Durchbrochene Kreise Predigt u ber Lukas 18,

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Transkript:

Predigt über Lukas 18,31-43 Seite 1 von 6 Durchbrochene Kreise Predigt u ber Lukas 18,31-43 1 Wenn wir die Begebenheiten der Bibel hören, dann können wir sie als alte Geschichten von damals betrachten. Oder wir können fragen: Wo könnte ich in dieser Geschichte stehen? Wo finde ich mich wieder? Und wenn Sie jetzt gleich den Predigttext aus Lukas 18 hören, dann stellen Sie sich das alles doch einmal vor Ihrem inneren Auge bildlich vor und fragen Sie: Wo könnte ich mich hier befinden? Bei Jesus und Seinen Jüngern? Oder finde ich mich bei dem Blinden wieder? Oder bei der Menschengruppe, die vorangeht? Oder bei der, die hinterhergeht? Lukas 18: 2 31 Jesus nahm aber die Zwölf zu sich und sprach zu ihnen: Seht, wir gehen nach Jerusalem hinauf, und es wird alles vollendet werden, was durch die Propheten von dem Menschensohn geschrieben wurde. 32 Denn er wird den Nationen überliefert werden, und er wird verspottet und geschmäht und angespuckt werden, 33 und sie werden ihn geißeln und töten; und am dritten Tage wird er auferstehen. 34 Sie aber begriffen nichts davon, und die Rede blieb ihnen verborgen, und sie verstanden das Gesagte nicht. 35 Dann geschah es, als er Jericho näherkam, dass ein Blinder am Wege saß und bettelte. 36 Als er aber die Leute hörte, die vorbeigingen, erkundigte er sich, was das wäre. 37 Da berichteten sie ihm, Jesus, der Nazarener, gehe vorüber. 38 Und er rief: Jesus, du Sohn Davids, erbarme dich über mich! 39 Die aber vorausgingen, fuhren ihn an, er solle schweigen. Er aber schrie noch viel mehr: Du Sohn Davids, erbarme dich über mich! 40 Jesus aber blieb stehen und ließ ihn zu sich führen. Als er aber nahe bei ihm war, fragte er ihn: 41 Was willst du, dass ich für dich tun soll? Er sprach: Herr, dass ich sehen kann. 42 Und Jesus sprach zu ihm: Sei sehend! Dein Glaube hat dich geheilt. 43 Und sofort konnte er sehen und folgte ihm nach und pries Gott. Und das ganze Volk, das es sah, lobte Gott. 1 Predigttext für den Sonntag Estomihi, Reihe V 2 zum größeren Teil nach Neue Lutherbibel 2009

Predigt über Lukas 18,31-43 Seite 2 von 6 Wir lieben es, dass alles seine gewohnten Bahnen geht und wir in Ruhe unsere vertrauten Kreise ziehen können. Das gibt uns Geborgenheit und Sicherheit. Aber manchmal kommt es 1. anders und 2. als man denkt. Die Jünger zogen ihre Kreise mit Jesus, sie kannten Ihn, lernten von Ihm, sahen Seine Wunder und waren voller Erwartungen für die Zukunft. Die jüdische Bevölkerung lebte im biblischen Festkreis des Jahres. Und das ist etwas Gutes. Das Passahfest nahte: Viele kamen nach Jerusalem in feierlichen Pilgerzügen, alle Jahre wieder. Sie waren in fröhlicher Feststimmung. Nur der blinde Bettler konnte nicht mit umherziehen. Er lebte davon, dass andere umherzogen und ihm etwas gaben. Sein Gesichtskreis war eng geworden. Er suchte ihn zu erweitern, indem er mit anderen sprach. Und so ging alles für alle seinen gewohnten Gang. Und das hat sein Gutes. Das gibt Geborgenheit und Sicherheit. Aber manchmal kommt es 1. anders und 2. als man denkt. Jesus nimmt Seine Jünger, Seine engsten Freunde zu sich, hält sozusagen eine Privataudienz mit ihnen, eine vertraute Besprechung. Solche Stunden gibt es, und es sollte sie geben, wo Jesus Seine Leute mal ganz privat zu sich nimmt. Das können beglückende Stunden sein, wo Neues klar wird und geschieht, aber auch rätselvolle Stunden, wo einiges über den Haufen geworfen wird. Jesus bereitet hier Seine Jünger vor auf das, was in Jerusalem geschehen wird. Es wird alles erfüllt, vollendet, zum Ziel gebracht werden, was durch die Propheten geschrieben ist Die Jünger kannten die Bibel einigermaßen. Aber Jesus sagt Dinge, die sie nicht fassen können: Er wird den Nationen, ungläubigen Heiden, den nichtjüdischen Völkern ausgeliefert. Sie werden Ihn auslachen, ihr Spiel mit Ihm treiben. Sie werden Ihn verhöhnen, sich über Ihn erheben. Ihn anspucken, geißeln und töten. Und Er wird auferstehen. Nun sagt die Bibel doch überall: Gott regiert! Und sie verspricht: Der Messias wird die Autonomie Israels wiederherstellen und die Ungläubigen und das Böse besiegen! Und Jesus sagt auf einmal scheinbar das glatte Gegenteil: Das Böse wird die Oberhand bekommen und siegen. Er wird sterben, umgebracht werden. Und auferstehen. Unvorstellbar! Das passt nicht in die Festumzüge und Festerwartungen, in die festen Vorstellungen der Jünger. Dreifach wird das festgestellt: Sie haben nichts davon verstanden. Diese Rede war ihnen verborgen, sie haben nicht erkannt, was Jesus da sagte.

