Abschlussbericht Integration im Dialog. Handlungsempfehlungen der Dialogforen



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Transkript:

Abschlussbericht Integration im Dialog Handlungsempfehlungen der Dialogforen

Inhalt Vorwort 3 Handlungsempfehlungen des Dialogforums 1 Sprache frühkindliche Förderung Bildung Frühkindliche Förderung 5 Schulische Bildung 9 Elternarbeit 13 Sprachförderung Erwachsener 14 Handlungsempfehlungen des Dialogforums 2 Hochschule Ausbildung Arbeitsmarkt Hochschule 17 Migrations- und Integrationsforschung 18 Ausbildung 20 Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse 21 Förderung von Existenzgründungen 22 Interkulturelle Öffnung von Unternehmen 22 Interkulturelle Sensibilisierung 23 Arbeitsmarkt 23 Handlungsempfehlungen des Dialogforums 3 Integration vor Ort Partizipation bürgerschaftliches Engagement Kommunaler Stellenwert der Integration 27 Lokale Ökonomie 30 Wahlrecht 32 Gremienarbeit 32 Sport 32 Handlungsempfehlungen des Dialogforums 4 Interkulturelle Öffnung Förderung interkultureller Kompetenzen 35 Wohlfahrtsverbände 39 Kultureinrichtungen 39 Medien 40 Arbeitsgruppe Migrantinnen Schutz vor häuslicher Gewalt 42 Zwangsheirat und Zwangsprostitution 43 Migrantinnen und Gesundheit 43 Anlagen Indikatorenset für ein kommunales Integrationsmonitoring 46 Mitwirkende 50

Vorwort Sehr geehrte Damen und Herren, die erfolgreiche Integration von Menschen mit Migrationshintergrund ist eine Schlüsselfrage für die Zukunft unseres Landes in ökonomischer, demografischer, sozialer, kultureller und demokratischer Hinsicht. Diese Einsicht prägt den im Sommer 2007 beschlossenen Nationalen Integrationsplan (NIP). Sein Entstehen wäre undenkbar gewesen ohne den aufgestauten integrationspolitischen Handlungsdruck in den westdeutschen Zentren. Dementsprechend sind Bestandsaufnahme und Schwerpunktsetzungen des NIP durch die westdeutschen Integrationserfahrungen geprägt. Die Integrationsbedingungen bei uns in Sachsen-Anhalt und in den anderen ostdeutschen Ländern sind anders als im Westen der Republik: Mit 1,9 % ausländischer Bevölkerung und insgesamt 3-4% Menschen mit Migrationshintergrund in Sachsen-Anhalt liegt ihr Anteil an der Bevölkerung bei rund einem Fünftel des bundesdeutschen Durchschnitts; Zuwanderung ist bei uns vor allem Zuweisung aufgrund bundesweiter Verteilung von Asylbewerberinnen und -bewerbern, jüdischen Zuwanderinnen und -zuwanderern und Spätaussiedlerinnen und -aussiedlern. Fachkräftezuwanderung ist demgegenüber extrem gering ausgeprägt; Zuwanderung ist bei uns aber auch vielfältiger, weil es kein der Zuwanderung aus der Türkei in Westdeutschland vergleichbar dominantes Herkunftsland gibt; Migrantinnen und Migranten sind hier im Hinblick auf Schul- und Hochschulabschlüsse durchschnittlich qualifizierter, ihre Arbeitslosigkeit ist aber doppelt so hoch wie in Westdeutschland; Der Bildungserfolg von Kindern mit Migrationshintergrund ist nach Herkunftsländern differenziert, aber insgesamt besser als in Westdeutschland; Interkulturelle Sensibilisierung in Behörden und Regeldiensten, zum Beispiel in der Sozialverwaltung, im Gesundheitswesen, bei Polizei und Justiz ist vor dem Hintergrund des geringen Migrationsanteils bislang weniger entwickelt; Menschen mit Migrationshintergrund müssen in den ostdeutschen Ländern mit mehr fremdenfeindlichen Vorurteilen leben und haben ein höheres Risiko, Opfer fremdenfeindlicher Gewalt zu werden. Interkulturelles Zusammenleben ist weniger selbstverständlich. Diese Stichworte sollen genügen, um deutlich zu machen, warum es notwendig war, sich in einem breit angelegten Beratungsprozess mit allen gesellschaftlichen und staatlichen Akteuren der Integrationsarbeit darüber auszutauschen, wie die spezifische Ausgangslage in Sachsen-Anhalt zu beurteilen ist, welche Integrationsschwerpunkte vorrangig zu bearbeiten sind und welche Handlungsempfehlungen in Sachsen- Anhalt daraus erwachsen. Am 9. Mai 2008 wurde der Dialogprozess mit der Auftaktveranstaltung Integration im Dialog gestartet. Auf der Konferenz konstituierten sich vier Dialogforen zu den Themenfeldern: Frühkindliche Förderung, Bildung und Sprache Ausbildung, Arbeit und Hochschulen Integration vor Ort Interkulturelle Öffnung Rund 150 Vertreterinnen und Vertreter von Migrationsdiensten, Vereinen und Verbänden, Migrantenselbstorganisationen, Kommunen, Landesministerien und -behörden, aber auch Arbeitsmarktakteure, Einrichtungen und Bildungsträger haben an diesem offenen Dialogprozess mitgewirkt. Auf einer Konferenz am 5. Dezember 2008 wurden Zwischenberichte der Dialogforen vorgelegt. Im laufenden Jahr wurden weitere Handlungsfelder in den Foren bearbeitet. Ergänzend wurde eine AG Migrantinnen eingerichtet, um spezifische Handlungsempfehlungen für Mädchen und Frauen mit Migrationshintergrund zu erarbeiten. Die Dialogforen waren offen für alle an der Integrationsarbeit interessierten Akteure, die Mitwirkenden wurden nicht berufen und sind nicht repräsentativ zusammengesetzt. Um Akteure einzubinden, die sich nicht regelmäßig beteiligen konnten, wurden ergänzende Gespräche geführt und Referenten eingeladen. 3

