Unterricht als Kernanliegen von QUIMS Unterricht tief greifend entwickeln Kurzreferat von Markus Truniger, Leitung QUIMS QUIMS-Netzwerktagung vom 31. Oktober 2009, Zürich 1. Stellenwert der Unterrichtsentwicklung in den QUIMS-Schulen Unterrichten ist das Kerngeschäft der Schule. Unterrichtentwicklung ist darum auch für QUIMS zentral. In allen QUIMS-Arbeiten fragen wir uns deshalb immer wieder, ob sie zum besseren Unterrichten genauer noch: zum besseren Lehren und Lernen im Schulalltag beitragen. Aktuellster Anlass zu dieser Reflexion ist ein neuer Bericht zum Stand der Umsetzung von QUIMS. Er basiert auf der Auswertung der Kurzberichte über die schuleigenen QUIMS-Projekte, die 50 Schulen die Pionierschulen und die Schulen der 1. Staffel haben auf Ende Jahr 2008 eingegeben haben. Den Bericht werden Sie bald erhalten. Heute kann ich Ihnen einige wichtige Erkenntnisse daraus präsentieren und Ihnen für Ihre Arbeit in QUIMS-Schulen einige Rückmeldungen geben. Ich beschränke ich mich auf Erkenntnisse, die Unterrichtsfragen betreffen. 2. Stand der Unterrichtsentwicklung in QUIMS-Schulen 1. QUIMS verstärkt insgesamt die lokale Schul- und Unterrichtsentwicklung massgeblich. Dies zeigt sich insbesondere in Schulen, die schon länger an QUIMS beteiligt sind, denn Schulentwicklung braucht in der Regel einige Jahre, bis sie nachhaltig wirkt. Beobachtete Phänomene sind etwa: Schulen fokussieren ihre gemeinsame Entwicklungsarbeit vermehrt auf das Kerngeschäft des Lehrens und Lernens. Das Schulprofil verändert sich, nachdem Schulen verbindliche Abmachungen zum Unterricht getroffen haben. Die Kooperation zu Themen des Lehrens und Lernen hat zugenommen. Die Schulen berichten von einem verstärkten Austausch und von einem verbesserten Klima im Kollegium. 2. Die QUIMS-Schulen haben sich am meisten mit ihrer Sprachförderung auseinandergesetzt und haben dazu neue Massnahmen entwickelt. Insbesondere haben viele Schulen die
2 / 6 Leseförderung verstärkt. Hiezu haben sich die Lehrpersonen weitergebildet und sie haben ihr Repertoire dazu erweitert. Sie haben Schülerinnen und Schüler zu mehr Lesen geführt und sie im Leseverstehen auch individuell unterstützt. Ihre Massnahmen zum Lesen haben sie intern überprüft, und sie haben im Schul- und Unterrichtsalltag verankert, was sich bewährt hat. Als weiterer Trend ist an vielen QUIMS-Schulen zu beobachten, dass Lehrpersonen die Kinder gezielt und verstärkt im Wortschatz fördern. Bezüglich des Lesens und des Wortschatzes betreiben viele QUIMS-Schulen demnach eine Unterrichtsentwicklung, wie sie bei QUIMS gewünscht ist. Das ist eine Stärke vieler QUIMS-Schulen. Auch die Fachstelle für Schulbeurteilung hat dies in einigen Schulen bestätigt. Diese Stärke kann und soll so weitergepflegt werden! 