Hebungen der Tagesoberfläche als Folge des Grundwasserwiederanstiegs. Katharina Lieske, Marco Schade

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Transkript:

Hebungen der Tagesoberfläche als Folge des Grundwasserwiederanstiegs stillgelegter Braunkohlentagebaue Katharina Lieske, Marco Schade Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbh ZUSAMMENFASSUNG: Die Grundwasserstände unterliegen in den Gebieten des Braunkohlenbergbaus permanenter, bergbaulich bedingter Veränderung. Im Einflussbereich der aktiven Braunkohlentagebaue überwiegen sinkende - im Bereich der ehemaligen Tagebaubereiche nach Einstellung der Wasserhaltungsmaßnahmen dagegen steigende Grundwasserstände. Der Grundwasserwiederanstieg im Verantwortungsbereich der LMBV mbh ist schon weit vorangeschritten aber noch nicht überall abgeschlossen. Im Zuge der Auswertung von regelmäßig durchgeführten Präzisionsnivellements wurden in den gewachsenen Randbereichen der in Flutung befindlichen Tagebauseen Hebungen festgestellt, die in ihrer räumlichen Ausdehnung und dem Betrag mit den Ergebnissen der Beobachtungen der Grundwasserstände korrelieren. Rückblickend werden die Zusammenhänge zwischen Grundwasserwiederanstieg und Hebungen des gewachsenen Bodens anhand von Beispielen von bereits gefluteten Tagebauseen aus dem Mitteldeutschen Braunkohlenrevier betrachtet. Die festgestellten Hebungen vollziehen sich längerfristig über mehrere Jahre. Die Hebungsbeträge erreichen maximale Werte von einigen Zentimetern - erreichen aber nicht die Beträge der früheren sümpfungsbedingten Senkungen. Schädliche Auswirkungen auf Bauwerke durch grundwasserwiederanstiegsbedingte Hebungen waren nicht zu erwarten und sind auch nicht eingetreten. ABSTRACT: Water tables in lignite mining areas are characterized by a permanent mining-related variation. In the sphere of influence of the active lignite mines preponderates decreasing in reach of the abandoned lignite mining areas in contrast increasing water tables. The groundwater resurgence within the areas of responsibility of LMBV mbh is widely proceeded but yet not completed in all areas. 91

In the course of the evaluation of regularly conducted precision levellings uplifts were detected in the natural boundary areas of post-mining lakes still in flooding progress. These uplifts correlate in their regional/areal dimension and magnitude with the results of the water tables. The coherence between groundwater resurgence and the uplifts will be examined retrospectively based on examples of flooded post-mining lakes from the mining area around the cities of Leipzig and Halle. The observed elevation take place over some years. The elevation amount reaches maximum values of a few centimeters, but doesn t reach the amount of the former drainage caused subsidence. Adverse effects on buildings by groundwater resurgence caused elevation were not expected and didn t occur so far. 1 Einleitung Die Braunkohlengewinnung im Tagebau hat besonders tiefgreifend und nachhaltig in die Wasserhaushalte der Regionen eingegriffen, in denen Braunkohle gefördert wurde. Beispielsweise mussten im Bitterfelder Revier 10 m³ Wasser gehoben werden, um eine Tonne Braunkohle zu fördern. Dadurch ist bis 1990 ein milliardengroßes Grundwasserdefizit entstanden, wobei die Absenkung des Grundwassers stellenweise bis zu 100 Metern Tiefe erfolgte. Für die Wiederherstellung eines ausgeglichenen, sich weitestgehend selbst regulierenden Wasserhaushaltes ist es notwendig, in Mitteldeutschland und in der Lausitz die Grundwasserleiter (GWL) und die Tagebauseen im Verantwortungsbereich der LMBV mit 12,7 Mrd. m³ Wasser wieder aufzufüllen und die entstandenen Seen an die Vorflut anzuschließen. Durch Wiederauffüllung der Grundwasserleiter und durch Fremdflutung konnten bisher 10,4 Mrd. m³ Wasser zugeführt und das Defizit auf ca. 2,3 Mrd. m³ reduziert werden. Nach abgeschlossener Grundsanierung an den Tagebaurestlöchern konnte bisher bei der Mehrzahl von den 51 größeren Tagebaurestseen der Endwasserstand erreicht werden. Voraussetzung für den Beginn der Flutung waren umfangreiche berg- und wasserrechtliche Genehmigungen. Um eine schnelle Flutung der übrigen Seen zu erreichen, sind noch komplexe hydrogeologische Aufgaben zu bewältigen. Das Wasserdefizit in Mitteldeutschland konnte im Verantwortungsbereich der LMBV in den Einzugsgebieten der Mulde, Pleiße, Selke, Weiße Elster und Saale von 5,7 Mrd. m³ im Jahr 1990 auf 1,3 Mrd. m³ im Jahr 2015 verringert werden. Das verbleibende Wasserdefizit in Mitteldeutschland setzt sich zusammen aus 0,2 Mrd. m³ noch zu füllender Hohlformen (Bergbaufolgeseen) und 1,1 Mrd. m³ aufzufüllender Grundwasserleiter. Auf Grund der geologischen Situation vollzieht sich hier die Flutung der Restlöcher schneller als die Wiederauffüllung der Grundwasserleiter. 92

