Folgende Fragestellungen stehen

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Transkript:

Biologie Das Programm Garden Birds : Die Wintervogelwelt der Gärten in Hamburg und Umgebung Die britische ornithologische Vereinigung British Trust for Ornithology (BTO) hat in den 198er Jahren das Projekt Garden Birds ins Leben gerufen. Diese Idee wurde von Jürgen Dien vom Arbeitskreis an der Staatlichen Vogelschutzwarte Hamburg aufgegriffen und im Herbst 1987 unter seiner Koordination gestartet. Jeden Winter werden seitdem im Hamburger Raum in 5 bis 7 Gärten nach einer festgelegten Methode die anwesenden Vögel gezählt. So kam eine teilsystematische Datensammlung zustande, die derzeit umfassend ausgewertet wird. Nachfolgend berichten wir über die ersten Ergebnisse des Projektes. Folgende Fragestellungen stehen im Zentrum der Untersuchungen im Projekt Garden Birds : Welche sind die häufigsten Vogelarten in den winterlichen Gärten? Wie unterscheidet sich die Wintervogelzusammensetzung in den Gärten der innerstädtischen Bereiche von denen am Stadtrand? Wie hat sich der Winterbestand der Gartenvögel im Verlauf von 22 Untersuchungsjahren entwickelt? Thema Phänologie: Wie verändert sich die Häufigkeit der Arten von Mitte November bis Mitte März? Gibt es Unterschiede von Jahr zu Jahr? Welche Arten sind in kalten, welche in warmen Wintern häufiger? Thema Witterungsabhängigkeit: Gibt es Zusammenhänge zwischen der Phänologie und meteorologischen Parametern, wie zum Beispiel Temperaturverläufen sowie Eis- und Schneetagen? Sind die Die Bestände der Blaumeise sind in den Gärten von Hamburg und Umgebung stabil unabhängig von der Kälte des Winters. Foto: S. Garthe. Bei Hamburg, Januar 21. Vögel in kalten Wintern seltener in den Gärten zu finden oder sind die Bestände bestimmter Arten erst im Jahr danach niedriger?» Zur Methode des Projekts Garden Birds Von Mitte November bis Mitte März werden die anwesenden Vögel in den Gärten über einen Zeitraum von insgesamt 18 Wochen gezählt. Im Verlauf einer Woche, von Sonntag bis Samstag, muss mindestens zwei Stunden beobachtet werden. In die Datenbank fließt schließlich die Höchstzahl jeder registrierten Vogelart pro Woche ein. Erfasst werden nur Arten mit Bezug zum Untersuchungsgebiet Garten. Wichtig ist, dass die Vögel nicht nur über das Gebiet ziehen, sondern wirklich dort verweilen. Die Methode ist nicht frei von Schwächen und ergibt daher eine sogenannte teilsystematische Datensammlung. Folgende Faktoren müssen bei der Dateninterpretation berücksichtigt werden: ungleiche Gartengrößen ungleiche Gartenstrukturen, je nach Größe und Vegetation Veränderung der Vegetation unterschiedliche Beobachtungszeiten: Bei hohen Vogeldichten wird möglicherweise aus Interesse des Beobachters an der Dynamik der Vogelbestände über die festgelegte Minimalzeit hinaus deutlich länger 52 Der Falke 59, 212

beobachtet als bei geringen Dichten. Andererseits muss dann auch detaillierter beobachtet werden, um alle Individuen zu erfassen Fütterungseffekte Die für die Auswertung ausgewählten Gärten liegen alle in Hamburg und naher Umgebung und konnten im weiteren Sinne unter Stadt- oder städtischem Gebiet zusammengefasst werden. 