Deutscher Mittelstand am 16. März 2009 in Berlin



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Transkript:

s Finanzgruppe Deutscher Sparkassen und Giroverband Es gilt das gesprochene Wort. Rede des Präsidenten des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes Heinrich Haasis anlässlich des 10. Sparkassen-Forums Deutscher Mittelstand am 16. März 2009 in Berlin Deutscher Sparkassen und Giroverband Charlottenstraße 47 10117 Berlin

Meine Damen und Herren herzlich willkommen zum 10. Sparkassen-Forum Deutscher Mittelstand! Mein Gruß gilt vor allem Ihnen, den mittelständischen Unternehmerinnen und Unternehmern, die der Einladung Ihrer Sparkasse nach Berlin gefolgt sind. Wir freuen uns, Damen und Herren Abgeordneten des Deutschen Bundestages, Mitglieder der Verwaltungsräte der Sparkassen, Vorstandsvorsitzende und Vorstände der Sparkassen, Landesbanken und Verbundunternehmen und Repräsentanten der Wirtschaft, der Verwaltung und den Verbänden heute hier begrüßen zu können. Den Hauptrednern des heutigen Tages gilt mein besonderer Gruß. Als erstes werden wir Herrn Werner Küsters, Präsident des Bundesverbandes der Dienstleistungswirtschaft hören. Dieser Verband steht für 26 Branchen der Dienst-leistungswirtschaft. Insgesamt vertritt der Bundesverband mehr als 100.000 Dienstleistungsunternehmen, die vor allem mittelständisch geprägt sind. Allein die Betriebe der Mitgliedsverbände des BDWi beschäftigen insgesamt mehr als eine Millionen Mitarbeiter in Deutschland und darüber hinaus. Der gesellschaftliche Wandel unseres Landes von einer Industrie- hin zu einer Dienstleistungsgesellschaft erleben die Mitgliedsunternehmen des BDWi tagtäglich. Als typische Mittelständler meistern sie aber auch die Herausforderungen, vor die uns alle die aktuelle ökonomische Situation stellt. Als zweiten Hauptredner hören wir heute Herrn Hans-Joachim Otto, Parlamentarischer Staatssekretär des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie. Er vertritt heute Herrn Minister Brüderle, der leider aus terminlichen Gründen seine ursprüngliche Zusage wieder zurückziehen musste. Die Bundesregierung hat große Anstrengungen unternommen, um die Auswirkungen der internationalen Finanzkrise auf Deutschland zu begrenzen. Erste Zeichen deuten darauf hin, dass wir in diesem Jahr mit einer Erholung der Konjunktur rechnen können. Es liegt vor allem am Können der mittelständischen Unternehmerinnen und Unternehmer, wenn Firmen erfolgreich sind, Gewinne erwirtschaftet und Arbeitsplätze gesichert werden. Ihr Ministerium, Herr Staatssekretär, ist dafür zuständig, den Unternehmen den notwendigen Freiraum für 2

selbständiges Handeln zu verschaffen. Sie haben deshalb den deutschen Mittelstand in den Mittelpunkt Ihrer Arbeit gestellt. Wir sind sehr gespannt auf Ihre Ausführungen. I. Die dezentralen Systeme selbständiger, im Verbund arbeitender Kreditinstitute haben gerade in den letzten Krisenmonaten ihre Stabilität, vielleicht sogar ihre strukturelle Überlegenheit gegenüber manchem Bankkonzern unter Beweis gestellt. Das gilt für die Sparkassen, das gilt aber auch - selbst wenn wir Wettbewerber sind - für die Volksbanken. Nun vermitteln einige bereits wieder den Eindruck, das Schlimmste sei überstanden und die Märkte würden sich langsam wieder in einen Normalzustand einpendeln. Ich kann vor einer solchen Fehleinschätzung nur warnen. Erstens sind die Belastungen der internationalen Finanzsysteme noch lange nicht überwunden. Island ist praktisch zahlungsunfähig. Und die Probleme Griechenlands stellen die Europäische Währungsunion auch weiterhin vor ganz grundlegende Herausforderungen. Zwischen Erhalt der Stabilität des Euro einerseits und der Vermeidung von direkten Hilfen an Griechenland verläuft nur ein sehr schmaler Grad, von dem man schnell abstürzen kann. Zweitens sind die grundlegenden Ursachen der internationalen Finanzkrise bislang überhaupt nicht beseitigt. Teile der Finanzwirtschaft sind schon wieder in der Art von Geschäften aktiv, die die Krise ausgelöst haben. Bei einigen Banken beruhen die aktuell wieder positiven Geschäftsergebnisse fast ausschließlich auf spekulativen Geschäften oder Kapitalmarktaktivitäten, nicht auf kundenbasiertem Kreditgeschäft. Grundlage dafür ist, dass derzeit viel zu viel Liquidität im Markt ist. Diese Liquiditätsschwemme entfaltet schon wieder Gefahren für neue Blasen, etwa bei den übertriebenen Spekulationen im Rohstoffbereich. Darunter leiden nicht zuletzt diejenigen, die als Unternehmen darauf angewiesen sind, sich auf einem funktionierenden Markt mit Energie oder mit Rohstoffen einzudecken. Unternehmen, das wissen Sie nur zu gut, unterliegen in aller Regel natürlichen Wachstumsgrenzen durch Eigenkapital, Marktzugänge, Produktionsmengen, Mitarbeiterkapazitäten oder Know-How. Dagegen ist die Finanzwirtschaft der einzige Wirtschaftssektor, der sich über neue Finanzkonstruktionen ein nahezu unbegrenztes Wachstumspotenzial erschließen kann. Das hat in den letzten Jahren den Boden bereitet für ein ungehemmtes weltweites Wachstum der Finanzwirtschaft. Es hat vor allem in hochkomplexen, spekulativen Produkten stattgefunden. Und dieses Wachstum hatte praktisch 3

