Thema 7 Inhalt Publizität 1. Einleitung 2. Publizitätspflichten 3. Rechnungslegungspublizität 4. Ad hoc - und Beteiligungspublizität 5. Fazit Maud Hoffmann 2 1. Einleitung 1884 Aktienreformgesetz: Einreichungspflicht zum Handelsregister=> Transparenz der Abschlussdaten sollte Wegfall der Staatsaufsicht kompensieren Erst im 20. Jahrhundert: von Unternehmensdaten auf breiter Ebene als Mittel zur Herstellung und Erhaltung von Märkten 2. Publizitätspflichten Heute: Zentrales Regelungsinstrument im Wirtschaftsrecht 3 Definition von Publizitätspflichten Arten von Publizitätspflichten Publizitätspflichten sind zu verstehen als: gesetzliche Verpflichtungen, bestimmte unternehmensbezogene Daten gegenüber der Öffentlichkeit offen zu legen. Unter ist dabei die Einreichung oder Anmeldung zu einem Register mit einer damit einhergehenden Bekanntmachung zu verstehen (siehe Jahr (2002), S.23). Publizitätspflichten von Unternehmen können sich beziehen auf: die Unternehmensstruktur die Rechnungslegung (Publizitätspflichten im engeren Sinne) Weitere Gegenstände von Publizitätspflichten, die sonstige Informationen betreffen, z.b. Ad-hoc-Publizität 5 6
Publizitätsadressaten Zu den Publizitätsadressaten gehören: Gesellschafter bzw. Eigenkapitalgeber Gläubiger Arbeitnehmer, Beschäftigte sowie ihre Interessensvertretungsorganisationen die Gewerkschaften Wettbewerber Abnehmer und Lieferanten Konsumenten und Verbraucher 3. Rechnungslegungspublizität 7 Publizitätspflichtige Einheiten Offen zu legende Unterlagen Publizitätspflichtige Einheiten nach den gesetzlichen Regelungen im Handelsgesetzbuch und im Publizitätsgesetz sind: Kapitalgesellschaften Genossenschaften Beschränkt haftende Personengesellschaften Große Personengesellschaften Große Einzelkaufleute Banken Versicherungen Zweigniederlassungen bestimmter ausländischer Kapitalgesellschaften Wirtschaftliche Vereine Öffentlich-rechtliche Rechtsträger als Kaufleute 9 Einzelrechnungslegung; gem. 325 Abs. Satz 1 HGB sind folgende Unterlagen offen zu legen: Jahresabschluss (Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung, Anhang 264 Abs.1 Satz 1 HGB) Lagebericht Bericht des Aufsichtsrates Vorschlag und Beschluss über Ergebnisverwendung (soweit sich dies nicht schon aus dem eingereichten Jahresabschluss ergibt) Bestätigungsvermerk des Abschlussprüfers oder Vermerk über die Versagung des Bestätigungsvermerks Nachträgliche Änderungen des Jahresabschlusses Bei börsennotierten Unternehmen die Erklärung nach 161 AktG idf des TransPuG 10 Offen zu legende Unterlagen Konzernrechnungslegung; hierbei sind folgende Dokumente offen zu legen: Konzernabschluss Konzernlagebericht Bestätigungsvermerk des Abschlussprüfers oder Vermerk über die Versagung des Bestätigungsvermerks Jahres- oder Konzernabschluss des Tochterunternehmens ( 295 Abs. 3 S. 2 HGB) für den Fall, dass das Tochterunternehmen nach 295 Abs.1 HGB nicht in den Konzernabschluss einbezogen werden darf und seine Jahres- oder Konzernabschluss nicht offen gelegt wird. Rechtsform Bei Kapitalgesellschaften wesentliches Kriterium; Geschäftsgegenstand und die Struktur spielen keine Rolle Kapitalgesellschaften ( 264 ff. BGB): Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaft auf Aktien und Gesellschaften mit beschränkter Haftung Ausmaß der wird durch die Grössenverhältnisse der Kapitalgesellschaften bestimmt 11 12