In den Foren wurde eine Bestandsaufnahme anhand zur Verfügung stehender Daten vorgenommen. Wo Daten bisher nicht erhoben werden, wurden Praxiserfahrungen, insbesondere aus den Migrationsdiensten, zusammengetragen. Da aussagekräftige Integrationsdaten sowohl im Bund als auch im Land für viele Handlungsfelder nicht vorliegen, wurde in Korrespondenz zu einem entsprechenden Bund-Länder-Beratungsprozess ein Indikatorenset für den Aufbau eines kommunalen Integrationsmonitorings erarbeitet, das in der Anlage zu den Berichten aus den Foren beigefügt ist. Auf der Grundlage der kurzen Bestandsaufnahme wurden in den Foren Handlungsempfehlungen erarbeitet, die sich an verschiedene Akteure, zum Beispiel Land, Kommunen, Migrationsdienste oder Arbeitsmarktakteure richten. Nicht jede Handlungsempfehlung wurde von jedem Mitwirkenden unterstützt. Aufgenommen wurden die Empfehlungen, die in den jeweiligen Foren eine breite Zustimmung erhielten. Die Handlungsempfehlungen können daher nicht als verbindliches Arbeitsprogramm gelesen werden. Vielmehr handelt es sich um einen wichtigen Impuls, eine Orientierung für die Ausrichtung von Integrationsarbeit in Sachsen-Anhalt auf den verschiedensten Ebenen. Lokale Träger und fachlich in den Kommunen Tätige haben ihre Praxiserfahrungen eingebracht. Die Berichte stellen daher auch keine Vorgabe des Landes gegenüber kommunalen Akteuren dar. Meine Hoffnung ist vielmehr, dass alle, die mit Integration befasst sind, die vorliegenden Berichte als eine wichtige fachliche Anregung wahrnehmen und prüfen, ob und in welchem Umfang sie an ihrer Umsetzung mitwirken können. Die Landesregierung hat bereits den Zwischenbericht zum Anlass genommen, wichtige Anregungen aufzugreifen und in dem im Juni 2009 vom Kabinett beschlossenen Aktionsprogramm Integration zentrale Vorhaben und Zielstellungen in der Integrationspolitik des Landes zu bündeln. Auch die weiteren Empfehlungen werden durch die Landesregierung geprüft und ggf. zu weiteren integrationspolitischen Maßnahmen führen. Der Beratungsprozess Integration im Dialog findet mit der Vorlage dieses Berichts und der Konferenz am 20. November 2009 seinen Abschluss. Ich bin optimistisch, dass er im Hinblick auf die Weiterarbeit mit den Handlungsempfehlungen und im Hinblick auf die im Rahmen des Prozesses aufgebaute Vernetzung der Integrationsakteure in Sachsen-Anhalt eine nachhaltige Wirkung erzielt. Zum Jahresbeginn 2010 wird der neu eingerichtete Landesintegrationsbeirat seine Arbeit aufnehmen. Damit wird die dialogorientierte Integrationspolitik des Landes institutionalisiert. Die vorliegenden Berichte werden in ihrer Beschreibung von Integrationsdefiziten und Chancen ebenso wie in den Handlungsempfehlungen auch für die Arbeit des Beirats eine wichtige Grundlage bilden. Welche Empfehlungen er aufgreift, weiterentwickelt oder vertieft, bleibt ihm dabei natürlich selbst überlassen. Der Prozess lebt aber vor allem davon, dass er nunmehr in den Vereinen und Verbänden, in den Kommunen, in den lokalen Integrationsnetzwerken und an vielen anderen Stellen fortgesetzt und mit eigenen Maßnahmen und Schritten konkretisiert wird. Abschließend möchte ich allen Mitwirkenden sehr herzlich für ihre häufig ehrenamtliche und zum Teil sehr arbeitsintensive Mitarbeit danken. Mein besonderer Dank geht dabei an die Moderatorinnen und Moderatoren der Dialogforen und das Bündnis für Zuwanderung und Integration in Sachsen- Anhalt e.v., das den Dialogprozess intensiv begleitet und viele gesellschaftliche Akteure zur Mitwirkung gewonnen hat. Susi Möbbeck Integrationsbeauftragte der Landesregierung 4

Handlungsempfehlungen des Dialogforums 1 Sprache frühkindliche Förderung Bildung Handlungsfeld Bestandsaufnahme Handlungsempfehlung Zeitl. Perspektive/Adressaten Frühkindliche Förderung Interkulturelle Öffnung Alle Kindertageseinrichtungen (Kitas) im Land arbeiten nach dem Bildungsprogramm Bildung elementar. Das Bildungsprogramm berücksichtigt, dass Kinder aus verschiedenen Kulturen kommen und verarbeitet (inter)kulturelle und soziale Grunderfahrungen. Die Erzieherinnen und Erzieher werden über ein spezielles Fortbildungsprogramm zur Umsetzung des Bildungsprogramms qualifiziert. Kinder mit Migrationshintergrund werden im Fortbildungsprogramm nicht explizit berücksichtigt. Interkulturelle Öffnung und interkulturelle Kompetenz sind keine speziellen Themen des Fortbildungsprogramms. Es fehlt häufig in Kitas an Kenntnissen über Geschlechterrollen und -verhältnisse in verschiedenen Kulturen. Kitas bzw. Erzieherinnen und Erzieher fühlen sich bei fremdenfeindlichen Äußerungen von Eltern, Kindern oder auch Erzieherinnen und Erziehern oft überfordert. Interkulturelle Öffnung von Kitas soll zur Querschnittsaufgabe werden, die einerseits der Bildung aller Kinder dient und dem Entstehen von Fremdenfeindlichkeit vorbeugt, andererseits Kindern mit Migrationshintergrund Anerkennungserfahrungen ermöglicht; Interkulturelle Kompetenz der Erzieherinnen und Erzieher ist in Aus- und Fortbildung als Querschnittsaufgabe zu verankern; Kitas sollen sich zum Wohnumfeld öffnen und dabei insbesondere in Quartieren mit hohem Migrationsanteil die interkulturelle Verständigung fördern; Die Situation von Kindern mit Migrationshintergrund ist im Fortbildungsprogramm des Landes aufzunehmen; Bei der Auswahl der Fortbildungsreferentinnen und -referenten sollen interkulturelle Kompetenzen als Qualifikationskriterium berücksichtigt werden. Die Qualifikationsanforderungen sollen nicht auf einen Bildungsabschluss fixiert sein, um Menschen mit Migrationshintergrund den Zugang zu eröffnen; fortlaufend Adressaten: Träger von Kitas, Land kurz- bis Adressaten: Land, Träger von Kitas kurz- bis Adressaten: Träger von Kitas Quartiersmanagement, Netzwerke, Land, Kommunen kurzfristig Adressat: Land Sensibilisierung für unterschiedliche Geschlechterverhältnisse in verschiedenen Kulturen im Rahmen von Aus- und Fortbildung; Fortbildungen zum Umgang mit Fremdenfeindlichkeit unter Kindern, von Eltern und Erzieherinnen und Erziehern; kurz- und Adressaten: Land, Kita-Träger kurz- und Adressaten: Landeszentrale für politische Bildung, Bildungsträger, Kita-Träger 5

Sprachförderung Sprachförderung ist im Bildungsprogramm verankert. Das Gesetz zur Förderung der frühkindlichen Bildung sieht flächendeckende Sprachtests in den Kitas mit vier Jahren ab 2010 vor. Dazu wird ein spezielles Testverfahren (Delphin 4) eingesetzt, die Tests erfolgen durch die Erzieherinnen und Erzieher. Hauskinder sollen ebenfalls in den Kitas an den Tests teilnehmen. Die Kitas sollen für jedes Kind mit Sprachförderbedarf zusätzliche Personalstunden erhalten. Qualifizierung der Erzieherinnen und Erzieher zur Durchführung und Auswertung der Tests unter besonderer Berücksichtigung der deutschen Sprache als Erstoder Zweitsprache; Interkulturelle Qualifizierung der Erzieherinnen und Erzieher für die Sprachförderung von Kindern mit Migrationshintergrund (auch Wertschätzung der Herkunftssprache); Verankerung von entsprechenden Qualifizierungsmodulen für die Multiplikatorinnen und Multiplikatoren, die die Erzieherinnen und Erzieher für die Durchführung der Tests und der Sprachfördermaßnahmen fortbilden; kurzfristig Adressat: Land kurzfristig Adressaten: Land, Träger von Kitas kurzfristig Adressat: Land Förderung der Mehrsprachigkeit Eine gezielte Förderung der Mehrsprachigkeit gibt es bislang nur an einzelnen bi- oder trilingual ausgerichteten Kitas. Die Förderung der Mehrsprachigkeit in den Kitas soll als Ziel anerkannt und perspektivisch ausgebaut werden; Angestrebt wird neben dem Erwerb von Deutsch die Förderung der Muttersprache jedes Kindes. Ist dies nicht umsetzbar, sollte es zumindest eine Anerkennung für alle Sprachen geben, die ein Kind spricht, besonders für die Muttersprache; Angebot von Fortbildungsmodulen zu Deutsch als Zweitsprache und zum Umgang mit Mehrsprachigkeit bei Kindern; Kitas mit hohem Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund sollen bedarfsorientiert Personal einsetzen, das die Sprachen aus den Herkunftsländern der Kinder beherrscht. Dabei sollten Menschen mit Migrationshintergrund berücksichtigt werden; Stärkung und Wertschätzung von Kitas mit bi- und trilingualen Angeboten und Nutzung vorhandener personeller Sprachkompetenzen; langfristig Adressaten: Träger von Kitas, Land Adressaten: Land, Träger von Kitas Adressaten: Fortbildungsinstitute, Hochschulen Adressaten: Träger von Kitas Adressaten: Träger von Kitas, Land und Kommunen 6

