2 Musikstunde Donnerstag, den 18. August 2011 Mit Susanne Herzog Auf den Leib geschrieben: Streichquartette für das Schuppanzigh Quartett Den Bauch rein und raus schieben, dick oder dünn, das konnte man bei einer Karikatur aus dem Jahr 1810, die den Geiger Ignaz Schuppanzigh darstellt: Bald ist man schmahl und bald zu dick; Doch diesen hier kann man schieben, nach belieben. so die Überschrift dazu. Und Schuppanzigh war sicherlich eher zu dick. Vielleicht sogar aufgrund seines nicht sehr vorteilhaften Aussehens unterschätzt: Man hätte es diesem kleinen, dicken, lebenslustigen jungen Mann, den Beethoven nur seinen Falstaff nannte, nicht angesehen, welch ein feines, geistreiches Gefühl in ihm lag. schrieb Carl Czerny über Ignaz Schuppanzigh, bekannt als Primarius von Beethovens Leibquartett dem Schuppanzigh Quartett, dem ersten professionellen Streichquartett in überhaupt. der Musikgeschichte Schuppanzigh war ein guter Geiger, wenngleich kein Solist, sondern eher ein Kammermusiker. Ein Zeitgenosse schrieb über ihn, dass Beethoven Schuppanzigh zu seinem Lieblingsdolmetscher wählte: der Übersetzer besonders der späten Streichquartette, die er mit seinem Ensemble alle uraufführte. Die Proben in enger Zusammenarbeit mit Beethoven. Da ging es oft richtig zur Sache, aber immer freundschaftlich, oft auch humorvoll. Beethoven jedenfalls hat einen Kanon auf Schuppanzigh geschrieben, der etwas von dem neckischen Ton verrät, den der Komponist und sein Lieblingsdolmetscher zuweilen an den Tag legten. 1 15 1. Musik Lob des Dicken Schuppanzigh ist ein Lump WoO 100 Musikalischer Scherz für drei Solostimmen und Chor 3. <1> 0 26 Titel CD: Der unbekannte Beethoven Vol. II Berlin Classics, 0091322BC, LC 6203 WDR 5023 917 2
3 Schuppanzigh ist ein Lump: so neckt Beethoven seinen Leib und Magen Geiger hier in seinem Scherzkanon mit dem Titel Lob auf den Dicken. Und einige Zeit später soll er gesagt haben: Er könnte sich freuen, wenn meine Kränkungen ihn magerer machten. Es sangen die Berliner Solisten. Um Beethoven und das Schuppanzigh Quartett geht es heute in der SWR 2 Musikstunde. Denn Beethovens Streichquartette sind mit Schuppanzighs Ensemble aufs engste verknüpft. Beethoven spürte, dass Schuppanzigh den Geist seiner Werke verstand: Kaum seiner Phantasie entquollen, kaum kopiert, übergab er ihm seine Werke zur Aufführung. schrieb ein Zeitgenosse. Kennen gelernt hatten sich der Geiger und Beethoven im Hause von Beethovens Gönner Fürst Karl von Lichnowsky. Dort spielte der damals noch 16-jährige Schuppanzigh 1792 Streichquartett. Beethoven frisch in Wien eingetroffen nahm an den regelmäßigen Matinéen des Quartetts teil, danach speiste man zu Mittag. Über Jahre entstand ein intensiver Kontakt zwischen Schuppanzighs Quartett und Beethoven. Man munkelt, dass Beethoven sogar Geigenunterricht bei Schuppanzigh genommen habe. Sozusagen um wirklich in die Anatomie der Streichinstrumente einzudringen. Im Jahr 1800 war es dann soweit: Beethoven vollendete seine ersten sechs Streichquartette op. 18: eine Frucht der intensiven Quartettschule von Schuppanzigh und natürlich von ihm mit seinen Mitspielern aufgeführt. 1 20 3
4 2. Musik 2. Satz: Scherzo aus Streichquartett c-moll op. 18 Nr. 4 <2> 6 24 Schuppanzigh-Quartett Anton Steck, Violine 1 Christoph Mayer, Violine 2 Jane Oldham, Viola Antje Geusen, Violoncello Titel CD:, Streichquartette op. 18/4 & op. 59/3 Schuppanzigh-Quartett auf den originalen Streichquartett-Instrumenten Beethovens Ars musici, Co Produktion Deutschland Radio, AM 1281-2, LC 5152 WDR 5052 994 Der zweite Satz, ein Scherzo, aus Beethovens Quartett op. 18 Nr. 4 gespielt vom Schuppanzigh Quartett. Nicht vom historischen natürlich, sondern vom heutigen Schuppanzigh Quartett, das der