Die kognitiven Aspekte des Lesens und der Lesekompetenz

Ähnliche Dokumente
17 Förderung von. Lesekompetenz Expertise

Teil I - Zum Phänomen des Funktionalen Analphabetismus

Gemeinschaftsschule in Baden- Württemberg

EFFEKTE ELABORIERTER FEEDBACKS AUF DAS TEXTVERSTEHEN:

Literalitäts- und Kalkulationsschwäche

Kompetenzorientiert Unterrichten

Förderung von Lesekompetenz als Aufgabe aller Fächer. Forschungsergebnisse und Anregungen für die Praxis

PISA-E 2000: Lesekompetenz im nationalen Vergleich der Bundesländer

Sonderschulen im Kanton Basellandschaft

2.2 Lese- und RechtschreibfÖrderung

Schriftliches Staatsexamen EWS SCHULPÄDAGOGIK

SPRACHSENSIBLER FACHUNTERRICHT

Entwicklung eines hoch inferenten Ratingsystems zur Förderung selbstregulierten Lernens in der Grundschule

Textverstehen von Hauptschülern der fünften Jahrgangsstufe

Margarete Imhof. unter Mitarbeit von Hans-Peter Langfeldt, Siegfried Preiser, Elmar Souvignier und Frank Borsch. Psychologie für Lehramtsstudierende

Überblick. Die Basiskompetenz Leseverständnis Leseprobleme Studierender Vermittlung von Strategie- & Methodenkenntnissen,

Fernstudienkurs Methodik und didaktik des fremdsprachlichen. Deutschunterrichts. kursbegleiter - Auszug

FÖRDERUNG DES LESEVERSTÄNDNISSES MIT METHODEN

Befunde aus dem Projekt EWIKO. Klaus Lingel, Nora Neuenhaus, Cordula Artelt und Wolfgang Schneider

Uwe Wiest. Schulpsychologie. Eine Einführung. Verlag W. Kohlhammer Stuttgart Berlin Köln Mainz

für den Studiengang Psychologie der Technischen Universität Braunschweig

Ratgeber Soziale Phobie

Lehrgang Dipl. Techniker/-in HF, Systemtechnik, pharmazeutische und chemische Technik

Wie heißen die Tiere? Buchstabenhäuser. Förderbereich Lautierverfahren trainieren Laute analysieren Lautgetreue Wörter erlesen

BACHELORSTUDIENGANG BILDUNG AN GRUNDSCHULEN PO 2015 AMTLICHES MITTEILUNGSBLATT 22/2015 Lehrveranstaltungsnachweis/Deutsch

Lesekonzept. Die Welt ist ein schönes Buch, aber es nützt demjenigen wenig, der nicht darin zu lesen weiß. (Carlo Goldoni)

Visualisierung. Rückblick. Scientific Visualization vs. Informationsvisualisierung. Allgemeine Ziele und Anforderungen Prof. Dr.-Ing.

Funktionaler Analphabetismus in Deutschland Definition, Größenordnung, Ursachen

Wissen und seine Rolle im und vor dem Übersetzungsprozess. Arbeit mit Hilfstexten

Führungskräfteentwicklungsprogramms für einen Automobilzuliefererunternehmen mit über 240 Führungskräften.

Franz Wester Individualisierung als Grundbegriff in der Unterrichtsentwicklung - Klärungen

Gesunde Führung in kleinen und mittleren Unternehmen

Lesekompetenz, Leseunterricht und Leseförderung im österreichischen Schulsystem

Lesen, lesen, lesen Lesekompetenz effektiv fördernf

Willkommen zur Mitgliederversammlung. Des Fördervereins der Max-Eyth- Realschule Backnang e.v.


Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit ICF-CY

Formulierung von sprachsensiblen Aufgaben in der Berufsbildung

Dr. des. Steffen Gailberger. Lesen durch Hören. Theorie - Implementierung - Ergebnisse

Exposé. Zur Verständlichkeit der Biowissenschaften als Problem des Wissenstransfers. 1. Promotionsvorhaben. 2. Aktueller Forschungsstand

Erziehungswissenschaften: 35 LP

Die Kraft aus der heterogenen Gruppe schöpfen statt sich daran aufzureiben.