Verbesserung der gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Anerkennung von ausländischen Bildungsabschlüssen als Erzieherinnen und Erzieher, um verstärkt Muttersprachlerinnen und Muttersprachler einsetzen zu können; Adressat: Land Zugang zu Kitas Nicht alle Familien mit Migrationshintergrund nutzen die Möglichkeit des Besuchs einer Kindertagesstätte für ihre Kinder. Oftmals sind die Eltern zu wenig über das System der frühkindlichen Erziehung und Bildung in Deutschland informiert. Dazu kommen teilweise kulturell bedingte Vorurteile oder sprachliche Defizite. Der Anteil von Kindern von Asylbewerberinnen und -bewerbern, die Kitas besuchen, ist unterdurchschnittlich hoch. Familien mit Migrationshintergrund sind überdurchschnittlich oft auf soziale Leistungen angewiesen, ihnen fehlen oft die Mittel für zusätzliche Bildungsangebote sowie für Nebenkosten des Kita- Besuchs. Für Kitas als Bildungseinrichtung muss unter Migrantinnen und Migranten verstärkt geworben werden, damit noch mehr Kinder frühzeitig die Kita besuchen und von der frühkindlichen Bildung profitieren; Es soll eine mehrsprachige Kampagne des Landes entwickelt werden, mit der insbesondere bei Migrantenorganisationen, in Integrationskursen und in Gemeinschaftsunterkünften für den Besuch von Kitas geworben wird; Frühzeitige Ansprache von Asylbewerberinnen und -bewerbern bzgl. Kita-Besuch der Kinder; Familien, die Sozialleistungen beziehen (z. B. SGB II, Asylbewerberleistungsgesetz), sollen auf Antrag zusätzliche Kosten (Getränkegeld, Reisekosten, Eintrittsgelder u. a.) erstattet bekommen können; kurz- und Adressaten: Migrantenorganisationen, Migrationsdienste, Träger von Kitas, Land und Kommunen kurzfristig Adressaten: Land, Migrationsdienste, Träger von Kitas kurz- bis Adressaten: Landesverwaltungsamt, Landkreise, Beratungsstellen Adressaten: Land, Kommunen Ganztagsbetreuung Die Begrenzung des Rechtsanspruchs auf einen Kita-Platz auf fünf Stunden für Kinder von nicht oder gering erwerbstätigen Eltern wird dem Bildungs- und Förderbedarf von Kindern, besonders aus bildungsfernen Familien, nicht gerecht. Für Kinder mit Migrationshintergrund ist der ganztägige Kita-Besuch im Hinblick auf Spracherwerb, kulturelle und soziale Integration besonders bedeutsam. Erforderlich ist die Rückkehr zum Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für alle Kinder, um Chancengleichheit unabhängig von Herkunft und sozialem Status der Eltern, zu bieten; Adressat: Land 7

Personalschlüssel Mit der wachsenden Bedeutung von Bildungsangeboten erhöhen sich die qualitativen Anforderungen an die Arbeit in den Kitas. An den Personalschlüsseln hat sich demgegenüber aber nichts verändert, so dass sich die Schere zwischen Erwartungen und personellen Möglichkeiten immer weiter öffnet. Um interkulturelle Bildungsangebote, Sprachförderung und individuelle Förderung von Kindern mit Migrationshintergrund nachhaltig umsetzen zu können, ist eine entsprechende Verbesserung des Personalschlüssels erforderlich; Adressat: Land Verbesserung des Übergangs Kita-Grundschule Es liegen Handlungsempfehlungen zur Kooperation und zum Abschluss von Kooperationsvereinbarungen vor, diese werden aber noch nicht überall umgesetzt. Die landesweite Umsetzung der Handlungsempfehlungen muss begleitet und kontrolliert werden; Die Horte sind in die Handlungsempfehlungen mit aufzunehmen. Es wird empfohlen, dass die Schulen gemeinsam mit den Horten einen gemeinsamen Tag der offenen Tür für die neu aufzunehmenden Kinder durchführen; Adressaten: Land, Träger von Kitas und Grundschulen Ausbildung im Berufsfeld Kinderpflege, Sozialassistenz, Erzieherin bzw. Erzieher Die aktuellen Curricula sind ungenügend auf die Anforderungen in Bezug auf den Erwerb von interkultureller Kompetenz ausgerichtet. Studium Die Umsetzung des gesetzlich verankerten Bildungsauftrags von Kindertageseinrichtungen erfordert eine hohe Professionalität der Fachkräfte, die für diese Arbeit ausgebildet werden. Die Zugangsvoraussetzungen müssen auch für Menschen mit Migrationshintergrund gegeben sein, indem ausländische Ausbildungs- und Berufsabschlüsse besser als bisher anerkannt werden; Die Ausbildung bzw. ein Studium in dem Berufsfeld muss folgende Fachgebiete beinhalten: Interkulturelle Kompetenz, Sprachförderung Deutsch als Erstsprache, Sprachförderung Deutsch als Zweitsprache, Förderung von Mehrsprachigkeit; Der Erzieherberuf sollte perspektivisch akademisiert werden, z. B. als Bachelorabschluss; mittel- und langfristig Adressaten: Land, Hochschulen, Universitäten 8