Geiger Anton Steck nach dem berühmten Vorbild benannt hat. Eine Aufnahme, bei der die vier Musiker des modernen Schuppanzigh Quartetts auf historischen Instrumenten aus dem Besitz Beethovens spielen. Möglicherweise auch den gleichen, auf denen seinerzeit Ignaz Schuppanzigh und seine Mitstreiter musiziert haben... Allerdings scheint Beethoven gerade dieses vierte seiner Quartettserie op. 18 nicht besonders hoch geschätzt zu haben. Dennoch wurde auch dieses ungeliebte Werk vom Schuppanzigh Quartett aufgeführt. Der Wiener Geiger Joseph Böhm weiß über eine Aufführung durch Schuppanzigh und sein Ensemble zu berichten, Beethoven habe den Saal lautstark verlassen bloß weil ihm das Tempo nicht recht gewesen war und er das Stück nicht liebte. Es Beethoven recht zu machen, war nicht immer einfach... Als Interpret dem Komponisten so nahe zu sein, war für Schuppanzigh sicher sehr reizvoll, häufig aber auch ziemlich unangenehm. Denn Beethoven sparte nicht mit Kritik und nahm selbstverständlich kein Blatt vor den Mund. Man denke nur an seinen berühmt gewordenen Ausspruch gegenüber Schuppanzigh: Glaubt er, dass ich an seine elende Geige denke, wenn 4
5 der Geist zu mir spricht? Wenngleich er sein Falstafferl oder seinen Mylord wie Beethoven Schuppanzigh humorvoll nannte, durchaus hoch schätzte. Eine neue Dimension bekam die Zusammenarbeit von Beethoven mit seinem Leibquartett, als Schuppanzigh sich entschloss, in der Saison 1804/05 erste öffentliche Abonnementkonzerte mit seinem Quartett zu veranstalten. Bisher war Kammermusik eine Sache der adeligen Kammer gewesen. Jetzt konnte erstmalig jeder Bürger Wien ein Ticket erwerben und die Quartette hören, die Schuppanzigh mit seinen Musikern spielte. Konkret sah das so aus, dass man für fünf Gulden, die man im voraus zahlte, insgesamt vier Konzerte besuchen konnte: das war etwas wirklich Neues. Mit vielerlei Konsequenzen. Beethovens Quartette wurden bekannt: denn viel mehr Leute als zuvor, konnten seine Werke durch Schuppanzighs Aufführungen nun hören. Dadurch stieg die Nachfrage nach Notenmaterial. Und das wiederum brachte Beethoven Einnahmen. Hinzu kam, dass der Schritt aus dem Adelspalais in den öffentlichen Raum das Quartettspiel professionalisierte. Kein adeliger Amateur spielte jetzt mehr die zweite Geige: dort saßen vier Profis an den Streichinstrumenten, wenngleich ihre Einnahmen aus den Abonnementkonzerten nicht reichten, um davon zu leben: alle hatten noch diverse andere Jobs. Nichts desto trotz: Beethoven hatte die Möglichkeit, seine Quartette wirklich für Profis zu schreiben, für Profis, denen nichts zu schwer war. Auch wenn das Schuppanzigh Quartett in seinen Proben manchmal ganz schön mit Beethovens Musik zu kämpfen hatte. Die dritte Veränderung betraf den neuen Raum: zunächst spielte das Quartett noch in einem Privathaus später dann im Saal des Hotels Zum Römischen Kaiser. Dieser große Raum hatte wiederum Auswirkungen auf Beethovens Kompositionen: sie nahmen immer größere Dimensionen an. Seine drei Quartette op. 59 waren geradezu sinfonisch gedacht. Das kam auch dem Schuppanzigh Quartett entgegen. Die vier Männer brachten im Forte die Wirkung eines kleinen Orchesters hervor. berichtete Beethovens Privatsekretär Anton Schindler. 5
