Theorie und Politik der Energiewirtschaft Vorlesung im Wintersemester 2008/2009 Universität Trier Prof. Dr. Ludwig von Auer Dipl.-Ing. Kurt Rommel 1
Was lesen wir alle tagtäglich in der Zeitung? Quelle: Allgemeine Zeitung Mainz, 23.10.2006 2
Was möchte ich Ihnen zum Verständnis energiewirtschaftlicher Zusammenhänge alles vorstellen? Wenn wir s sportlich formulieren: Was ist der Reiz des Spiels? Das Spielfeld Die Regeln Der bisherige Spielverlauf Die Taktik zum Erfolg Die Feldspieler Die Ersatzbank. heißt bei uns: Grundlagen/-begriffe, Rahmenbedingungen Reserven, Ressourcen, Funktionsabläufe Gesetze und Verordnungen Historische Entwicklung Preisbildung/-entwicklungen, Netzregulierung Unternehmen und deren Aufstellung Erneuerbare Energien und neue Anbieter Die entscheidende Phase. Zentrale energiepolitische Fragen 3
Filmbeitrag Energie: das Problem 4
Grundlagen und Grundbegriffe der Energiemärkte 5
Energie Energie ist das in einem Körper oder Stoff vorhandene Potenzial, physikalische Arbeit zu verrichten oder Wärme zu erzeugen. Für Energie gilt der Energieerhaltungssatz, demzufolge Energie weder erzeugt noch vernichtet werden, sondern lediglich ihre Erscheinungsform ändern kann. 6
Energie kann vollständig in Arbeit umgewandelt werden Energie = Exergie + Anergie nicht nutzbarer Rest der Energie 7
Die wichtigsten Erscheinungsformen der Energie Mechanische Energie: Elektromagnetische Energie: Bindungsenergie: Thermische Energie: - mechanische Arbeit - potenzielle / kinetische Energie - magnetische Energie - elektrische Energie - elektromagnetische Energie - chemische Energie - physikalische Energie - atomare Energie / Kernenergie - Wärme Quelle: Energiehandbuch 2002 8
Wie werden Energieeinheiten umgerechnet: 2 MJ kg SKE kg RÖE kcal kwh MJ - 0,034 0,024 238,8 0,278 kg SKE 29,308-0,7 7.000 8,14 kg RÖE 41,869 1,429-10.000 11,63 kcal 0,004187 0,000143 0,0001-0,001163 1 kwh 3,6 0,123 0,0861 859,8 - Die Umrechnung erfolgt z.b. von 1 nach 2, d.h.: 1 kwh = 3,6 MJ 9
Arbeit und Leistung zwei elementare Begriffe Arbeit = Kraft x Weg [ J ] [ Nm ] und Leistung = Arbeit / Zeit [ W ] [ J / s ] bzw. Arbeit = Leistung x Zeit [ J ] [ Ws ] 10
Ein Gefühl für Energiemengen. Fußgänger (72 kg, 6 km/h): Pkw (1,3 t, 100 km/h): Bergsteiger (85 kg, 1.000 Höhenmeter): tägl. Sonneneinstrahlung auf 1 m 2 in Deutschland: Verbrennung von 1 kg Steinkohle: Verbrennung von 1 Liter Erdöl: tägl. Verbrauch eines Menschen (Industrieland): Energieinhalt eines Gewitters: jährl. Verbrauch aller Menschen auf der Welt: Energie aller weltweiten Gewitter eines Tages: Tägl. Sonneneinstrahlung auf die Erde: 100 J 0,4 MJ 0,8 MJ 11 MJ 30 MJ 43 MJ 0,5 GJ 0,2 EJ 400 EJ 7,2 * 10 3 EJ 15 * 10 3 EJ Quelle: Energiehandbuch 2002 11
. und für Leistungen Wärmeproduktion eines Menschen: Menschliche Leistung bei hoher körperlicher Anstrengung: Heizkessel im Einfamilienhaus: Pkw: Passagierflugzeug: Windkraftwerk: Kernkraftwerk (pro Block): Kohlekraftwerk (pro Block): 80 W 500 W 20 kw 100 kw 200 MW. 3 MW. 1,5 GW. 2 GW Quelle: Energiehandbuch 2002 12
Welche Einheiten haben Sie gerade kennen gelernt? kilo : 10 3 z.b. kw Mega : 10 6 z.b. MW Giga : 10 9 z.b. GJ Tera : 10 12 z.b. TWh Peta : 10 15 z.b. PJ Exa : 10 18 z.b. EJ 13
Primärenergie Primärenergie ist die Energie, die in der Natur vorkommt und noch keiner Umwandlung unterworfen ist. Zur Primärenergie zählen fossile Energieträger wie Steinkohle Braunkohle Erdöl Erdgas Erneuerbare Energie 14
Sekundärenergie Sekundärenergie ist die Energie, die als Ergebnis eines Umwandlungsprozesses (z.b. Kraftwerk oder Raffinerie) und unter Energieverlust aus Primärenergie gewonnen wird. Sekundärenergie tritt entweder in Form von leitungsgebundener Energie oder in Form von Veredelungsprodukten auf: Strom Fernwärme Benzin Heizöl Koks Briketts 15
Endenergie Die in den Endverbrauchssektoren Industrie, Haushalte, Kleinverbraucher und Verkehr verwendete Energie, die zur Deckung des jeweiligen Nutzenergiebedarfs in diesen Sektoren eingesetzt wird. In der Regel handelt es sich um Sekundärenergie, teilweise auch um direkt nutzbare Primärenergie (etwa Erdgas). Die kommerziellen Endenergieträger werden eingeteilt in Fernwärme Strom Gas Erdölprodukte (Heizöl, Kraftstoffe, etc.) Kohle und Kohleprodukte direkte Solarnutzung Holz (biogene Brennstoffe) 16