6 5 4 3 2 1 Rabenkrähe»»Welche Mechanismen beeinflussen die Vogelbestände in den winterlichen Gärten? Gründe für ein vermehrtes Auftreten von Gartenvögeln im Winter: eine allgemeine Bestandszunahme der Arten eine geringere Abwanderung nach Südwesten in wärmeren Wintern die Vögel bleiben im Hamburger Raum, da sie genug Nahrung finden und ziehen nicht weiter in südlichere Bereiche eine stärkere Zuwanderung von Tieren aus östlichen oder nordischen Regionen (Skandinavien, baltische Länder) in Kältewintern, da sie in Hamburg mehr Nahrung vorfinden oder erwarten. eine stärkere Zuwanderung in die Gärten von Tieren aus dem Umland erfolgen, die z. B. aus Feldmark oder Wäldern in die Gärten kommen 12 1 8 6 4 2 1989 199 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2 21 22 23 24 25 26 27 28 29 21 Haussperling 1989 199 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2 21 22 23 24 25 26 27 28 29 21 Bestandsentwicklungen von Rabenkrähe und Haussperling in den Gärten Hamburgs und Umgebung. Während die Rabenkrähe über die Jahre immer mehr Gärten besiedelt hat, verschwindet der Haussperling nach und nach. Gründe für ein verringertes Auftreten von Gartenvögeln im Winter: allgemeine Bestandsabnahme der Arten erhöhte Sterblichkeit in kalten Wintern durch Nahrungsmangel stärkere Abwanderung aus den Gärten nach Südwesten in kalten Wintern geringere Zuwanderung von Nordosten in warmen Wintern geringere Einwanderung in Gärten aus dem Umland, wie Wälder und Feldmark in warmen Wintern»»Artenzusammensetzung Diese Auswertung basiert auf Beobachtungsdaten von 17 Gartenbe- Mittelspechte sind in den Gärten Norddeutschlands im Winter eine Seltenheit. Foto: S. Garthe. Bei Hamburg, Februar 21. Der Falke 59, 212 53

Biologie sitzern, die in allen Wintern von 1988/89 bis 29/1 wöchentlich am Erfassungsprogramm teilgenommen haben. Ein zentrales Ergebnis ist hier, dass die Artenzahlen pro Winter ohne wesentliche Abweichungen recht konstant geblieben sind. Dabei schwanken die Werte in den einzelnen Wintern zwischen 51 und 63 Arten. Listet man die Arten nach ihrer Häufigkeit in den 17 Gärten auf, ergibt sich diese Reihenfolge (Häufigkeit aller gezählten Vögel in 22 Wintern): 1. Grünfink 11 % 2. Amsel 8 % 3. Kohlmeise 7 % 4. Ringeltaube 7 % 5. Elster 6 % 6. Blaumeise 5 % 7. Haussperling 5 % 8. Feldsperling 5 % 9. Erlenzeisig 4 % 1. Wacholderdrossel 4 % 11. Buchfink 4 % 12. Gimpel 3 % 13. Saatkrähe 3 % 14. Eichelhäher 3 % 15. Rabenkrähe 3 % 16. Schwanzmeise 2 % 17. Rotkehlchen 2 % 18. Zaunkönig 2 % 19. Bergfink 2 % 2. Heckenbraunelle 1 % Insgesamt wurden 92 Vogelarten in den Gärten gezählt. Die Zahlen von Elster und Saatkrähe sind überraschend hoch, dieses ist wahrscheinlich auf Ansammlungen durch kleine Schlaf- bzw. Vorsammelplätze zurückzuführen. Die Analysen der Artenzusammensetzung zu verschiedenen Phasen des Winters ergaben, dass der Grünfink zu Beginn sowie in der Mitte des Winters die zahlenstärkste Vogelart ist, wohingegen die Amsel Für Vogelbeobachter eine nicht alltägliche Freude: Kernbeißer am Futterhaus. Foto: S. Garthe. Bei Hamburg, Februar 211. Ende des Winters zur häufigsten Vogelart wird. Auffällig ist, dass die drei häufigsten Arten auch in dieser Betrachtungsweise die drei häufigsten Arten bleiben, das heißt trotz einer gewissen saisonalen Dynamik bleibt eine große Konstanz in der oben aufgeführten Artenzusammensetzung bestehen. Auch bei den anderen Plätzen ist eine recht hohe Konstanz vorhanden. Spätestens ab März kommen neue Zugvogelarten hinzu, diese machen sich mengenmäßig in den Daten bis Mitte März jedoch kaum bemerkbar.»»bestandsentwicklung Wie hat sich der Bestand der 24 häufigsten Arten im Verlauf von 22 Jahren entwickelt? Folgende Arten zeigen eine signifikante Bestandszunahme, wobei die Zahlen über den gesamten Erfassungszeitraum von Mitte November bis Mitte März gemittelt wurden: Rabenkrähe: Der Bestand der Rabenkrähe hat sich verdreifacht. War sie früher in den Gärten so gut wie gar nicht vorhanden, ist sie inzwischen dort eingewandert und zeigt die spektakulärste Zunahme aller Arten. Buchfink: Die Zunahme an Buchfinken