Übernahmekommission gem. Übernahmegesetz 1998

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Transkript:

Übernahmekommission gem. Übernahmegesetz 1998 p.a. Wiener Börse AG 1014 Wien, Postfach 192 Tel. (43) 1 532 2830 613 Fax (43) 1 532 2830 650 Email: uebkom@wienerborse.at http://www.takeover.at GZ 2004/3/11-241 Bescheid Der 3. Senat der Übernahmekommission hat am 12. November 2004 unter dem Vorsitz von Univ.- Prof. Dr. Peter Doralt im Beisein der Mitglieder Senatspräsidentin Dr. Birgit Langer (Mitglied gemäß 28 Abs 2 Z 2 ÜbG), Dr. Wolfgang Houska (Mitglied gemäß 28 Abs 2 Z 3 ÜbG) und Dr. Sieglinde Gahleitner (Mitglied gem. 28 Abs 2 Z 4 ÜbG) über den Antrag der Siemens Aktiengesellschaft Österreich, 1210 Wien, Siemensstraße 92, eingetragen im Firmenbuch unter FN 60562m, vertreten durch Dr. Peter Feyl, LL.M., Schönherr Rechtsanwälte OEG, Tuchlauben 17, 1010 Wien, die Übernahmekommission möge gemäß 21 Abs 4 ÜbG die Sperrfrist derart verkürzen, dass diese Sperrfrist ab sofort endet, wie folgt entschieden: Spruch 1 Dem Antrag der Siemens AG Österreich wird stattgegeben. Die nach 21 ÜbG seit 9. September 2004 laufende Sperrfrist betreffend die VA Technologie AG mit Sitz in Linz, eingetragen im Firmenbuch unter 67032b, wird nach 21 Abs 4 ÜbG aufgehoben. Die Frist endet am 12. November 2004. 2 Gemäß 6.3. ivm 7.4. der Gebührenordnung der Wiener Börse AG für das Verfahren vor der Übernahmekommission und 28 Abs 3 ivm 21 Abs 4 ÜbG hat die Siemens AG Österreich eine Gebühr von insgesamt EUR 21.400,-- zu entrichten. Die Gebühr ist innerhalb von zehn Bankarbeitstagen ab dieser Vorschreibung auf das Konto der Wiener Börse AG bei der Erste Bank der österreichischen Sparkassen AG, BLZ 20111, mit der Nummer 012-20993 zu entrichten. 1

Begründung 1. Antrag und Vorbringen der Antragstellerin Mit Schriftsatz vom 8. November 2004 (eingelangt um 18:30 Uhr) stellte die Siemens AG Österreich (Antragstellerin), vertreten durch RA Dr. Peter Feyl, LL.M., den Antrag, die Sperrfrist gemäß 21 Abs 4 ÜbG derart zu ve rkürzen, dass diese Sperrfrist ab sofort endet. Nach Ansicht der Antragstellerin liegt eine Verkürzung der Sperrfrist im Interesse der Aktionäre der Zielgesellschaft, da die Abweisung des Antrages zu massiven Kursverlusten führen würde. Der Preis von 55 pro Aktie liege klar im Interesse der Aktionäre der Zielgesellschaft; es käme überdies zu einer Gleichbehandlung aller Beteiligungspapierinhaber, da auch für den Erwerb des Paketes von rund 16% kein höherer Preis bezahlt worden sei. Zudem liege der gebotene Preis deutlich über den nach den Handelsvolumina gewichteten Durchschnittskursen der letzten 6, 12 und 24 Monate. Schließlich würde sich die Antragstellerin an der geplanten Kapitalerhöhung beteiligen, sofern diese durchgeführt werde. Zu den Interessen der Zielgesellschaft führte die Antragstellerin aus, dass nur die rasche Durchführung des Übernahmeangebotes geeignet sei, einen unerwünschten Schwebezustand und damit wirtschaftliche Nachteile für die Zielgesellschaft zu vermeiden. Dies entspräche dem in 3 Z 5 ÜbG verankerten Beschleunigungsgrundsatz. Zudem habe die Antragstellerin bislang kein Übernahmeangebot unterbreitet; die bloße Erklärung habe die Zielgesellschaft nicht in Ihrer Geschäftstätigkeit belastet. Schließlich führt die Antragstellerin aus, dass die Siemens AG Österreich alle Anforderungen der Zielgesellschaft, aber auch der Politik an den gewünschten österreichischen Kernaktionär erfülle. 