LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL. In dem Rechtsstreit. g e g e n

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Transkript:

6 Sa 361/07 3 Ca 1383/06 (Augsburg) Verkündet am: 19. Februar 2008 Haberlander, RHS als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle LANDESARBEITSGERICHT MÜNCHEN IM NAMEN DES VOLKES URTEIL In dem Rechtsstreit W. - Kläger und Berufungsbeklagter - g e g e n M. - Beklagte und Berufungsklägerin - hat die Sechste Kammer des Landesarbeitsgerichts München auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 12. Februar 2008 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Staudacher sowie die ehrenamtlichen Richter Braun und Hertrich für Recht erkannt:

- 2-1. Die Berufung der Beklagten vom 23. April 2007 gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Augsburg vom 15. Januar 2007 wird kostenpflichtig zurückgewiesen. 2. Für die Beklagte wird die Revision zugelassen. Tatbestand Die Parteien streiten über die Wirksamkeit zweier außerordentlicher Arbeitgeberkündigungen in Verbindung mit einem Beschäftigungsanspruch und einem von der Beklagten hilfsweise gestellten Auflösungsantrag. Der im November 1959 geborene Kläger ist seit dem 1. Juni 1992 auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrages gleichen Datums bei der Beklagten als Verkäufer, zuletzt in deren Getränkemarkt im Betrieb S., beschäftigt. Er ist schwerbehindert und war bis 14. März 2006 Mitglied des im Betrieb S. bestehenden Betriebsrats. Bei der Beklagten besteht eine interne Anordnung bezogen auf Warenmuster/Proben/ Naturalrabatte vom 22. November 2001 (Blatt 53 der Akte) dahin, dass diese abzugeben sind. Auch der Kläger hatte Vertreterpräsente und Warenmuster erhalten, die er bei sich in einer Tüte aufbewahrte. Am 8. September 2005 befanden sich in dieser Tüte zwei Reisewecker Marke Marxmann Pocket. Am 9. September 2005 teilte eine Kollegin des Klägers dem Marktleiter mit, dass einer dieser Reisewecker verschwunden sei. Am 10. September 2005 stellte der Kläger die Tüte mit den Vertreterpräsenten und Warenmustern auf den Schreibtisch der Kollegin Frau G. Diese stellte ebenfalls das Fehlen des Reiseweckers fest und teilte das nun dem Marktleiter der Beklagten Herrn F. mit. Am gleichen Tag gegen 13:10 Uhr wurde der Kläger über diesen Vorgang von Herrn F. befragt. Der Kläger stimmte dabei einer Überprüfung seines persönlichen Spinds zu. In Anwesenheit der Betriebsratsvorsitzenden Frau O. und des Marktleiters Herrn F. öffnete der Kläger seinen Spind, entnahm ihm zuerst einen Stoffbeutel mit der Aufschrift und

- 3 - legte diesen auf einen daneben stehenden Stuhl. Danach holte der Kläger einen weiteren Leinenbeutel aus seinem Spind, den er öffnete und dem Marktleiter mit den Worten hinhielt: Das ist meine Tasche, schauen Sie, da ist nichts drin. Nun nahm der Marktleiter Herr F. den auf dem Stuhl nebenan liegenden Beutel, in dem sich neben einer Mütze und Taschentüchern auch der gesuchte Reisewecker Firma Marxmann Pocket befand. Daraufhin wurde der Kläger zum Verdacht des Diebstahls angehört. Er äußerte sich dahingehend, dass er den Beutel mit der Aufschrift an einen Feuerlöscher gehängt habe und ihm dort jemand den Wecker zustecken konnte. Am 12. September 2005 gegen 9:30 Uhr wurde der Kläger nochmals zu diesem Vorfall befragt. Er wiederholte dabei seine Annahme, der Wecker sei ihm zugesteckt worden, als sein Beutel am Feuerlöscher hing. Ausweislich der Personaleinsatzpläne war am 9. September 2005 außer dem Kläger noch der Mitarbeiter Herr S. ab 7:00 Uhr im Getränkemarkt anwesend gewesen. Auf den Beutel des Klägers angesprochen äußerte sich Herr S. dahin, keine Tasche am Feuerlöscher im Getränkemarkt gesehen zu haben. Der Kläger sagte daraufhin spontan: Das konntest Du auch gar nicht, weil eine Palette davorstand. Daraufhin leitete die Beklagte am 12. September 2005 beim zuständigen Betriebsrat ein Verfahren auf Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung des Klägers wegen Diebstahlsverdacht ein. Gleichzeitig schaltete sie das Integrationsamt ein und beantragte auch dort mit der gleichen Begründung die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung des Klägers. Das Integrationsamt hat innerhalb von zwei Wochen eine Entscheidung nicht getroffen. Auch der Betriebsrat stimmte nicht zu und so leitete die Beklagte ein entsprechendes Beschlussverfahren beim Arbeitsgericht Augsburg ein, das durch Beschluss vom 28. März 2006 eingestellt worden ist, nachdem der Kläger am 14. März 2006 aus dem Betriebsrat ausgeschieden war.

