Forschungsprojekt am IHS. Susanne Pernicka Monika Feigl-Heihs Alfred Gerstl Peter Biegelbauer. im Auftrag des BM:BWK Laufzeit: Oktober 1999-Mai 2002

Ähnliche Dokumente
Das 7. Forschungsrahmenprogramm der EU und das Programm Eco-Innovation: Förderung von Ressourceneffizienz in Forschung und Markteinführung

Bündelung und Integration der Gemeinschaftsforschung. 9. Horizontale Forschungstätigkeiten mit Beteiligung von KMU.

Hindernisse für partizipatives Technology Assessment in der Forschungs- und Technologiepolitik anhand des Beispiels Österreich

Szenarien für europäische Mittelstandsförderung für Innovation und intelligentes Wachstum ab 2014

Test: Grundkenntnisse über die Europäische Union

Dimensionen sozialer Ungleichheit. [ Sozialer Wandel ] Ansätze zur Erklärung und Überwindung sozialer Ungleichheit Klassische Theorien

Einleitung und Gang der Untersuchung

Instrumente gegen die Krise.

1. Die Genehmigungsverfahren in Deutschland sind aufwendig und komplex, berücksichtigen vorgebrachte

Partizipation in biographischer Perspektive

Territoriale Kohäsion und Donaustrategie eine ökonomische Analyse neuer Konzepte der EU-Integration

Informationen für Wissenschaftlerinnen in Deutschland FORSCHUNG

LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN

Werte und Grundsätze des Berufskodexes für interkulturell Dolmetschende. Ethische Überlegungen: Was ist richtig? Wie soll ich mich verhalten?

Politische Kommunikation und Wahlwerbung Wissenschaft, Medien und Politik im Dialog. Ulla Burchardt

Einführung in das 7. Forschungsrahmenprogramm mit Tipps zur Antragstellung

Wohlfahrtsmärkte forciert von der Europäischen Union?

027623/EU XXV.GP Eingelangt am 02/06/14

Unterstützungsmöglichkeiten für Cluster und Netzwerke im FP7 und anderen Programmen der Europäischen Kommission

Beteiligung am 7. Rahmenprogramm und aktuelle Herausforderungen

Punkt 39 der 878. Sitzung des Bundesrates am 17. Dezember 2010

Stellenwert und Wirksamkeit von Umweltaspekten bei Produkt-Innovation und Produkt-Marketing in Unternehmen Univ.-Prof. Dr.-Ing.

Europäische Union und kommunale Selbstverwaltung

Konflikte in und um Entwicklungspolitik. Claudia Derichs Institut für Politikwissenschaft

Haushalts- und Finanzkrise

Von Menschen für Menschen in Schleswig-

DIENSTLEISTUNGEN VON ALLGEMEINEM INTERESSE : SCHLÜSSEL FÜR EINE NACHHALTIGE ENTWICKLUNG

KMU-Instrument & IMP³rove

Reader : Copyshop Rotplombe Nr. 19

Aggregierte Präferenzen: Liberalismus (Rasmus Beckmann)

Impulsvortrag: Aktuelle Entwicklungen in der Förderungslandschaft

Hessisches Ministerium der Finanzen EPSAS aus dem Blickwinkel des Landes Hessen

Reach out for New Dimensions. Start ins 7. EU-Rahenprogramm: Nächste Schritte. Sabine Herlitschka

JESSICA. Eine neue Art, EU-Mittel zur Förderung von nachhaltigen Investitionen und Wachstum in städtischen Gebieten einzusetzen. Was ist JESSICA?

DAX30 Unternehmen und Nachhaltigkeit

Die Reichweite der Universaldienstleistungen nach. Recht am Beispiel der Förderung intelligenter Netze, insbesondere der Breitbandverkabelung

Wir erbringen in christlicher Verantwortung soziale Dienste, insbesondere für Senioren und Menschen mit Behinderung.

