Carsten Behrens Mit Wiki-Technologie zu gelebten Managementsystemen
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISBN 978-3-8249-1517-0 by TÜV Media GmbH, TÜV Rheinland Group, 2012 Gesamtherstellung: TÜV Media GmbH, Köln www.tuev-media.de TÜV, TUEV und TUV sind eingetragene Marken der TÜV Rheinland Group. Eine Nutzung und Verwendung bedarf der vorherigen Zustimmung durch das Unternehmen. Gesamtherstellung: TÜV Media GmbH, Köln 2012 Die Inhalte dieses Werks wurden von Autor und Verlag nach bestem Wissen und Gewissen erarbeitet und zusammengestellt. Eine rechtliche Gewähr für die Richtigkeit der einzelnen Angaben kann jedoch nicht übernommen werden. Gleiches gilt auch für Websites, auf die über Hyperlinks verwiesen wird. Es wird betont, dass wir keinerlei Einfluss auf die Inhalte und Formulierungen der verlinkten Seiten haben und auch keine Verantwortung für sie übernehmen. Grundsätzlich gelten die Wortlaute der Gesetzestexte und Richtlinien sowie die einschlägige Rechtsprechung.
Mit Wiki-Technologie zu gelebten Managementsystemen von Carsten Behrens Zum Inhalt Theorie Prozessorientierte Managementsysteme, z. B. Qualitäts-, Umwelt- oder Integrierte Managementsysteme, gehören heute in der einen oder anderen Form zum Standard in vielen Unternehmen. Die häufig durch spezielle Software unterstützten Systeme wurden mit z. T. großem Aufwand eingeführt und nach einschlägigen Normen, z. B. ISO 9001, zertifiziert. Es ist jedoch zu beobachten, dass viele dieser Managementsysteme von den Mitarbeitern nur unzureichend genutzt werden sie werden nicht gelebt. Hier erfahren Sie, wie Sie ein prozessorientiertes Managementsystem mithilfe von Wiki-Technologie so ausgestalten können, dass es von den Mitarbeitern als nutzbringendes Werkzeug akzeptiert und im Alltag effektiv eingesetzt wird. 1 Theorie und Praxis der Managementsysteme Prozessorientierte Manage mentsysteme sollen im We sentlichen drei Funktionen erfüllen: Erstens dienen sie als Führungs instrument, um die richtigen Ver änderungen im Unternehmen souverän umsetzen zu können, Prozesse zu harmonisieren und zu stabilisieren. Zweitens konser vieren sie organisatorisches Er fahrungswissen im Sinne der Best Practice und machen es den Mit - arbeitern in komprimierter Form zugänglich. TÜV Media GmbH Seite 1
Drittens ermöglichen sie Zertifizierungen und dienen als Nachweis, dass die Organisa tion ihre Prozesse beherrscht. Praxis Starre Systeme Auditorische Sprache So weit die Theorie. In der Praxis erfüllen Managementsysteme jedoch häufig nur die 3. Funktion, die Zertifizierbarkeit. Ansonsten bilden sie die Organisation mal besser, mal schlechter ab und werden meist nicht gelebt. Nicht gelebt bedeutet, dass das Managementsystem, korrekter die Dokumentation des Managementsystems, nicht Gegenstand der täglichen Arbeit ist. Und dies weder als Informationsquelle noch als Dokumentationswerkzeug [1]. Die Erfahrungen aus vielen Beratungsprojekten zeigen, dass es häufig die eher starren Systeme sind, die in den Unternehmen als Fremdkörper empfunden werden. Unter starren Systemen sind die zum Glück aussterbenden Papierversionen der Prozessdokumentation, aber auch HTML-Versionen oder Lotus-Notes-Datenbanken zu verstehen. Der häufigste Fall im deutschen Mittelstand sind Office- oder MS-Visio- Dateien, abgelegt in einer Ordner-struktur, meist als unveränderliches PDF-Dokument. Die Gestaltung des Managementsystems ist dann meist die Aufgabe einer kleinen Personengruppe oder gar einer einzelnen Person, die das organisatorische Wissen über die Aufbau- und Ablaufstruktur zusammenträgt und den Wissensträgern wieder verfügbar macht. Bei dieser Form der Dokumentation agiert die Personengruppe oder die einzelne Person (meist ein Qualitätsoder Prozessmanager) als besserer Sekretär bei der Abbildung realer Prozesse. Welche Verschwendung einer hochwertigen Ressource! Außerdem wird das Wissen der Wissensträger unnötigerweise zweimal übersetzt. Zum einen erfolgt die Übersetzung vom Wissensträger zum Prozessmanager, zum anderen die des Prozessmanagers in die Prozessabbildung. Das Ergebnis TÜV Media GmbH Seite 2