Schulische Bildung Interkulturelle Öffnung Für Schulen gibt es keine mit dem frühkindlichen Bildungsprogramm Bildung elementar vergleichbare Leitlinie des interkulturellen Lernens. Elemente interkulturellen Lernens sind in den Lehrplänen und Schulkonzepten enthalten, werden aber noch nicht ausreichend umgesetzt. Nicht überall arbeiten die Schulen in Integrationsnetzwerken mit. Projekte zur interkulturellen Öffnung wurden bisher an den Schulen angeboten, die dies gewünscht haben. Im Rahmen des Landesprojekts Schule ohne Rassismus Schule mit Courage wurden seit 2002 39 (Stand August 2009) Titel in Sachsen-Anhalt verliehen, mit denen sich die Schulen zu umfangreichen Aktivitäten im Bereich des interkulturellen Lernens verpflichtet haben. Die interkulturelle Dimension des schulischen Lernens ist in den Schulkonzepten darzustellen; Interkulturelles Lernen ist auf fachlichen und überfachlichen Kompetenzerwerb ausgerichtet und ist daher unabhängig von der Zahl der Kinder mit Migrationshintergrund für jede Schule bedeutsam; Interkulturelles Lernen ist als eine Leitlinie inhaltlicher und methodischer Gestaltung für alle Schülerinnen und Schüler aller Schuljahrgänge in allen Schulformen in den Schulalltag zu implementieren; Das Projekt Schule ohne Rassismus Schule mit Courage soll fortgesetzt werden, da es einen wesentlichen Zugang zu interkulturellem Lernen eröffnet und nachhaltig ausgerichtet ist kurz und Adressaten: Land, Schulen, Kommunen, Netzwerke Schulen und Schulleitungen sind weiter für interkulturelles Lernen zu sensibilisieren; Um Schulen für die Mitarbeit in kommunalen Integrationsnetzwerken zu gewinnen, müssen zeitliche Ressourcen für die Netzwerkarbeit zur Verfügung gestellt werden; Sprachförderung Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund können gemäß Erlass des Kultusministeriums bedarfsgerechte Sprachförderung erhalten. Angesichts des geringen Migrationanteils in Sachsen-Anhalt sind die bisher festgelegten Untergrenzen für die Einrichtung von Fördergruppen (8 Kinder) und Förderklassen (15 Kinder) aber unangemessen hoch. Derzeit wird im Kultusministerium an einer Weiterentwicklung des Erlasses gearbeitet, mit der die Empfehlungen des Dialogforums aufgegriffen werden sollen. Die Sprachförderung für Kinder mit Migrationshintergrund muss vom individuellen Förderbedarf ausgehen; Vorbereitungsklassen sollen darauf ausgerichtet sein, schnellstmöglich den Übergang in eine Regelklasse zu ermöglichen, da die Bildungsergebnisse in gemischten Gruppen deutlich besser sind; Sobald der Besuch einer Regelklasse möglich ist, soll die Deutschförderung ergänzend in Fördergruppen oder soweit die Zahl der Kinder dafür nicht ausreicht, individuell erfolgen; kurzfristig Adressat: Land 9

Die Größe von Fördergruppen soll sieben und die von Vorbereitungsklassen soll zehn Kinder nicht überschreiten, um eine bestmögliche Förderung sicherzustellen; Es sind intensive Gespräche mit den Eltern zur individuellen Schullaufbahnplanung unter Berücksichtigung des Migrationshintergrundes zu führen. Dafür müssen Lehrerinnen und Lehrer sensibilisiert und qualifiziert werden, Migrationsdienste sind einzubeziehen; kurz- und Adressaten: Schule, Schulsozialarbeiterinnen und -arbeiter, Migrationsdienste, Netzwerke Förderung der Mehrsprachigkeit Die Muttersprache von Kindern mit nichtdeutscher Muttersprache kann unter bestimmten Voraussetzungen als Fremdsprache anerkannt werden. Gesonderte Förderung der Muttersprache bzw. weiterer Sprachkenntnisse findet aber nur vereinzelt statt. Muttersprache und weitere Sprachkenntnisse von Kindern mit nichtdeutscher Muttersprache sollen wertgeschätzt, anerkannt und gefördert werden; Die Muttersprachen der größeren Migrantengruppen in Sachsen-Anhalt sollen schulisch gefördert werden; Um Lehrkräfte mit entsprechenden Sprachkenntnissen insbesondere Muttersprachlerinnen und Muttersprachler einsetzen zu können, müssen die Rahmenbedingungen der Anerkennung von ausländischen Studienabschlüssen verbessert und die Potentiale der langjährig in Sachsen-Anhalt lebenden Migrantinnen und Migranten besser genutzt werden; Adressaten: Land, LISA, Schulen, Hochschulen Es sind entsprechende Curricula ausgehend von den Ergebnissen des Bund-Länder-Modellvorhabens FörMig und in Zusammenarbeit mit den entsprechenden Fachbereichen der zuständigen Universitäten oder Hochschulen zu entwickeln; 10 Ganztagsschulen Ganztagsschulen bieten bessere Voraussetzungen zur Förderung von Kindern mit Migrationshintergrund sowie zur interkulturellen Öffnung. Allerdings fehlen diese Zielstellungen häufig in den Schulkonzepten. Die flächendeckende Einrichtung von Ganztagsschulen würde die Fördervoraussetzungen für Kinder mit Migrationshintergrund verbessern; Adressaten: Land, Schulträger

Ganztagsschulen müssen mit angemessenen Personalressourcen ausgestattet werden, um individuelle Förderung und interkulturelle Angebote zu ermöglichen; Interkulturelle Öffnung und die Förderung von Kindern mit Migrationshintergrund sind bei der Weiterentwicklung von Schulkonzepten zu berücksichtigen; Förderschulen Bundesweit werden Kinder mit Migrationshintergrund überdurchschnittlich oft auf Förderschulen verwiesen, in Sachsen-Anhalt ist das empirisch nicht zu belegen. Häufig scheinen Sprachprobleme und Informationsdefizite der Eltern für die Umschulung auf Förderschulen ursächlich zu sein. Dafür liegen den Migrationsdiensten auch in Sachsen-Anhalt Beispiele vor. Die Schulen sind bei den Schullaufbahnempfehlungen für die besondere Situation von Kindern mit Migrationshintergrund zu sensibilisieren; Bei geplanten Umschulungen von Kindern mit Migrationshintergrund sind die Gründe gesondert zu überprüfen; Mehrsprachige Informationen an die Eltern über ihre Rechte bei der Entscheidungsfindung, die Bedeutung der Schulwegsentscheidung und die verschiedenen Fördermöglichkeiten; Die Durchlässigkeit von der Förderschule zur Regelschule ist zu erhöhen; kurz- und Adressaten: Land, Schulen Die Fördermöglichkeiten in der Regelschule sind verstärkt zu nutzen; Berufsbildende Schulen Für Jugendliche an Berufsschulen gibt es bislang zu wenig Angebote der Förderung des Erwerbs der deutschen Sprache. Bei der Weiterentwicklung des Erlasses zur Sprachförderung an Schulen soll die Förderung an berufsbildenden Schulen nunmehr ebenso erfolgen wie an allgemein bildenden Schulen. Die Umsetzung des Erlasses insbesondere in den berufsbildenden Schulen ist zu kontrollieren und zu begleiten; Besonderes Augenmerk ist auf die Qualifizierung der Lehrkräfte zu richten; kurz- und Adressaten: Land, lokale Integrationsnetzwerke 11