6 Das moderne Schuppanzigh Quartett kann das ebenfalls. Hier ist es mit dem Finale aus Beethovens Quartett op. 59 Nr. 3. 3 15 3. Musik 4. Satz: Allegro molto aus Streichquartett C-dur op. 59, Nr. 3 <8> 5 38 Schuppanzigh-Quartett Anton Steck, Violine 1 Christoph Mayer, Violine 2 Jane Oldham, Viola Antje Geusen, Violoncello Titel CD:, Streichquartette op. 18/4 & op. 59/3 Schuppanzigh-Quartett auf den originalen Streichquartett-Instrumenten Beethovens Ars musici, Co Produktion Deutschland Radio, AM 1281-2, LC 5152 WDR 5052 994 Das Schuppanzigh Quartett unserer Tage: Das Finale aus Beethovens op. 59 Nr. 3. Das dritte der Rasumowsky Quartette, benannt nach dem Widmungsträger. Bei dem war das Schuppanzigh Quartett ab 1808 fest angestellt, denn die Abonnementkonzerte brachten trotz diverser Nebentätigkeiten zu wenig und zu unregelmäßige Einnahmen. Graf Rasumowsky dagegen gewährte den Musikern eine lebenslange Pension. Erst als das Palais des Grafen sechs Jahre später durch ein Feuer zerstört wurde, musste Rasumowsky sein Privatquartett entlassen. Ein Grund für Schuppanzigh sich ein anderes Tätigkeitsfeld zu suchen: der Geiger ging nach Russland: für sieben Jahre. Und Beethoven: ja, der schrieb bis zu Schuppanzighs Rückkehr kein Streichquartett mehr. So weit kann die Verbindung von Komponist und Interpret gehen! Die anderen drei Quartettkollegen machten übrigens in Wien weiter mit einem anderen Primarius. Und an der zweiten Violine saß jetzt Karl Holz. Ein Geiger mit dem Beethoven in seinen letzten Lebensjahren engen Kontakt haben sollte. Noch ein Wort zur Besetzung des Schuppanzigh Quartetts: damals war es nicht anders als heute. Die Besetzungen wechseln im Laufe der Jahre, selbst die Namen des Ensembles variieren zuweilen. Mit Schuppanzighs Rückkehr nach Wien im Jahr 1823 blieb die 6
7 Besetzung jedoch endlich stabil: neben Schuppanzigh selbst spielte der besagte Karl Holz die zweite Geige, Bratsche spielte Franz Weiß, der seit den Anfängen dabei war und nur zwischenzeitlich nicht mitgespielt hatte. Am Cello saß Joseph Linke: bereits seit der Anstellung des Quartetts bei Rasumowsky. Auf dem Lande werde ich ihn besuchen, da wollen wir zusammen ein neues Quartett komponieren. erklärte Schuppanzigh als er wieder in Wien eintraf. Und er sollte recht behalten: nach dreizehn Jahren ohne ein Streichquartett, schrieb Beethoven endlich sein op. 127. Zusammen allerdings haben sie es natürlich nicht komponiert, wenngleich Schuppanzigh damit sicherlich auch eher auf die enge Verbindung von Kompositionsprozess und musikalischer Ausführung anspielt. Aber diesmal standen die Sterne ungünstig: die Uraufführung des op. 127 durch das Schuppanzigh Quartett sollte gründlich misslingen. Beethovens Neffe berichtete: Erstlich gings nicht recht zusammen, dann sprang dem Schuppanzigh eine Saite, was auch viel beytrug, da er nicht einmahl eine 2te Violine bey der Hand hatte. Die Gründe lagen sicherlich nicht nur an einer gerissenen Saite. Schon die Wochen vor der Uraufführung verliefen denkbar ungünstig. Es fing damit an, dass Beethoven das Quartett sowohl Schuppanzigh als auch Joseph Linke, dem Cellisten, für eine eigene Akademie versprochen hatte. Letztendlich erhielt Schuppanzigh den Zuschlag: die Stimmung im Quartett war natürlich dahin... Außerdem nahm Beethoven bis zuletzt Änderungen vor und es blieb wenig Zeit zum Proben. Und last but not least: den neuen Weg, den Beethoven spätestens mit seinen Rasumowsky Quartetten beschritten hatte, den setzte er mit seinem op. 127 konsequent fort. Mit anderen Worten: sowohl Musiker als auch Zuhörer hatten Schwierigkeiten, den musikalischen Gehalt des Werkes zu erfassen. Selbst Schuppanzigh, der ja bekannt war als der Dolmetscher von Beethovens Musik, selbst der gab zu, dass er zu kämpfen hatte: Ich müsste lügen, dass es für mich in Passagen zu schwer sey, das ensemble ist schwer. Und weiter... die Originalität 7
