Dipl.-Ing. Architekt Klaus Winter von der Industrie- und Handelskammer Frankfurt am Main öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Schäden an Gebäuden Fon + 49 (0) 69-71 37 98 80 Fax + 49 (0) 69-71 37 98 88 Klaus Winter, Leipziger Straße 8, 60487 Frankfurt am Main Herrn Christoph Pacelt Skylineblick 37 60438 Frankfurt am Main e-mail: klaus@winter-architekt.de Frankfurt, den 01. Juni 2015 1399/15 PG Christoph Pacelt Doppelhaushälfte, Elly-Heuss-Knapp-Straße 7A, 60438 Frankfurt Tauwasser-/Schimmelpilz in einer vermieteten Doppelhaushälfte Sehr geehrter Herr Pacelt, ich komme zurück auf den durchgeführten Ortstermin an/in Ihrem vermieteten Wohnhaus, der Doppelhaushälfte in der Elly-Heuss-Knapp- Straße 7A, 60438 Frankfurt. Dieser Termin fand am heutigen 01. Juni 2015, um 9:00 Uhr statt, insbesondere um Räume im 1. Obergeschoss und im Dachgeschoss in Augenschein zu nehmen. Das Gebäude ist in konventioneller Bauweise errichtet (Massivbau, Stahlbeton, Mauerwerk, Zimmermannskonstruktionen etc.). Anlass der diesseitigen Beauftragung waren Schimmelerscheinungen im Zimmer rechts, im 1. Obergeschoss, neben dem Badezimmer und im Badezimmer selbst. Darüber hinaus hatten Sie Schäden im Dachgeschoss angezeigt. Der Unterzeichner soll hierzu Feststellungen treffen und mögliche Ursachen benennen. Hierzu soll kein vollständiges Schadensgutachten, vielmehr eine kurze Stellungnahme angefertigt werden. Büro für Architekten- und Sachverständigenleistungen, Baubegleitende Beratung Mitglied der Architektenkammer Hessen Nr. 126 50
1399 15 PG Schreiben/Bericht C. Pacelt vom 01.06.2015 Seite 2 von 12 Seiten Beim Termin waren anwesend: Herr C. Pacelt, Auftraggeber Die Mieterin des Hauses, zeitweise Der Mieter des Hauses, zeitweise der Unterzeichner Gemäß Auskunft seien die gegenständlichen Schimmelerscheinungen erstmalig nun in 2015 aufgetreten. Im gegenständlichen Zimmer im 1. Obergeschoss waren die Möbel entfernt. Schimmelbefall ist an der Wand gegenüber dem Zugang und rechts in der Außenwandecke (durchgängig, inkl. Parkettleiste), sowie am Fenster (Straßenseite) und dessen Anschlüssen zu erkennen. Foto 1 Rechtes Zimmer, Obergeschoss 1. An der Außenwand ist durch die Lage der Stockflecken und Schimmelsporen zu erkennen, dass offensichtlich Möbel direkt an dieser Außenwand aufgestellt waren.
1399 15 PG Schreiben/Bericht C. Pacelt vom 01.06.2015 Seite 3 von 12 Seiten Foto 2 Rechtes Zimmer, Obergeschoss 1. Raumecke, unten. Wand und Parkett mit Schimmel behaftet. An der Wand Struktur eines Möbelstücks ablesbar (horizontale Streifen; Regalbretter bspw.) Foto 3 Rechtes Zimmer, Obergeschoss 1. Fensterprofil, unten, verschimmelt.
1399 15 PG Schreiben/Bericht C. Pacelt vom 01.06.2015 Seite 4 von 12 Seiten Foto 4 Rechtes Zimmer, Obergeschoss 1. Raumecke, oben. Wand und Decke mit Schimmel behaftet. Die Außentemperatur betrug am Tage und zur Zeit des Ortstermins +13,5 C. Die Raumtemperatur lag in gegenständlichem Zimmer bei ca. +20 C. Die relative Luftfeuchte wurde diesseits mit 63% festgestellt. Die Oberflächentemperaturen an den Innen- und Außenwänden betrug +20 C; so auch in der Raumecke, durchgängig. Im Badezimmer im 1. Obergeschoss ist Schimmel im Duschbereich aufgetreten. Darüber hinaus sind die Profile der Duschabtrennung sowie die Fliesenfugen stark verfärbt und mit Kalk und Schmutz behaftet. Die Relative Luftfeuchte betrug im Badezimmer 73%. Die Raumtemperatur lag bei +20 C. Zu den Messungen wurde ein Multifunktionsgerät des Herstellers Gann, Typ Hydromette RTU 600, mit den entsprechenden und geeigneten Sonden verwendet.