Reduzierung von Schulabbrüchen Knapp 20 % aller schulpflichtigen Kinder mit Migrationshintergrund in Sachsen-Anhalt brechen die Schule ohne Abschluss ab. Im Landesprogramm Projekte zur Vermeidung von Schulversagen und zur Senkung vorzeitigen Schulabbruchs werden Kinder mit Migrationshintergrund berücksichtigt. 2/3 aller Schulabbrecher sind Jungen. Dies gilt auch für Jungen mit Migrationshintergrund. Bei der Auswahl und Umsetzung der Projekte zur Schulsozialarbeit und der bildungsbezogenen Angebote sollen Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund besonders berücksichtigt und bei der Evaluation des Programms gesondert erfasst werden; Bei der Auswahl der Fachkräfte, die im Programm eingesetzt werden, sollen Menschen mit Migrationshintergrund bzw. mit interkulturellen Kompetenzen berücksichtigt werden; Die spezifischen Orientierungsprobleme von Jungen mit Migrationshintergrund sollten im Programm gegen Schulabbruch berücksichtigt werden; kurz- und Adressaten: Land, Träger der Schulsozialarbeit kurz- und Adressaten: Land, Träger von Projekten, Schulträger Zugang zur Schule In Sachsen-Anhalt besteht für alle Kinder Schulpflicht. Für Kinder von Asylbewerberinnen und -bewerbern konnte das inzwischen auch umgesetzt werden. Schulpflicht unabhängig vom Aufenthaltsstatus gilt auch für Kinder aus Familien mit irregulärem Aufenthalt, aber die Meldepflichten verhindern praktisch die Wahrnehmung der Schulpflicht. Es sollte ein einheitliches Verfahren gefunden werden, dass diesen Kindern die Chance zur Wahrnehmung der Schulpflicht eröffnet; Adressat: Land Schule im Quartier Schulen integrieren den Lebensund Erfahrungsraum Gemeinde oftmals noch unzureichend in den Unterricht. Es fehlt häufig für eine erfolgreiche Kooperation zwischen Schule und Gemeinwesen an Qualifizierung für Schulen/ Lehrerinnen und Lehrer und Beratung von Gemeindepartnern sowie Ressourcen für Kooperationsaufbau und Evaluation. Diese Voraussetzungen sind aber für eine erfolgreiche soziale Integration von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund unerlässlich. Gewährleistung von Qualifizierungsangeboten für Schulen und Gemeindepartner sowie Unterstützung der Öffnungsprozesse durch Begleitung, Beratung und Vernetzung; Förderung von Service Learning in Schulen als eine geeignete Methode zur Öffnung von Schulen; Schulen in Stadtteilen mit besonderem Entwicklungsbedarf brauchen für die ihnen zugeschriebenen Aufgaben eine besondere finanzielle personelle und organisatorische Unterstützung; fortlaufend Adressaten: Land, Kommunen, Schulträger, lokale Netzwerke 12

Aufbau von Kooperationen zwischen kommunalen Ämtern, Schulen, Migrantenorganisationen und Jugendhilfe, speziell zur Gestaltung von Übergängen zwischen Kita und Schule, Schule und Beruf Berufsorientierung Die Sprachförderung in der allgemein bildenden Schule findet nicht überall ihre Fortsetzung bei Berufsorientierung, in der berufsbildenden Schule und im Übergang zum Beruf. Schülerinnen mit Migrationshintergrund orientieren sich noch stärker als Schülerinnen ohne Migrationshintergrund auf ein enges Spektrum frauenspezifischer Berufe und haben dadurch schlechtere Berufschancen. Sensibilisierung für die Bedeutung der Sprachförderung in der berufsbildenden Schule und im Übergang zum Beruf; Mehrsprachige Informationen zur Berufsorientierung für Schülerinnen und Schüler sowie Eltern mit Migrationshintergrund; Fortsetzung der Sprachförderung in der beruflichen Bildung; berufsbezogene Sprachförderung zur Unterstützung des Übergangs in den Beruf; Ausweitung der bilingualen Berufsausbildungsangebote unter Nutzung der mehrsprachigen Potentiale von Auszubildenden mit Migrationshintergrund; Berufsorientierung muss sensibel sein für kulturell geprägte Geschlechterrollen und sollte junge Migrantinnen besonders beraten; kurz- und Adressaten: Land, berufsbildende Schulen, IHK und HWK kurz- und Adressaten: Schulträger, Berufsberatung Fort- und Weiterbildung des Lehrpersonals Interkulturelle Kompetenzen sind Bestandteile aktueller Lehramtsstudiengänge. Der aktive Lehrkräftebestand hat aber häufig weder im Studium entsprechende Kompetenzen erlernt noch sind entsprechende Fortbildungsmodule obligatorisch. Evaluierung vorhandener Kompetenz im Lehrkörper und Bedarfsanalyse; Erarbeitung und Weiterentwicklung von Lehrmodulen für die Lehrerbildung und Fortbildung; Implementierung obligatorischer Fortbildungsmodule; Adressaten: Land, LISA, Hochschulen Elternarbeit Eltern mit Migrationshintergrund haben häufig hohe Erwartungen und Ansprüche an die Bildungschancen und die Abschlüsse ihrer Kinder. Sie verfügen aber oft über zu wenige Informationen über Bildungssystem und Bildungswege. Evaluation der Bedürfnisse und Wünsche von Eltern mit Migrationshintergrund im Hinblick auf das Bildungs- und Erziehungssystem; kurz- und Adressaten: Land, Träger der Kitas, Schulen, Jugendhilfe, Migrantenorganisationen, Migrationsdienste, BAMF, Integrationskursträger, Bildungsträger, Netzwerke, 13

Bei Bildungswegentscheidungen können sie ihren Kindern daher nicht immer die notwendige Unterstützung geben. Die Mitarbeit von Eltern mit Migrationshintergrund in Gremien (Elternkuratorien, -vertretungen) ist oft noch gering ausgeprägt. Erziehungsmuster, die den Eltern aus dem Herkunftsland und aus eigener Kindheit bekannt sind, sind teilweise in Deutschland nicht übertragbar. Vor diesem Hintergrund kann es zu Überforderungsgefühlen bei den Eltern kommen. Für eine erfolgreiche Integration von Kindern mit Migrationshintergrund ist die Entwicklung einer ausgeprägten Erziehungspartnerschaft zwischen Kitas, Schulen und Eltern unerlässlich. Migrantinnen aus manchen Kulturkreisen nehmen unterdurchschnittlich an Elternarbeit teil. Dies gilt besonders für Asylbewerberinnen. Erarbeitung einer mehrsprachigen Information über das Bildungs- und Erziehungssystem in Sachsen-Anhalt unter Einbeziehung der Migrationsdienste; Durchführung von Informationsveranstaltungen für die Eltern über Bildungssystem und Bildungswege; Sensibilisierung von Eltern für die Vorteile des Kitabesuchs; Vernetzung von Kitas mit Angeboten der Sprachförderung für Eltern Entwicklung niedrigschwelliger Angebote, damit Eltern an demokratischen Prozessen in der Kita und in der Schule teilnehmen können; Einbeziehung der Eltern in die Arbeit von Gremien; Unterstützung von Kontakten zwischen einheimischen und zugewanderten Eltern; Angebot von kultursensiblen Elternkursen und Elternschulen ; Qualifizierung von ehrenamtlichen Multiplikatorinnen und Multiplikatoren als Familienund Bildungspaten; Projekte zur interkulturellen Verständigung unter Mitwirkung von Eltern mit Migrationshintergrund; Elternräte auf kommunaler und Landesebene, Kinderschutzbund Anregung von Elterntreffs und Eltern Kind Projekten; Aktivierende Elternarbeit soll als Chance genutzt werden, um Migrantinnen, die bislang nicht an Integrationsangeboten partizipiert haben, dafür zu gewinnen; Sprachförderung Erwachsener Integrationskurse verbessern Die Weiterentwicklung der Integrationskurse ist zentrales Thema des NIP. Die Zielstellungen konnten im Zusammenhang mit der Integrationskursverordnung Die Möglichkeiten der Bildung von speziellen Jugend-, Frauen-, Eltern-, Alpha- und Förderkursen, beispielsweise auch für Senioren, müssen noch besser kurz- und Adressaten: Integrationskursträger, lokale Integrationsnetzwerke 14

