Digitale Prozesse der Baurechtsschaffung Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verwaltungsrecht Christopher Küas CBH Rechtsanwälte Cornelius Bartenbach Haesemann & Partner, Köln
Vortragsgliederung I. Das Bauantragsverfahren offline 1. Prozesse innerhalb der Bauaufsichtsbehörde 2. Nachteile des bisherigen Verfahrens II. Das Bauantragsverfahren online 1. Vorteile des neuen Verfahrens 2. Problem des Schriftlichkeitserfordernisses III. Das halbelektronische Bauantragsverfahren IV. Stand in NRW V. Stand in Deutschland VI. Bauleitplanung online VII. Fazit
Das Bauantragsverfahren offline Der Bauantrag geht schriftlich mit allen für seine Bearbeitung sowie für die Beurteilung des Bauvorhabens erforderlichen Bauvorlagen bei der Bauaufsichtsbehörde ein. Bauvorlagen sind insbesondere: Auszüge aus dem Katasterwerk, der Lageplan, die Bauzeichnungen, die Baubeschreibung etc.
Innerhalb der Bauaufsichtsbehörde Der Bauantrag soll sternförmig an alle zu beteiligenden Unterbehörden ausgehen, Beispiel Köln Amt für Straßenund Verkehrstechnik Umweltamt/ Koordinierungsstelle Bauaufsichtsamt Köln Amt für Wirtschaftsförderung Amt für Stadtplanung Amt für Stadtentwicklung
Nachteile dieses Verfahrens Zeitliche Verzögerung durch lange Postwege innerhalb der Behörde Zeitliche Verzögerung, weil von jedem Amt einzeln geprüft werden muss, ob eine Bauvorlage fehlt Lange Liegezeiten des Antrags Kein Überblick des Bauherrn über Stand des Verfahrens Online-Auskünfte erreichen die Beteiligten oft erst verzögert Keine einheitlichen Standards innerhalb der Ämter Zeitlichen Verzögerungen können investitionshemmende Auswirkungen haben
In den meisten Gemeinden wird trotz der bestehenden Nachteile und der Einführung des Signaturgesetzes (2001) 3a VwVfG (2003) des egouvernement-gesetzes (2013) auf die Möglichkeit eines digitalen Bauantragsverfahrens verzichtet. Diese Gesetze sollten die elektronisch vernetzte und digitale Kommune fördern und den Umgang mit dem Bürger vereinfachen. Kernpunkte dieser Gesetze sind die elektronische Aktenführung und die Anordnung der qualifizierten elektronischen Signatur. Die Bauanträge und Bauvorlagen werden weiterhin überwiegend gemäß 69 I BauO NRW und 1 II S. 4 BauPrüfVO NRW in schriftlicher Form eingereicht.
Problem des Schriftformerfordernisses Dem Schriftlichkeitserfordernis des Bauantrags ist gem. 3a VwVfG genüge getan, wenn der Bauantrag mit qualifizierter elektronischer Signatur per E-Mail gesendet wird. Ebenso kann die Baugenehmigung am Ende des Verfahrens digital erteilt werden, sofern die Behörde eine qualifizierte elektronische Signatur für sich selbst eingeführt hat. Sind Bauvorlagen in schriftlicher Form zur Beurteilung des Bauantrags dennoch erforderlich, kann die Bauaufsicht diese in schriftlicher Form anfordern.
Die qualifizierte elektronische Signatur Durch die Schaffung der qualifizierten elektronischen Signatur (qes) hätte sowohl die Behörde als auch der Bürger die Möglichkeit, das Bauantragsverfahren inklusive der Erteilung der Baugenehmigung rein elektronisch durchzuführen. Die qes ist in der Verwaltung jedoch nicht hinreichend verbreitet. Deshalb wurden durch das egovg neben der qes zwei weitere sichere Technologien zur elektronischen Ersetzung der Schriftform zugelassen: Die De-Mail mit der Versandoption absenderbestätigt Elektronische Identifizierung durch die eid-funktion des Personalausweises
Beispiel für ein Bauantragsverfahren online Die/der Bauherr/in stellt einen Bauantrag an die Bauaufsichtsbehörde in elektronischer Form mit qualifizierter elektronischer Signatur. Die Bauaufsichtsbehörde meldet die/den Bauherrn/in in einem virtuellen Bauamt an und sendet ihm die dazugehörigen Zugangsdaten. Die Bauherrin/der Bauherr lädt die Bauvorlagen auf die Plattform des virtuellen Bauamtes in pdf-format. Alle am Verfahren Beteiligten haben Zugriff und Einwirkungsmöglichkeiten auf die Bauvorlagen sowie die Möglichkeit, Nachrichten auszutauschen. Die Bauaufsichtsbehörde zeigt auf der Online-Plattform den jeweiligen Stand des Verfahrens an. Erteilung der Baugenehmigung. Diese ergeht bisher in fast allen Gemeinden noch in schriftlicher Form. Ziel sollte sein auch die Baugenehmigung digital zu erteilen.
