest. Das Sinus- Modell beispielsweise beschreibt Zielgruppen nach sozialer Lage und Fortschrittlichkeit in der Grundorientierung. Diese Ansätze bieten für viele Angebots- und Dialogsituationen eine aussagekräftige Grundlage. So lassen sich mithilfe der Sinus- Milieus Gebiete auswählen, in denen Konsumenten mit ähnlichen Lebenseinstellungen leben. Ganzheitlicher Blick auf Zielgruppen Gemeinsam ist diesen Zielgruppendefinitionen, dass sie Menschen gemäß ihrer Werteorientierungen und Lebenswelten beschreiben nicht nur nach soziodemografischen Daten wie Alter, Schulabschluss oder Einkommen. Erst der Zusammenklang aller Facetten Werteorientierung, Einstellungen zu Marken, Gewohnheiten, die Phase im Kaufentscheidungsprozess und letztlich konkretes Konsumverhalten ergibt ein Bild, das eine Zielgruppe ganzheitlich beschreibt. Ein Blick auf bestimmte Lebensbereiche zeigt die unterschiedlichen Bedürfnisse der Zielgruppen situativ. Beispiel Ernährung: Während nachhaltig eingestellte Lohas-Zielgruppen beim Essen eher den Genuss sehen, der schon mit dem sinnlichen Einkaufserlebnis auf dem Wochenmarkt beginnt, denken junge, spaßorientierte Konsumenten beim Thema Ernährung eher an die schnelle Pizza oder den Burger am Drive-in, eingeworfen auf Klubtour nachts um halb drei. Für eine erfolgreiche Zielgruppenansprache sind auch Überlegungen wichtig, zu welchem Zeitpunkt und in welcher Situation der Konsument bereit und empfänglich für die Werbebotschaft ist. So übernimmt jeder Kanal seine zielgruppenspezifische Funktion: Der Hörfunkspot oder die Zeitung am Morgen geben erste Impulse. Das Plakat auf dem Weg zur Arbeit oder die räumlich passend platzierte SMS beeinflussen situativ das Kaufverhalten. Das Mailing im Briefkasten macht den Kontakt durch persönlichen Dialog vertrauensvoll und nachhaltig. Und die per Targeting optimierten Online- und Mobile-Kampagnen involvieren die Konsumenten auf reichweitenstarken Nachrichtenseiten, auf Shoppingportalen, auf Special-Interest-Plattformen oder in Social Communitys. Die meisten der größeren Unternehmen arbeiten mit eigenen Zielgruppendefinitionen, die neben statistischen und marktforscherischen Erkenntnissen auch Daten des hauseigenen Kundenmanagementsystems nutzen. Das versetzt sie in die Lage, die gleichen Produkte in zielgruppenspezifischen Kanälen unterschiedlich bewerben zu können. Bahnwerbung für Geschäftsreisende unterscheidet sich deutlich von Bahnwerbung für Parteimitglieder der Grünen oder für junge Familien, verdeutlicht Wilhelm Kampik, Geschäftsführer der GIM Gesellschaft für Innovative Marktforschung (siehe links). DIREKT+ 11
DIALOGTRENDS TARGETING Karim Attia, Vorstand nugg.ad AG»Auf nachhaltige Werbeeffekte wie Markenbekanntheit, Kaufabsicht oder Markensympathie setzen«weitreichende Targeting-Möglichkeiten zur optimalen Zielgruppenansprache bietet das Onlinemarketing. So kann Targeting beispielsweise die technische Ausrüstung der gewünschten Zielgruppe also bestimmte Hard- und Softwarekomponenten oder unterschiedliche Browser und Betriebssysteme als Selektionskriterium nutzen. Das Behavioral Targeting untersucht, für welche Produkte oder Onlineinhalte sich ein Nutzer interessiert und individualisiert mit diesen Informationen die Zielgruppenansprache. Semantisches Targeting wiederum liefert ein Werbemittel gezielt an die Leser bestimmter redaktioneller Themen aus. Und auf Plattformen wie Facebook lässt sich per Social-Media-Targeting Werbung schalten, die auf das jeweilige Nutzerprofil abgestimmt ist. Nach welchen Kriterien analysiert nugg.ad mit Predictive Behavioral Targeting das Verhalten der User? Karim Attia: Im Endeffekt sind es die redaktionellen Inhalte, auf denen sich die Nutzer beim Surfen bewegen. Das Verhalten jedes Users, der diese Seiten besucht, wird anonym ausgewertet. Neben den Bewegungsdaten brauchen wir für Predictive Behavioral Targeting auch noch Daten aus Fragebögen, die wir ebenfalls auf den Seiten unserer Kunden per Zufallsprinzip an einige Besucher aussteuern. Damit können wir anonyme Vorhersagen darüber treffen, in welche Werbezielgruppe der Nutzer wahrscheinlich eingeordnet werden kann und können entsprechend passende Werbung ausliefern lassen. Wie verändert sich die Zielgruppenansprache im Netz? Das Internet muss sich vom reinen Performancemedium zu einem Kanal für Markenkommunikation wandeln. Die benötigte Infrastruktur haben wir bereits erfolgreich im Markt eingeführt. Erfolge für Kunden aus dem Konsumgüterbereich wie Unilever, Knorr oder auch Danone geben uns in der Praxis Recht. Auch der Targeting-Markt selbst verändert sich. Während es früher vor allem darum ging, eine Zielgruppe dazu zu