Fragebogen zur Evaluation der Vorlesung und Übungen Computer Grafik, CS231, SS05

Vermarktung von TV-Formaten: Informative und unterhaltende TV-Formate

Multimedia-Systeme E-Learning multimedial

Möglichkeiten der Umsetzung der KMK- Förderstrategie aus pädagogischpsychologischer

Feedback der Veranstaltungsevaluation - WS 2014/15. Softwarepraktikum Enterprise Ressource Planning. Prof. Dr. Stefan Strohmeier, Friedrich Röhrs

Texte verstehen lernen

Visionen brauchen Fahrpläne : Die IGS Kaufungen auf dem Weg zur Teamschule

DETAILS ZU UNSEREN KURSE

Erwachsenenalter (18.7.)

Übergang Sek I Sek II Früherfassung Einführung in die pädagogische Diagnostik

Bereiche K 1 K 2 K 3 K 4 v Lesen 3a Lesen 3b Auswertung Ableitung Anz. zu fördernder Schüler:

ICT und Medien fächerübergreifend und kompetenzorientiert unterrichten

Praxis der Sprachtherapie und Sprachheilpädagogik Band 10

Dossier: Funktionales Übersetzen

Zur Förderung des Verstehens logischer Bilder in mehrsprachigen Lernergruppen

Philosophische Fakultät der Universität Freiburg Departement für Sozialwissenschaften Bereich Gesellschafts-, Kultur- und Religionswissenschaften

03-titel-3 + bold Master of Occus

Zu Begründung A. Allgemeiner Teil I. Anlass und Ziele des Gesetzentwurfs

Methoden für Deutschunterricht und Leseförderung

Die Entwicklung der Lesekompetenz ( reading literacy )

Eine fremde Sprache lernen Wie geht das eigentlich vor sich? Prof. Dr. Elke Grundler, PH Weingarten

Auftakt des Programms Bildung durch Sprache und Schrift (BiSS), 26./ , Berlin

Konzeption einer Optimierung der Reputationsmessung


Das Programme for International Student Assessment (PISA)

5 Entwicklungspsychologie

Kompetenzen, die Absolventen eines Masterlehrganges zur Begabtenförderung erwerben müssen - die ipege-position

Amtliche Mitteilungen der Technischen Universität Dortmund. 19/2014 Seite 90

: Diagnostizieren und Fördern am Beispiel der Lesekompetenz

Landestagung Zukunftsschulen NRW Potenziale entdecken- Diagnostik

K O N ZEPTION A D M I N I S T R A T I O N D I A G N O S E

Heterogenität als Herausforderung inklusiver Unterricht als Antwort

der Psychologie: Allgemeine Psychologie basierend auf Folien und einem Skript von Prof. Dietrich Albert und Prof.

BP S600: Hinweise zum Auftrag Ausgangsdiagnose Mathematik

Mobilität und Demographie Herausforderung für den ÖV VCS-Tagung Öffentlicher Verkehr

STAATLICHES SEMINAR FÜR DIDAKTIK UND LEHRERBILDUNG (Gymnasien) KARLSRUHE

Theorien für den Unterricht

Was verbindet Lehrer und Lerner beim. Fremdsprachenunterricht?

Bildungsstandards für Fremdsprachen (Englisch)

BEGUTACHTUNG DFG-GRK FEBRUAR 2015 UNIVERSITÄT POTSDAM, CAMPUS GOLM

Statistik II: Regressions- und Varianzanalyse

Master Mental Health MMH 5

Lesekonzept für die Hauptschule der Volksschule Volkach

Testungen Version 1.1. Mathematik Standards am Ende der achten Schulstufe/Hd 1/5

Konzeptentwicklung. Lesekonzept. der Hans-Kroch-Schule. Grundschule und Hort der Stadt Leipzig

Herausforderung Diversität: Differenzierung und Individualisierung mit digitalen Medien

Lehrer/-in oder Coach?