- 4 - Am 22. März 2006 hörte die Beklagte den neu gewählten Betriebsrat zu einer außerordentlichen Verdachtskündigung des Klägers an (Blatt 55 bis 57 der Akte). Eine abschließende Stellungnahme des Betriebsrats erfolgte unter dem 29. März 2006 (Blatt 57 der Akte). Gleichzeitig (Blatt 58 bis 60 der Akte) war auch wiederum beim Integrationsamt ein Zustimmungsverfahren zu einer außerordentlichen Kündigung des Klägers eingeleitet worden. Auch darüber ist innerhalb von zwei Wochen eine Entscheidung nicht ergangen. Mit Schreiben vom 28. März 2006 (Blatt 21 der Akte), dem Kläger zugegangen am gleichen Tag, sprach die Beklagte dem Kläger daraufhin eine fristlose Kündigung aus. Eine weitere außerordentliche Kündigung erfolgte vorsorglich mit Schreiben vom 6. April 2006 (Blatt 22 der Akte). Der Kläger bestreitet die Wirksamkeit dieser Kündigungen. Die erhobenen Vorwürfe werden zurückgewiesen, die Versäumung der zweiwöchigen Ausschlussfrist eingewandt und eine nicht ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats gerügt. Mit anwaltschaftlichem Schriftsatz vom 18. April 2006 hat er gegen die ausgesprochenen Kündigungen auch Kündigungsschutzklagen verbunden mit einem Beschäftigungsantrag erheben lassen und war damit vor dem angerufenen Arbeitsgericht Augsburg erfolgreich gewesen. Auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des Endurteils vom 15. Januar 2007 wird Bezug genommen. Mit der am 23. April 2007 beim Landesarbeitsgericht München eingegangenen Berufung gegen diese ihren Prozessbevollmächtigten am 23. März 2007 zugestellte Entscheidung verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Die Begründung dazu ist am 22. Mai 2007 eingegangen. Darin wird dem Erstgericht vorgehalten, zu Unrecht vom verspäteten Ausspruch der Kündigungen ausgegangen zu sein. Vor Ausspruch der beabsichtigten außerordentlichen Kündigung vom 28. März 2006 sei der Betriebsrat gemäß 102 BetrVG zu hören gewesen. Eine Einschränkung der Beteiligungsrechte des bei der Beklagten neu gewählten Betriebsrats sehe der Gesetzgeber nicht vor, das mit Beschluss des Arbeitsgerichts Augsburg vom 28. März 2006 eingestellte Zustimmungsersetzungsverfahren schränke die Beteiligungsrechte des neuen Betriebsrats ebenfalls

