Depression erfassen Besonderheiten bei Kindern und Jugendlichen

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Transkript:

Depression erfassen Besonderheiten bei Kindern und Jugendlichen PZM, 24. Oktober 2013 Dr. med. Stephan Kupferschmid Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie Vorstand Berner Bündnis gegen Depression Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie, Bern Kinder- und Jugendpsychiatrische Klinik, Universität Basel

Überblick Entwicklungspsychopathologie Verschiedene Sichtweisen Screening Evidenzbasierte Therapie

Altersabhängige Symptompräsentation der Depression (nach Mehler-Wex, 2008) Kleinkind Schreien, Unruhe, Weinen Desinteresse, Passivität, Apathie, reduzierte Kreativität und Ausdauer Ein- und Durchschlafstörungen, Essstörungen, Infektanfälligkeit

Altersabhängige Symptompräsentation der Depression (nach Mehler-Wex, 2008) Schulkind Weinen, Trotz, aggressives Verhalten Selbstbericht über Traurigkeit, Lust- und Antriebslosigkeit, Rückzug, Konzentrationsprobleme, Schulversagen, ggf. erste lebensmüde Gedanken Somatische Beschwerden

Altersabhängige Symptompräsentation der Depression (nach Mehler-Wex, 2008) Jugendliche Teilnahmslosigkeit, Verzweiflung, Wut, Verweigerung Verlangsamung von Denken und Handeln, Leistungsprobleme, Angst, Selbstunsicherheit mit Selbstvorwürfen, Zukunftsängste, Suizidalität Morgentief, Früherwachen, psychosomatische Beschwerden

Epidemiologie MDD (Merikangas et al., 2010) sex age tota l severe impairm ent female % male % 13-14 15-16 17-18 % 15.9 7.7 8.4 12.6 15.4 11.7 8.7

Epidemiologie Durchschnittliche Dauer: 17 Monate Recovery rate : 85% (innerhalb von 5-Jahren) Erneutes Auftreten: 40% Birmaher B et al. J Am Acad Child Adolesc Psychiatry, 2004, 63-70.

Ätiologisches Modell (Groen & Petermann, 2012)

Screening DIKJ Depressionsinventar für Kinder und Jugendliche Ich habe an vielen Dingen Freude Ich kann mich an nichts richtig freuen Ich könnte in der letzten Zeit oft weinen Mir ist nur manchmal nach Weinen zumute http://www.kjp.med.uni-muenchen.de/forschung/depression1.php

Evidenzbasierte Therapiemöglichkeiten (Leitlinie: 01.07.2013) Bei leichten Depressionen ohne Komorbidität und nennenswerte Risikofaktoren können aktiv abwartende Massnahmen ausreichend sein. Im Regelfall ist eine ambulante Behandlung anzustreben. Ein Kombination aus Psychotherapie und Pharmakotherapie ist anzustreben. Omega-3-Fettsäuren: Ein RCT, Evidenzgrad 3 Johanniskraut: Keine kontrollierten Studien, Evidenzgrad 4

Therapiestudien Week FLX + CBT FLX CBT PLB 12 73% 62% 48% 35% 18 85% 69% 65% 36 86% 81% 81% Treatment for Adolescents with Depression Study (TADS) Study Team. JAMA. 2004;292:807-820.

FDA - Empfehlung Medikation Fluoxetin Escitalopram Zulassung unter 18 Jahren nicht empfohlen nicht unter 18 Jahren, KI

Zulassung in der Schweiz Medikation Fluoxetin Escitalopram Citalopram Sertralin Fluvoxamin Mirtazapin Venlafaxin Citalopram Paroxetin Zulassung unter 18 Jahren nicht empfohlen nicht unter 18 Jahren, KI unter 18 Jahren nicht empfohlen Bei Zwangsstörung ab 6 Jahren zugelassen Bei Zwangsstörung ab 8 Jahren zugelassen nicht unter 18 Jahren, KI unter 18 keine Wirksamkeit gefunden, KI unter 18 Jahren nicht empfohlen nicht für Kinder und Jugendliche; KI

FDA - negativ Medikation Mirtazapin Venlafaxin Paroxetin Zulassung 2 negative Studien 2 negative Studien 3 negative Studien

Psychopharmakologie Response rate : 61% Bridge JA et al, JAMA 2007; 297:1683-1696 Prognostisch ungünstig: Schwere Depression Suizidalität Komorbidität Familiäre Konflikte Emslie GL et al, Psychiatric Annals 2011; 41: 223-229 Goldstein TR et al, JAACAP 2007;46:820-830 Asarnow JR et al, JAACAP 2009; 48:330-339

Psychopharmakologie Umstellen? 334 Jugendliche ohne Response auf SSRI Zusätzliche CBT brachte Verbesserung Anderes SSRI brachte Verbesserung Brent D et al. JAMA. 2008;299:901-913 Möglicherweise Augmentation mit atypischen Neuroleptika (Plener et al., 2012)

Depression kann jeden treffen auch Jugendliche Depression hat viele Gesichter Depression ist behandelbar