2. Erklärung der Zielgesellschaft Mittels Pressemitteilung vom 9. November 2004, ca. 14:00 Uhr, gab der Vorstand der VA Technologie AG bekannt, dass er die Übernahmekommission um rasche Aufhebung der Sperrfrist ersuche: Nach dem Einstieg von Siemens Österreich [ ] und der Ankündigung der Übernahmeabsicht sind die Pläne für die eigenständige, strategische Weiterentwicklung des VA TECH Konzerns nicht mehr umsetzbar. Damit besteht auch die Gefahr, einer Schädigung der Beziehung zu Kunden und Kooperationspartnern. Der VA TECH-Vorstand ersucht daher die Übernahmekommission, im Interesse des Konzerns und seiner MitarbeiterInnen die sofortige Aufhebung der Sperrfrist für Siemens zu veranlassen. Eine Verzögerung des Übernahmeprozesses würde dem Unternehmen und seinen MitarbeiterInnnen irreversiblen Schaden zufügen. Weiters gab der Vorstand der VA Technologie AG in der genannten Aussendung bekannt, dass bei einer unmittelbaren Aufhebung der Sperrfrist durch die Übernahmekommission und Legung eines Übernahmeangebotes durch Siemens die geplante Kapitalerhöhung nicht mehr gangbar sei. Diese Haltung der Zielgesellschaft wurde in einem kurz nach Abgabe der Presseerklärung geführten Telefongespräch des Generaldirektors der VA Technologie AG, Herrn Mag. Sernetz, mit dem Senatsvorsitzenden bestätigt. Die Übernahmekommission räumte der Zielgesellschaft nach 21 Abs 4 ÜbG Gelegenheit zur Stellungnahme ein, wovon diese im Rahmen einer Sitzung des Senates am 9. sowie in der Anhörung vom 11./12. November 2004 Gebrauch machte. Der Vorstand der Zielgesellschaft bekräftigte, dass eine rasche Aufhebung der Sperrfrist gefolgt von der Unterbreitung des Angebots erforderlich sei, um Schaden von der Zielgesellschaft abzuwenden. Zur Sicherung der ausreichenden Eigenkapitalbasis wurde jedoch eine verbindliche Erklärung des Bieters gefordert, dass Siemens bei Scheitern der Übernahme - aus welchen Gründen auch immer - die dann erforderliche Kapitalerhöhung in den Organen Zielgesellschaft mitbeschließen und im Ausmaß der bisherigen Beteiligung zeichnen werde. Zudem befürworteten die Vertreter der Zielgesellschaft die Vorlage einer zusammenfassenden Bestätigung der Bieterin über die Einhaltung der bishe- 2

rigen Ankündigungen der Siemens AG Österreich, insbesondere zu den Auswirkungen auf die Interessen der Zielgesellschaft. Mittels Schriftsatz vom 11. November 2004 präzisierte und ergänzte die Zielgesellschaft ihr Vorbringen und erklärte, dass eine Verkürzung der Sperrfrist nur unter folgenden Voraussetzungen befürwortet werden könne: Vorlage einer Erklärung über die zukünftige Unternehmenspolitik, Zeichnung einer Kapitalerhöhung für den Fall des Scheiterns der Übernahme sowie die kurzfristige Legung des Übernahmeangebotes. Im Zusammenhang mit der gewünschten Finanzierungszusage gab die Zielgesellschaft weiters bekannt, dass die Durchführung einer Kapitalerhöhung angesichts der Bekanntgabe der Angebotsabsicht durch Siemens nicht mehr zielführend sei, weshalb die verbindliche Finanzierungszusage eingefordert werde. Im Zuge der Anhörung vom 11./12. November 2004 stellte die Zielgesellschaft klar, dass ihr eine verbindliche Erklärung seitens der Siemens AG Österreich zur Mitwirkung bei der Kapitalerhöhung im Falle des Scheiterns der Übernahme genüge und die im Schriftsatz vom 11.11.2004 geforderte Übernahme der Finanzierungsverantwortung nur in diesem Sinne zu verstehen sei. Weiters kam es am 9. sowie vom 11. auf den 12. November 2004 auch zu Anhörungen von Vertretern der Antragstellerin sowie von Vertretern des zweitgrößten Beteiligungspapierinhabers der VA Technologie AG, der Österreichischen Industrieholding AG. 2. Auf dieser Grundlage hat der 3. Senat folgenden ermittelt. Sachverhalt