- 5 - nicht ein. Dem neu gewählten Betriebsrat gehörten auch drei Mitglieder und ein Ersatzmitglied an, die an den bisherigen Beratungen zur beabsichtigten fristlosen Kündigung des Klägers als Betriebsratsmitglied noch nicht teilgenommen hatten. Die erneute Beteiligung des Betriebsrats sei ohne schuldhafte Verzögerung geschehen. Das Ergebnis der Betriebsratswahl war am 14. März 2006 bekannt gegeben worden, die konstituierende Sitzung des neugewählten Gremiums hatte am 16. März 2007 stattgefunden. Der Marktleiter der Beklagten, Herr F., habe dem neu gewählten Betriebsrat die Unterlagen zur Anhörung fünf Werktage später, am 22. März 2006, übergeben. Die Dreitagesfrist sei damit am Montag, den 27. März 2006, abgelaufen. Am 28. März 2007 habe man die Kündigung dem Kläger persönlich ausgehändigt. Dies sei geschehen für den Fall, dass eine erneute Anhörung des Integrationsamtes nicht erfolgen müsse. Am 6. April 2006 habe man dem Kläger die zweite streitgegenständliche Kündigung übergeben, die Zustimmungsfiktion gemäß 91 Abs. 3 S. 2 SGB IX war am 5. April 2006 eingetreten. Die Berufungsanträge lauten damit: Das Urteil des Arbeitsgerichts Augsburg vom 15. Januar 2007 aufzuheben und die Klage gegen die Kündigung vom 28. März 2006, hilfsweise die Klage gegen die Kündigung vom 6. April 2006, abzuweisen. Der Kläger lässt beantragen: die Berufung zurückzuweisen. Den Überlegungen des Erstgerichts in der angefochtenen Entscheidung pflichtet er bei, den Ausführungen in der Berufungsbegründung tritt er entgegen. Weiterhin wird daran festgehalten, dass die Erklärungsfrist des 626 Abs. 2 BGB beklagtenseits versäumt worden sei. Das Anhörungsverfahren nach den 102, 103 BetrVG wird hinsichtlich seines Inhalts und der Erfordernisse an den Text der Mitteilung als identisch angesehen. Ist das Zustimmungsersetzungsverfahren eingeleitet und entfällt beim betroffenen Arbeit-

- 6 - nehmer der Status als Betriebsratsmitglied, habe der Arbeitgeber nicht ein erneutes Anhörungsverfahren durchzuführen, sondern nunmehr unverzüglich die Kündigung auszusprechen. Geschieht das nicht, sei die Kündigung verspätet. Den ihm angelasteten Kündigungssachverhalt lässt der Kläger weiterhin bestreiten, er habe keine Ware entwendet. Der Spindschlüssel sei nicht sein Eigentum gewesen, es gebe auch andere Schlüssel im Betrieb. Der Kläger hält daran fest, jemand habe ihm diesen Wecker zugesteckt. Die Berufungskammer hat nach Maßgabe ihres Beweisbeschlusses vom 12. Februar 2008 Frau Jutta O. als Zeugin vernommen. Ihre unbeeidigt gebliebene Aussage kann der Sitzungsniederschrift vom 12. Februar 2008 (Blatt 167 bis 171 der Akte) mit Anlage entnommen werden. Das Verfahren 9 BV 43/05 - Arbeitsgericht Augsburg - ist beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden. Zur Ergänzung des Parteivorbringens in diesem Berufungsverfahren wird Bezug genommen auf die Berufungsbegründung vom 16. Mai 2007 (Blatt 114 bis 118 der Akte), auf die Berufungsbeantwortung vom 25. Juli 2007 (Blatt 132 bis 138 der Akte), auf die Schriftsätze der Parteivertreter vom 20. November 2007 (Blatt 165/166 der Akte) und vom 21. November 2007 (Blatt 154/155 der Akte). Entscheidungsgründe Die statthafte ( 64 Abs. 2 ArbGG) und auch sonst zulässige Berufung ( 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO, 11 Abs. 2 ArbGG) mit dem Ziel, die Kündigungsschutzklagen und den Beschäftigungsanspruch abgewiesen zu bekommen, muss erfolglos bleiben. Das Erstgericht hat die streitbefangenen Kündigungen zu Recht an der beklagten-

