Eine Geschichte erzählt von Renate Helm versehen mit Ideen und Anregungen für eine kreative Umsetzung 1
Max will eine Hexe sehen Ich will eine Hexe sehen!, sagte Max beim Frühstück. Hexen gibt es nicht., sagte Mama und strich Max ein Butterbrot. Hexen gibt es ganz und gar nicht!, sagte Papa und goss Max Kakao in seine Tasse. So ein Blödsinn, Hexen!, sagte Willi, der große Bruder, der immer alles besser wusste und zeigte Max den Vogel. Gibt es doch!, sagte Max. Und dann stand er auf und ging aus dem Zimmer, hinaus aus der Wohnung, die Treppe hinunter. Er öffnete die Haustür und trat auf die Straße. Ich will eine Hexe sehen!, sagte Max zu dem Mann, der im Haus gegenüber aus dem Fenster schaute und ein Stück Kuchen aß. Tja, sagte der Mann, heute habe ich noch keine gesehen, aber wenn du die Straße entlang gehst, triffst du ja vielleicht eine! Und er gab Max ein Stück von seinem Kuchen ab. Ich will eine Hexe sehen!, sagte Max zu der Frau, die an der Ecke Blumen verkaufte. Tja, sagte die Frau, heute habe ich noch keine gesehen, aber wenn du hier an meinem Stand vorbei gehst, triffst du ja vielleicht eine! Und sie gab Max eine wunderschöne gelbe Rose. Um die Ecke stand ein Bus, der war groß und leuchtend rot. Der Busfahrer wollte gerade abfahren. Ich will eine Hexe sehen!, sagte Max zu ihm. Tja, sagte der Busfahrer und zwirbelte seinen Schnurrbart. Heute habe ich noch keine gesehen, aber komm doch mit mir ans Ende der Stadt, vielleicht triffst du dort ja eine! Gute Idee!, sagte Max und dann stieg er ein, setzte sich ans Fenster und der Bus fuhr los. Zuerst die Straße entlang. Max schaute sich die Häuser an, an denen sie vorbeikamen: 2
Da gab es Häuser, die waren gelb oder weiß, blau oder rosa. Manche waren hoch, andere niedrig. Vor manchen von ihnen gab es kleine Gärten oder eine Bank zum Ausruhen. In einem der Fenster sah Max eine gestreifte Katze, die den Schwanz um sich gerollt hatte und sich eifrig den Bart putzte. Dann fuhr der Bus an einem Spielplatz vorüber, schließlich über eine weiße, schmale Brücke. Und blieb stehen! Endstation! Alles aussteigen!, sagte der Busfahrer. Ich will eine Hexe sehen!, sagte Max zu dem kleinen Hund, der neben dem Bus am Straßenrand saß und mit dem Schwanz wedelte. Das will ich auch!, antwortete der Hund. Max gab ihm ein Stück von dem Kuchen, den er noch aufgehoben hatte und dann machten sich die beiden auf den Weg. Zuerst gingen sie über eine Wiese. Das Gras war ziemlich hoch und ganz weich. Max konnte verschiedene Blumen erkennen: blaue Glockenblumen, weiße Gänseblümchen und gelbe Butterblumen. Bienen summten und eine dicke Hummel flog ganz nahe an Maxens Nase vorbei. Da vorne beginnt der Wald!, sagte der kleine Hund zu Max. Ich habe gehört, dass dort eine Hexe wohnen soll! Max nickte. Das glaube ich auch!, sagte er. Im Wald war es still und angenehm kühl. Die Sonne schien durch die Zweige. Max hörte ganz in der Nähe einen Vogel singen. Dann sahen sie das Haus! Es war schwarz, hatte kleine grüne Fenster mit weißen Vorhängen und ein spitzes, rotes Dach. An der Wand lehnte ein Besen. Max hob die Rose hoch. Die Tür ging auf. Ich habe schon auf dich gewartet, Max! Na endlich!, sagte Max zufrieden. 3
Stilelemente der Geschichte In der kurzen Geschichte Max will eine Hexe sehen werden verschiedene sprachfördernde Elemente verwendet: Steigerung: fantastische Elemente: Beschreibungen: Geräusche: Wiederholungen:...gibt es nicht!...gibt es ganz und gar nicht!...blödsinn! kleiner Junge geht einfach auf Hexensuche Hund kann sprechen die Hexe selbst Busfahrt Was sieht Max alles in der Stadt? Was sieht er auf der Wiese? Wie sieht der Wald aus? Bienen Hummel Vogelgesang Ich will eine Hexe sehen!...heute habe ich noch keine gesehen, aber... 4
Anregungen zur kreativen Umsetzung der Geschichte Die Geschichte ist so angelegt, dass man sie (gemeinsam) nacherzählen oder spielen kann und bestimmte Teile davon mit eigenen Erfahrungen und Beschreibungen ergänzt werden können. Auch Zeichnen ist eine gute Möglichkeit, den Text weiter zu bearbeiten. Max Reise kann aber auch dazu verwendet werden, um weitere Sprach- und Bewegungsspiele in das Geschehen einzubauen (eventuell mit einem Spielplan): Auf der Suche nach der Hexe kann er z.b. einem Gespenst begegnen, das ihm vom Gespensterkindergarten erzählt (= Bewegungs- und Geräuschespiel). Er kann mit der Hexe in einer Fortsetzung der Geschichte komplizierte Zauber- Rezepte erarbeiten (dabei wird das Gegenteil von dem gesucht, was angegeben ist: sehr groß im Rezept daher sehr klein). Oder er kann selbst gemachte Papiergespenster oder Papierhexen mit passenden Namen und Eigenschaften versehen, um sie dann von sich erzählen zu lassen und mit anderen zu plaudern. Auch zu einem Konzentrations- und Bewegungsspiel wie das Spiel mit Kunibert und dem Drachen kann die Hexengeschichte verwendet werden, indem man Hexe und Max zu Kennworten für bestimmte Bewegungen macht. Max kann aber auch bestimmte Zaubersprüche erfinden (Wort-Geklingel, Reime) und diese mit den passenden Bewegungen umsetzen (Sprechzeichnen). 5
Buchliste Friedl, Johanna: Komm, wir spielen Blindekuh! Edition Bücherbär ISBN 3401082310 Hasselmann, Martina: Damit ich besser sprechen kann Christophorus Verlag ISBN 3419533055 Kreusch-Jakob, Dorothee: Finger spielen, Hände tanzen Don Bosco Verlag ISBN 3769810481 Morkowska, Ewa: Warum gähnt das Nilpferd? Veritas Verlag ISBN 37058551 Morkowska, Ewa: Fauchen wie ein Drache Veritas Verlag ISBN 3705855131 Morkowsak, Ewa: Wau, wau, miau und kikeriki Veritas Verlag ISBN 3705855271 Ritter, Ursula: Spiele mit Hand und Fuß Christophorus Verlag ISBN 3419535570 Ross, Gabriele / Erker, Robert: Lustiges Sprechzeichen Pattloch Verlag ISBN 362900279X Stocklin-Meier, Susanne: Eins, zwei, drei, ritsche ratsche rei Ravensburger Verlag ISBN 3473410705 Stocklin-Meier, Susanne: Spielen und sprechen Pro Juventute Verlag ISBN 3715203137 6