1399 15 PG Schreiben/Bericht C. Pacelt vom 01.06.2015 Seite 5 von 12 Seiten Foto 5 Badezimmer, Obergeschoss 1. Duschnische. Fuge zur Decke verschimmelt. Foto 6 Badezimmer, Obergeschoss 1. Duschnische. Kalk, Schmutz, Verfärbungen.
1399 15 PG Schreiben/Bericht C. Pacelt vom 01.06.2015 Seite 6 von 12 Seiten Foto 7 Badezimmer, Obergeschoss 1. Fenster mit Schimmel behaftet. Im Dachgeschoss ist die Tapete an den Dachschrägen im Randbereich partiell gelöst und verfärbt. Darüber hinaus ist ein Dachflächenfenster im Badezimmer mit Holz-/Blaufäule belegt. Foto 8 Badezimmer, Dachgeschoss. Fenster: Holzfäule.
1399 15 PG Schreiben/Bericht C. Pacelt vom 01.06.2015 Seite 7 von 12 Seiten Foto 9 Dachgeschoss. Dachschräge, Anschluss an Außenwand. Tapete gelöst, verfärbt. Foto 10 Dachgeschoss. Dachschräge, Anschluss an Außenwand. Tapete gelöst, verfärbt.
1399 15 PG Schreiben/Bericht C. Pacelt vom 01.06.2015 Seite 8 von 12 Seiten Am Gebäude selbst sind keine Mängel oder Schäden zu erkennen, wie bspw. ungenügend gedämmte Bauteile oder Wassereindrang von außen, die Rückschlüsse auf die Ursache der gegenständlichen und sehr unterschiedlichen Schimmelerscheinungen zulassen. Foto 11 Wohnhaus von außen: Außenecke, mit Zimmer im 1. Obergeschoss. Keine Schäden zu erkennen. Vorläufig, ohne weitergreifende Untersuchungen durchgeführt zu haben, dürften folgende Ursachen für die Tauwasser- und Schimmelpilzproblematik vorliegen: Die Raumluftfeuchte soll bei einem als korrekt geltenden Nutzerverhaltens bei 50% relativer Luftfeuchte liegen, um Tauwasser- und Schimmelbildung zu verhindern. Der gemessene Wert von 63% im bereits geräumten Zimmer im 1. Obergeschoss ist auch wenn es sich nur um eine Momentaufnahme
1399 15 PG Schreiben/Bericht C. Pacelt vom 01.06.2015 Seite 9 von 12 Seiten handelt - zu hoch. Insbesondere da der Raum überhaupt nicht genutzt wird. Der Wert im Badezimmer von 73% ist indiskutabel. Dieser liegt weitaus über dem Soll und führt auch bei der gegebenen aktuellen Bausubstanz bereits nach wenigen Tagen zu Pilzbildungen. Duschen, Badewannenränder usw. sind von Bewohnern täglich bzw. unmittelbar nach Nutzung zu trocknen (bspw. mittels Gummiabziehern). Offenbar wird dem nicht nachgekommen. Anders sind die starken Kalkränder und massiven Verschmutzungen nicht zu erklären. Zumindest erklärt sich der Schimmelbefall an den Fugen und am Fensterelemente hierdurch. Dies gilt für das Bad im 1. Obergeschoss und im Dachgeschoss gleichermaßen. Die gelösten Tapeten an den Dachschrägen, in Verbindung mit den Verfärbungen, deuten ebenfalls auf zu hohe Luftfeuchten hin. Nutzer müssen die Räume und die Baukonstruktion, vor allem im Winterhalbjahr, ausreichend aufheizen und ausreichend lüften. Hierbei muss die Raumluft jeweils vollständig ausgetauscht werden. Insofern sind irgendwelche Zeitangaben hierzu meist falsch. Die im Raum produzierte Feuchte, durch Baden, Kochen, Duschen, oder allein durch die Feuchteabgabe von Personen in der Nacht, etc., muss komplett abgeführt werden. Hierzu sind die Räume Stoßzulüften. Der Unterzeichner hat darauf hingewiesen, dass eine Stoßlüftung in gegebenem Grundriss sehr gut möglich ist. Der maximal mögliche Lüftungsquerschnitt, also vollständig geöffnete Fenster, sind zu bevorzugen. Nur so kann die Raumluft wirklich komplett ausgetauscht werden. Als korrektes Nutzerverhalten gilt bei niedrigen Außentemperaturen, bzw. im Winterhalbjahr, die Einhaltung eines inneren Raumklimas von