ist zwar gering, dafür kann aber eine konstante Zunahme verzeichnet werden. Wacholderdrossel: Der Bestand schwankt zwar und in den ersten Jahren war die mittlere Anzahl niedriger, später wieder etwas höher, insgesamt zeigt der Bestand aber eine Zunahme dieser Art in den Gärten. Folgende Arten hatten signifikante Abnahmen: Haussperling: Nach anfänglich stabilen Beständen zeigt der Haussperling im Garden Birds -Programm seit 15 Jahren einen deutlichen Bestandsrückgang. Dieses Ergebnis deckt sich gut mit dem vielerorts beobachteten Trend dieser Art in Deutschland, für den einerseits Nahrungsmangel, andererseits verringerte Brutmöglichkeiten verantwortlich gemacht werden. Die Ursachen dafür sind unter anderem im Rückgang dörflicher Strukturen und in Gebäudesanierungen zu finden. Fasan und Türkentaube: Der Bestand bei beiden Arten zeigt zwar Schwankungen, aber insgesamt sind signifikante, statistisch abgesicherte Abnahmen in den winterlichen Gärten zu verzeichnen. Die restlichen 18 Arten weisen stabile oder nicht eindeutig schwankende und daher nicht signifikante Veränderungen in ihren Beständen auf: 54 Der Falke 59, 212

Sperber, Ringeltaube, Buntspecht, Eichelhäher, Kohlmeise, Blaumeise, Schwanzmeise, Kleiber, Zaunkönig, Amsel, Rotkehlchen, Wintergoldhähnchen, Heckenbraunelle, Grünfink, Erlenzeisig, Gimpel, Bergfink und Feldsperling.»»Phänologie/Jahresdynamik Des Weiteren wurde die Phänologie untersucht, also der Aspekt, wann welche Arten im Verlauf des Winters in den Gärten anzutreffen sind. Das hier vorgestellte Programm bietet durch seine wöchentlichen Zählergebnisse eine engmaschige Datenerhebung, die detailliertere Aussagen zur Jahresdynamik ermöglicht, als es traditionelle Wintervogelzählungen erlauben, die zum Beispiel nur drei Zähltage pro Winterhalbjahr beinhalten. Die Ergebnisse lassen sich folgendermaßen unterteilen: Stabile Bestände: Diese Arten zeigen nur geringfügige Bestandsschwankungen im Verlauf des Winters. Dazu gehören unter anderem Rotkehlchen, Amsel, Kleiber und Feldsperling. Deutliche saisonale Bestandsmuster sind z. B. bei den Arten Erlenzeisig, Zaunkönig, Heckenbraunelle und Star erkennbar. Erlenzeisige werden im Verlauf des Winters immer häufiger. Anfangs sind sie nur in geringen Zahlen zu finden, die aber kontinuierlich ansteigen und ihr Maximum zum Programmende Mitte März erreichen. Die Bestände des Zaunkönigs nehmen von Mitte November bis zum Tiefpunkt Mitte Januar etwas ab und steigen dann wieder bis Mitte März an. Die Bestände der Heckenbraunelle sind von Mitte November bis Anfang Februar stabil, um dann bis Mitte März deutlich anzusteigen. Dies dürfte sich durch zurückkehrende Brutvögel erklären, was aber auch zeigt, dass die lokalen Brutvögel Mitte November schon zu einem Teil abgezogen sein müssten. Stare sind im November und Dezember nur vereinzelt zu beobachten, ab Mitte Januar kehren aber immer mehr Individuen in die Gärten zurück. Rotdrosseln erscheinen in den Gärten des Hamburger Raums meist erst dann, wenn sich Schneedecken bilden. Foto: S. Garthe. bei Hamburg, Februar 21. Um herauszufinden, ob sich die Phänologie einer Art zwischen den Jahren mit kalten und mit warmen Wintern unterscheidet, wurden die Bestandsverläufe in zwei Extremwintern untersucht. Analysiert wurden Daten aus dem Kältewinter 29/1, sowie dem warmen Winter 26/7, auf Basis von 5 Gärten mit durchgängigen Datenreihen. Exemplarisch untersuchten wir die Muster bei zwei häufigen Drosselarten: Die Rotdrossel wandert bei besonders kalten Temperaturen zahlreich in die Gärten ein, während sie im warmen Winter nur vereinzelt und stets Summe Individuen (5 Gärten) 2 18 16 14 