bewegen, eine Aktion wie einen Klick oder einen Kauf durchzuführen, setzen wir nun auf nachhaltige Werbeeffekte wie Markenbekanntheit, Kaufabsicht oder Markensympathie. Wie in klassischen Medien... Richtig. Die Onlinemediaplanung wird sich sicherlich viel mehr der klassischen Mediaplanung nähern. Wir werden den Medienbruch in puncto Mediaplanung überbrücken. Man kann davon ausgehen, dass klassische Zielgruppenmodelle in dem Bereich, den wir Brand-Performance-Marketing nennen, in jedem Fall eine Rolle spielen. Hier geht es vor allem darum, Massenzielgruppen mit größtmöglicher Reichweite anzusprechen. Karim Attia ist Vorstand der nugg.ad AG und verantwortet das Neukundengeschäft der Targeting-Plattform. Online-Targeting wird noch präziser Geotargeting filtert nur Konsumenten bestimmter Zielgebiete aus, und Mediaagenturen wie die OMS Online-Marketing-Service, Premiumvermarkter für redaktionelle Umfelder, setzen bei der Zielgruppenaussteuerung auf den Webseiten von regionalen Zeitungen und Radiosendern mittlerweile auch Targeting in Abhängigkeit von der Wetterlage ein. Dies kann sinnvoll sein, wenn etwa ein Hersteller von Barbecue-Saucen vor einem sonnigen Wochenende Grillmeister ansprechen will. Beim dem von nugg.ad, einem Unternehmen der Deutschen Post, entwickelten Ansatz des Predictive Behavioral Targeting werden verschiedene Datenquellen miteinander kombiniert: einerseits Daten aus dem Surfverhalten der Zielgruppe, andererseits Erkenntnisse aus Onlinebefragungen, etwa zum Produktinteresse der Zielperson (siehe links). Daneben führt das Unternehmen markenindividuelle Targetings durch und arbeitet dabei auf Wunsch auch mit den Sinus-Milieus. Weitere Informationen finden Sie unter www.nugg.ad/de. Auch online sind anschauliche Beschreibungen der wichtigsten Zielgruppen wichtig: Soziodemografische Daten wie Geschlecht, Alter und Einkommen kombiniert nugg.ad mit den Produktinteressen von Konsumenten und bündelt besonders gefragte Kombinationen in standardisierten Zielgruppen wie den technikinteressierten Gadget Lovers, den lifestyleorientierten Media Eaters oder den Household Decision Makers, die am Point of Sale die Kaufentscheidung treffen. Mit Predictive Behavioral Targeting können die unterschiedlichsten Wirkungsparameter einer Kampagne bedient werden. So setzte Garnier für sein Produkt HautklarAktiv auf eine dreiwöchige Onlinekampagne, um die Markenbekanntheit in der Zielgruppe männliche Jugendliche und junge Männer im Alter zwischen 14 und 29 Jahren zu steigern. Um den Effekt der Zielgruppenoptimierung nachvollziehen zu können, wurde die Kampagne sowohl mit als auch ohne Tar- 12 DIREKT+
Targeting à la mode: Für jeden Kundenkanal gibt es das passende Targeting-Design Marktforschungsinstituts Rheingold lassen sich hauptsächlich von Verfassungen und Stimmungen treiben. Das bedeutet: Der Schokoriegel konkurriert möglicherweise nicht mit anderen Süßwaren, sondern mit der Minisalami, weil der Kunde gerade Lust auf Salziges hat. Und eine Automarke muss sich in Kaufüberlegungen nicht gegen ein anderes Fabrikat durchsetzen, sondern gegen den geplanten Hausumbau oder den erträumten Urlaub. Doch auch vermeintlich unberechenbare Kunden lassen sich durchaus verstehen und gezielt ansprechen dank modernem Targeting, das all die vielfältigen Facetten einer Zielgruppe berücksichtigt. Fotos: PR, Daniel Kaldori, plainpicture / Millennium Images BUSINESS- KONTAKTE KARIM ATTIA Vorstand und CBDO, nugg.ad AG Kontakt: welcome@nugg.ad WILHELM KAMPIK Geschäftsführer, GIM Gesellschaft für Innovative Marktforschung mbh Kontakt: w.kampik@g-i-m. com geting geschaltet. Ergebnis des Vergleichs: Die Markenbekanntheit von Garnier HautklarAktiv lag in der mittels Targeting erreichten Zielgruppe um 41 Prozent höher als in der Kontrollgruppe ohne Kampagnenkontakt, bei der Markensympathie lag der Wert um immerhin 33 Prozent höher. Und: Mit einem Plus von 38 Prozent verzeichnete auch die Kaufabsicht einen deutlich höheren Wert. Kern der meisten Zielgruppenüberlegungen ist die Annahme, dass sich die Vertreter einer Zielgruppen konstant und markenloyal verhalten. Doch das ist nicht immer der Fall: Multiple Verbraucherpersönlichkeiten und davon gibt es viele, so die Erkenntnis des tiefenpsychologisch orientierten DIREKTPLUS.DE Tipps: Kampagnenerfolg durch optimierten Zielgruppendialog auf Grundlage moderner Targeting-Strategien online und offline Übersicht: Anregungen, wie Sie die vielfältigen Varianten und Möglichkeiten des Online-Targeting für Ihren Kundendialog nutzen können Checkliste: Diese Kriterien sind bei der Segmentierung von Business-Zielgruppen wichtig. www.direktplus.de/dialogtrends/ DIREKT+ 13