Diese Kopie wird nur zur rein persönlichen Information überlassen. Jede Form der Vervielfältigung oder Verwertung bedarf der ausdrücklichen vorherigen Genehmigung des Urhebers by the author S Ü D W E S T R U N D F U N K F S - I N L A N D R E P O R T MAINZ S E N D U N G: 22.07.2014 http://www.reportmainz.de Hinrichten und Helfen: Die ausgeklügelte Propaganda des Islamischen Staates Autoren: Eric Beres Fritz Schmaldienst Kamera: Heiko Bokern Helmut Fischer Marco Peschmann Thomas Fischer Schnitt: Alex Jung Moderation Fritz Frey: Nächstes Thema: Was bringt junge Menschen aus Deutschland dazu, in den sogenannten Heiligen Krieg nach Syrien zu ziehen? Eine abschließende Antwort haben auch wir nicht, aber eines steht wohl fest: Solange sich die Situation in Syrien nicht grundlegend ändert, wird die Zahl derer, die dorthin reisen, um für einen Gottesstaat zu kämpfen, weiter zunehmen. Momentan sollen es 300 sein, die nach Syrien gezogen sind. Fragt man Experten, wie es gelingt, aus jungen Männern religiös verblendete Kämpfer zu machen, dann wird gerne auf die sogenannten neuen Medien gezeigt: Facebook, Twitter alles was das Netz so hergibt.
2 Aber um junge Muslime erfolgreich anzusprechen, setzen radikale Salafisten auch auf ganz altmodische Formen: die klassische Straßenpredigt, gewürzt mit populären Stilmitteln aus dem Repertoire feiernder Fußballweltmeister. Eric Beres und Fritz Schmaldienst berichten. Bericht:»So gehen die Christen, die Christen gehen so. So gehen die Muslime, die Muslime, die...«ein muslimischer Prediger verspottet Christen in aller Öffentlichkeit. Pierre Vogel, prominente Führungsfigur der Salafisten, vergangenen Samstag in Hamburg. Es ist seine Art, die vermeintliche Überlegenheit der Muslime zu verkünden. Seine Anhänger: junge, oft radikalisierte Muslime. Wir wollen wissen, was sie über die Terrorgruppe Islamischer Staat früher bekannt als ISIS denken. Und über das neue Kalifat in Syrien und im Irak. Frage: Also, Sie sind dafür, was da gerade passiert?»jeder muss dafür sein, dass nach dem Islam regiert wird.«frage: Das Kalifat in Syrien und im Irak finden Sie gut? Positive Sachen?»Das ist unsere NATO sozusagen. Nur dass die NATO von den Europäern und Amerikanern die Menschen töten. Für Kriege zu benutzen. Und wir benutzen das für positive Sachen.«Ein Internetvideo aus dem selbst ernannten Kalifat, nur wenige Tage alt: Nahe der Stadt Homs filmt jemand verstümmelte Leichen, darunter offensichtlich auch Zivilisten, höchstwahrscheinlich umgebracht von Kämpfern des Islamischen Staats.
3 Im Hintergrund plötzlich zynische Kommentare in deutscher Sprache.»Da wurde jemand anscheinend überfahren.hunde fressen diese dreckigen Leichen.Allahu akbar.«vermeintlich Ungläubige werden von dem Mann mit Füßen getreten. In einem anderen Video zeigt er dann er sein Gesicht. Farid S. aus Bonn den deutschen Sicherheitsbehörden schon seit Jahren als radikaler Salafist bestens bekannt.»und wie Ihr sehen könnt (...), haben wir geschlachtet.«hat er bei dieser Schlachtung, wie er es nennt, selbst mitgemacht? Das bleibt vorerst unklar. Fakt ist: Innerhalb von zwei Tagen werden die Videos zehntausendfach angeklickt. Hans-Georg Maaßen, der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, befürchtet, dass die Videos auch in Deutschland ihre Wirkung nicht verfehlen werden. O-Ton, Hans-Georg Maaßen, Präsident Bundesamt für Verfassungsschutz:»Unser Eindruck ist, das kommt bei bestimmten Menschen in Deutschland an. Die empfinden nicht, wie jeder normale Mensch Ekel und Abscheu, sondern die empfinden es als, ich sage es mal, cool. Die empfinden Stolz und Achtung oder Sympathie für diese Person.«Der Islamische Staat und seine Kämpfer: Im Internet entdecken wir offene Solidaritätsbekundungen aus allen Teilen Deutschlands. Selbst Kinder werden von ihren Eltern für die Propaganda eingespannt. Sind das nur harmlose Spielereien?