12 1 8 6 4 2 Rotdrossel 26/7 29/1 in geringen Individuenzahlen zu finden war und sich offensichtlich eher außerhalb städtischer Gärten aufhielt. Die Amsel zeigt dagegen einen stabilen Bestand, egal ob ein kalter oder warmer Winter vorherrscht. Die Datenreihe verläuft recht konstant mit wenig Zunahmen im Winterverlauf. In Kältewintern lässt sich eine leichte Bestandserhöhung erkennen, die sich in einem Maximum von Ende Januar bis Anfang Februar widerspiegelt. Das heißt, wenn die Temperaturen sinken, kommt sie noch verstärkter in die Gärten, ist aber grundsätzlich recht durchge- Nov. Dez. Jan. Feb. März Unterschiede in der Phänologie von Rotdrosseln zwischen dem Warmwinter 26/7 und dem Kältewinter 29/1, basierend auf Daten aus 5 Gärten im Hamburger Raum. Im Warmwinter wurden kaum Rotdrosseln beobachtet, währenddessen sie im Kältewinter in hohen Zahlen in die Gärten einwanderten. Der Großteil der Rotdrosseln verließ diese aber während der kältesten Phase Ende Januar 21 und zog vermutlich in wärmere und nahrungsreichere, weiter südlich gelegene Gebiete. Der Falke 59, 212 55

Biologie hend anwesend, egal wie die Wintertemperaturen verlaufen. 3 13»»Witterungsabhängigkeit Welche meteorologischen Parameter haben Einfluss darauf, wie stark Arten in die Gärten einwandern oder in ihren Beständen zu- oder abnehmen? Aus dem Internet sind Datenreihen täglicher Messungen des Deutschen Wetterdienstes seit 1891 für die Mess station Hamburg- Fuhlsbüttel verfügbar. Für diese Studie wurden die Daten zu Schneehöhe, Zahl der Tage mit Schneebedeckung, mittlere Lufttemperatur, niedrigste Lufttemperatur sowie Bodentemperatur genutzt. Im Folgenden wird beispielhaft das Vorkommen von Bergfinken in Hamburger Gärten im Winter 29/1 erläutert: Bis Anfang Dezember waren fast keine Bergfinken in den Gärten zu finden, die Lufttemperaturen lagen im Tagesmittel über C. Ab dem ersten Kälteeinbruch Mitte Dezember tauchten Bergfink dann zunehmend Bergfinken auf, deren Zahl während der größten Kältephase Ende Januar ihren Höhepunkt erreichte. Trotz leicht ansteigender Temperaturen blieben die Nicht nur Vögel, auch Eichhörnchen lieben Vogelfutter. Foto: U. Kubetzki. Bei Hamburg, Oktober 21. Summe der Individuen (5 Gärten) 25 2 15 1 5 8. Nov. 15. Nov. 22. Nov. 29. Nov. 6. Dez. 13. Dez. 2. Dez. 27. Dez. 3. Jan. 1. Jan. 17. Jan. 24. Jan. 31. Jan. 7. Feb. 14. Feb. 21. Feb. 28. Feb. 7. März Zusammenhang zwischen der Lufttemperatur (tägliche Werte der Station Hamburg- Fuhlsbüttel, durchgezogene Linie) und dem Vorkommen von Bergfinken in 5 Gärten Hamburgs und Umgebung im Kältewinter 29/1. Die Bergfinken erschienen in größerer Zahl nach Beginn der Kältephase und blieben bis weit über den Zählzeitraum hinaus in den Gärten. -11 Tiere dann bis Mitte März und wie wir von anderen Beob achtungsdaten wissen zum Teil sogar bis weit in den April in hohen Beständen in den Gärten. Auch die Schneehöhe kann einen starken Einfluss auf die Vogelbestände haben. Bei konstanter Schneedecke tauchen vor allem Drosseln, in erster Linie Rot- und Wacholderdrosseln, verstärkt in den Gärten auf. Interessanterweise verschwinden diese beiden Arten meist schon zur Mitte des Winters, auch wenn Schnee und Kälte anhalten; offensichtlich geht ihnen dann die passende Nahrung (vor allem Früchte) aus und Fütterungen können dieses nur unzureichend kompensieren. Trotz allgemein hoher Präsenz finden sich in kalten Winter mehr Ringeltauben in den Gärten. Den deutlichsten Zusammenhang gibt es im Januar zwischen ihren Bestandszahlen und der Zahl der Tage mit Bodenfrost: Je mehr Bodenfrost es gibt, desto mehr Ringeltauben sind in den Gärten zu beobachten. Diese Art findet dann weniger Nahrung, da die Nahrungsflächen überfroren sind, und sie ist somit auf wärmere Bereiche angewiesen, wie beispielsweise die Nähe von Gebäuden, oder sie nutzt die Fütterung in den Gärten. Statistisch gesicherte ansteigende Individuenzahlen bei zunehmender Zahl von Tagen mit Bodenfrost im Januar konnten neben der Ringel- 9 5 1-3 -7 Mittlere Lufttemperatur ( C) 56 Der Falke 59, 212