vom 08.12.2007 in Sachsen- Anhalt in weiten Teilen umgesetzt werden. Für einen großen Teil der Analphabetinnen und Analphabeten und für manche weitere Kursteilnehmerinnen und -teilnehmer ist es aber nicht möglich, die Stufe A2 zu schaffen. Das kann zum Beispiel aus der geringen oder nicht vorhandenen Schulbildung und/ oder dem höheren Alter resultieren. genutzt werden. Kooperation und Verständigung der Kursträger untereinander sind zu verbessern, um im Interesse der Migrantinnen und Migranten, solche Kurse durch genügend Teilnehmer realisieren zu können; Durchführung von Bedarfsanalysen im lokalen Netzwerk und dementsprechend Vorschalten von bedarfsgerechten Vorbereitungskursen. Instrumente wären das vom BAMF geförderte Angebot der niederschwelligen Frauenkurse, Mittel aus Projekten, ehrenamtliche Hilfen sowie Mittel der Träger der Grundsicherung SGB II; Diese Angebote könnten in Einrichtungen stattfinden, in denen die genannten Gruppen geringere Hemmschwellen aufweisen, wie z.b. in Moscheen, Kitas, Freizeiteinrichtungen, Schulen. Es können durch die Träger der Grundsicherung SGB II Sprachkabinette oder Nachhilfen beim Sprachkursträger angeboten werden; Es wird vorgeschlagen, im Zuge der Evaluierung im Bund den Sprachtest von A1 bis B1 zu skalieren; kurz- und Adressaten: lokale Integrationsnetzwerke, Träger der freien Wohlfahrt, Träger der Grundsicherung Adressat: Einbringen durch Integrationskursträger Die Methodik des Unterrichts ist nicht immer auf die Zielgruppe ausgerichtet. Der vorgegebene Spielraum der Konzeption mit all seinen methodischen Möglichkeiten muss von den Kursleitern besser genutzt werden. Dies ist beim Controlling und der Qualitätssicherung zu beachten; kurz- und Adressaten: BAMF, Integrationskursträger Es gibt Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die mit 600 Stunden den B1-Sprachtest nicht schaffen, aber die Möglichkeit von weiteren 300 Stunden nicht nutzen. Benennung von verbindlichen Ansprechpartnerinnen und -partnern für die Gruppe der Zugewanderten bei der ARGE, die in den jeweiligen Netzwerken mitwirken; Der Informationsfluss in Bezug auf den Sprachkurs wäre so gegeben und es könnten Eingliederungsvereinbarungen individueller kooperativ abgeschlossen werden; kurz- und Adressat: ARGEn 15

Weiterführende Sprachkurse Nicht überall besteht ein reger Austausch der Sprachkursträger, Träger der freien Wohlfahrt und der Migrationsdienste darüber, welche sprachlichen Angebote und Projekte vorgesehen, bzw. vorhanden sind. Das ESF-BAMF-Programm Berufsbezogene Sprachförderung eröffnet arbeitsuchenden, arbeitslosen und erwerbsfähigen Hilfebedürftigen mit Migrationshintergrund und Defiziten in der deutschen Sprache die Möglichkeit, durch sprachliche und fachliche Qualifizierung besser auf den Arbeitsmarkt vorbereitet zu sein. Das ESF-Bundesprogramm zur arbeitsmarktlichen Unterstützung für Bleibeberechtigte und Flüchtlinge mit Zugang zum Arbeitsmarkt (XENOS) wird in Sachsen- Anhalt in zwei Projektverbünden durchgeführt. Das Bundesprogramm XENOS Arbeitsmarktbezogene Aktivitäten mit Maßnahmen für Toleranz, Demokratie und Vielfalt verbinden wird ebenfalls in Sachsen-Anhalt umgesetzt. Auch für das ESF Bundesprogramm Stärken vor Ort (vormals LOS Lokales Kapital für soziale Zwecke) stehen die Fördergebiete in Sachsen-Anhalt fest. Förderung des Austausches in den lokalen Integrationsnetzwerken; Volle Ausnutzung der kooperativen Möglichkeiten der Netzwerke vor Ort, Austausch mit den Migrationsberatungsstellen, den Sprachkursträgern, Ausländerbehörden, MSO und den ARGEn, um geeignete Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu finden; Nutzung der Möglichkeit, Eingliederungsvereinbarungen mit der ARGE abzuschließen; Netzwerkmitglieder sollten in den Begleitausschüssen sein, um sich für Projekte mit Sprachanteilen für Migranten einzusetzen; kurz- und Adressaten: lokale Integrationsnetzwerke, Koordinierungsstellen kurz- und Adressaten: Projektträger und ARGEn, lokale Integrationsnetzwerke, Kommunen Niedrigschwellige Angebote für Menschen ohne Finanzierungsanspruch Viele Träger der Wohlfahrtspflege, Vereine und Migrantenselbstorganisationen bieten Sprachkurse an. Es werden Finanzierungsmöglichkeiten dafür innerhalb von Projekten und Förderprogrammen gesucht oder sie werden ehrenamtlich durchgeführt. Modellhafte Projekte können vereinzelt über die Integrationsbeauftragte von Sachsen-Anhalt mitfinanziert werden. Diese Finanzierung ist als Anschub zu sehen, eine Regelfinanzierung ist nicht möglich. Innovatives Suchen und Binden von Ressourcen; Schaffen und Koordinieren von bedarfsgerechten Angeboten; Öffnung der Fördermöglichkeiten des Landes und des Bundes für Sprachangebote für Menschen ohne Finanzierungsanspruch; kurz- und Adressaten: lokale Integrationsnetzwerke, Wohlfahrtsverbände, Koordinierungsstellen Adressaten: Land, Bund 16

Handlungsempfehlungen des Dialogforums 2 Hochschule Ausbildung - Arbeitsmarkt Handlungsfeld Bestandsaufnahme Handlungsempfehlung Zeitl. Perspektive/Adressaten Hochschule Interkulturelle Öffnung/interkulturelle Sensibilisierung Obwohl der Anteil ausländischer Studierender an den Hochschulen im Ländervergleich gering ist (8,8 % gegenüber einem Bundesdurchschnitt von 12 %), stellen Hochschulen als international ausgerichtete und interessierte Einrichtungen wichtige Keimzellen für eine interkulturelle Öffnung und Sensibilisierung der Gesellschaft dar. Erarbeitung von Konzepten zur Weiterentwicklung der interkulturellen Öffnung der Hochschulen auf organisatorischer, konzeptioneller und personeller Ebene; Schaffung von Kommunikationsmöglichkeiten zwischen ausländischen und deutschen Studierenden/Bürgern; kurz- bis Adressat: Hochschulen Studienverlauf Daten zu einem Migrationshintergrund von Studierenden werden nicht erfasst. Dennoch ist nicht auszuschließen, dass Studierende mit Migrationshintergrund stärkere und andere Probleme im Studium haben als Deutsche. Grundsätzlich zu unterscheiden ist die Situation ausländischer Studierender, die sich in der Regel nur befristet in Deutschland aufhalten. Sprachdefizite, Orientierungsprobleme im deutschen Studiensystem, Schwierigkeiten mit den Leistungsanforderungen im Studium, finanzielle Probleme, sinkende Studienmotivation aus mglw. enttäuschten Erwartungen sind oft ausschlaggebend für Studienprobleme und ein entsprechendes Abbruchrisiko. Zu beobachten ist, dass sich sowohl ausländische Studierende als auch Studierende mit Migrationshintergrund häufig in gleichartige, gleichsprachige Gemeinschaften zurückziehen, quasi unter sich bleiben, und damit der Eindruck einer mangelnden Identifikation mit Deutschland entsteht. Gründung einer Arbeitsgruppe aus Vertreterinnen und Vertretern aller Hochschulen zur Sicherung eines gleichmäßigen Vorgehens an allen Hochschulen des Landes; Entwicklung eines Monitoringsystems zum Studienverlauf, um zeitnah Studienprobleme erkennen und darauf reagieren zu können; Weiterentwicklung einer regelmäßigen und professionellen Studienberatung und Unterbreitung von Betreuungsangeboten bis in die Fakultäten und Institute. Dieses an alle Studierende zu richtende Angebot nützt selbstverständlich auch und ggf. in besonderem Maße Studierenden mit Migrationshintergund und unterstützt die Einhaltung der Regelstudienzeiten; Einrichtung von Paten- /Partnerschaftsprogrammen zur Integration und Unterstützung bei der Überwindung auftretender Sprachund Kommunikationsprobleme; Entwicklung von materiellen und ideellen Anreizsystemen; Aufbau eines Netzwerks mit externen Partnern in der Begleitung und Beratung Studierender (Studentenwerke, Studierendengemeinden usw.); Adressaten: Kultusministerium, Hochschulen, Studentenwerke 17