4 Wir treffen zwei Muslime, die unerkannt bleiben wollen. Sie kennen die radikale Salafistenszene und die Gedankenwelt vieler Sympathisanten des Islamischen Staates. Sie möchten mit uns darüber sprechen, weil sie vor dieser wachsenden Bewegung warnen wollen. O-Ton, Stimme nachgesprochen: O-Ton, Stimme nachgesprochen:»man will definitiv Teil einer neuen eigenen Ära werden, der Ära, wo das Kalifat wieder aufersteht. Und der Ära, wo die Utopie dann herrscht, dass der Islam bald die ganze Welt beherrschen wird.selbst Frauen-Foren gibt es, wo Frauen untereinander dafür Werbung machen, auszuwandern, die Männer in Syrien zu unterstützen.«prominentester deutschsprachiger Werber ist er: Denis Cuspert alias Deso Dogg. Einst war er in Berlin ein bekannter Rapper. In Syrien ist er zur Propagandafigur des Islamischen Staats aufgestiegen, gibt publikumswirksam seinen Treueeid ab.»inshallah werde ich dem Islamischen Staat von Irak und Sham meine ganze Kraft und Energie mitgeben und meine Arbeit machen, bis mich eine Kugel oder eine Rakete trifft.«auch ihn sehen wir beim Leichenschänden in Syrien. Deso Dogg kennt keinerlei Skrupel. O-Ton, Hans-Georg Maaßen, Präsident Bundesamt für Verfassungsschutz:»Das versucht er schon seit längerem, sich herauszustellen als der Deutschsprachige in der syrischen Islamistenszene und versucht damit auch ein Magnet zu werden, der andere Personen aus Deutschland auch um sich herum scharrt.«und welche Rolle spielen in Deutschland Prediger wie Pierre Vogel? Wie steht der salafistische Wortführer zum Islamischen Staat?
5 Frage: Was halten Sie von der Ausrufung des Kalifats in Syrien und im Irak? O-Ton, Pierre Vogel, Salafistenprediger: Doch wie glaubwürdig ist das?»da habe ich keine hundertprozentige Meinung zu. Da muss ich mich intensiver mit beschäftigen. Wir hören sehr viel Negatives, und wir hören Dinge, die dem widersprechen. Und deswegen: Um im Islam ein genaues Urteil zu geben, muss man sich damit intensiver beschäftigen, und das kann ich zu diesem Zeitpunkt nicht.«vor einem dreiviertel Jahr, auf einer Kundgebung Pierre Vogels in Frankfurt, haben wir diesen jungen Mann beobachtet. Heute macht er in Syrien Propaganda für den Islamischen Staat, besucht verwundete Gotteskrieger. Und: In diesem Video setzt sich Pierre Vogel für inhaftierte Muslime ein. Auch für eine Frau, die wegen mutmaßlich finanzieller Unterstützung des Islamischen Staates einsitzt. O-Ton, Pierre Vogel, Salafistenprediger:»Man kann ja nicht, weil jemand kleine Geldbeträge schickt, ins Gefängnis stecken.«kleine Geldbeträge? Die Frau, die sich Umm Luqmaan nennt, soll Tausende Euro nach Syrien geschickt haben. Und ihr Ehemann ist übrigens er: Der Mann, den wir in Syrien auf dem Video vor Leichenbergen sehen. Fazit: Der Islamische Staat gewinnt neue Anhänger dank geschickter Propaganda auch von Deutschen. In dschihadistischen Foren wird auch er gefeiert. Laut Islamischer Staat kommt dieser Kämpfer aus Deutschland und hat bei den jüngsten Selbstmordanschlägen in Bagdad mitgemacht. Mitverantwortlich für mehr als 20 Tote. Demnach hätte sich ein Deutscher an schlimmsten Verbrechen beteiligt.»allahu Akbar.«
6 Prediger wie Pierre Vogel aber denken gar nicht daran, klar Position zu beziehen. Und spielen so dem Islamischen Staat in die Hände.