Nutzenergie Nutzenergie ist diejenige Energieform, die dem Verbraucher nach der letzten Energieanwendung zur Verfügung steht und die Ziel seiner Nutzung ist. Nutzenergieformen sind z.b. Licht Mechanische Kraft Kälte Hoch- und Niedertemperaturwärme Elektrische und magnetische Feldenergie Elektromagnetische Strahlung Elektrische Prozessenergie 17
Welche Energiemärkte betrachten wir? Strom Mineralöl Steinkohle Erdgas Braunkohle Erneuerbare 18
Energieträger Unter Energieträgern versteht man Stoffe, die Energien gebunden haben (z.b. Kohle, Gas, Öl oder Holz). 19
Energieinhalt verschiedener Energieträger Quelle Träger / Wandler Energieinhalt Fossile Brennstoffe Kohle 2-8 kwh / kg Erdöl 12 kwh / kg Erdgas 10 kwh / kg Kernbrennstoffe Uran 2 * 10 7 kwh / kg Solarenergie Solarzellen 100-200 kwh / qm*a Kollektoren 1.000-2.000 kwh / qm*a Biomasse 4-10 kwh / kg Windenergie 700-1.000 kwh / qm*a Erdwärme Boden 10-3 kwh / kg C Müll Abfälle 2-3 kwh / kg Quelle: Energiehandbuch 2002 20
Energie-Reserven Diejenigen Mengen eines Energierohstoffes, die mit großer Genauigkeit erfasst wurden und mit den derzeitigen technischen Möglichkeiten wirtschaftlich gewonnen werden können. Synonym sind gebräuchlich: Bauwürdig ausbringbare Reserven, sicher (und wahrscheinlich) gewinnbare Vorräte. 21
Energie-Ressourcen Sowohl diejenige Menge eines Energierohstoffes, die entweder nachgewiesen, aber derzeit nicht wirtschaftlich und/oder technisch gewinnbar sind, als auch die Mengen, die auf Basis geologischer Indikatoren geologisch noch erwartet werden und mittels Exploration nachgewiesen werden können. 22
Energiewandler Ein Energiewandler ist eine Maschine oder ein Apparat, der eine Einsatzenergie, die dem Energiewandler zugeführt wird, in eine Zielenergie umwandelt. Die Formen der Einsatz- und Zielenergie sind dabei verschieden. Bei der Energiewandlung treten im allgemeinen nicht nutzbare Verlustenergien auf, die an die Umgebung abgeführt werden. Wirkungsgrad: Nutzungsgrad: P aus η = < 1 P ein A aus g = < 1 A ein 23
Wirkungsgrade von Energiewandlern Ausgangsform kin. Energie Strom Wärme Licht kin. Energie Generator 99 % Eingangsform chem. Energie Pkw Brennstoffzelle Ofen 20 % 60 % 60-95 % Strom Elektromotor Wärmepumpe Lampe 60-99 % 100-400 % 5-30 % Wärme Dampfturbine 80-90 % Licht Solarzelle Kollektor 5-25 % 60-90 % Quelle: Energiehandbuch 2002 24
1.2 Grundlagen - Energiefluss Energiefluss Primärenergie Aufbereitung Sekundärenergie Umwandlung Endenergie Anwendung Nutzenergie 25
1.2 Grundlagen - Energiefluss Energieflussbild 2006 für Deutschland Angaben in [Mio t SKE] *geschätzt Quelle: AG Energiebilanzen 26
1.3 Grundlagen Vorräte weltweit Energievorräte weltweit Strategische Ellipse Quelle: BMWA 27
1.3 Grundlagen Vorräte weltweit Länder mit den größten Reserven 2004 Quelle: BGR 28
1.3 Grundlagen Vorräte weltweit Entwicklung des weltweiten Primärenergie- Verbrauchs und Prognose der IEA Quelle: BGR 29
1.3 Grundlagen Vorräte Primärenergiebedarf der Welt bis 2030 Quelle: World Energy Outlook 2005, IEA 30
1.3 Grundlagen Vorräte Primärenergieverbrauch der EU 2004 6 % 15 % 18 % 24 % 37 % gesamt: 1,73 Gt OE Kohle Öl Erdgas Kernkraft Erneuerbare Quelle: ZfK, 4/2006 31
1.3 Grundlagen Vorräte Primärenergieverbrauch in Deutschland 2005 Quelle: AG Energiebilanzen 32
1.3 Grundlagen Vorräte Entwicklung des Primärenergieverbrauchs in Deutschland Quelle: BMWI, BMU 33
1.3 Grundlagen Vorräte Entkopplung von Wirtschaftswachstum und Primärenergieverbrauch in Deutschland Quelle: AG Energiebilanzen, Stat. Bundesamt 34
1.3 Grundlagen Vorräte Prognosen zum Primärenergieverbrauch in Deutschland Quelle: AG Energiebilanzen, EWI/Prognos 2005, DLR/IFEU/WI 2004 35
1.3 Grundlagen Vorräte Energieimportabhängigkeit Deutschlands 2004 100% 90% 80% 70% 60% 50% Importe Inlandsförderung 40% 30% 20% 10% 0% Öl Erdgas Steinkohle Kernenergie* Braunkohle Wasser/ Wind Sonstige * Uran muss importiert werden. Quelle: Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen 01/2005 36