nichts mehr mit der Realwirtschaft zu tun. Wir alle haben lernen müssen, dass in vielen Fällen für solche unternehmerischen Fehlentscheidungen nicht die Bank und auch nicht ihre Eigentümer haften, sondern die Steuerzahler. In Folge der Krisen von 2008 und 2009 wurden in manchen Ländern ganze Branchen plötzlich von der Geldversorgung abgeschnitten. Auch in Deutschland haben wir die wirtschaftliche Erschütterung gespürt: Um 5 % ist im letzten Jahr die Wirtschaftsleistung gesunken. Das ist der stärkste Einbruch, den wir in der Bundesrepublik jemals zu verzeichnen hatten. Natürlich knüpfen sich daran jetzt eine Menge Fragen: Wie ist die wirtschaftliche Lage der Unternehmen? Wie steht es mit der Unternehmensfinanzierung? Und wie geht es auch mit Ihren kreditwirtschaftlichen Dienstleistern, den Banken, weiter? Ich will versuchen, Ihnen hierzu unser Wissen und unsere Einschätzungen darzulegen. II. Lage der Unternehmen Die Sparkassen-Finanzgruppe lebt ganz wesentlich von Dienstleistungen für deutsche Unternehmen. 43 % der Kredite an inländische Unternehmen und Selbständige kommen aus unserer Gruppe. Zu drei von vier Unternehmen haben wir Geschäftsbeziehungen. Wir haben nicht nur deshalb großes Interesse daran, dass es Ihnen, unseren Firmenkunden, gut geht. Aber natürlich schauen wir in diesen Zeiten auch genauer hin. Nach Einschätzung unserer Sparkassen ist für 2010 verhaltener Optimismus angebracht: Über ein Drittel der deutschen Unternehmen ist gar nicht von der Krise berührt oder hat sogar von ihr profitiert. Weitere 45 Prozent der Unternehmen sind von der Krise durch Umsatz- und Gewinneinbrüche stärker betroffen, können sie aber nach unserer Einschätzung aus eigener Kraft bewältigen. Rund ein Fünftel der Unternehmen hat allerdings sehr zu kämpfen, darunter sind fast sechs Prozent der Unternehmen, deren Existenz durch die Krise akut bedroht ist. Die Lage sähe sehr viel kritischer aus, wären nicht die Unternehmen im Durchschnitt mit einer deutlich besseren Eigenkapitalausstattung als früher in diese Krise gegangen. Im Bilanzjahr 2008 - die Bilanzzahlen 2009 liegen noch nicht vollständig vor - ist die Eigenkapitalquote auf durchschnittlich 13,9 Prozent gestiegen. Das sind nochmals rund zwei Prozentpunkte mehr als im Vorjahr. Das war ein wirksamer Puffer. Doch machen wir uns nichts vor: In einigen Unternehmen wird die Eigenkapitaldecke mittlerweile dünn. Eine Ursache dafür sind auch die Kosten für den Erhalt von Arbeitsplätzen. Aber die Unternehmen wissen, dass sich diese 4