taube auch bei Buntspecht, Eichelhäher, Wacholderdrossel, Amsel, Rotkehlchen sowie Buch- und Bergfink gefunden werden.»»fütterungen Auch wenn derzeit noch keine Daten aus dem Garden Birds Programm in Hinblick auf den Einfluss von Fütterungen auf die winterlichen Gartenvogelbestände ausgewertet sind, ist zumindest offensichtlich, dass eine große Anzahl von Vogelarten diese zusätzliche Nahrungsquelle nutzt. In den letzten Jahren sind immer vielfältigere Vogelfuttermischungen auf den Markt gekommen, sodass nicht nur mit klassischen Sonnenblumenkernen, sondern auch mit verschiedensten Samen, getrockneten Insekten und Fetten gefüttert wird. Selbst insektenfressende Mönchsgrasmücken, die normalerweise in wärmere Regionen abwandern müssen, können inzwischen bei kalter Witterung in den Gärten Hamburgs überleben. Die Anzahl von Amseln in den Gärten steigt in kalten Wintern leicht an. Foto: S. Garthe. Bei Hamburg, Februar 21. Das in diesem Beitrag vorgestellte Zählprogramm Garden Birds gibt interessante Einblicke in die winterliche Vogelwelt von Gärten. So ermöglicht es wertvolle Aussagen zu Bestandsveränderungen der häufigen Arten. Die Phänologie vieler Arten lässt sich genau beschreiben und damit ist es möglich, die Effekte des Wetters auf die winterliche Gartenvogelwelt zu analysieren. Mit einer langfristigen Fortführung des Programmes wird es somit auch möglich sein, die Auswirkungen von Klimaveränderungen auf Gartenvögel aufzuzeigen. Sehr wertvoll werden parallele Auswertungen anderer Monitoring- Programme sein, sodass nicht nur Daten aus den untersuchten Gärten vorliegen, sondern auch von weniger häufig durchgeführten Wintervogelzählungen in verschiedenen Landschaftstypen. Ulrike Kubetzki, Stefan Garthe, Jürgen Dien Literatur zum Thema: Cannon AR, Chamberlain DE, Toms MP, Hatchwell BJ, Gaston KJ 25: Trends in the use of private gardens by wild birds in Great Britain 1995-22. Journal of Applied Ecology 42: 659-671. Chamberlain DE, Cannon AR, Toms MP 24: Associations of garden birds with gradients in garden habitat and local habitat. Ecography 25: 589-6. Chamberlain DE, Vickery JA, Glue DE, Robinson RA, Conway GJ, Woodburn RJW, Cannon AR 25: Annual and seasonal trends in the use of garden feeders by birds in winter. Ibis 147: 563-575. Thompson PS, Greenwood JJD, Greenaway K 1993: Birds in European gardens in the winter and spring of 1988-89. Bird Study 4: 12-134. Das Garden Birds - Programm wird finanziell unterstützt von der Norddeutschen Stiftung für Umwelt und Entwicklung (NUE) und des Förderverein Tierartenschutz in Norddeutschland e.v. Dr. Ulrike Kubetzki arbeitet als Meeresbiologin am Forschungs- und Technologiezentrum West küste (FTZ) in Büsum. Parallel dazu ist sie als Fachjournalistin für Wissenschaft (FJS) tätig. Dr. Stefan Garthe ist Akademischer Rat an der Universität Kiel. Seit 29 ist er Vizepräsident der Deutschen Ornithologen-Gesellschaft. Bei Bodenfrost und Schnee wird die Nahrung für Ringeltauben knapp. Foto: U. Kubetzki. Bei Hamburg, Februar 21. Jürgen Dien ist seit der Gründung des Arbeitskreises an der Staat lichen Vogelschutzwarte Hamburg vor 5 Jahren ehrenamtliches Mitglied. An zahlreichen Projekten war und ist er federführend beteiligt. Der Falke 59, 212 57