Abb. 1: Entwicklung des Wasserdefizits / LMBV-Anteil (Stand: 2015) 2 Hebungen infolge Grundwasserwiederanstieg 2.1 Ursachen der Hebungen Die Braunkohlengewinnung im Tagebau setzt voraus, dass die über dem Kohleflöz lagernde geologische Schichtenfolge der Abraum mit den darin enthaltenen Grundwasserleitern abgebaggert, transportiert und verkippt wird. Voraussetzung dafür ist, dass die Grundwasserleiter im Deckgebirge über den Braunkohlenflözen weitgehend entwässert werden. Dieser Vorgang führt bodenmechanisch zum Wegfall des Porenwasserdruckes im Deckgebirge und zur Erhöhung der Eigengewichtsbelastung der enthaltenen Schichtungen. In Folge eines damit einhergehenden komplexen Prozesses vertikaler Bodenbewegungen der Hangend- und Liegendschichten (siehe dazu: Fenk 2004) senkt sich die Tagesoberfläche ab. Die ebenfalls vertikalen Bewegungen des Liegenden werden hier nicht näher betrachtet. Nach dem Abschluss der Gewinnung der Braunkohle verbleiben aufgrund des eintretenden Massendefizits Tagebaurestlöcher. Im Rahmen der erdbautechnischen Tagebausanierung werden diese Restlöcher in dauerstandsichere Hohlformen umgewandelt, die abschließend geflutet werden. Dabei kommen zwei unterschiedliche Szenarien zur Anwendung: die natürliche Flutung in Form des Eigenaufganges des Grundwassers und die Fremdflutung. Im Sanierungsbereich Mitteldeutschland der LMBV ist die Fremdflutung die bestimmende Variante. Dabei wird einerseits das gehobene Grubenwasser von aktiven Tagebauen und andererseits das Oberflächenwasser der Flüsse genutzt. Vorteil der Fremdflutung ist, dass sie sich, gegenüber des Eigenaufganges, wesentlich schneller vollzieht und zudem durch genaue Planungen gesteuert werden kann. Die Außerbetriebnahme der Entwässerungselemente und die Flutung der Tagebauhohlformen bewirkt ein Wiederauffüllen der entwässerten Grundwasserleiter. Infolge dessen wirkt der Porenwas- 93