- 7 - seits nicht eingehaltenen zweiwöchigen Erklärungsfrist ( 626 Abs. 2 BGB) scheitern lassen. Der dazu gegebenen Begründung schließt sich die Berufungskammer zunächst einmal an ( 69 Abs. 2 ArbGG). Die Versäumung dieser Erklärungsfrist führt zur Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung (BAG 6. Juli 1972 AP BGB 626 Ausschlussfrist Nr. 3 m. Anm. Söllner = NJW 1973, 214). Nach Ablauf dieser Frist greift die unwiderlegbare gesetzliche Vermutung ein, dass auch ein möglicherweise erheblicher wichtiger Grund nicht mehr geeignet ist, die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar zu machen (BAG 17. August 1972 AP KSchG1969 13 Nr. 1, AP BGB 626 Ausschlussfrist Nr. 4 m. Anm. Söllner = NJW 1972, 1878, DB 1972, 2406). Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wäre ausgeschlossen (BAG 28. Oktober 1971 AP BGB 626 Ausschlussfrist Nr. 1 m. Anm. Küchenhoff = NJW 1972, 463). 1. Nach 626 Abs. 2 Satz 1 BGB kann eine außerordentliche Kündigung nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Diese Erklärungsfrist des 626 Abs. 2 BGB wird als gesetzlich konkretisierter Verwirkungstatbestand verstanden (BAG 6. Juni 1972-2 AZR 386/71 - BAGE 24, 341; 18. November 1999-2 AZR 852/98 - BAGE 93, 12). Ziel des 626 Abs. 2 BGB ist es, für den betroffenen Arbeitnehmer rasch Klarheit darüber zu schaffen, ob der Kündigungsberechtigte einen Sachverhalt zum Anlass für eine außerordentliche Kündigung nimmt. Die Ausschlussfrist des 626 Abs. 2 BGB beginnt, wenn der Kündigungsberechtigte eine zuverlässige und möglichst vollständige Kenntnis der für die Kündigung maßgebenden Tatsachen hat, die ihm die Entscheidung ermöglicht, ob die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zumutbar ist oder nicht (BAG 5. Dezember 2002-2 AZR 478/01 - AP BGB 123 Nr. 63 = EzA BGB 2002 123 Nr. 1). Zu den maßgeblichen Tatsachen gehören sowohl die für als auch die gegen die Kündigung sprechenden Umstände. Ohne die umfassende Kenntnis des Kündigungsberechtigten vom Kündigungssachverhalt kann sein Kündigungsrecht nicht verwirken (BAG 5. Dezember 2002-2 AZR 478/01 - aao). Der Kündigungsberechtigte, der Anhaltspunkte für einen zur außerordentlichen

- 8 - Kündigung berechtigenden Sachverhalt hat, kann Ermittlungen anstellen und den Betroffenen anhören, ohne dass die Frist zu laufen beginnt. Bei einer vom Arbeitgeber erklärten außerordentlichen Kündigung gehören auch solche Aspekte zum Kündigungssachverhalt, die für den Arbeitnehmer und gegen die Kündigung sprechen. Deshalb kann der Kündigungssachverhalt regelmäßig nicht ohne eine Anhörung des Arbeitnehmers hinreichend vollständig erfasst werden (BAG 17. März 2005-2 AZR 245/04 - EzA BGB 2002 626 Nr. 9). Außerdem gehört es zu den maßgeblichen Umständen, die vom Kündigungsberechtigten zu ergründen und festzustellen sind, mögliche Beweismittel für die ermittelte Pflichtverletzung zu beschaffen und zu sichern (BAG 17. März 2005-2 AZR 245/04 - aao). 2. Im Streitfall hat die Kündigungserklärungsfrist am 12. September 2005 zu laufen begonnen. Von der Beklagten waren am 12. September 2005 der Kläger nochmals zum Vorfall befragt und danach die Beteiligungsverfahren bei Betriebsrat und Integrationsamt eingeleitet worden. Die vom Betriebsrat nicht erteilte Zustimmung sollte vom Arbeitsgericht ersetzt werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (18. August 1977-2 ABR 19/77 - BAGE 29, 270; 21. Oktober 1983-7 AZR 281/82 - BAGE 43, 368; 8. Juni 2000-2 AZR 375/99 - BAGE 95, 98) sind 18 Abs. 6 SchwbG (zwischenzeitlich: 21 Abs. 5 SchwbG 1986; jetzt: 91 Abs. 5 SGB IX) analog anzuwenden, wenn vor Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung ein personalvertretungsrechtliches Mitbestimmungsverfahren (z.b. 103 Abs. 1 und 2 BetrVG) durchzuführen ist. Hat der Arbeitgeber rechtzeitig innerhalb der Ausschlussfrist des 626 Abs. 2 BGB beim Betriebsrat die erforderliche Zustimmung zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung beantragt und bei verweigerter Zustimmung noch innerhalb der Zwei-Wochen-Frist das nach den mitarbeitervertretungsrechtlichen Vorschriften durchzuführende Ersetzungsverfahren eingeleitet, so ist die Kündigung nicht wegen Versäumung der Ausschlussfrist des 626 Abs. 2 BGB unwirksam, wenn das Mitbestimmungsverfahren bei Ablauf der Zwei-Wochen-Frist noch nicht abgeschlossen ist.