3. Die Auswertung der Berichte aus den Schulen zeigt auch auf, wo es in der Unterrichtsentwicklung Lücken gibt und wo Entwicklungsbedarf besteht. Dazu einige Beobachtungen: - Einige Schulen haben zwar verschiedene neue Lese-Aktionen in ihr Programm aufgenommen wie zum Beispiel den Ausbau der Schulbibliothek oder das Durchführen von Lesenächten. Manchmal bleiben diese Aktionen noch punktuell und sind noch zu wenig verbunden mit einer alltäglichen Leseförderung. Sie sind zuwenig verankert in eine Lesekultur, die regelmässig und selbstverständlich den Schulalltag und jeden Unterricht prägt. - Arbeiten zur Schreibförderung sind im Allgemeinen noch wenig weit gediehen. Hier sollten Schulen ihr Unterrichtsrepertoire ebenso systematisch erweitern wie für das Lesen und den Wortschatz. - QUIMS-Schulen bearbeiten das Handlungsfeld der Förderung des Schulerfolgs gesamthaft gesehen noch nicht mit ähnlichem Gewicht wie die Sprachförderung. Die meisten Schulen machen noch einen Bogen um das schwierige Thema der individuellen Lernbeurteilung und des individuellen Förderns. Dieses Thema ist für einen wirksamen Unterricht in heterogenen Klassen jedoch besonders wichtig. 3. Schlussfolgerung: tief greifende Unterrichtsentwicklung Die wichtigste Schlussfolgerung des Berichts ist es, in den nächsten Jahren gemeinsam an der Unterrichtsentwicklung weiter zu arbeiten. Zum Bericht haben wir auch Hearings durchgeführt.
3 / 6 Dort haben Hans-Günther Rolff und Markus Roos, zwei Fachleute, die QUIMS nun seit ein paar Jahren mit kritischem Wohlwollen begleiten, mit Nachdruck darauf hingewiesen, die aktuelle Aufgabe der Schulentwicklung im Allgemeinen und von QUIMS im Speziellen sei es, zu einer tiefer greifenden Unterrichtsentwicklung zu gelangen. Unterrichtsentwicklung müsse mehr bedeuten als das Kennenlernen von einzelnen neuen Methoden, Techniken und Medien. Schulkollegien sollten ihren Unterricht nicht nur punktuell ergänzen und erweitern, sondern in seinem Kern, in seinen grundlegenden Prozessen, in der Tiefe weiter entwickeln. Wie es Professor Reusser in seinem heutige Referat beschrieb, umfasst tief greifende Unterrichtentwicklung die Arbeit in den der drei Kernbereichen der Ziel- und Stoffkultur, Lehr- und Lernkultur sowie der Interaktions- und Beziehungskultur 4. Nächste Entwicklungsschritte zu mehr Tiefe Das tönt alles reichlich abstrakt. Ich möchte ein paar Beispiele machen, was in QUIMS-Schulen nächste konkrete Schritte sein könnten, um den Unterricht tiefer greifend zu entwickeln: - In einigen Schulen ist ein nächster Schritt, einzelne Massnahmen der Leseförderung systematisch miteinander zu verknüpfen. Damit möchte ich keineswegs einzelne eingeleitete Massnahmen entwerten. Sie sind wertvoll; es sind wichtige Anfänge, auf denen es sich weiter bauen lässt. So kann eine Schule nach einem Bibliotheksausbau die regelmässigen, gut vorbereiteten und verbindlichen Besuche durch die Klassen einführen. Die Stunden freien Lesens können durch ein individuelles Lesecoaching für schwache Lesende, z.b. durch die DaZ-Lehrperson, ergänzt werden. Die Leseförderung und die Lesezeiten können beträchtlich erweitert werden, wenn alle Fachlehrkräfte und die Hortleiterinnen mitwirken, indem auch sie die Kinder im Lesen, im Anwenden von Lesestrategien und im Nutzen der Bibliothek gezielt fördern. - Ein anderer vertiefender Schritt, der in vielen QUIMS-Schulen angesagt ist, besteht darin, in der Sprachförderung die Arbeit mit den verschiednen sprachlichen Teilkompetenzen Hören, Lesen, Sprechen, Schreiben vernetzt zu entwickeln. Wir empfehlen, dass sich Schulen nach einem Schwerpunkt im Lesen einem Schwerpunkt im Schreiben und Vortragen