Demokratische Legitimation der internationalen Rechnungslegung. - Gliederungsübersicht -

Die Bedeutung funktionaler Stadtregionen in der EU- Strukturfondsperiode

Die Umsetzung der "Verstärkten Zusammenarbeit" im Bereich der Finanztransaktionsteuer

Wozu Regionale Governance?

12. September 2015 Landesjugendring NRW Praxistag zu Einmischender Jugendpolitik vor Ort

Frauenarbeit in Europa und Gemeinschaftsrecht

Soziale Ungleichheit und politische Partizipation

Lobbyarbeit für Städte und Gemeinden in der Europäischen Union

Völkerrechtliche Aspekte der restriktiven Maßnahmen der EU gegenüber Russland Stammtischgespräch der Deutsch-Russischen Juristenvereinigung e.v.

«Wer zahlt, befiehlt?»

Antworten der Parteien SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Grüne, FDP, Linkspartei.PDS

Organisationsentwicklung: Geschichte, Grundanliegen, zentrale Theorien und Konzepte, Anwendung

SACHSEN-ANHALT Ministerium der Finanzen. Ministerium der Finanzen Sachsen-Anhalt 2015

Erfahrungsbericht: Vom FH-Diplom zum Master und Doktorat. Mein Entscheidungsprozess in der Suche nach dem geeigneten Weg

BA SKN Studienfach Politik Modul (Modulnr.) PK-1: Einführung in das Studium der Politikwissenschaft (22010) Zugangsvoraussetzungen

maximale Zinssätze für Endkreditnehmer in Preisklasse

24. Zusammenfassung der Akteursanalyse

Europäische Forschungsförderung

Deutscher Bundestag - Petitionsausschuss - Platz der Republik Berlin. Heidelberg, Mein Zeichen:

16 Einleitung. die Notwendigkeit, einen vollständig funktionierenden und integrierten internen Energiemarkt zu etablieren:

Apps für Deutschland?

Berliner VGR-Kolloquium WIRTSCHAFTSKREISLAUF UND VOLKSWIRTSCHAFTLICHE GESAMTGRÖßEN.

79 Reihe Politikwissenschaft Political Science Series

Soziale Sicherungssysteme in der Sozialen Marktwirtschaft: im Spannungsfeld zwischen Sozialpolitik und Markt?

Lobbying und Public Affairs Institut für Staats- und Verwaltungsrecht Wintersemester 2014/15

Master: Wahlpflichtmodule, Übergreifende Kompetenzen

LEADER in Sachsen

Stellungnahme des Deutschen Naturschutzrings

Inhalt. Vorwort Einleitung... 11

Büro für Nachhaltigkeit mit Geschäftsstelle Lokale Agenda 21 Nachhaltige Entwicklung als Beteiligungsprozess in Augsburg

FORUM PRIVATHEIT UND SELBSTBESTIMMTES LEBEN IN DER DIGITALEN WELT. Policy Paper Forschungsprioritäten

Europaweite Förderprogramme - Chancen und Herausforderungen für Unternehmen Verena Würsig, Förderberaterin EU- und Außenwirtschaftsförderung

I N F O R M A T I O N

maximale Zinssätze für Endkreditnehmer in Preisklasse

Morgen ganz privat Unternehmen GKV AG?

Ungleichheit, Umverteilung und Öffentliches Kapital. Giacomo Corneo Berlin, 9. Oktober 2015

Förderungs- und Finanzierungsmöglichkeiten in den zehn neuen EU-Ländern

Curriculum Vitae. Master of International Relations, Macquarie University, Sydney With Vice-Chancellor s commendation

(verabschiedet im Dezember 2006)

»Der Rechtsschutzmarkt in Österreich«

maximale Sollzinssätze für Endkreditnehmer in Preisklasse

STATEMENT: EFFEKTIVE PERFORMANCE SOZIALWIRTSCHAFT AUS SICHT DER OÖ. Katharina Friedl, B.A. Fachhochschule OÖ Campus Linz

Geschlechtergleichstellung und Empowerment von Frauen in der OEZA. Sonja Grabner, Referentin Gender und Entwicklung, ADA

Grenzüberschreitende Daseinsvorsorge - eine neue Qualität der kommunalen grenzüberschreitenden Zusammenarbeit mit deutscher Beteiligung?