Deutsche Zweigniederlassungen ausländischer Kapitalgesellschaften (ausgenommen Banken und Versicherungen) mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der EWG oder Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind seit 1993 in die einbezogen. Eine Zweigniederlassung ist eine rechtlich unselbständige Organisationseinheit, die räumlich von der Hauptniederlassung getrennt die sachlich gleichen Geschäfte durchführt (siehe Noack (2002), S.48) Deutsche Zweigniederlassungen ausländischer Kapitalgesellschaften müssen gem. 325 a Abs. 1 S. 1 HGB die Rechnungslegungsunterlagen ihres Hauptsitzes zum Handelsregister einreichen, die nach dem für die Hauptniederlassung maßgeblichen Recht erstellt, geprüft und offen gelegt worden sind Für deutsche Zweigniederlassungen ausländischer Kapitalgesellschaften mit Sitz außerhalb von EU und EWR besteht keine Pflicht zur Rechnungslegungspublizität 13 14 Kapitalgesellschaften, die Tochterunternehmen eines nach 290 HGB zur Aufstellung eines Konzernabschlusses verpflichteten Mutterunternehmens ist, brauchen ihre Rechnungslegung nicht offen zu legen, wenn die Voraussetzungen des 264 Abs. 3 Ziff. 1-5 HGB erfüllt sind Für Genossenschaften: im Grundsatz gleichen spflichten wie bei Kapitalgesellschaften Gem. 336 Abs.2 und 339 Abs.3 HGB unternehmensgrößenspezifischen Aufstellungs- und serleichterungen Aber: auch kleinere Genossenschaften unterliegen gem. 53 GenG der Prüfungspflicht Umfassende Ausweiserleichterungen gegenüber großen Kapitalgesellschaften 15 16 Struktur spflicht bei Personengesellschaften aufgrund ihrer gesellschaftlichen Struktur Vor allem bei OHG und KG, bei denen nicht eine natürliche Person letztlich persönlich haftender Gesellschafter ist GmbH & Co KG: nach BiRiLiG als reine Personengesellschaft behandelt und damit von spflicht ausgeklammert=> starker Anstieg von Unternehmen in Form GmbH & Co KG in 80er und 90er Jahren=>Einbeziehung in spflicht durch KapCoRiLiG vom 09.03.2000 17 Geschäftsgegenstand Zur Festlegung der spflicht bei Kreditinstituten und Versicherungsunternehmen Müssen unabhängig von ihrer Rechtsform, Größe und Struktur den Jahresabschluss und den Lagebericht sowie den Konzernabschluss, den Konzernlagebericht und die anderen in 325 HGB bezeichneten Unterlagen nach 325 Abs. 2 bis 5, 328, 329 1 HGB offen zu legen ( 340 Abs.1, 341 Abs.1 HGB). 18
Grössenabhängige Grössenabhängige Personengesellschaften und Einzelkaufleute Entscheidend, ob für diese Unternehmen für den Tag des Ablaufs eines Geschäftsjahres (Abschlussstichtag) und für die zwei darauf folgenden Abschlussstichtage jeweils mindestens zwei der drei nachstehenden Merkmale zutreffen ( 1 Publ.G): Bilanzsumme > 65 Mio, Umsatzerlöse >130 Mio., Arbeitnehmer >5000. Kapitalgesellschaften und &-Co- Gesellschaft Größenklassen klein mittelgroß groß Mindestens klein zwei der drei Merkmale werden nicht überschritten Mindestens zwei der drei Merkmale für kl. Kap. werden überschritten und zwei der drei folg. Merkmale nicht überschritten Mindestens zwei der drei Merkmale werden überschritten Bilanzsumme > 3 438 000 > 13 750 000 > 13 750 000 Umsatzerlöse > 6 875 000 > 27 