serdruck der Eigengewichtsbelastung der Deckgebirgsschichten entgegen und ein Hebungsprozess setzt ein. 2.2 Auswirkungen der Hebungen Hebungsprozesse infolge Grundwasserwiederanstieg wurden bereits im Jahr 2000 im Rahmen einer Studienarbeit für das Lausitzer Braunkohlenrevier empirisch untersucht und beschrieben (Zill 2000). Für das Mitteldeutsche Braunkohlenrevier erfolgten ähnliche Untersuchungen in den Jahren 2003 und 2004. Demnach hebt sich die Erdoberfläche in einer Relation von 2 bis 3 zum Grundwasserwiederanstieg (Papmeyer 2004). Diese festgestellten Hebungen vollziehen sich dabei über mehrere Jahre und zeigen kleinräumig keine signifikanten Unterschiede in ihren Beträgen. Bis zum Abschluss der Flutungen werden Werte von wenigen Zentimetern an aufgelaufenen Hebungsbeträgen erreicht. In Einzelfällen treten in Mitteldeutschland auch Werte von mehr als 10 cm auf. Die Beträge der Hebungen sind aber kleiner als die in der Phase der Grundwasserabsenkung erreichten Beträge der Senkungen. 3 Zusammenhänge zwischen Hebungen und Grundwasserwiederanstieg 3.1 Erfassung der Grundlagendaten Seit 1999 werden im gesamten Mitteldeutschen Braunkohlenrevier umfangreiche Feinnivellements durchgeführt. Diese Messungen und die Auswertungen erfolgen nach einheitlichen Grundsätzen und bilden die Grundlage für die Höhenfestpunktrisse mit Höhenverzeichnis gemäß den Bestimmungen der Markscheider-Bergverordnung. Bei der Auswertung der ersten Wiederholungsmessungen (im Rhythmus von zwei Jahren) fiel auf, dass sich die Höhenfestpunkte im gewachsenen Boden in der Nähe der in Flutung befindlichen Tagebauseen signifikant hoben. Die Korrelation mit dem Anstieg des Grundwasserspiegels wurde vermutet, konnte im Rahmen einer Diplomarbeit im Jahr 2004 nachgewiesen und für einige Gebiete quantifiziert werden. (Papmeyer 2004) Dabei wurde, nach Abschätzung der erreichten Messgenauigkeit der Feinnivellements und den entsprechenden Ausgleichungsergebnissen, eine Fehlertoleranz der absoluten Höhenangaben von mehr als 4 mm der Punkthöhenänderungen gewählt. Bei der Genauigkeit der Messungen zur Bestimmung der Grundwasserstände der einzelnen Grundwasserleiter ist von Toleranzen von bis zu +/-2 dm auszugehen. Teilweise wurden diese Messungen über mehrere Jahrzehnte ununterbrochen durchgeführt, so dass sehr verlässliche Zeitreihen vorliegen. 94

3.2 Untersuchungen hinsichtlich der Korrelation zwischen Grundwasserwiederanstieg und Hebungen der Erdoberfläche Das nunmehr weitgehend aufgefüllte Grundwasserdefizit um die gefluteten Tagebauseen im Mitteldeutschen Braunkohlenrevier soll Anlass sein, rückblickend die ermittelten Höhenänderungen in Folge des Grundwasserwiederanstieges zu betrachten. Frühere empirische Lösungsansätze zur Abschätzung des Hebungsverhaltens (Papmeyer 2004) des gewachsenen Bodens infolge des Grundwasserwiederanstiegs im Mitteldeutschen Braunkohlenrevier kamen im Ergebnis ausführlicher Untersuchungen zu Relationen von 2 bis 3 der ermittelten Hebungsbeträge zum erfolgten Grundwasserwiederanstieg (Schade 2004). Nachfolgend wird das Umfeld der jeweils benachbarten Tagebauseen Markkleeberger See und Störmthaler See sowie Gremminer See und Gröberner See hinsichtlich der abgelaufenen Hebungsprozesse näher betrachtet. Kriterium für die Auswahl der für die Untersuchung geeigneten Grundwassermessstellen und der Höhenfestpunkte war ein möglichst minimaler horizontaler Abstand zwischen beiden. Die horizontalen Abstände zwischen den näher betrachteten Grundwassermessstellen und den benachbarten Höhenfestpunkten liegen bei 4 bis 130 m. In den nachfolgenden Ausführungen werden die Grundwasserstände der jeweiligen untersten Hangendgrundwasserleiter für die Untersuchungen genutzt. 3.2.1 Tagebauseen Markkleeberger See und Störmthaler See Den bergbaulichen Ursprung der beiden Seen bildet der südlich der Stadt Leipzig gelegene Braunkohlentagebau Espenhain. Aus diesem 1937 aufgeschlossenen Tagebau wurden bis 1996 insgesamt 565 Mio. t Rohbraunkohle gefördert. Die beiden Seen entstanden nach der Dammschüttung (für die mittlerweile fertiggestellte Bundesautobahn A38) in der verbliebenen erdbautechnisch sanierten Hohlform. Die nachfolgenden beiden Tabellen enthalten die wesentlichen Angaben der Flutung der beiden Tagebauseen: Tab. 1: Flutungscharakteristiken Markkleeberger See und Störmthaler See: Markkleeberger See Störmthaler See Flutungsbeginn: 20.07.1999 13.09.2003 Flutungsende: 18.12.2012 30.01.2013 Ausgangswasserstand: +55,1 m NHN +72,3 m NHN Zielwasserstand: +113,00 bis +113,20 m NHN +116,85 bis +117,80 m NHN Seevolumen: 60,2 Mio. m 3 157,2 Mio. m 3 Wasserfläche: 252,0 ha 733,3 ha Geflutet wurden die beiden Seen durch den natürlichen Grundwasserwiederanstieg, die Einleitung von Oberflächenwasser und zusätzlich seit 1999 bzw. 2003 mit Sümpfungswasser (Grubenwasser) 95