Investition auszahlen wird. Es ist klug, wenn man im Hinblick auf den im Aufschwung zu erwartenden Fachkräftemangel auf die eigenen Mitarbeiter zurückgreifen kann. Vor allem größere Mittelständler mit starker Exportorientierung geraten jetzt an das Ende ihrer Eigenkapitaldecke. Deshalb muss jetzt alle politische und kreditwirtschaftliche Energie darauf gerichtet werden, diesen Unternehmen über die schwierige Wegstrecke der nächsten Monate zu helfen. Ich bin deshalb dafür, die staatlichen Unterstützungsmöglichkeiten klar auf die Unternehmen direkt auszurichten und nicht weitere Bankenhilfen zu organisieren. Manche in unserer Branche träumen immer noch davon, der Staat solle Kreditverbriefungen verbürgen. Im Klartext: Das ist der Verkauf von Unternehmenskrediten an Investoren. Sicher: Eine Bank gewinnt dadurch neue Eigenkapitalspielräume, die sie für neue Kredite einsetzen kann. Aber wer garantiert, dass sie das tut? Die Erfahrungen bei denjenigen, die bisher Staatshilfen erhalten haben, sind doch eher anders. Und außerdem schmeißen wir damit wieder den Mechanismus der Trennung von Kredit und Risiko an, der mitursächlich für die Krise war. Wichtiger wäre es, die Wirkung des Deutschland-Fonds zu erhöhen. Von den 40 Mrd. Euro, die daraus der KfW für Kredite zur Verfügung stehen, wurden bis Anfang März erst 6,6 Mrd. tatsächlich in Anspruch genommen - gerade mal ein Sechstel! Und davon ging über die Hälfte an die Großunternehmen des Landes mit mehr als 500 Mio. Euro Jahresumsatz. Viele Mittelständler erleben jetzt eine Verschlechterung ihrer Bonität. Wenn die Politik auch diesen Unternehmen helfen will, dann sollte sie von der KfW etwas mehr Risikotoleranz einfordern und den mittständischen Betrieben die Förderprogramme leichter zugänglich machen. Jetzt ist es leider oft so, dass die KfW Finanzierungen aus Bonitätsgründen ablehnt, die die Sparkassen durchaus noch empfehlen würden. Das ist aber nur der Beitrag der Politik. Zu Recht wird natürlich erwartet, dass der größte Teil der Herausforderungen im Markt gelöst wird. Ich will Ihnen deshalb vorstellen, was wir dazu beitragen. Die Sparkassen haben 2009 in Höhe von 62,1 Mrd. EUR Kredite an Unternehmen und Selbständige neu zugesagt. Dies entspricht einer Steigerung von plus 5,5 Prozent gegenüber dem Rekordjahr 2008. Wir sind im Eigenkapital und in der Liquidität darauf vorbereitet, dieses Volumen in diesem Jahr weiter zu steigern. Mehr noch: Die Sparkassen haben rund 130 Mrd. Euro mehr Einlagen als Kredite. Dieses Geld ist angesichts der Unsicherheit der Märkte gar nicht leicht anzulegen. 5

Wir suchen deshalb gute Anlagemöglichkeiten in Unternehmenskrediten. Dieses Geschäftsfeld wird immer wichtiger. Ein Grund dafür wird in Zukunft auch sein, dass die Sparkassen auch bei Anlagen in manchen Banken kritischer hinschauen werden. Die Diskussion um ein Insolvenzrecht für Banken wird selbstverständlich zu der Frage führen, wo man seine liquiden Mittel noch anlegen kann, wenn man damit rechnen muss, im Krisenfall durch Gesetz vom Gläubiger zum Miteigentümer zu werden. Ich will mich auch um die Frage der Landesbanken nicht drücken. Eines dabei vorweg: Die Landesbanken tragen mit einem Kreditvolumen von rund 204 Mrd. EUR deutlich mehr zur Kreditversorgung der Realwirtschaft bei als alle Großbanken zusammen (139 Mrd. EUR). Sie sind also für unsere Volkswirtschaft sehr wichtig. Wir haben viele sehr gute Landesbanken und einige, bei denen die Finanzkrise zugeschlagen hat. Letztere sind alle durch Hilfestellungen der Eigentümer - Länder und Sparkassen - stabilisiert worden. Die Sparkassen hat dies viel Geld gekostet. Mit neuem Kapital oder neuen Haftungen sind sie über ihre Verantwortung als Eigentümer deutlich hinausgegangen. Vergleichbares haben Sie übrigens bei den privaten Eigentümern börsennotierter Banken nicht erlebt. Trotz dieser Belastungen werden die Sparkassen für 2009 einen deutlichen Gewinn ausweisen und rund 2 Mrd. Euro Steuern zahlen und nicht Staatshilfen in Anspruch nehmen! Natürlich müssen aber die betroffenen Landesbanken stabiler und damit kleiner werden. Und natürlich werden sie dazu auch Engagements abbauen müssen. Die Vorstellung der Sparkassen ist, dass Landesbanken internationale Finanzengagements abzubauen und dadurch Freiräume für Unternehmenskredite schaffen. Ganz wird der Schrumpfungsprozess in den Bilanzsummen aber auch an den Kreditengagements nicht vorübergehen können. Zunehmend werden deshalb große Unternehmenskredite durch mehrere Sparkassen gemeinsam getragen, um den Kunden im gewohnten Umfang zur Verfügung stehen zu können. Aber natürlich auch, um die sich angesichts des deutlichen Rückzugs von Auslandsund Großbanken bietenden neuen Geschäftsmöglichkeiten zu nutzen. Im Ergebnis heißt das: Auch künftig werden gute Geschäftsideen von Unternehmen in unserer Gruppe nicht an fehlenden Finanzmitteln scheitern. Jeder, der ausreichend Aussicht auf Rückzahlung des Kredits bietet, wird finanziert! 6