Predigt über Lukas 18,31-43 Seite 3 von 6 Vielleicht kann sich so mancher bei diesen Jüngern wiederfinden: Was Jesus sagt, meint und tut, kann die gewohnten Kreise so durchbrechen, dass wir zunächst nichts davon fassen und einordnen können. Manchmal verstehen wir Gottes Wege nicht, Gottes Wort nicht, wir verstehen nicht, was Jesus oder Gottes Geist sagt. Und dann sind wir tatsächlich in guter Gesellschaft: In der Gesellschaft der ersten Jünger von Jesus. Es gibt Zeiten, wo das Böse scheinbar alle Triumphe feiert. Und das kriegen wir mit unserer Sicht der Bibel nicht zusammen! Und trotzdem ist es so von Gott geordnet! Wir durchblicken nicht alles! Es ist immer ein Geschenk des Heiligen Geistes, wenn wir etwas von Gott her verstehen! Am weitesten von Gott weg sind manchmal die, die meinen, dass sie schon alles verstanden haben, alles im Griff haben und alles fein säuberlich in die Schubladen ihres Gehirns einsortiert haben. Die Jünger haben nicht alles und hier gar nichts! verstanden. Jedenfalls im Augenblick. Später dann schon. Warum? Weil sie drangeblieben sind! Es gibt Wege und Maßnahmen Gottes, da stehen wir vor Rätseln. Trotzdem: Bleibe dran! Es wird sich noch klären! Zwei Dinge sollten wir dabei immer festhalten, die Jesus am Anfang und am Ende sagte: Es wird erfüllt werden, was geschrieben ist. 3 Und es gibt eine Auferstehung. D.h. es geht immer nach Gottes Willen. ER hat die Dinge unter Kontrolle. Es geht nach Seinem Wort. Und am Ende steht der große Sieg. Wenn dies klar ist, dann können wir auch die Strecken bestehen, wo wir nicht weiter sehen, wo wir wie blind sind! Wer ist denn hier in diesem biblischen Abschnitt blind? Der Bettler oder die Jünger? Beide! Der Unterschied ist: Der Bettler ist es äußerlich. Er ruft um Hilfe und empfängt sie. Die Jünger sind innerlich blind. Jesus führt uns nicht hinter s Licht, sondern ins Licht. Dazu muss Er unsere gewohnten Kreise manchmal durchbrechen. Und manchmal müssen wir sie durchbrechen! Wie der Bettler: Er wusste um seine Blindheit und darum, dass er Hilfe brauchte. Wo wir um unsere Blindheit und Hilfsbedürftigkeit wissen, ist die Chance am größten, dass Gott unmittelbar in unser Leben eingreift. 3 Wobei Jesus, das menschgewordene Wort Gottes, sagt und festlegt, wie sich die Schrift erfüllt vgl. Luk 24,27+46ff. Das kann sich sehr wohl von unserem Verständnis und unserer Erwartung unterscheiden, wie sich die Schrift erfüllen sollte!