4 / 6 zuzuwenden und dass sie Arbeiten im Lesen und Schreiben immer mit der Arbeit am Erweitern des Wortschatzes verbinden. Anregungen dazu geben die Schreib- und Lesezentren (abgekürzt SuLZ), die in einzelnen QUIMS-Schulen zu finden sind und die von Fachdidaktikerinnen der PHZH beraten werden. - Vertiefende Unterrichtsentwicklung muss in QUIMS-Schulen auch bedeuten, sich nach oder neben wichtigen Entwicklungen für die Sprachförderung dem allgemeinen Thema des Unterstützens eines erfolgreichen individuellen Lernens zu widmen. Einzelne Schulen zeigen, wie sich die Lehrpersonen mit den vielfältigen Möglichkeiten einer förderlichen Lernbeurteilung auseinandersetzen und so dem Unterricht wichtige neue Impulse geben können. Dazu gehören das lernzielorientierte Beurteilen, das regelmässige Beobachten und Feedbackgeben zum Lernen, die Selbstbeurteilung durch die Schülerinnen und Schüler, das Führen von Portfolios und Standortgespräche mit Kindern und Eltern 5. Welche Formen funktionieren, damit Lehrpersonen-Kollegien ihren Unterricht gemeinsam entwickeln können? Nach der Frage, was Schulen zur Unterrichtsentwicklung tun können, stellt sich die ebenso wichtige Frage des Wie? Wie können Profis mit guter Ausbildung und viel Erfahrung ihre eigenen Haltungen und ihre Kompetenzen in der Unterrichtsgestaltung weiter entwickeln? Mit welchen Formen gemeinsamen Lernens liegen gute Erfahrungen vor? Was sind Formen, die auch zur Zufriedenheit und gar zu Lernvergnügen der Beteiligten führen? Auch dazu möchte ich einige Beispiele vorstellen: - Intervision mit Unterrichtsbeobachtung: Im früheren Projekt Tandem des Schulkreises Zürich-Limmattal haben Lehrpersonen sich in einer gemeinsamen Weiterbildung zunächst über Merkmale von wirksamem Unterricht verständigt und eine entsprechende Liste zusammengestellt. Sie haben sich in das Beobachten und anschliessende Feedbackgeben eingearbeitet. In gegenseitigen Unterrichtsbesuchen haben sie dann das reale Unterrichtshandeln bezüglich einzelner ausgewählter Merkmale beobachtet. Im anschliessenden Gespräch gaben sie sich Feedback und besprachen, was sie wie verbessern könnten. In Gruppen einer
5 / 6 kollegialen Beratung diskutierten sie zudem regelmässig einen ausgewählten aktuellen Fall, ein Anliegen oder eine Fragestellung aus der Runde. Jedes Mal gab es ein Traktandum unter dem Titel Die gute Idee, in dem Gelungenes aus Unterricht und Erziehung vorgestellt wurde. Eine sehr wertvolle (wenn auch teure) Ergänzung war, dass die externen Weiterbildner/innen ebenfalls einzelne Unterrichtsbesuche zu machten und die Lehrpersonen in der Weiterentwicklung ihres Unterrichts zu coachten. Dieses Beispiel ist in der QUIMS- Broschüre Teamteaching (Lehrmittelverlag) gut dokumentiert. - Reflexion über Lernen und Unterrichten in schulinternen Weiterbildungen: In den DaZ- Lehrgängen reflektieren die Teilnehmenden ihre eigenen Sprachlernbiographien. Sie arbeiten auf, welche Wege, Freuden, Ängste, Blockaden und Erfolge sie selbst erlebten beim Lesen- und Schreibenlernen. Ziel ist es, das eigene Lernen und das Lernen der Schulkinder tiefer zu verstehen. Solche Reflexionen eignen sich auch in schulinternen Weiterbildungen, um danach über den eigenen Unterricht zu nachzudenken und sich mit den Kolleginnen und