500 000 > 27 500 000 19 Zahl der AN > 50 > 250 > 250 20 Grössenabhängige Art und Weise der Kapitalgesellschaften und &-Co- Gesellschaft Größenklassen klein mittelgroß groß Aufstellungspflicht Bilanz und GuV ja, Erleichterungen ja ja Anhang ja ja ja Lagebericht nein ja ja Frist 6 Monate 3 Monate 3 Monate Prüfung nein ja ja ja; Erleichterungen; ja; Einreichung ja; zunächst Einreichung zum zum Handels- im BA bekannt Handelsregister register und zu machen und und Hinweis im BA Hinweis im BA dann Einreichung z. Handelsregister 21 Jahresabschluss (JA) weitere Unterlagen sind gem. 325 HGB spätestens zwölf Monate nach dem betreffenden Geschäftsjahr schriftlich beim Handelsregister einzureichen elektronische Übermittlung möglich Hinterlegungsbekanntmachung ( 325 Abs.1 S.2 HGB): gesetzliche Vertreter der kleineren und mittleren AG bzw. GmbH haben eine Bekanntmachung im Bundesanzeiger zu veranlassen, die die Informationen enthält, bei welchem Handelsregister und unter welcher Registernummer diese Unterlagen eingereicht worden sind(angabe des Inhalts der Unterlagen ist nicht vorgeschrieben) 22 Art und Weise der Art und Weise der Für große Kapitalgesellschaften und große &-Co- Gesellschaften entfällt Hinterlegungsbekanntmachung Form und Inhalt bei vollständiger oder teilweiser des JA und des Konzernabschlusses in 328 HGB festgelegt. 326, 327 HGB entsprechende Erleichterungen Oberste Priorität hat ihre Vollständigkeit und Richtigkeit Bilanz ist in Kontoform ( 266 HGB), GuV in Staffelform ( 275 HGB) darzustellen Datum der Feststellung des JA ist anzugeben Ist eine Prüfung des JA oder des Konzernabschlusses aufgrund gesetzlicher Vorschriften durch einen Abschlussprüfer erfolgt, so ist jeweils der vollständige Wortlaut des Bestätigungsvermerkes oder des Vermerkes über dessen Versagung wiederzugeben. Ist der JA nur teilweise offen gelegt worden und bezieht sich aber der Bestätigungsvermerk auf den vollständigen JA, muss darauf hingewiesen werden. 23 24
Sanktionen Sanktionen Sanktionierung unterlassener Rechnungslegungspublizität: Unterscheidung zwischen der sverpflichtung nach HGB und der des PublG Nach HGB: Ordnungsgeld vom Registergericht => schreitet allerdings nur auf Antrag ein ( 335a S. 3 HGB) Nach PublG: Zwangsgeldverfahren ( 21 PublG), keine Antragserfordernis Bei Nichtbeachtung der Regelungen über Form und Inhalt kann hier auch Ordnungsgeld verhängt werden Ordnungsgeld: Frist sechs Wochen Höhe: mindestens 2500 und höchstens 25.000. Solange der sverpflichtung nicht nachgekommen wurde, kann es beliebig oft verhängt werden. Strafrechtliche Sanktionen: Wer als Mitglied des vertretungsberechtigten Organs oder des Aufsichtsrates einer Kapitalgesellschaft die Verhältnisse der Kapitalgesellschaft in den entsprechenden Unterlagen unrichtig wiedergibt ( 340 a Abs.3 HGB) oder verschleiert ( 331 HGB) kann mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit einer Geldstrafe geahndet werden. 25 26 Nur eine Minderheit der betroffenen Unternehmen kommen in Deutschland ihren spflichten nach Im Jahr 2001 haben 6314 Unternehmen ihre Jahresabschlüsse im BA vollständig publiziert; weitere 40 663 Unternehmen haben Hinterlegungsbekanntmachungen im BA veröffentlicht In Deutschland: ca. 830 000 Kapitalgesellschaften (AG und GmbH), ca. 100 000 GmbH & Co KG (u.