Predigt über Lukas 18,31-43 Seite 4 von 6 Der Bettler bettelt hier in gewohnter Weise. Aber er will auch auf dem Laufenden sein. So erkundigt er sich bei den Vorbeilaufenden, was hier abläuft. Und er bekommt die sachlich richtige Antwort: Jesus, der Nazarener, kommt vorbei. Aber er sieht tiefer: Jesus ist der Sohn Davids! Das ist ein Königstitel. Er ist der Messias! Er sieht in Ihm nicht den Zimmermann oder Prediger, der aus diesem verrufenen Nest Nazareth kommt, sondern er sieht den göttlichen König! Und so erwartet er nicht nur einen heiligen Festumzug, der vorbeigeht, sondern eine Heilung, die anhält! Er erwartet nicht einen schönen Gottesdienst, sondern will die persönliche Begegnung mit Gottes Sohn! Und er bekommt sie! Allerdings muss er dafür etwas tun: Er ruft: Jesus, du Sohn Davids, erbarm dich über mich! Das stört! In der Festumzugsliturgie war nämlich gerade Wallfahrtspsalm 126 dran: Wenn der Herr die Gefangenen Zions erlösen wird Und dahinein ruft er: Jesus, du Sohn Davids, erbarm dich über mich! Das stört die feierliche Liturgie und Feststimmung. Und er wird von dem Volk, das vorangeht, zur Ordnung gerufen: Schweig! Halt den Mund! Dieser Ruf ist jetzt nicht vorgesehen! Das ist interessant: Es gibt immer wieder Leute, die Jesus vorangehen und schon vorher alles ordnen wollen. Eigentlich sollten wir Jesus hinterhergehen, Ihm nachfolgen, hören, was Er sagt und so Ihn die Dinge ordnen lassen. Zum Glück hat sich der Blinde nicht abhalten lassen, den Festumzug zu stören. Er hat weiter gerufen. Und nicht nur gerufen, sondern umso lauter geschrien: Jesus, du Sohn Davids, erbarm dich über mich! Er war verzweifelt genug, um zu schreien und gläubig genug um zu wissen: Das ist meine Chance! Jesus reagiert auf dieses ausdauernde, gläubige Rufen und Schreien: Er befiehlt den frommen Ordnungshütern: Führt ihn her! Und als er Ihm nahe gekommen war Privataudienz bei Jesus, wieder so eine besondere Stunde, wo Jesus einen Menschen ganz privat zu sich nimmt es geht jetzt nur um Jesus und ihn da stellt Er diese Frage: Was willst du, dass ich dir tun soll? Was wäre deine Antwort? Der Blinde hatte eine sehr konkrete Erwartung: Herr, dass ich( wieder) 4 sehen kann! Er musste das aussprechen. Wir auch! Konkret und im Glauben! Nicht: Herr, hilf irgendwie irgendwem und möglichst allen, falls Du willst. Sondern: Das und das möchte ich und ich traue Dir zu, dass Du mir das gibst! Der Glaube ist die Hand, die empfängt. Es gibt Dinge, die tut Jesus von sich aus. 4 Die Vorsilbe ana impliziert: wieder sehen. Er war wohl nicht von Geburt an blind. Man kann auch übersetzen aufsehen. Das hätte im übertragenen Sinne eine wichtige geistliche Bedeutung.