Die VA Technologie AG ist eine in Wien börsennotierte Aktiengesellschaft mit Sitz in Linz, eingetragen im Firmenbuch unter FN 67032b. Ihr Grundkapital beträgt EUR 111.369.420,80 Euro und ist in 15.319.040 Stück Aktien zerlegt. Am 9. September 2004 gab die Siemens AG Österreich nach vorangegangenen Gerüchten und Spekulationen über eine mögliche Übernahme der VA Technologie AG folgenden Text als Pressemitteilung bekannt: Die Siemens AG Österreich hat zu keiner Zeit eine feindliche Übernahme der VA Technologie Aktiengesellschaft geplant. Da für eine freundliche Übernahme keine positiven Rahmenbedingungen gegeben sind, ist das Thema der Übernahme für die Siemens AG Österreich erledigt. Anfang Oktober 2004 tauchten erneut Gerüchte und Spekulationen auf, wonach der Siemens Konzern an einer Übernahme der VA Technologie interessiert sei. In diesem Zusammenhang wurde insbesondere die Möglichkeit angesprochen, dass Siemens bei einem Übernahmeversuch seitens General Electric Company oder durch die Gruppe um Herrn Dr. Kovats als weißer Ritter ein Konkurrenzangebot legen könnte (vgl zb Kurier, 7. Oktober 2004, Seite 17 Siemens: Vom Feind zum weißen Ritter?, APA- Meldung vom 6. Oktober 2004, Erneut Spekulationen um Siemens -Engagement - Spekulationen: Statt Aggressor nun weißer Ritter bei weiterem Übernahmeversuch ). In diesem Zusammenhang wurde in den Medien die Frage aufgeworfen, ob Siemens nun der Sperrfrist gemäß 21 ÜbG unterliege oder nicht (vgl zb Wirtschaftsblatt Online, 7.10.2004; http://www.wirtschaftsblatt.at). Am 11. Oktober 2004 veröffentlichte die Übernahmekommission zur Klarstellung eine Pressemitteilung, in der unter Punkt 2, letzter Satz, unter Bezugnahme auf die oben angeführte Aussendung der Siemens AG Österreich vom 9. September 2004 zur Frage der Sperrfrist Folgendes festgehalten wird: 3

Vorläufig geht die Übernahmekommission davon aus, dass aufgrund dieser Aussage von Siemens die einjährige Sperrfrist für Siemens mit 9. September 2004 begonnen hat. In der Hauptversammlung der VA Technologie AG am 21. September 2004 wurde der Vorstand dazu ermächtigt, eine Erhöhung des Grundkapitals durchzuführen ( genehmigtes Kapital ). Dadurch sollte die als zu niedrig angesehene Eigenkapitalquote der VA Technologie AG (rund 12% bis 13%) angehoben werden. Durch die Ausgabe von bis zu 3,83 Millionen jungen Aktien wurde damit ein Erlös für die Gesellschaft von etwa 200 Millionen angestrebt. Anfang Oktober 2004 wurden seitens des Vorstands der VA Technologie AG diese Pläne hinsichtlich einer Kapitalerhöhung konkretisiert, als Durchführungsbeginn wurde die zweite Novemberhälfte ins Auge gefasst. Die erforderliche Beschlussfassung des Aufsichtsrates war für 11. November 2004 angesetzt. Am 7. November gaben die Victory Industriebeteilung AG und die Siemens AG Österreich bekannt, dass Siemens Österreich ein Aktienpaket an der VA Technologie im Ausmaß von rund 16% erworben habe. Am 8. November 2004 bestätigte die Siemens AG Österreich mittels einer öffentlichen Bekanntmachung, durch Kaufvertrag über 100% der Aktien der VICTORY Industriebeteiligung AG mittelbar einen Anteil an den Stimmrechten der VA Technologie AG von rund 16% erworben zu haben. Weiters wurde die Absicht bekannt gegeben, ein freiwilliges Übernahmeangebot gemäß 22 Abs 11 ÜbG zum Erwerb aller Anteile an der VA Technologie AG zu stellen. Der Preis wurde mit 55,-- pro Aktie beziffert. Schließlich wurde bekannt gegeben, dass kurzfristig ein Antrag nach 21 ÜbG auf Verkürzung der Sperrfrist bei der Übernahmekommission eingereicht werde. Der Kurs der Aktien der VA Technologie