und Regenschirme, die an der Wand hinter ihnen stehen. Der Saum von Pennys kleinem Jeanskleid berührt einen Moment lang das Blut. Rasch reißt er es hoch und reibt panisch an dem Fleck, als ob die rote Flüssigkeit irgendwie ansteckend sein könnte. Ein weiterer krampfhafter Hustenanfall zwingt Brian in die Knie. Er kämpft dagegen an und schluckt mit rauem Hals. Es kommt ihm so vor, als ob er Scherben hinunterwürgen würde, während er das kleine Mädchen noch enger an sich drückt. Er weiß nicht, was er tun oder was er sagen soll. Er will seiner Nichte helfen, will ihr etwas Beruhigendes zuflüstern. Doch er kann kein besänftigendes Wort finden. Ihr Vater würde wissen, was er jetzt sagen müsste. Philip würde es wissen. Er weiß immer, was er sagen muss. Philip Blake ist
ein Mann, der stets genau das sagt, was allen anderen auch gerne eingefallen wäre. Er spricht das aus, was ausgesprochen werden muss, und tut das, was getan werden muss. So wie jetzt. Jetzt ist er da draußen mit Bobby und Nick und tut das, was getan werden muss Während Brian sich hier wie ein Angsthase zusammenkauert und den Kopf darüber zerbricht, was er seiner Nichte Beruhigendes sagen kann. Angesichts der Tatsache, dass Brian Blake der ältere der beiden Brüder ist, scheint es merkwürdig, dass er stets der Schwächere gewesen ist. Nicht einmal einen Meter siebzig groß samt den Absätzen seiner Stiefel wirkt er wie eine Vogelscheuche von einem Mann, der es nicht einmal schafft, seine besonders enge Jeans und das schlampige Weezer-T-Shirt auszufüllen. Ein mickriger Ziegenbart, Makramee-Armbänder und
dunkle Haare wie Ichabod Crane aus Sleepy Hollow vervollständigen das Bild eines fünfunddreißigjährigen Tagträumers, der in einem Peter-Pan-Zustand stecken geblieben zu sein scheint und jetzt in der nach Mottenkugeln riechenden Abstellkammer auf die Knie sinkt. Brian schnappt nach Luft und blickt zu Penny mit ihren weit aufgerissenen Augen. Ihr stummes, vor Entsetzen verzerrtes Gesicht leuchtet gespenstisch in der dunklen Kammer. Das Kind ist seit eh und je ein kleines, ruhiges Mädchen mit milchig weißer Haut gewesen wie eine Puppe aus Porzellan, die ihrem Gesicht stets etwas Unwirkliches verliehen hat. Seit dem Tod ihrer Mutter ist sie jedoch noch mehr in sich gekehrt und noch blasser geworden, sodass sie beinahe durchsichtig wirkt. Rabenschwarze Locken hängen ihr in die
übergroßen Augen. Während der letzten drei Tage hat sie kaum ein Wort von sich gegeben. Natürlich sind das außergewöhnliche drei Tage gewesen und traumatische Erlebnisse haben auf Kinder einen anderen Effekt als auf Erwachsene. Aber Brian macht sich Sorgen, dass Penny vielleicht in eine Art von Schockzustand verfallen könnte.»wird schon, Kleine«, flüstert er ihr zu und hustet leise. Ohne aufzuschauen gibt sie etwas Unverständliches von sich; es ist wie ein Murmeln.»Was hast du gesagt, Pen?«Brian hält sie eng an sich gedrückt, schaukelt sie sanft hin und her, bemerkt ihre Tränen und wischt sie ihr aus dem Gesicht. Dann sagt sie es erneut, immer und immer wieder. Doch ihre Worte sind nicht an Brian
gerichtet. Es ist eher wie ein Mantra oder ein Gebet. Wie eine Beschwörungsformel»Es wird niemals wieder werden, niemals.still, Kleine.«Er hält ihren Kopf und drückt ihn eng an sein T-Shirt, spürt die feuchte Wärme ihres Gesichts auf seinem Oberkörper. Wieder hält er ihr die Ohren zu, als erneut das BADONG einer Axt auf der anderen Seite der Tür zu ihnen dringt. Es hört sich an wie ein nasser Softball, der auf einen Baseballschläger trifft, gefolgt von einem schauderhaften, feuchten Aufschlag. Merkwürdigerweise findet Brian das am schlimmsten: dieses dumpfe, klatschende Geräusch eines Körpers, der auf die teuren Keramikfliesen trifft. Die Fliesen sind extra für dieses Haus angefertigt worden und haben kunstvolle Einlegearbeiten und aztekische Muster. Das Haus ist wunderschön oder ist es zumindest mal gewesen.