Definition Mediation. Quelle: Jack Himmelstein/Gary Friedman

Allein der gute Wille und die Einsicht in die Relevanz von Bürgerbeteiligung führt nicht zu Verbesserung kommunaler Aufgabenerfüllung.

Rahmenbetriebsvereinbarung betreffend automationsunterstützte Verwendung personenbezogener Beschäftigtendaten

Gründe für Staatseingriffe im Gesundheitswesen: Allgemeines

Horizon 2020: Das KMU-Instrument EU-Förderung für marktnahe Innovationen

Hans-Jürgen Bieling. Die Globalisierungs- und Weltordnungspolitik der Europäischen Union

Die neue Dimension der Energieeffizienz in der Haus- und Gebäudeautomation

Die Interessenvertretung im Post- und Transportsektor Struktur und Politik

Entwicklungen des Weiterbildungsmarkts in der Schweiz. Anbieter-Statistik Dr. André Schläfli, Direktor SVEB

Stellungnahme. zum Vorschlag der EU-Kommision zur Änderung der Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen

EU ist das zu schaffen?

zu Punkt der 936. Sitzung des Bundesrates am 25. September 2015

Klima- und Energiepolitik

Dr. Andreas Dombret Mitglied des Vorstandes der Deutschen Bundesbank

ÜBER DIE ANWENDUNG DER GRUNDSÄTZE DER SUBSIDIARITÄT UND DER VERHÄLTNISMÄSSIGKEIT

Ungleichheit, Kapitalbesteuerung und öffentliches Kapital. Giacomo Corneo Berlin, 19. März, 2015

Forschung für kleine und mittlere Unternehmen

Aktionsplan Staatliche Beihilfen Die Bedeutung des Referenzzinses für die beihilferechtliche Einordnung von Kreditprogrammen

EUROPÄISCHE PROJEKT- FÖRDERUNG KLEINE UND MITTLERE UNTERNEHMEN (KMU) FÜR. Sie haben eine innovative Geschäftsidee. Sie wollen europaweit agieren.

Transkript:

Wie demokratisch ist die europäische Forschungs- und Technologiepolitik? Der politische Entscheidungsprozess zum laufenden fünften EU- Forschungsrahmenprogramm aus österreichischer Perspektive Forschungsprojekt am IHS Susanne Pernicka Monika Feigl-Heihs Alfred Gerstl Peter Biegelbauer im Auftrag des BM:BWK Laufzeit: Oktober 1999-Mai 2002

Rahmenbedingungen Europäische Integration im Bereich der FTE-Politik Einheitliche Europäische Akte (1986); Vertrag von Maastricht (1993) und Amsterdam (1997) Subsidiaritätsprinzip Wichtiges FTE-politisches Instrument auf EU-Ebene: Rahmenprogramme für Forschung, technologische Entwicklung und Demonstration (aktuell: 5.RP)

Wie demokratisch ist die europäische FTE-Politik? Oder: wie demokratisch soll sie sein? Die Forschungs- und Technologiepolitik ist ein von ExpertInnen dominiertes hochkomplexes Politikfeld Neben und an die Stelle der parlamentarischen Demokratie treten sowohl auf der nationalen als auch auf der supranationalen Ebene kooperative Formen der Staatstätigkeit (Benz 1998a) Vordergründig unumstrittene technokratische Entscheidungsfindung Aber: Im Schatten des Kooperationszwanges im Mehrebenensystem der EU treten auch Konkurrenz um ökonomische Startvorteile, Wettbewerb um finanzielle Rückflüsse und nicht zuletzt den Konflikt um Ressourcen für eine sozial und ökologisch nachhaltige Techniksteuerung auf (Dolata 2000)

Regulative und distributive Politikfelder der EU Marktsteuerung und Wettbewerb (z.b. Liberalisierung des Energiemarktes ) Forschungsfinanzierung als Anreiz für eine optimale Allokation von FTE- Ressourcen Verteilung finanzieller Mittel zwischen den Mitgliedstaaten (Steigerung des europäischen Mehrwerts; Centers of Excellence) Korrektur von Marktversagen (Effektivität) und demokratische Legitimität ein Widerspruch?