- 9 - Sodann muss der Arbeitgeber aber unverzüglich (d.h. gem. 121 BGB ohne schuldhaftes Zögern) die Kündigung erklären (BAG 21. Oktober 1983 AP BGB 626 Ausschlussfrist Nr. 16 m. Anm. Schmidt = DB 1984, 1250; KR/Fischermeier Rn. 332; Erman/Belling Rn. 99). Daran hat es die Beklagte im Streitfall aber fehlen lassen, denn das Mitbestimmungsverfahren zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung eines Betriebsratsmitglieds ( 103 BetrVG) war mit Ausscheiden des Klägers aus dem Betriebsrat am 14. März 2006 ( 21, 24 Ziff. 1 BetrVG) beendet. Nunmehr konnte dem Kläger nach Maßgabe von 15 Abs. 1 S. 2 KSchG gekündigt werden und dies hätte unverzüglich geschehen müssen. Das hat die Beklagte aber nicht getan. Die Beteiligung des am 13. März 2006 neu gewählten Betriebsrats und der nochmalige Antrag beim Integrationsamt waren angesichts des gleichgebliebenen Kündigungssachverhalts weder geboten noch geeignet, den Ablauf der Erklärungsfrist des 626 Abs. 2 BGB weiter hinauszuschieben. Die am 28. März 2006 ausgesprochene Kündigung ist damit unwirksam, für die Kündigung vom 6. April 2006 gilt nichts anderes. 3. Unabhängig davon hätte die Beklagte aber auch den neu gewählten Betriebsrat und das Integrationsamt mit ihren Schreiben vom 22. März 2006 nicht in der gebotenen Weise unverzüglich beteiligt. Dieser Betriebsrat war am Donnerstag, den 16. März 2006 zur konstituierenden Sitzung zusammengekommen. Das Beteiligungsschreiben zur beabsichtigten Kündigung des Klägers hätte ohne schuldhaftes Zögern am 17. März 2006, spätestens am Montag, den 20. März 2006 bei ihm und beim Integrationsamt eingehen müssen. Die Schreiben vom 22. März 2006 wären damit ebenfalls zu spät erfolgt mit Unwirksamkeitsfolge für die danach ausgesprochenen Kündigungen vom 28. März 2006 und vom 6. April 2006. 4. Verbleibt es damit bei der angefochtenen Entscheidung, war die von der Beklagten dagegen eingelegte Berufung mit der Kostenfolge aus 97 Abs. 1 ZPO als unbegründet zurückzuweisen. Für die Beklagte wird die Revision zugelassen ( 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG).

- 10 - Rechtsmittelbelehrung Gegen dieses Urteil kann die Beklagte Revision einlegen. Die Revision muss innerhalb einer Frist von einem Monat eingelegt und innerhalb einer Frist von zwei Monaten begründet werden. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung des Urteils. Die Revision muss beim Bundesarbeitsgericht Erfurt Hugo-Preuß-Platz 1 99084 Erfurt Postanschrift: Bundesarbeitsgericht 99113 Erfurt Fax-Nummer: (03 61) 26 36-20 00 eingelegt und begründet werden. Die Revisionsschrift und die Revisionsbegründung müssen von einem bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein. Dr. Staudacher Braun Hertrich Das Bundesarbeitsgericht bittet, alle Schriftsätze siebenfach einzureichen.