Predigt über Lukas 18,31-43 Seite 5 von 6 Und es gibt Dinge, die tut Er auf konkreten Glauben hin: Dein Glaube hat dich geheilt / gerettet, sagt Jesus dem Blinden und vielen anderen. 5 Mit welchen Erwartungen sitzen wir im Gottesdienst? Dass alles seinen gewohnten Gang geht? Oder dass Gott zu uns redet und an uns handelt? Was erwarten wir? Hätten wir den Mut, das auszusprechen? Hätten wir den Mut, zu rufen oder gar zu schreien? Hätten wir den Mut, die gewohnte Ordnung einmal zu unterbrechen, weil wir Hilfe brauchen und Gott um Sein Eingreifen bitten müssen? Das muss nicht immer so dramatisch für alle sichtbar sein. Das kann auch ganz schlicht in der Stille geschehen. Mancher hat schon Heilung beim Abendmahl empfangen, weil er mit einem ganz konkreten Glauben und mit einer ganz konkreten Bitte so gekommen ist: Herr Jesus, ich empfange Dich jetzt unter Brot und Wein, Du berührst mich, kommst in mich, und ich bitte Dich, dass Du dabei das und das tust! Ich entdecke hier in Lukas 18: Der Blinde hat mehr gesehen als die frommen Festpilger. Er war innerlich beweglicher und freier als die anderen, die viel mehr äußerliche Möglichkeiten hatten als er. Wir können von dem blinden Bettler lernen. Die sogenannten Sehenden brauchen manchmal Nachhilfe von den sogenannten Blinden. Wir lieben es, dass alles seine gewohnten Bahnen geht und wir in Ruhe unsere vertrauten Kreise ziehen können. Das gibt uns Geborgenheit und Sicherheit. Und das ist nichts Schlechtes, solange wir nicht starr und unbeweglich werden. Manchmal durchbricht Jesus die gewohnten Kreise und wir verstehen Ihn vielleicht nicht. Aber wir dürfen wissen: Es geschieht Gottes Wille nach Seinem Wort. Und am Ende steht der Sieg. Deshalb lohnt es sich dranzubleiben wie die Jünger, die zwischendurch gar nichts verstanden und anschließend durch die tiefste Krise ihres Lebens gingen, bis alles klar und auch wieder gut wurde. Manchmal müssen oder dürfen auch wir unsere gewohnten Kreise durchbrechen, nämlich dann, wenn wir Gottes Hilfe oder das Eingreifen von Jesus brauchen oder erfahren wollen. Wenn es mit uns weitergehen soll, müssen gewohnte Kreise manchmal durchbrochen werden. Das sind immer große Chancen! 5 z.b. Matth 9,22; Luk 7,50; Luk 8,48; 17,19;

Predigt über Lukas 18,31-43 Seite 6 von 6 Gottes Geist öffne uns die Augen für Seine Wege, damit wir wie der blinde Bettler das Entscheidende sehen, so dass auch wir Gottes Hilfe und Heil empfangen und Gott lobend Jesus nachfolgen! Gebet: Herr Jesus, Deine Wege führen ins Licht. Sie führen zum Heil, auch zur Heilung und zum Sieg. Aber Deine Wege sind oft nicht unsere Wege. Und manchmal stehen wir vor großen Rätseln und wissen nicht weiter. Du aber bist der Erlöser, der die Rätsel des Lebens löst, der aus Dunkel und allen Bindungen befreit, der alle Schuld wegnehmen will und neues Leben schenkt. Bitte öffne uns die Augen für Deine Erlösung und Dein Heil. Öffne uns die Augen für Deine Wege, dass wir sie sehen, verstehen und gehen. Hilf uns zu unterscheiden, wo unsere gewohnten Kreise und Traditionen hilfreich sind und wo sie hinderlich sind. Lehre uns zu unterscheiden, wo wir unseren Standpunkt nicht aufgeben dürfen um Dir und Deinem Wort treu zu bleiben und wo wir Neues denken, reden und tun müssen, um Dir nachzufolgen. So komm mit Deiner Klarheit in unsere Gemeinde, dass wir wissen, wo wir zu bewahren haben, was Du uns anvertraut hast und wo Neues gewagt werden muss, damit Dein guter Wille geschieht. Wir bitten Dich für alle, die in den Kirchen Verantwortung tragen um sehende Augen, klare Sicht für Deine Wege und Ziele, damit sie gute, wegweisende Entscheidungen treffen können. Wir bitten Dich für alle, die in der Regierung und Gesetzgebung Verantwortung tragen, dass sie nicht unnötige Unruhe stiften, sondern Maßnahmen treffen, die dem Frieden, auch dem inneren Frieden dienen. Wir bitten Dich für Dein Volk Israel, dass es Deine Wege neu und tiefer verstehen lernt und sie mutig und getrost geht. Danke, dass Du Herr Jesus, als Sieger zum Ziel kommen wirst mit Israel, der Gemeinde und mit unserer Welt.