Konfliktdimensionen in der europäischen FTE-Politik Institutionelle Konflikte Materielle Konflikte Sektoral z.b. Kompetenz- und Machtzuwachs der europäischen Kommission durch die EEA zu Lasten der nationalen Parlamente. z.b. Die Verteilung des Budgets für ein RP zwischen den verschiedenen Forschungsschwerpunkten (Aeronautik vs. Sozialwissenschaften) Territorial z.b. Der Verteilungskonflikt um den justé retour (Mittelrückfluss) zwischen den Mitgliedstaaten; Ideologische Konflikte Zeitlich Intergenerationenkonflikt: Wer trägt die langfristigen Technikfolgen? (umwelt- und sozialverträgliche Techniksteuerung) z.b. die Berücksichtigung der Sozialwissenschaften im industriepolitisch orientierten fünften Rahmenprogramm.

5. Rahmenprogramm: Aeronautik und Sozioökonomie Neue Perspektiven für die Luftfahrt ( thematischen Programm Wettbewerbsorientiertes und nachhaltiges Wachstum): strategische Schlüsselposition im internationalen Wettbewerb Sozioökonomie: umkämpftes ideologisches Konfliktfeld Machtungleichgewicht in der institutionalisierten Interessenvertretung der Aeronautik gegenüber der Sozioökonomie Problematik der demokratischen Teilhaberechte im politischen Entscheidungsprozess

Demokratietheorie Einer Bewertung der demokratiepolitischen Qualität von Entscheidungsprozessen im europäischen Mehrebenensystem muss ein breites normativ-theoretisches Modell zugrunde liegen, welches einerseits auf die Prinzipien nationalstaatlicher Demokratien zurückgreift, andererseits aber Offenheit gegenüber einer völlig neuen Art der politischen Herrschaftsordnung beweist

Prinzipien für demokratisch legitimiertes, staatliches Handeln Prinzipien Staatliches Handeln Inputperspektive - Prinzip der Interessenvermittlung zwischen Regierten und Regierenden - Prinzip der politischen Gleichheit - Prinzip der Öffentlichkeit - Prinzip der Verantwortlichkeit Outputperspektive - Prinzip der Effektivität - Einräumen von gleichen Beteiligungsmöglichkeiten für die betroffenen BürgerInnen und deren Repräsentanten: Verbände, ExpertInnen und Parteien - Die gleichen Beteiligungsmöglichkeiten sollen den BürgerInnen ermöglichen, ihre Interessen authentisch einzubringen. - Schaffung von Transparenz und Nachvollziehbarkeit bei politischen Entscheidungsprozessen und dem Handeln von RepräsentantInnen - Dadurch werden Kontrollierbarkeit und die Zuordnung von Verantwortlichkeit ermöglicht. - Finden von effektiven (pareto-optimalen) Problemlösungen. - Anerkennung/Akzeptanz der Problemlösungen/-definition durch die BürgerInnen - Repräsentanz von ExpertInnen und Verbänden in Politiknetzwerken (erhöht das Problembewusstsein und die Qualität der Entscheidungen)

Schlussfolgerungen Dominanz der Europäischen Kommission als Agenda-Setterin und Moderatorin in Entscheidungsprozessen Gefahr, dass Programminhalte in erster Linie den Interessenslagen der nur indirekt demokratisch legitimierten Kommission und den von ihr eingebundenen AkteurInnen entsprechen Entscheidungsdruck im Rat (Einstimmigkeitserfordernis) Vorbringen darüber hinausgehender Anliegen und einer authentischen Repräsentation der europäischen Forschungsinteressen verblieb im Bereich der organisierten Gruppen Chancen zur effektiven Interesseneinbringung verteilten sich ungleichmäßig, je nach Struktur und Einflusslogik ihrer Vertretung sowie ihres ökonomischen Machtpotenzials