8 macht es schwer, welche man im ersten Augenblick nicht fassen kann. 3 07 4. Musik 1. Satz: Maestoso Allegro aus Streichquartett Es-dur op. 127 1. <2> 6 35 Alban-Berg-Quartett Günter Pichler, Violine 1 Gerhard Schulz, Violine 2 Thomas Kakuska, Viola Valentin Erben, Violoncello Konzertmitschnitt WDR Kompilation WDR 5092 252 Das Alban-Berg-Quartett: ein Konzertmitschnitt des ersten Satzes aus Beethovens op. 127. Eines der drei späten Quartette, die Schuppanzigh noch zu Lebzeiten von Beethoven öffentlich uraufgeführt hat. Und gerade in seinen letzten vier Lebensjahren hatten Schuppanzigh und der zweite Geiger des Quartetts, Karl Holz, intensiven Kontakt zu Beethoven. Der war längst vollständig taub. Für die Nachwelt hat das einen entscheidenden Vorteil: es gewährt uns Einblick in recht private Sphären. Denn die Konversationshefte geben Gespräche wieder, die Beethoven mit Schuppanzigh und Holz geführt hat. Allerdings braucht es da immer etwas Phantasie: denn selbstverständlich sind nur die Gesprächsanteile von Schuppanzigh und Holz notiert, was Beethoven dann geantwortet oder gefragt hat, das muss man sich aus dem Notierten zusammen reimen. Ganz klar wird der freundschaftliche Umgang zwischen den drei Musikern: so wie Beethoven Schuppanzigh als sein Falstafferl titulierte, so nannte er Holz gerne Bester Span! oder Bestes MahagoniHolz! Und bester Span war es, der die Stimmen von Beethovens op. 132 abschreiben sollte. Trotz aller neckischer Sprachspiele: der Komponist blieb ängstlich um seine Komposition besorgt: ob er diesem neuen Kopisten auch trauen könne? Nicht das seine wertvolle Komposition am Ende in alle Winde zerstreut werde. Soweit sollte es nicht kommen: Holz 8
9 kopierte zuverlässig und zu Beethovens Zufriedenheit. Violine spielte er allerdings nicht immer zu dessen Zufriedenheit. Es wird berichtet, dass Beethoven, der bei den Proben vom Schuppanzighs Quartett bei seinem op. 132 zugegen war, Holz die Geige aus der Hand nahm und eine staccato Stelle vorspielte. Nicht zu vergessen: Beethoven war bereits taub: aber ganz hohe Frequenzen erreichten wohl noch sein Ohr. Und wahrscheinlich hat er anhand der Bogenbewegungen erahnt, wie es klang... Angeblich soll Beethoven gesagt haben: Man sollte Holz unter den Stuhl legen und anzünden, damit Holz Feuer bekommt. Und Holz, der schrieb später in eines von Beethovens Konversationsheften: Es freut mich, jetzt sagen zu können, ich habe von Beethoven eine Geigenlection erhalten. 2 02 5. Musik 5. Satz: Allegro appassionato Presto aus Streichquartett a-moll, op. 132 1. <5> 6 01 Emerson String Quartet Eugene Ducker, Violine 1 Philip Setzer, Violine 2 Lawrence Dutton, Viola David Finckel, Violincello Titel CD: Beethoven: The string quartets DG, 447 081-2, LC 0173 WDR 5055 895 Beethovens op. 132, der letzte Satz, gespielt vom Emerson String Quartet. Obwohl Beethoven Holz bei seinem op. 132 eine Geigenlection erteilt hatte, eigentlich war er derjenige, der vom Schuppanzigh Quartett etwas über die Möglichkeiten von Streichinstrumenten zu erfahren wünschte. In den Konversationsheften etwa sind Erklärungen von Holz zum Flageolett-Spiel und der sul-ponticello-bogentechnik nachzulesen: Ist leicht zu machen; es kommt nur auf den Bogen, dass er leicht und sehr nahe am Steg geführt wird. Und eben dieses Spielen ganz nahe am Steg hat Beethoven dann im Presto seines Streichquartetts op. 131 verwendet. 9
10 Auch diesmal war der zweite Geiger des Schuppanzigh Quartetts wieder dazu ausersehen, die Stimmen zu kopieren. Ich möchte mir es um keinen Preis nehmen lassen, es zu copiren; wenn man so ruhig es übersehen kann, so steigen ganz neue Welten herauf. erklärte Karl Holz, der durch das Kopieren die Musik sozusagen schon innerlich hören konnte, bevor er sie den anderen Kollegen auf die Pulte legte. Und dass bei Beethovens Quartetten ganz neue Welten herauf steigen, das hatte Schuppanzighs Quartett spätestens seit den Werken für Rasumowsky gespürt. Beim ersten Durchspielen des ersten Rasumowsky Quartetts hatten die Musiker angefangen zu lachen, weil sie dachten, Beethoven erlaube