Vorteile des elektronischen Bau- und Genehmigungsverfahrens Transparenz - alle Unterlagen stehen allen Beteiligten jederzeit rollenabhängig zur Verfügung Zeitgewinn durch Prozessoptimierung - geringere Durchlaufzeiten (im Verhältnis Bürger- Bauaufsichtsbehörde sowie innerhalb der Behörde) - Verkürzung der Transportzeiten Kostenersparnis durch Begrenzung des Beratungs- und Kontrollaufwandes keine Doppelbearbeitung durch zentrale Datenhaltung Standardisierung des Prozesses
Das halbelektronische Bauantragsverfahren In fast allen Gemeinden erfolgt mindestens ein Teil des Bauantragsverfahrens immer noch in schriftlicher Form. Es sind jedoch unterschiedliche Entwicklungsstufen auszumachen: - während in Berlin nur noch der Baubescheid am Ende des Verfahrens in schriftlicher Form ergeht, - wird in vielen Gemeinden der Antrag sowohl in schriftlicher Ausfertigung als auch in elektronischer Form entgegengenommen, - oder es besteht die Möglichkeit, Auskunft über den Stand seines Bauantragsverfahrens online zu erhalten.
Stand in Nordrhein-Westfalen In den meisten Städten bisher keine Einführung des elektronischen Bau- und Genehmigungsverfahrens. Hingegen in Ost-Westfalen-Lippe: Bildung einer Interessengruppe mit dem Projekt, das Bauantragsverfahren zu digitalisieren. Nach einer Pilotierungsphase ist es dort und an anderen Orten NRWs nun so, dass die die Anzahl der digital eingereichten Bauvorlagen steigt. Mittlerweile sind in manchen Kommunen die digitalen Antragseingänge bei 50 %. Geht der Antrag nicht in digitaler Form ein, wird er oftmals wegen der einfacheren Form von der Bauaufsichtsbehörde digitalisiert.
Stand in Deutschland In Hessen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen arbeiten 15 Kommunen mit einem sog. virtuellen Bauamt Berlin hat sein Baugenehmigungsverfahren selbst digitalisiert und eine eigene Software entwickelt. Dort nehmen die Behörden die Bauanträge und vorlagen nur noch in elektronischer Form an.
Stand in Deutschland In vielen Großstädten dagegen noch keine Einführung des digitalen Bauantragsverfahrens: In NRW haben weder Köln, Bonn, Mülheim an der Ruhr noch Düsseldorf ihre Verfahren digitalisiert. Auch in den anderen Bundesländern bisher noch wenig Eigenantrieb, das Verfahren neu zu regeln.
Bauleitplanung online Bisher werden zur Information der Öffentlichkeit über die Bauleitplanung hauptsächlich Veröffentlichungen in Amtsblättern und öffentliche Aushänge genutzt, zu denen die Bürger dann Stellung nehmen können. 4 a Abs. 4 BauGB eröffnet als Alternative dazu die Möglichkeit, das Beteiligungsverfahren auch digital durchzuführen. So soll die Behörde zur Nutzung elektronischer Informationstechnik angeregt werden und das Beteiligungsverfahren transparenter werden.
Fazit Das digitalisierte Verfahren bietet erhebliche Vorteile für eine schnellere Bearbeitung der Bauanträge. Bisher wagen sich vor allem kleinere Kommunen an die Einführung von neuen Möglichkeiten der Digitalisierung. Für die Umsetzung einer bundesweiten Einführung bedarf es eine personelle Verstärkung der Bauaufsichtsämter, damit der Ausbau voran getrieben werden kann.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Christopher Küas Fachanwalt für Verwaltungsrecht CBH Rechtsanwälte Cornelius Bartenbach Haesemann & Partner, Partnerschaft von Rechtsanwälten mbb Bismarckstraße 11-13 I D-50672 Köln Fon +49.221.951 90-0 Fax +49.221.951 90-90 www.cbh.de