Aufenthaltsrecht Internationale Studierende kämpfen häufig mit Problemen, die im Zusammenhang mit ihrer Aufenthaltsgenehmigung, Arbeitserlaubnis und der Anerkennung von außerhalb der aktuellen Hochschule erbrachter Studienleistungen stehen. Es ist zu beobachten, dass Ermessensfragen im Ausländerrecht in den einzelnen Hochschulstandorten unterschiedlich beantwortet werden. Das irritiert Studierende ebenso wie die sie begleitenden Beraterinnen und Berater. Landesinterne Abstimmung zur möglichst einheitlichen Anwendung ausländerrechtlicher Bestimmungen an allen Hochschulstandorten im Dialog zwischen Innen- und Kultusministerium, Ausländerbehörden und Hochschulen; kurzfristig Adressat: Innenministerium Finanzielle Situation der Studierenden Familien ausländischer Studierender bzw. von Studierenden mit Migrationshintergrund können oft wesentlich weniger Beiträge zur Finanzierung des Studiums ihrer Kinder beitragen als deutsche Familien mit der Folge, dass ausländische Studierende häufig ihr Studium durch eine parallele Erwerbstätigkeit finanzieren, was infolge der Doppelbelastung zu Studienzeitverlängerungen und sinkender Studienmotivation führen kann. Vergabe von Stipendien für Studierende mit Migrationshintergrund sowohl für Grund als auch für Aufbaustudien) in drei Förderlinien: - Bestenförderung; - Würdigung sozialen und gesellschaftlichen Engagements; - Unterstützung bei sozialer Bedürftigkeit; mittel- bis langfristig Adressat: Sozialministerium, Kultusministerium Migrations- und Integrationsforschung Forschungsansätze Zu Migration und Integration liegen auf das Land Sachsen-Anhalt bezogen nur wenige Studien (etwa Diplomarbeiten) vor. Die bundesweite Forschung ist für Sachsen-Anhalt nur bedingt anwendbar. Die Forschung in Sachsen-Anhalt zum Themenbereich Migration und Integration sollte ein eigenes und landesspezifisches Profil entwickeln; Dafür könnten folgende Ansätze sorgen: - Aufbereitung der Daten für das Land (Krit. Migrationshintergrund ); - Blick auf die Felder, auf denen Integration stattfindet: Kindertagesstätten, Schulen, Ausbildung, Arbeitsmarkt, Hochschulen; - Analyse von Lebenslagen nach Migrationstypen, Communities und lokalem Umfeld differenziert; - Biografieforschung: transkulturelle (kulturenverbindende) Persönlichkeiten, Dokumentation von Erfolgsgeschichten; kurz- und Adressat: Hochschulen 18

- Fallstudien: Potentiale von migrantischen Communities als Selbstorganisation, für transnationale Kommunikation etc.; Praxisforschung: Die Dialogforen zur Umsetzung des NIP haben in Sachsen-Anhalt eine hohe Erwartung aller beteiligten Akteure an der Umsetzung der Handlungsempfehlungen hervorgerufen. Es bestehen kaum Erkenntnisse, in welchem Umfang vorhandene bundesweite oder landesspezifische Förderprogramme den in den Handlungsempfehlungen dargestellten Bedürfnissen entsprechen. Interkulturelle Öffnung ist für Sachsen-Anhalt von herausgehobener Bedeutung zur Entwicklung einer Willkommenskultur. Empfohlen wird, einen Forschungsschwerpunkt zur Begleitung und Evaluation der Integrationspolitik des Landes zu entwickeln; Insbesondere sollte die Wirksamkeit landesspezifischer Integrationsmaßnahmen bzw. entsprechender Bundesprogramme in Sachsen-Anhalt sowie die Bedeutung und Wirkung ehrenamtlichen Engagements, besonders auch der Migranten selbst, bei deren Umsetzung untersucht werden; Der Prozess der Entwicklung interkultureller Kompetenzen und einer Willkommenskultur in Sachsen-Anhalt, insbesondere in Behörden und Verwaltungen, ist wissenschaftlich zu begleiten und mit Blick auf die erzielten Ergebnisse zu untersuchen; kontinuierlich Adressaten: Hochschulen des Landes Forschungsorganisation Migrations- und Integrationsforschung ist in Sachsen-Anhalt bislang weder als Forschungsschwerpunkt ausgewiesen und scharf profiliert noch in anderen Forschungskontexten intensiv verankert. Ergänzend zu den vorgenannten Empfehlungen wird angeregt, eine gemeinsame Internetplattform der Hochschulen zum Themenbereich Migrationsund Integrationsforschung aufzubauen, die neben laufenden Aktivitäten in Forschung und Lehre eine übersichtliche Darstellung von in diesem Themenkreis erstellen Arbeiten (Forschungsberichte, Studien, Abschlussarbeiten usw.) enthält; Es sollten verstärkt Themen für Abschlussarbeiten (Bachelor- / Masterarbeiten) zur Erforschung des Themenfeldes vergeben werden; Um das Interesse an diesem Forschungsgebiet zu stärken, wird empfohlen, wissenschaftliche Wettbewerbe zu initiieren und durch Vergabe eines entkurz- bis Adressaten: Hochschulen des Landes, Integrationsbeirat 19