Es geht aber nicht nur um Kredite, ich hatte das angesprochen, sondern zunehmend auch um Eigenkapital. Auch hier nehmen Sparkassen und Landesbanken ihre Verantwortung wahr. Wir werden in diesem Jahr 550 Mio. Euro für neue Eigenkapitalfinanzierungen zur Verfügung stellen und damit dem krisenbedingten Eigenkapitalverzehr in den Unternehmen entgegen wirken. Die Vergabe erfolgt über die dezentralen Beteiligungsgesellschaften unserer Gruppe. Wir verfolgen damit aber nicht das Ziel, unternehmerisch mitreden zu können. Vielmehr geht es darum, die Bonität der Unternehmen zu verbessern, um sie damit kreditwürdiger zu machen. Ein Wort noch zu den Kreditkonditionen und den Ratings. Seit September 2008 sind die Zinsen für kurzfristige Kredite bis 1 Mio. Euro an Unternehmenskunden um 3,27 Prozentpunkte gesunken. Der Basiszins der EZB ist in der gleichen Zeit um 3,25 Prozentpunkte gesunken. Das bedeutet: Selten zuvor waren die Kreditzinsen so günstig wie heute. Das wird angesichts der immensen Liquidität im Markt nicht auf alle Zeit so bleiben. Wir werden sicher in absehbarer Zeit die ersten Maßnahmen der EZB sehen, um wieder Geld aus dem Markt abzusaugen und die Stabilität zu erhalten. Deshalb ist es absolut nachvollziehbar, dass jetzt viele Unternehmen aus kurzfristigen Finanzierungen langfristige machen. Dieser Effekt wird häufig übersehen, wenn im kurzfristigen Bereich Volumenrückgänge diagnostiziert werden. Ich kann auch nicht erkennen, dass die Ratings für die kritischen Geschäftsjahre 2008 und 2009 in einem Aufschwung eine Bremse wären. Zum einen gibt es bei uns keinen Branchenmalus. Jedes Unternehmen wird individuell und fair bewertet. Zum anderen berücksichtigen die Sparkassen im Rating nicht nur die Finanzkennzahlen eines einzigen Jahres. Wir legen auch großen Wert auf qualitative Faktoren, die die Marktposition und die Perspektiven des einzelnen Unternehmens erfassen. III. Konsequenzen aus der Krise Lassen Sie mich aber auch auf einen zweiten Punkt kurz zu sprechen kommen: Wie geht es eigentlich mit Ihren kreditwirtschaftlichen Partnern, den Banken, weiter? Ich will deutlich bekennen, dass ich hier etwas desillusioniert bin. Ich hatte vor etwas über einem Jahr wie viele andere sehr darauf gesetzt, dass es zu wirksamen Maßnahmen im Bereich Aufsicht und Regulierung kommt. Davon ist bisher wenig zu spüren. Vielmehr sollen jetzt teilweise 7