AG (deren Handel am Vormittag des 8.11.2004 ausgesetzt worden war) stieg nach Wiederaufnahme des Handels am 8. November 2004 am Nachmittag auf knapp über 55,-- und erhöhte sich in der Folge bis zum 11. November 2004 auf über 58, --, somit um mehr als 3,-- über dem angekündigten Angebotspreis. Am 11. November 2004 gab die Antragstellerin bekannt, dass das Closing betreffend den mittelbaren Erwerb des Paketes von rund 16% der Aktien an der VA Technologie AG durch die Siemens AG Österreich im Wege des Erwerbs der VICTORY Industriebeteiligung AG-Aktien stattgefunden habe. Eine Gebühr oder ein Gebührenvorschuss wurde von der Antragstellerin nicht entrichtet. 3. Rechtliche Beurteilung 1 Antrag auf Fristverkürzung 21 ÜbG regelt mehrere Fälle, in denen die so genannten Sperrfrist einsetzt. Hiernach ist es dem Bieter für die Dauer von einem Jahr untersagt, ein Angebot zu stellen oder Umstände herbeizuführen, die zur Stellung eines Angebots ve rpflichten. Diese Sperrfrist ist im Kern Ausdruck des so genannten Beschleunigungsgrundsatzes und Behinderungsverbotes nach 3 Z 5 ÜbG. Demnach ist zum einen das Übernahmeverfahren rasch durchzuführen, zum anderen darf die Zielgesellschaft in ihrer Geschäftstätigkeit nicht über einen unangemessenen Zeitraum hinaus behindert werden. Dieser zweite Aspekt steht im Zusammenhang mit Fragen der Sperrfrist im Vordergrund; davon sind sowohl Behinderungen durch tatsächliche Übernahmeverfahren, als auch durch darauf gerichtete Erklärungen erfasst. Gemäß 21 Abs 3 ÜbG ist die Stellung eines Angebotes für die Dauer eines Jahres untersagt, wenn der Bieter öffentlich erklärt hat, dass ein Angebot nicht abgegeben werde oder die Herbeiführung von Tatsachen, die zur Stellung eines Angebotes verpflichten würden, nicht erwogen werde. Die Antragstellerin hat eine Erklärung in diesem Sinne abgegeben. Durch die Erklärung vom 9. September 2004 wurde daher ein Sachverhalt verwirklicht, der ex lege zum Beginn der Sperre für ein Jahr geführt hat. Die Antragstellerin und die mit ihr gemeinsam vorgehenden Rechtsträger sind daher isv 21 Abs 3 ÜbG seit 9. September 2004 von der Stellung eines Angebotes gesperrt. 21 Abs 4 ÜbG sieht die Möglichkeit zur Verkürzung dieser Sperrfrist auf Antrag des Bieters vor. Die Übernahmekommission hat die beantragte Verkürzung vorzunehmen, wenn dies die Interessen der 4

Zielgesellschaft und der Inhaber von Beteiligungspapieren der Zielgesellschaft nicht verletzt. Nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage kommt dem in 3 Z 5 ÜbG verankerten Beschleunigungsgrundsatz bzw Behinderungsverbot im Rahmen der anzustellenden Interessenabwägung wesentliche Bedeutung zu, es sind allerdings auch die übrigen, in 3 ÜbG genannten Prinzipien zu berücksichtigen. In den bisherigen Entscheidungen der Übernahmekommission zur Verkürzung der Sperrfrist (vgl GZ 2001/2/2-18 und GZ 2002/1/7-22) stand die Frage, ob die Zielgesellschaft in ihrer Geschäftstätigkeit über einen unangemessenen Zeitraum hinaus behindert wird, im Vordergrund. Es wurden zudem aber auch Aspekte wie die Gleichbehandlung aller Beteiligungspapierinhaber der Zielgesellschaft (vgl hiezu insb die Entscheidung GZ 2002/1/7-22, Seite 4) und die Attraktivität des gebotenen Preises in die Überlegungen miteinbezogen. Die Vertreter der Zielgesellschaft plädierten in den Anhörungen und in der schriftlichen Eingabe vom 11. November 2004 selbst für eine rasche Aufhebung der Sperrfrist, sofern folgende Voraussetzungen erfüllt seien: Vorlage einer Erklärung über die zukünftige Unternehmenspolitik, Vorlage einer Erklärung zur Unterstützung