sprechenden Forschungspreises Integration die erzielten Ergebnisse öffentlichkeitswirksam zu würdigen; Ausbildung Zu beobachten ist, dass Jugendlichen mit Migrationshintergrund durch mangelnde Sprachsicherheit häufig wesentliche Ausbildungsvoraussetzungen und ggf. die notwendige Motivation fehlen. Es ist zu beobachten, dass sich Jugendliche mit Migrationshintergrund häufiger in Gemeinschaften zurückziehen bzw. dort wiederfinden, die der Herkunftskultur entsprechen. Das verstärkt die Sprach- und Integrationsprobleme. Festzustellen ist, dass Eltern von Jugendlichen mit Migrationshintergrund bisweilen kaum im Berufsfindungsprozess ihrer Kinder wahrnehmbar sind. Ursachen hierfür sind möglicherweise: - Andersartigkeit des deutschen Bildungssystems, seiner Organisation und der Beratungsbzw. Unterstützungsstruktur im Vergleich zu demjenigen der Herkunftsgesellschaft, - damit fehlendes Verständnis des Ausbildungssystems, möglicherweise auch der Bedeutung einer eigenständigen Berufswahl durch die Auszubildenden, - fehlende Sprachkenntnisse. Zu beobachten ist, dass sowohl in der Gesellschaft allgemein als auch bei den ausbildenden Unternehmen im Speziellen das Bewusstsein für die Besonderheiten und ggf. speziellen Schwierigkeiten bei der Ausbildung von Jugendlichen mit Migrationshintergrund die Wahrnehmung der Potentiale und Chancen überlagert. Das führt dazu, dass Jugendliche mit Migrationshintergrund bei im Vergleich mit Deutschen gleichwertigem Schulabschluss dennoch schwerer einen Ausbildungsplatz erlangen können. Profilierung der Förderinstrumente der Berufsausbildung mit Blick auf für Jugendliche mit Migrationshintergrund notwendige oder hilfreiche zusätzlich unterstützende Angebote (erweiterter Sprachunterricht, Einsatz von Mentoren, Tutorien, gezielte Entwicklung/ Unterstützung der Ausbildungsmotivation); Migrationsdienste sollten gezielt bei der Auswahl der Ausbildungsstätten und -formen beteiligt und unterstützend tätig werden; Bewusste Integration in multikulturelle Ausbildungsteams; Berufsberatung und -ausbildung sollte gezielt so gestaltet werden, dass sie in Abstimmung mit den Beratenden bzw. Auszubildenden auch für deren Eltern transparent wird und Verbindungen zum familiären Kontext erlaubt; In der Aufnahmegesellschaft sollte die Erkenntnis geweckt und verankert werden, dass Jugendliche mit Migrationshintergrund trotz der Notwendigkeit einer besonderen Förderung und Begleitung im Ausbildungsprozess einen wesentlichen Gewinn durch ihre interbzw. transkulturelle Kompetenz für Unternehmen und Gesellschaft darstellen; kurz- und Adressaten: Bundesagentur für Arbeit, Wirtschaftsministerium, Träger der Grundsicherung, ausbildende Unternehmen, Kammern, Migrationsdienste 20

Ausbildungszugang für Jugendliche mit Duldungsstatus Mit Artikel 2b Nr. 1 des Arbeitsmigrationssteuerungsgesetzes vom 20.12.2008 (BGBl. I S. 2846) wurde in 63 SGB III folgender Abs. 2a eingefügt in Kraft ab 01.01.2009: (2a) Geduldete Ausländer ( 60a des Aufenthaltsgesetzes), die ihren Wohnsitz im Inland haben, werden während einer betrieblich durchgeführten beruflichen Ausbildung gefördert, wenn sie sich seit mindestens vier Jahren ununterbrochen rechtmäßig, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhalten. Damit wurde der Zugang zum Ausbildungsmarkt für junge Menschen mit Duldungsstatus eröffnet. Im praktischen Vollzug zeigt sich aber, dass bei der Notwendigkeit einer schulischen oder überbetrieblichen Ausbildung diese nicht förderfähig ist mit der Folge des Wegfalls jeglicher Leistungen zum Lebensunterhalt bei Aufnahme einer Ausbildung in den letztgenannten Bereichen. Information der Beteiligten am Ausbildungsprozess: Unternehmen, Beratungsstellen, Migrationsdienste usw. über die Gesetzesänderung im SGB III (ggf. über Medien der IHK und HWK); Initiative des Landes zur Änderung des 63 Abs. 2a SGB III mit dem Ziel, auch die Förderung von schulischen bzw. überbetriebliche Ausbildungen zuzulassen; kurz- bzw. Adressaten: Bundesagentur für Arbeit in Zusammenarbeit mit Kammern, Innenministerium Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse In Deutschland besteht kein genereller Rechtsanspruch auf die Durchführung eines Anerkennungsverfahrens ausländischer Qualifikationen. Die Anerkennung der Bildungsabschlüsse von Migrantinnen und Migranten und die Zuordnung zum in Deutschland üblichen Bildungs- bzw. Ausbildungssystems ist nach wie vor schwierig und unübersichtlich, aus Sicht der Betroffenen intransparent, willkürlich und damit unbefriedigend. Empfohlen wird, analog der EU- Berufsqualifikationsrichtlinie 2005/36/EG sowohl für den Bereich der reglementierten als auch der nicht reglementierten Berufe einen gesetzlichen Anspruch auf - die Durchführung eines Anerkennungsverfahrens bzw. eines Verfahrens zur Feststellung beruflicher Qualifikationen, - die formale Teilanerkennung bzw. auf eine gutachterliche Stellungnahme oder eine Potentialanalyse, mit der ermittelt wird, welche Ausbildungsinhalte ggf. nachgeholt werden müssen - die Information über entsprechende Maßnahmeangebote zu verankern; Es wird empfohlen, dazu eine Initiative der Landesregierung bei der Bundesregierung zu starten; Adressaten: Landesregierung, Kammern 21

Es wird empfohlen, Angebote für Ergänzungs- und Anpassungsqualifizierungen auf- bzw. auszubauen; Es wird angeregt, Transparenz über die Zuständigkeiten für die Anerkennung von Berufsqualifikationen in Sachsen-Anhalt durch Erstellung einer berufsund ggf. zielgruppenbezogenen Übersicht herzustellen; Förderung von Existenzgründungen Die Gruppe der Migrantinnen und Migranten ist (wie die gesamte Gesellschaft) hinsichtlich des vorhandenen Bildungsniveaus sehr heterogen: Neben Menschen ohne Ausbildung finden sich viele mit hoher, auch akademischer Qualifikation, die allerdings gleichwohl überdurchschnittlich von Arbeitslosigkeit betroffen sind. Damit sind ein großes Potential und eine hohe Bereitschaft für Existenzgründungen sowie eine im Vergleich zu Deutschen offenbar höhere Risikobereitschaft erkennbar. Der Anteil von Migrantinnen und Migranten an Existenzgründungen ist im Vergleich mit dem Anteil Deutscher hoch, der Anteil der Migrantinnen und Migranten an den Beratungssuchenden in diesem Kontext aber überraschend niedrig. Der Anteil von Migrantinnen und Migranten an den Insolvenzen ist wiederum sehr hoch. Offenbar wird vielfach der Schritt in die Selbstständigkeit gegangen, weil der Weg in den regulären Arbeitsmarkt der abhängigen Beschäftigung verschlossen ist. Es wird angeregt, Programmlinien für Migrantinnen und Migranten in den bereits etablierten Existenzgründer-Programmen zu eröffnen und sich dabei an Erfahrungen von anderen Bundesländern zu orientieren (z.b. Lotsendienst in Brandenburg); kurz- und Adressaten: Wirtschaftsministerium, Kammern 22 Interkulturelle Öffnung von Unternehmen Aus Sicht der Betroffenen zeigt sich eine Zurückhaltung der Unternehmen bei der Begründung von Arbeits- und Ausbildungsverhältnissen mit Migrantinnen und Migranten. Offenbar wird Zuwanderung eher als Problem, weniger als Chance wahrgenommen. Sensibilisierung für die Vorteile aus der Beschäftigung von Menschen mit Migrationshintergrund im internationalen Austausch; Unterstützung der Unternehmen bei Einordnung und Bewertung der Bildungs- bzw. Berufsabschlüssse von Menschen mit Migrationshintergund; Entwicklung von Förderprogrammen für Unternehmen zur kurz- und Adressaten: Wirtschaftsministerium, Kammern