plakative und an den Ursachen der Krise vorbeigehende Maßnahmen unkoordiniert eingeführt werden. Ich habe dabei nicht immer den Eindruck, dass dabei wirklich die Schlussfolgerungen aus der Finanzkrise gezogen werden. Nur zwei Beispiele will ich anführen, die auch für Sie relevant sein könnten. Erstens geht es um die Frage der künftigen Eigenkapitalausstattung der Kreditinstitute, das ist eine internationale Regulierung. Ich halte es für absolut richtig, Kreditinstituten mit hohen Risiken mehr Eigenkapital abzuverlangen. Wenn man das aber pauschal über alle Kreditinstitute zieht, belastet man vor allem diejenigen, die viel solides Kreditgeschäft machen. Ist es wirklich die richtige Schlussfolgerung aus der Finanzkrise, diejenigen zusätzlich zu belasten, die Ihnen Kredite geben sollen? Ich meine nicht, im Gegenteil. Wir haben doch gerade über die Notwendigkeit zur Verhinderung einer Kreditklemme gesprochen. Und die richtige Schlussfolgerung aus der Finanzkrise wäre es doch auch, diejenigen stärker zu belasten und zu regulieren, die risikoreiche internationale Finanzgeschäfte machen oder wegen ihrer Größe für die ganze Volkswirtschaft ein Systemrisiko darstellen. Zweitens geht es um die Frage, wer für die Kosten der Krise aufkommt. Ich habe großes Verständnis für die Forderung, nicht die Steuerzahler auf den Kosten sitzen zu lassen, sondern die Verursacher der Krise heranzuziehen. Nur muss man das dann auch wirklich machen. Jetzt gibt es in Deutschland den Vorschlag einer allgemeinen Bankenabgabe, für die es auf den ersten Blick im breiten Publikum und vielleicht auch bei einigen von Ihnen Beifall geben wird. Bei näherem Hinsehen stellt man aber fest, dass schon die teilweise öffentlich diskutierte Höhe völlig abwegig ist. Denn sie würde den deutschen Kreditinstituten fast alle künftigen Maßnahmen zur Eigenkapitalstärkung wegbesteuern und damit letztlich die Spielräume für neue Kredite. Und noch viel kritischer ist, dass eine solche Abgabe alle Kreditinstitute zahlen sollen - und zwar möglichst nach der Bilanzsumme. Die Konsequenz wäre, dass wiederum die Kreditinstitute mit viel Kreditgeschäft - in Deutschland vor allem Sparkassen und Genossenschaftsbanken - zahlen würden, während Finanzjongleure praktisch kaum belastet würden. 8

Ist Ihr Eindruck, dass Sparkassen und Volksbanken die Finanzkrise ausgelöst hätten und deshalb dafür zahlen sollten? Oder meinen Sie, dass man bei diesen Instituten durch hohe Abgaben die Kreditspielräume beschränken sollte? Letztlich geht es natürlich um unsere Reserven und damit unsere Interessen. Es geht aber auch darum, ob Sparkassen und Volksbanken künftig im gleichen Umfang Ihre Geschäftspartner bleiben können oder ob sie anderen deren risikoreichen Geschäfte finanzieren bzw. absichern müssen. Das ist dann keine Frage mehr, die uns allein betrifft. Es ist sogar angesichts der volkswirtschaftlichen Bedeutung beider Kreditinstitutsgruppen eine grundlegende Fragestellung unserer Volkswirtschaft. Ich bin deshalb Ihrem Minister, sehr geehrter Herr Staatssekretär Otto, sehr dankbar dafür, dass aus dem Bundeswirtschaftsministerium dazu klare Aussagen gekommen sind. Aus meiner Sicht kommt es mehr denn je darauf an, die Kreditwirtschaft wieder auf eine dienende Rolle für die Unternehmen und die Menschen in diesem Land zu verpflichten. Dazu muss die Kreditwirtschaft verkleinert, Überkapazitäten abgebaut und damit der Anreiz für neue Finanzspekulationen vermindert werden. Es kann nicht darum gehen, jetzt diejenigen zu schwächen, die in der Krise den Finanzmarkt stabilisiert und die Kreditversorgung aufrecht erhalten haben. Eine solche Regulierung an der richtigen Stelle erfordert viel politischen Mut, sich mit mächtigen Akteuren anzulegen. Wer dies tut, hat uns aber an seiner Seite. Und ich vermute - auch die mittelständischen Wirtschaftsverbände. Denn es wäre schlimm, wenn wir nichts aus der Finanzkrise lernen und damit den Boden für die nächste Krise bereiten würden. Ich glaube, damit habe ich den Bogen für die heutigen Themen gespannt. Wir hoffen, dass Sie heute profunde Vorträge und anregende Diskussionen erleben und Sie gestärkt, optimistisch und mit neuen Ideen nach Hause zurückkehren. In diesem Sinne eröffne ich das 10. Sparkassenforum Deutscher Mittelstand! 9