Kollegen darüber auszutauschen, was im Unterricht gelingt und was nicht. Der gemeinsame Austausch über solche Fragen wird oft als erhellend und anregend erlebt. Das ergibt eine gute gemeinsame Basis, um nach Verbesserungsmöglichkeiten zu forschen. Zu solchen Weiterbildungen gehört dann unbedingt auch, neue Ideen in der Praxis zu erproben und Erfahrungen damit später gemeinsam auszuwerten. - Lesegruppe: Es braucht nicht hoch komplizierte Projekte, um Unterricht weiterzuentwickeln. In einer QUIMS-Schule hat sich eine Gruppe zusammengesetzt, um gemeinsam ein Fachbuch zur Leseförderung zu lesen und zu besprechen. Die Gruppe hat gemeinsam diskutiert, welche Ideen für den eigenen Unterricht unmittelbar anwendbar sind und was die ganze Schule in Projekten verfolgen könnte. Daraus sind dann drei Teilprojekte entstanden: Lesen in der Bibliothek, Lesen in Handarbeit und Hauswirtschaft und Lesen im Schülercafé (siehe www.lesefeld.ch). Die Arbeiten dazu sind in Umsetzung. - Philosophische Gespräche im Café Philo : Dies ist eine Idee aus Luzern. Es darf und soll manchmal auch um die Sinnfragen und die tiefer liegenden philosophischen Konzepte gehen. Welchen Stellenwert für ein gelingendes Leben haben Schulleistungen und Schuler-
6 / 6 folg? Was bedeutet Chancengleichheit? Was können die Lehrpersonen in ihrem Unterricht zur Chancengleichheit beitragen? Zu solchen Fragen können Schulen im Kanton Luzern so genannte Café Philo durchführen. Das sind zweistündige Diskussionsveranstaltungen unter kundiger Leitung, die bei Lehrpersonen gute Echos finden. Solche Arbeitsformen kosten Zeit und Geld. Manchmal wird eingewandt, dass es besser wäre, dort zu investieren, wo es direkt den Schulkindern zugute käme, was bei Weiterbildungen und Intervisionen für Lehrpersonen ja nicht der Fall sei. Wir sind jedoch überzeugt, dass es sich längerfristig lohnt, genau hier zu investieren. Deshalb empfehlen wir den QUIMS-Schulen, dafür in ihren Zeit- und Finanzbudgets angemessene Anteile zu reservieren. 6. Schluss: Dranbleiben Wir wissen, dass alle QUIMS-Schulen mit viel Engagement und Kompetenz daran arbeiten, ihren Schülerinnen und Schülern eine gute Bildung zu vermitteln. Wir wissen, dass die QUIMS- Pionierschulen und die Schulen der 1. Staffel die Zwischenziele gut erreicht haben. Dafür möchte ich all den Beteiligten im Namen der Bildungsdirektion einen grossen Dank aussprechen. Den Schulen der 2. und 3. Staffel, die noch in der Einführung oder ganz am Anfang ihrer eigenen Projekte stehen, wünsche ich ein gutes Vorankommen und auch baldige erste Erfolge mit ihren QUIMS-Arbeiten. Doch wissen wir hier alle auch, dass der Handlungsbedarf in QUIMS-Schulen weiterhin hoch bleibt. Es braucht weiterhin grosse Anstrengungen in den Schulen und auch von Seiten des Kantons, um Schritt für Schritt Verbesserungen im Lern- und Schulerfolg der Kinder und Jugendlichen zu erreichen. Trotz positiver Zwischenbilanz ist heute keineswegs der Moment, zu entwarnen und QUIMS-Arbeiten zurückzufahren. Das Motto für die nächsten Jahre heisst: Dranbleiben. Heute und in den nächsten Jahren laden wir besonders dazu ein, den Unterricht tief greifend zu entwickeln, damit er möglichst viele Kinder und Jugendliche zu gutem Lernen führt.