1399 15 PG Schreiben/Bericht C. Pacelt vom 01.06.2015 Seite 10 von 12 Seiten +20 C und 50% Luftfeuchte, wobei auch höhere Luftfeuchten temporär auftreten dürfen. Fällt jedoch an Bauteiloberflächen Tauwasser über mehrere Tage aus, so kann Schimmelwachstum beginnen. Tauwasser fällt bspw. an den s.g. Wärmebrücken (Raumecken, Deckenränder) aus, wenn die dortigen Oberflächen zu sehr auskühlen. Dies muss durch die ausreichende Beheizung verhindert werden. Sind die Räume ausreichend beheizt und liegen dennoch zu niedrige Oberflächentemperaturen vor, so wäre die Bausubstanz nicht ausreichend gedämmt. Gegenständlich hat der Unterzeichner aber sogar in den Raumecken gleiche Oberflächentemperaturen wie an den sonstigen Wandoberflächen gemessen. Insofern scheiden schädliche Wärmebrücken als Ursache aus. Gegenständlich ist der Schimmel auch hinter vormals aufgestellten Möbeln, die direkt an der Außenwand positioniert waren, aufgetreten. Darüber hinaus in der Raumecke, an die Möbel anschlossen. Der Sachverhalt der nicht ausreichenden Luftzirkulation hinter Möbeln ist hinreichend bekannt. Möbel sollen nicht direkt an Außenwänden positioniert werden. Durch das direkte Anstellen von Möbeln kann die Außenwandoberfläche von innen nicht ausreichend beheizt werden. Die s.g. Taupunkttemperatur wird dann sehr schnell dort erreicht. Insbesondere bei älteren Gebäuden. An kühleren Oberflächen fällt dann Tauwasser (Kondensat, Schwitzwasser) aus der Raumluft aus und kondensiert dort. Hält diese Oberflächenfeuchte über mehrere Tage an, so kann Schimmel entstehen.
1399 15 PG Schreiben/Bericht C. Pacelt vom 01.06.2015 Seite 11 von 12 Seiten Zusammenfassung, vorläufiges Fazit Ohne weitergreifende Untersuchungen wie Bauteilöffnungen, Laborproben, Langzeitmessungen etc. durchgeführt zu haben, hat der Unterzeichner festgestellt, dass mit 63% bzw. 73% eine weitaus zu hohe Luftfeuchte im Haus gegeben war. Auch die Schäden in den Bädern lassen keine anderen Rückschlüsse zu. Dauerhaft dürfen solch hohen Werte in der kalten Jahreszeit nicht vorliegen. Wissenschaftlich ist erwiesen, dass bereits nach wenigen Tagen Schimmelpilz bei ausreichender Luftfeuchte wachsen kann. Darüber hinaus waren Möbel offensichtlich direkt an der Außenwand positioniert. Dies führt zu einer verminderten Erwärmung der Außenwandfläche. Feuchte Luft kondensierte hinter Möbeln, auf der dann nicht mehr ausreichend erwärmten Oberfläche. Dies offenbar über mehrere Tage, so dass Schimmelwachstum beginnen konnte. Die hohe Luftfeuchte und die Positionierung der Möbel, sowie die hier nicht ausreichende betrieben Hygiene in den Bädern, fallen in den Bereich des falschen Nutzerverhaltens. Bewohner müssen ein Nutzungsklima von 50% relativer Luftfeuchte und +20 C Raumtemperatur im kritischen Winterhalbjahr dauerhaft realisieren. Die Umfassungsbauteile müssen ausreichend aufgeheizt werden. Oberflächen von Duschen und Badewannen sind nach Benutzung zu trocknen. Vorliegend wurde dies nicht oder nicht auseichend betrieben. Die festgestellten Verschmutzung wären sonst nicht gegeben. Die Kombination aus zu hoher Luftfeuchte im Raum, in Verbindung mit der Position der Möbel direkt an der Außenwand, sowie den Hygienebedingungen in den Bädern, führt vorliegend zu den Schimmelschäden.
1399 15 PG Schreiben/Bericht C. Pacelt vom 01.06.2015 Seite 12 von 12 Seiten Um die nun zu hohe Luftfeuchte deutlich zu reduzieren, sollte die Raumluftfeuchte durch zunächst verstärktes Lüften und Heizen in den Bereich von dauerhaft 50% gebracht werden. Danach kann die Luftfeuchte durch ausreichendes Stoßlüften auf diesem Level gehalten werden. Informationen zum Thema sind auf den Internetseiten des Umweltbundesamts erhältlich. Darüber hinaus gibt der Unterzeichner jederzeit gerne Auskunft zu diesem komplexen Sachverhalt. Mit freundlichen Grüßen Klaus Winter