aus den zwei aktiven Braunkohlentagebauen der MIBRAG. Das Grubenwasser gelangt über ein Rohrleitungssystem zu den in Flutung befindlichen Tagebauen. Neben den beiden Seen im einstigen Abbaugebiet Espenhain wurden auch fünf weitere Tagebaurestlöcher im Südraum Leipzigs mit Sümpfungswasser aus Tagebauen der MIBRAG gefüllt. Das neutrale Grubenwasser aus dem MIBRAG-Tagebau Profen ist sehr gut zur Beschleunigung der Flutung der Tagebaurestlöcher geeignet. Der Markkleeberger See erreichte nach einem Anstieg des Seewasserspiegels um mehr als 50 m bereits im Jahr 2006 nahezu seinen Endwasserstand. Der südlich davon gelegene Störmthaler See wurde über einen weitaus längeren Zeitraum geflutet und erreichte erst im Jahr 2013 seinen geplanten Endwasserstand. Dabei stieg der Seewasserspiegel fast 45 m in der Hohlform an. Nachfolgende Abbildung stellt grafisch die Flutungsverläufe der beiden Seen dar. Abb. 2: Entwicklung der Seewasserspiegelhöhen des Störmthaler und des Markkleeberger Sees infolge der Flutung im Zeitraum 1999 bis 2015 In Folge der Flutung der sanierten Tagebauhohlformen mit Fremdwasser wurden auch die angrenzenden Grundwasserleiter aufgefüllt. Nachfolgende Abbildung verdeutlicht das Hebungsverhalten der an die ehemaligen Tagebaue angrenzenden gewachsenen Bereiche südlich von Leipzig infolge des Grundwasserwiederanstieges bzw. des Druckanstieges in den Grundwasserleitern. 96

Abb. 3: Farbcodierte interpolierte Höhenänderungen der gewachsenen Erdoberfläche auf der Basis der Ergebnisse der Feinnivellements im Umfeld der Tagebauseen südlich von Leipzig im Zeitraum 1999 bis 2015 Der aufgrund der vorliegenden Daten gewählte Zeitraum von 1999 bis 2015 zeigt auch, dass im Bereich des Cospudener Sees keine signifikanten Hebungen mehr feststellbar sind. Der Cospudener See entstanden aus dem gleichnamigen Tagebau Cospuden erreichte bereits im Jahr 2000 seinen Zielwasserstand. Bei den hier vorliegenden Untersuchungen an beispielhaft ausgewählten Höhenfestpunkten/Grundwassermessstellen am Markkleeberger und Störmthaler See liegen diese Relationen bei etwas mehr als 3. Hier liegen die Hebungsbeträge an der Obergrenze der abgeschätzten Bandbreite und erreichen lokal Werte von größer als 10 cm. Nachfolgende Abbildung stellt die enge Korrelation zwischen Grundwasserwiederanstieg und den ermittelten Hebungen am Beispiel der Grundwassermessstelle 492 (GWL2726) und dem benachbarten Höhenfestpunkt 406008 dar. Andere untersuchte Zusammenhänge zwischen Grundwasserstandsänderungen und gemessenen Hebungen im Bereich des Markkleeberger Sees und des Störmthaler Sees zeigen vergleichbare enge Korrelationen. 97