Strategie konkret! Damit Ihre Idee nicht auf der Strecke bleibt!

Diagnose und Förderung des Leseverständnisses mit ELFE 1-6 und ELFE-Training

Bachelorstudiengang Primarstufe

Vorstellungsorientierte Textarbeit mit narratiyen Texten im Englischunterricht der Sekundarstufe I (Mittelstufe)

Hinweise zur Anfertigung von wissenschaftlichen Arbeiten

PSYCHOLOGIE (MSc) NEUES GRADUIERTENPROGRAMM BILINGUALES MASTER- PROGRAMM (DT./ENGL.)

LRR an der Peter-Behrens-Schule

Smart Reading schenkt Ihnen Zeit

Christoph Künne. Ebenen. Photoshop-Basiswissen Band 8 Edition DOCMA

Frühe Entwicklung des Leseverständnisses, Erfassungsmöglichkeiten. Grundlegende Annahmen und Diagnostik

Vom Textmodell ins Redaktionssystem: Linguistisch motivierte Standardisierungsmethoden

Transkript:

Germanistik Katharina Krabbe Die kognitiven Aspekte des Lesens und der Lesekompetenz Studienarbeit

1. Einleitung... 2 2. Definition von Lesen und Lesekompetenz... 3 2.1 Lesen... 3 2.2 Lesekompetenz... 4 3. Die fünf Kompetenzstufen im Lesen... 4 3.1 Stufe 1: Oberflächliches Verständnis einfacher Texte... 5 3.2 Stufe 2: Herstellen einfacher Verknüpfungen... 5 3.3 Stufe 3: Integration von Textelementen und Schlussfolgerungen... 5 3.4 Stufe 4: Detailliertes Verständnis komplexer Texte... 6 3.5 Stufe 5: Flexible Nutzung unvertrauter, komplexer Texte... 6 4. kognitive Aspekte des Lesens bzw. der Lesekompetenz... 6 4.1 Vorwissen... 6 4.2 Wissen... 8 4.2.1 Sach- und Weltwissen... 8 4.2.2 Textwissen und Sprachwissen... 8 4.2.3 Strategiewissen... 9 4.3 Wortschatz... 9 4.4 Wissen über Textmerkmale... 10 4.5 Lexikalischer Zugriff... 10 4.6 Lernstrategiewissen... 12 4.7 Lesemotivation... 13 5. Schlussbemerkungen... 15 6. Bibliographie... 16