sich einen Spaß mit ihnen. Dem war natürlich keineswegs so: Beethoven meinte es ganz ernst. Umso bewundernswerter, dass Schuppanzigh konsequent an der Aufführung von Beethovens Quartetten in seinen öffentlichen Konzerten festhielt. Seine Programme waren nicht das damals übliche Potpourri, sondern fast ausschließlich Haydn, Mozart und Beethoven gewidmet. Was die Zuhörer nicht gerade begeisterte: insofern blieben die Einnahmen eher bescheiden. Aber Schuppanzigh ließ sich nicht beirren: er blieb seinen Qualitätsmaßstäben treu. Hier besagtes Presto aus Beethovens Quartett op. 131: am Ende genau hinhören: da erklingt die Bogentechnik, die Holz Beethoven erklärt hat: ganz nahe am Steg. 2 05 6. Musik 5. Satz: Presto aus Streichquartett cis-moll, op. 131 1. <5> 4 55 Auryn Quartett Matthias Lingenfelder, Violine 1 Jens Oppermann, Violine 2 Stewart Eaton, Viola Andreas Arndt, Violoncello WDR Kompilation WDR 5133 829 10
11 Das Auryn Quartett mit dem Presto aus Beethovens op. 131. Auch dieser rasante, kurze Satz zeigt, dass Beethovens späte Quartette, die Musiker technisch wie musikalisch voll forderten. Und das obwohl alle vier auch noch andere Arbeiten hatten. Deshalb gab es manchmal ziemliche Terminschwierigkeiten bei den Proben. Was dazu führte, dass das Schuppanzigh Quartett Haydn und Mozart völlig ohne Proben spielte. Bei Beethovens Spätwerken ging das natürlich nicht, allerdings waren die dafür angesetzten zwei Wochen aus heutiger Sicht auch eher eine kurze Zeitspanne... Schuppanzigh und sein Ensemble setzten neue Maßstäbe, was das Quartettspiel betraf und tatsächlich entstanden durch den Ruf, den sie verbreiteten, in ganz Europa ebenfalls professionelle Streichquartette. Aber sicherlich nicht solche, die mit einem Meister wie Beethoven so eng zusammenarbeiteten, wie dass das Schuppanzigh Quartett seinerzeit tat. Über eine der Proben in Beethovens Gegenwart berichtet Holz: Beethoven saß gewöhnlich zwischen Schuppanzigh und mir, denn die hohen Töne trafen noch sein Ohr, während er die tiefen nicht mehr hörte. Beethoven gab die Tempi an, die Riterdando s u.s.w. spielte uns auch einige Stellen auf dem Klavier vor.... Schuppanzigh hatte manchmal einen harten Kampf mit Schwergriffen der 1. Violine, worüber Beethoven in ein homerisches Gelächter ausbrach. Ja, das homerische Gelächter von Beethoven, das hätten wir auch gerne gehört. Aber man kann es sich immerhin lebhaft vorstellen. Und auch noch heute gibt es Interpreten, die so eng am Puls der Zeit sind, wie damals Schuppanzigh mit seinem Quartett. Morgen können Sie sich zum Abschluss der SWR 2 Musikstundenwoche über die Zusammenarbeit von Komponisten und Interpreten davon überzeugen: da begleitet die SWR 2 Musikstunde die Geigerin Anne-Sophie Mutter auf ihren Streifzügen durch die Welt der zeitgenössischen Musik. Zahlreiche Uraufführungen hat sie gespielt und sich immer wieder Werke schreiben lassen: Neue Musik, den Kontakt zu den Komponisten, das ist ihr ganz wichtig: Studieren, analysieren, ein Werk in meinem inneren Ohr entstehen lassen: Ich 11
12 glaube, das ist der ganz große Kick, den mir zeitgenössische Musik verschafft. sagt Anne-Sophie Mutter. Schuppanzigh wird s damals ähnlich gegangen sein: was für ein Gefühl, ein Werk zum aller ersten Mal zu spielen. Und dabei noch mit dem Komponisten sprechen zu können, sich zu beraten, Fragen zu stellen! Zum Schluss die Cavatina aus Beethovens Quartett op. 130. Ein live Mitschnitt von einem Konzert des Auryn Quartetts. 2 45 7. Musik 5. Satz: Cavatina aus Streichquartett B-dur, op. 130 2. <5> 7 32 Auryn Quartett Matthias Lingenfelder, Violine 1 Jens Oppermann, Violine 2 Stewart Eaton, Viola Andreas Arndt, Violoncello WDR Kompilation WDR 5133 831 Text ca. 15 49 Musik ca. 37 31 12