und Zeichnung einer Kapitalerhöhung für den Fall des Scheiterns der Übernahme sowie die Legung des Übernahmeangebotes binnen kurzer Frist. Die Antragstellerin legte in der Anhörung vom 11. auf den 12. November 2004 sowohl eine Erklärung über die künftige Geschäftspolitik als Aktionär der VA Technologie AG ( Siemens und VA Tech der österreichische Weg ) als auch eine Verpflichtungserklärung bezüglich der Zustimmung zu einer möglichen Kapitalerhöhung vor: Für den Fall, dass unser entsprechend der Bekanntmachung vom 8.11.2004 gestelltes öffentliches Übernahmeangebot ( 22 Abs. 11 ÜbG) scheitern sollte oder wir trotz Aufhebung der Sperrfrist praktisch gesehen völlig unwahrscheinlich kein Angebot stellen sollten und in weiterer Folge für die jetzt geplante Kapitalerhöhung dann eine gleichartige an deren Stelle treten sollte, we r- den wir auch dieser Kapitalerhöhung zustimmen und in Hinsicht auf unsere eigenen Bezugsrechte zeichnen. Diese Zusicherung gilt bis zum 30.9.2005, bis zu welchem Termin die Kapitalerhöhung beschlossen und zur Eintragung im Firmenbuch angemeldet sein muss. Des Weiteren hat die Antragstellerin zugesichert, das Übernahmeverfahren möglichst rasch abwickeln zu wollen; insbesondere soll der Übernahmekommission am 15. November 2004 ein Entwurf des Angebots vorgelegt und am 18. November 2004 das vollständige Angebot angezeigt werden. Aus der Sicht des erkennenden Senats sind die Interessen der Zielgesellschaft infolge der beiden Erklärungen der Bieterin in der gegebenen Situation so gut als möglich geschützt. Das bestätigten auch die Erklärungen der Zielgesellschaft vom 9. und 11. November 2004. Denn nach Auffassung des Vorstandes der Zielgesellschaft ist einerseits die von ihm bis dahin verfolgte Absicht der eigenständigen Weiterentwicklung der Zielgesellschaft nach dem Erwerb des 16 % Anteils durch Siemens und nach Bekanntgabe der Übernahmeabsicht von Siemens nicht mehr umsetzbar. Die von der Zielgesellschaft dargestellte Zwangssituation sei eben bereits durch den erfolgten Paketerwerb sowie die Ankündigung der Siemens AG Österreich und die daraus resultierenden Reaktionen am Markt und bei den Mitarbeitern ausgelöst worden. Die Aufrechterhaltung der Übernahmesperre würde nach Auffassung der Zielgesellschaft daran nichts Wesentliches ändern, sondern nur den schädlichen Schwebezustand aufrechterhalten. Die nunmehr beiderseits angestrebte Aufhebung der Sperrfrist würde die rasche Durchführung der Übernahme ermöglichen. Im Falle der Aufhebung der Sperrfrist wird der Schwebezustand möglichst kurz halten. Auch der Senat konnte annehmen, dass die Interessen der Zielgesellschaft als solcher (und ihrer Stakeholder) durch die Verkürzung der Sperrfrist nicht verletzt werden. Die Interessen der Zielgesellschaft und ihrer Stakeholder werden durch die Abgabe der Erklärung über die zukünftige Unternehmenspolitik und die in eventu gegebene Kapitalerhöhungszusage durch die Siemens AG Österreich verbunden mit der zügigen Durchführung des Übernahmeverfahrens besser geschützt als durch die bloße Aufrechterhaltung der Sperre: Denn die Stellung von Siemens als neuer Kernaktionär, die wenigstens grundsätzlich bestehende Privatisierungsabsicht der ÖIAG und die spätestens im September 2005 ohnehin ablaufende Sperrfrist lassen früher oder später die Beherrschung durch Siemens als fast sicher erscheinen. Die Aufrechterhaltung der Sperre wäre also möglicherweise wert ezerstörend, ohne 5