Abb. 4: Grafische Darstellung des zeitlichen Verlaufs der Grundwasserstandsentwicklung des tiefsten Hangendgrundwasserleiters (GWL 2726) und der Höhenänderung der Erdoberfläche im Bereich des Markkleeberger Sees 3.2.2 Tagebauseen Gremminer und Gröberner See Der Gremminer See und der Gröberner See sind aus den stillgelegten und sanierten Braunkohlentagebauen Golpa-Nord und Gröbern entstanden und liegen im nördlichen Teil des Bitterfelder Braunkohlenreviers. In diesen Tagebauen wurden in den Zeiträumen von 1964 bis 1991 70 Mio. t bzw. von 1987 bis 1994 knapp 11 Mio. t Rohbraunkohle gewonnen. Die nachfolgende Tabelle enthält die wesentlichen Angaben der Flutung der beiden Tagebauseen: Tab. 2: Flutungscharakteristiken Gremminer See und Gröberner See: Gremminer See Gröberner See Flutungsbeginn: 11.01.2000 20.01.2004 Flutungsende: offen 2014 Ausgangswasserstand: +50,5 m NHN +55,6 m NHN Zielwasserstand: +78,10 bis +79,10 m NHN +87,30 bis +88,30 m NHN Seevolumen: 66,7 Mio. m 3 68,1 Mio. m 3 Wasserfläche: 541,0 ha 374,0 ha Die Fremdflutung beider Restlöcher erfolgte in den ersten Jahren hauptsächlich über eine Rohrleitung mit Wasser aus dem Fluss Mulde. So wurde ab dem Jahr 2000 erst die Hohlform des Tagebaus 98

Golpa-Nord (Gremminer See), danach die des Tagebaus Gröbern (Gröberner See) geflutet. Nachfolgende Abbildung stellt die Entwicklung der Seewasserspiegelhöhen des Gremminer und Gröberner Sees infolge der Flutung im Zeitraum 1999 bis 2015 in Form von Flutungsverläufen grafisch dar. Abb. 5: Entwicklung der Seewasserspiegelhöhen des Gremminer und Gröberner Sees infolge der Flutung im Zeitraum 1999 bis 2015 Im Zeitraum 1999 bis 2004 erfolgte nahezu ausschließlich die Fremdflutung des Gremminer Sees mit einem Anstieg des Seewasserspiegels von ca. 30 m. Zum Beginn der Fremdflutung des Gröberner Sees im Jahr 2004 fehlten beim nördlich gelegenen Gremminer See nur noch ca. 3 m bis zum Erreichen des geplanten Endwasserstands. Im anschließenden Zeitraum bis 2008 erfolgte dann die Flutung des Gröberner Sees bis nahe an den Zielwasserstand mit einem Seewasserspiegelanstieg von fast 40 m. Eine Folge der schnellen Flutung der Tagebauhohlformen mit Fremdwasser war auch die Auffüllung der Grundwasserleiter um die sanierten Braunkohlentagebaue. Dieses Auffüllen der Grundwasserleiter bzw. der Druckanstieg in ihnen bewirkt die in der nachfolgenden Abbildung dargestellte enge räumliche Beziehung der Hebungen zu den in Flutung befindlichen Tagebauseen. Deutlich zeichnet sich die zeitlich gestaffelte Flutung des (nördlichen) Gremminer Sees und des (südlichen) Gröberner Sees in den Hebungsbeträgen der Erdoberfläche ab. Nach weitgehendem Abschluss des Flutungsprozesses im Jahr 2008 zeigten sich nur noch geringfügige zeitlich nachlaufende Hebungen. 99

Abb. 6: Farbcodierte interpolierte Höhenänderungen des gewachsenen Bodens auf der Basis der Ergebnisse der Feinnivellements im Umfeld des Gremminer und Gröberner Sees in den Zeiträumen 1999 bis 2004 (links), 2004 bis 2008 (Mitte) sowie 2008 bis 2014 (rechts) Nach (Papmeyer 2004) hebt sich die Erdoberfläche im Mitteldeutschen Braunkohlenrevier in einer Relation von 2 bis 3 zum Grundwasserwiederanstieg. Beim Gremminer See und beim Gröberner Sees waren demnach im Zuge der Flutung maximale Hebungsbeträge in der Größenordnung von 80 mm bis 120 mm zu erwarten. Die punktuell gemessenen maximalen Hebungen im Zeitraum von 1999 bis 2014 zeigen Werte bis zu 60 mm. Somit sind die Relationen mit dem Grundwasserwiederanstieg kleiner 2. Nachfolgende Abbildung stellt die enge Korrelation zwischen Grundwasserwiederanstieg und den ermittelten Hebungen am Beispiel der Grundwassermessstelle 879 (GWL 1.6) und dem benachbarten Höhenfestpunkt 713021 dar. Andere untersuchte Zusammenhänge zwischen Grundwasserstandsänderungen und gemessenen Hebungen im Bereich des Gröberner Sees zeigen vergleichbare Korrelationen. 100