Symptome eines toten Systems Ein Teufelskreis ist nicht selten, dass die Prozessinformation nicht der Sprache des Adressaten, also des Wissensträgers, entspricht. Diese Sprache, die in einer Vielzahl von Management-systemen verwendet wird, ist auditorisch, d. h. auf die Normen, die Auditoren sowie auf die Erlangung des Zertifikats ausgerichtet, was man vielen Managementsystemen auch deutlich ansieht. Damit werden Hürden zur Nutzung des Systems aufgebaut, was wiederum einen großen Mehraufwand mit Schnittstellenverlusten erforderlich macht. Wird ein Änderungsbedarf erkannt und liegt beispielsweise ein Verbesserungsvorschlag oder ein wertvoller Erfahrungswert vor, ist es in vielen Unternehmen erforderlich, die zentrale Stelle anzusprechen, welche die Inhalte prüft und, meist mit signifikantem Zeitverzug, im System umsetzt. Da diese Hürde häufig als sehr hoch bei geringem Nutzen empfunden wird, werden viele Managementsysteme zu Datenfriedhöfen, die kurz vor Audits eine Reanimation erfahren. Daher ist das sichere Symptom eines toten Managementsystems operative Hektik vor Audits. Die Hektik ist dabei lediglich das Symptom, die Krankheit selbst ist ein Managementsystem, das kaum oder keinen Nutzen für die Organisation entwickeln kann. Diese Zusammenhänge lassen sich mit dem sogenannten QM-Teufelskreis anschaulich beschreiben: Das Managementsystem wird unzureichend aktualisiert. Dadurch entsteht eine Differenz zwischen Realität und Abbildung, was darin mündet, dass das System als Informationsquelle für den Mitarbeiter im Alltag wertlos wird. Das hat zur Folge, dass der Mitarbeiter zumindest aus eigener Motivation heraus nicht bereit ist, es zu gestalten oder zu verbessern. Diesen Teufelskreis kennen die meisten deutschen Unternehmen, die sich mit Prozess- und Qualitätsmanagement auseinandersetzen. TÜV Media GmbH Seite 3
Ein Lösungsansatz: Wiki Ziel Anders ist dies bei einem System, bei welchem der Wissensträger selbst als Autor direkt im System tätig werden kann und die zentrale Stelle eine rein koordinierende, beratende und ggf. freigebende Funktion einnimmt. Dadurch werden Kapazitäten des Prozess- und Qualitätsmanagers frei für Tätigkeiten, die eigentlich sein Kerngeschäft sein sollten: Prozessoptimierung und -harmonisierung mit Schulung und Coaching von Führung und Mitarbeitern. Genau dieses unmittelbare Editieren im Managementsystem ermöglicht die Wiki-Technologie. 2 Wiki-Technologie was ist das? Ein Wiki (hawaiisch für schnell ) ist ein Hypertext-System für Webseiten, deren Inhalte von den Benutzern nicht nur gelesen, sondern auch online direkt im Browser geändert werden können. Zur Klarstellung: Wiki ist kein Synonym für Wikipedia. Während ein Wiki eine Technologie ist, ist Wikipedia eine Lösung, d. h. eine auf Wiki-Basis entwickelte Internet-Enzyklopädie mit großem Erfolg. Das Ziel von Wikis ist es, den Erfahrungs- und Wissensschatz der Benutzer zu nutzen, indem jeder Benutzer die Möglichkeit hat, sein Wissen durch unmittelbares Editieren der Inhalte in das System einzubringen. Für ein Managementsystem bedeutet dies zum Beispiel, dass jeder Mitarbeiter im Unternehmen die Möglichkeit erhält, Inhalte des Manage mentsystems einfach und direkt während seiner Arbeit am Rechner zu modifizieren. Die Modifikation findet also dezentral und unmit telbar durch die am Prozess beteiligten Wissensträger statt. Dabei liefern die Mitarbeiter nicht nur aktuelle Prozessinformationen, sondern reichern diese mit Erfah rungswerten an. Sie profitieren selbst von der Spei- TÜV Media GmbH Seite 4