im Ergebnis die Unabhängigkeit der Zielgesellschaft und die Interessen ihrer Aktionäre und Stakeholder besser sichern zu können. Ebenso wenig vermag der Senat eine Gefährdung von Interessen der Beteiligungspapierinhaber zu erkennen: Es sind keine Nachteile aus einer allfälligen Ungleichbehandlung von einzelnen Aktionären oder Aktionärsgruppen zu erwarten. Eine Fristverkürzung nach 21 Abs 4 ÜbG wird - wie bereits in der Entscheidung GZ 2002/1/7-22 festgestellt - idr nur dort im Interesse der Beteiligungspapierinhaber gelegen sein, wo die volle Gleichbehandlung aller Beteiligungspapierinhaber isv 3 Z 1 ÜbG sichergestellt ist. Die Bieterin wird allen Aktionären einen einheitlichen Übernahmepreis anbieten und hat volle Gleichbehandlung aller Beteiligungspapierinhaber zugesagt. Nach den vorliegenden Angaben wurde für den mittelbaren Erwerb von rund 16% der Aktien an der VA Technologie AG kein höherer Preis pro Aktie bezahlt als der nun angekündigte Angebotspreis von 55,--. Eine Überprüfung der Einhaltung der Mindestpreisvorschriften und der vollen Gleichbehandlung im Sinne von 25 Abs 2 der Satzung der VA Technologie AG (Ausschluss des Abschlags vom Paketpreis in Höhe von maximal 15% ), wird im Rahmen des Angebotsverfahrens insbesondere durch die nach ÜbG zu bestellenden Sachverständigen vorgenommen werden. Der Börsenkurs der VA Technologie AG erreichte am 11. November 2004 mit einem Stand von über 58,-- den Höchststand der vergangenen drei Jahre. Der gebotene Preis in Höhe von 55, -- liegt eindeutig über den Höchstkursen der letzten drei Jahre vor Bekanntgabe dieser Preisindikation und somit auch über dem Schlusskurs des Tages vor Bekanntgabe der Angebotsabsicht am 5. November 2004; dieser Zeitpunkt ist für die Berechnung des durchschnittlichen Börsenkurses der letzten sechs Monate, eine der Preisuntergrenzen nach 26 Abs 1 ÜbG, ausschlaggebend. Der Kursanstieg in den Tagen nach Bekanntgabe der Angebotsabsicht dürfte die Einschätzung von Marktteilnehmern widerspiegeln, wonach eine Nachbesserung des Preises für möglich gehalten wird. Weiters finden sich auch Gerüchte und Spekulationen über die Möglichkeit eines konkurrierenden Angebotes, dessen tatsächliche Stellung zu einer Versteigerungssituation zum Vorteil der Beteiligungspapierinhaber führen könnte. Die in diesen Kursen enthaltenen Preiserwartungen setzen aber die Aufhebung der Sperre voraus. Aus diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden. Die Sperrfrist wird mit Wirksamkeit zum 12. November 2004 aufgehoben. 2. Gebührenvorschreibung Nach 6.3. ivm 7.4 der Gebührenordnung der Wiener Börse AG für das Verfahren vor der Übernahmekommission ist für die Prüfung eines Antrages auf Verkürzung der Sperrfrist gemäß 21 ÜbG vom Bieter eine Gebühr von 21.400,-- zu entrichten. Bieter im Sinne dieser Bestimmung ist die Antragstellerin Siemens AG Österreich. Ein diesbezüglicher Antrag der Siemens AG Österreich ist am 8. November 2004 in der Übernahmekommission eingelangt. Die Antragstellerin hat daher nach 6.3. für diese Erledigung eine Gebühr in der Höhe von 21.400, -- auf das Konto der Wiener Börse AG bei der Erste Bank der österreichischen Sparkassen AG mit der Nr. 012-20993, BLZ 20111, zu entrichten. 6

Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig. Hinweis Gegen diesen Bescheid ist die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zulässig, wobei diese Beschwerde innerhalb einer Frist von sechs Wochen ab Zustellung des Bescheides erhoben werden muss und durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen ist. Spätestens bei Überreichung der Beschwerde ist eine Gebühr von EUR 180,-- zu entrichten. Wien, den 12 November 2004 Univ. -Prof. Dr. Peter Doralt für den 3. Senat der Übernahmekommission 7