Abb. 7: Grafische Darstellung des zeitlichen Verlaufs der Grundwasserstandsentwicklung des tiefsten Hangendgrundwasserleiters (GWL 1.6) und der Höhenänderung der Erdoberfläche im Bereich des Gröberner Sees 4 Fazit In Auswertung der ersten Wiederholungsmessungen von Nivellementslinien im Mitteldeutschen Braunkohlenrevier nach der Nullmessung im Jahr 1999 zeigten sich Hebungen in unmittelbarer Nähe von sanierten, in Flutung befindlichen Braunkohlentagebauen. Im Jahr 2004 durchgeführte Untersuchungen im Rahmen einer Diplomarbeit kamen zu dem empirischen Ergebnis, dass der Hebungsprozess mit dem Grundwasserwiederanstieg korreliert. Im Ergebnis der Untersuchungen an drei mitteldeutschen Tagebauen wurden Korrelationen ermittelt: Hebungen vollziehen sich in der Größenordnung von 2 bis 3 mm je Meter Grundwasserwiederanstieg. Mit diesen ermittelten Werten gelang eine Abschätzung der bis zum Abschluss des Flutungsprozesses zu erwartenden maximalen Hebungsbeträge. Rückblickend kann festgestellt werden, dass die 2004 abgeschätzten Größenordnungen der Relation Grundwasserwiederanstieg/Hebungen der Erdoberfläche auch nach Abschluss der Flutung von mitteldeutschen Tagebauhohlformen Bestand haben. Unabhängig von den erzielten Kenntnissen wurden die Präzisionsnivellements alle zwei Jahre wiederholt. Die daraus gewonnenen Ergebnisse in Form von ausgeglichenen Höhen der vermarkten Höhenfestpunkte dokumentieren die Auswirkungen des Flutungsprozesses in Form von Vertikalbewegungen. Der Hebungsprozess vollzieht sich - nahezu zeitgleich mit der Erhöhung der Seewasserspiegel - über mehrere Jahre. Die Hebungsmaxima treten in den Gebieten mit dem größten Grundwasserwiederanstieg auf. In der Regel sind das die Randbereiche der stillgelegten Tagebaue. Kleinräumige signifikante Unterschiede der Hebungsbeträge zeigen sich nicht. Die Hebungsbeträge erreichen auch nicht die Beträge der sümpfungsbedingten Senkungen in der Phase der Tagebauentwässerung. 101

Schäden an Bauwerken durch grundwasserwiederanstiegsbedingte Hebungen wurden bei den abgeschätzten Hebungsbeträgen und dem prognostischen Verlauf des Hebungsprozesses nicht erwartet und sind auch nicht eingetreten. Abb. 8: Blick über die entstandenen Seen südlich von Leipzig LITERATURVERZEICHNIS Fenk, Jürgen: Entlastungseffekte im Lockergebirge. In: Markscheidewesen 111 (2004), Nr. 2, S. 49-52. LMBV mbh (Hrsg.): Wasserwirtschaftlicher Jahresbericht. Senftenberg: LMBV, erscheint jährlich. Papmeyer, Falk: Untersuchung vertikaler Bodenbewegungen infolge des Grundwasserwiederanstiegs im Zusammenhang mit der planmäßigen Flutung stillgelegter Braunkohlentagebaue. TU Bergakademie Freiberg, Institut für Markscheidewesen und Geodäsie, Diplomarbeit 2004, unveröffentlicht. Schade, Marco: Vertikale Bodenbewegungen infolge des Grundwasserwiederanstieges im Zusammenhang mit der planmäßigen Flutung stillgelegter Braunkohlentagebaue. 44. DMV-Tagung Bochum 2004, Tagungsband, S. 56-72. Zill, Nico: Untersuchung von vorliegenden Meßergebnissen der Reviernivellementsmessungen im Südbereich der Niederlausitz und Auswertung im Hinblick auf die großräumigen geologischen Bedingungen mit prognostischen Aussagen zur Dauer und Größe von Bodenbewegungen aufgrund des großräumigen Grundwasserabsenkungseinflusses des Braunkohlenbergbaues. TU Bergakademie Freiberg, Institut für Markscheidewesen und Geodäsie, Studienarbeit 2000, unveröffentlicht. 102