ä. Konstruktionen) => weniger als 5% der zur verpflichteten Unternehmen achten das Gesetz Gründe: Ablehnung, vermeintliche Betriebsinterna zu veröffentlichen technische Schwierigkeiten bei der Umsetzung der spflichten Nichtwissen, dass diese Publizitätspflicht besteht Schätzung von etwa 950 000 publizitätspflichtigen Einheiten 27 28 Geheimhaltung aus Prinzip aus Aldi-Erfolgsstory von Dieter Brandes: Verzicht auf Publizität geschieht bewusst und ist Teil der Unternehmenspolitik Konkurrenz erhält dadurch wenig Information, die sie sonst nutzen würden um ihre eigene Leistung zu verbessern Für Aldi`s Kunden, die die Fachpresse nicht lesen, bringt es keine Vorteile Konkurrenzargument nicht schlüssig, da gleiches Recht beim Wettbewerber Verbesserung der Markttransparenz im Interesse aller Marktteilnehmer => Bedarf an schärferen gesetzlichen Vorgaben und Sanktionen 29 30
Ad-hoc-Publizität 4. Ad-hoc- und Beteiligungspublizität Gem. 15 WpHG müssen Unternehmen, die an der Börse notiert sind, alles bekannt machen, was den Kurs beeinflussen kann. Tatbestandsmerkmale der Ad-hoc-Publizität sind: neue Tatsachen im Tätigkeitsbereich eines Wertpapieremittenten, die noch nicht öffentlich bekannt, wegen ihrer Auswirkungen auf die Vermögens- oder Finanzlage oder auf den allgemeinen Geschäftsverlauf den Kurs (oder die Bonität erheblich) beeinflussen. 32 Ad-hoc-Publizität Tatsache unverzüglich als Ad-hoc-Mitteilung veröffentlichen, wenn alle Tatbestandsmerkmale erfüllt sind Bekanntmachung der Tatsache: durch Anzeige in mindestens einem überregionalen Börsenpflichtblatt oder über ein elektronisch betriebenes Informationssystem Herstellung der Bereichsöffentlichkeit => hauptsächlich professionelle Marktteilnehmer werden unterrichtet Ad-hoc-Publizität Jeder Emittent von Wertpapieren, welche im Inland zum amtlichen Handel oder zum geregelten Markt zugelassen sind, ist publizitätspflichtig. Antrag auf Befreiung von der Veröffentlichungspflicht möglich ( 15 Abs. 1 S.2 WpHG) wenn diese publizitätspflichtige, kursbeeinflussende Tatsache den berechtigten Interessen des Emittenten schaden könnte 33 34 Beteiligungspublizität Wer hinsichtlich der Beteiligung an börsennotierten Gesellschaften 5, 10, 25, 50 oder 75 % der Stimmrechte erreicht, muss dies dem Bundesaufsichtsamt für Wertpapiere und der Gesellschaft mitteilen. ( 21 Abs.1 WpHG) Frist: innerhalb von sieben Tagen Anschrift und genaues Datum, an dem die entsprechende Beteiligungsquote erreicht wurde sind anzugeben Beteiligungspublizität Börsennotierte Gesellschaft hat dies spätestens neun Tage nach Zugang der Mitteilung in einem überregionalen Börsenblatt zu veröffentlichen ( 25 Abs. 1 S.1 WpHG) Mitteilung in deutscher Sprache Bei Verletzung der Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten: Bußgeld oder Verlust der Rechte aus der Aktie 35 36
Fazit 5. Fazit Vielfalt an gesetzlichen Vorschriften (Publizitätspflichten) Rechnungslegungspublizität: svorschriften sind sehr unterschiedlich=> Rechtsform, die Struktur, der Geschäftsgegenstand und Grösse der Unternehmen spielen eine wichtige Rolle Sanktionen reichen bei weitem nicht aus, da nur eine Minderheit an Unternehmen ihren Publizitätspflichten nachkommt 38