1. Einleitung Lesekompetenz stellt eine wesentliche Vorraussetzung an der Teilnahme am gesellschaftlichen und kulturellen Leben dar. Da über das Lesen eine Vielzahl von Lebensbereichen erschlossen und darüber hinaus durch den Schriftspracherwerb neben Informationen und Fakten, Wertvorstellungen und kulturelle Inhalte 1 vermittelt werden. Lesefähigkeit ist in unserer Gesellschaft, trotz der sich verändernden Medienlandschaft, immer noch von großer Bedeutung. Eine geringe Lesefähigkeit oder gar Analphabetismus bedeuten einen enormen Chancennachteil, dem in der Schule versucht werden soll entgegenzuwirken. 2 In dieser Seminararbeit möchte ich mich auf die kognitiven Aspekte des Lesens bzw. der Lesekompetenz konzentrieren. Dabei werde ich im zweiten Kapitel versuchen eine Definition von Lesen zu geben und auf die Teilprozesse des Lesens eingehen. Des Weiteren ist im zweiten Kapitel eine Definition von Lesekompetenz zu finden. Das dritten Kapitel sind die fünf Kompetenzstufen des Lesens aufgeführt, in denen man sehr schön die Steigerung der Niveaus und Anforderungen erkennen kann. Im vierten Kapitel geht es um die kognitiven Aspekte des Lesens bzw. der Lesekompetenz. Zu diesen Aspekten zählen: 1. das Vorwissen 2. das Wissen 3. der Wortschatz 4. das Wissen über Textmerkmale 5. der lexikalische Zugriff 6. Lernstrategien und 7. die Lesemotivation. Dabei ist zu bemerken, dass ich keine Ratschläge für die Schule geben, sondern im einzelnen darstellen möchte wie sich diese Aspekte auf das Lesen und dessen Niveau auswirkt. Einen guten Überblick über die kognitiven Aspekte des Lesens bietet das 2004 erschienen Buch Struktur, Entwicklung und Förderung von Lesekompetenz Vertiefte Analysen im Rahmen von PISA 2000 von Ulrich Schiefele, Cordula Artelt, Wolfgang Schneider und Petra Stanat. Es widmet diesem Thema 100 Seiten und wird im Verlauf des Buches immer wieder aufgegriffen. 2008 erschien das Buch Individualisiertes Lesen Leseförderung in heterogenen Lerngruppen Theorie Modell Evaluation von Dieter Wrobel. Eineinhalb Kapitel über 120 Seiten beschäftigen sich mit dem Lesen und der Lesekompetenz. Ein drittes Buch, welches sich unter anderem mit den kognitiven Aspekten beschäftigt wurde 2007 von Cordula Artelt herausgegeben und verfasst und trägt den Titel Förderung von Lesekompetenz Expertise. Sie beschreibt die kognitiven Aspekte und zeigt auf, wie sie im Unterricht gefördert und gefordert werden können. Das Buch Kognitive 1 Artelt, Cordula, Förderung von Lesekompetenz Expertise, Berlin 2007, S. 5. 2 Ebd. 2

Psychologie von John R. Anderson bietet einen hervorragenden Überblick zu den kognitiven Aspekten generell. 2. Definition von Lesen und Lesekompetenz 2.1 Lesen Lesen ist eine aktive Konstruktionsleistung des Individuums bei der die im Text enthaltenen Inhalte aktiv mit dem Vor- und Weltwissen des Rezipienten in Verbindung gesetzt werden. Es ist ein komplizierter und komplexer Prozess, der aus flexiblen und kontextabhängigen Teilprozessen besteht. Diese Teilprozesse finden auf der Wort-, Satz- und Textebene statt. Auf der untersten Ebene, der Wortebene, sind das Erkennen von Buchstaben und Wörtern und die Erfassung von Wortbedeutungen angesiedelt. Bei der mittleren Ebene, der Satzebene, ist die Herstellung semantischer und syntaktischer Relationen zwischen Sätzen vordergründig. Auf der höheren Ebene, der Textebene, muss man die Sätze im Zusammenhang zu Bedeutungseinheiten zusammenfassen und den Aufbau einer kohärenten mentalen Repräsentation der Bedeutung des Textes. 3 Beim Lesen muss man hierarchieniedrige und hierarchiehöhere Prozesse unterscheiden. Zu den hierarchieniedrige Prozesse zählt man den Aufbau einer Textrepräsentation, die geschaffen wurde, aufgrund von Worterkennung, Wortfolgen und semantischen und syntaktischen Relationen von Sätzen und die Bildung lokaler Kohärenzen, die in der Herstellung von semantischen Relationen zwischen Sätzen bzw. Propositionen besteht. 4 Die globale Kohärenzbildung auf der Basis von Makrostrukturen, die Bildung von Superstrukturen und das Erkennen von rhetorischen Strategien 5 zählen zu den hierarchiehöheren Prozessen. Aber man muss bedenken, dass ein Teil dieser Prozesse und Teilfähigkeiten automatisiert sind, andere werden vom Leser bewusst gesteuert d.h., dass sich die Teilfähigkeiten und Prozesse, die für die Lesekompetenz relevant sind, sich hinsichtlich ihrer Veränderbarkeit und damit ihrer Zugänglichkeit für Förderungsmaßnahmen unterscheiden. 6 3 Ebd., S. 11. 4 Ebd. 5 Ebd. 6 Ebd., S. 12. 3