Kapitel 5. Schwache Lösungen und Regularität. 5.1 Operatoren in Divergenzform. Inhaltsangabe

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Transkript:

Kapitel 5 Schwache Lösungen und Regularität Inhaltsangabe 5.1 Operatoren in Divergenzform........... 91 5.2 Schwache Lösbarkeit................. 92 5.3 Schwaches Maximumprinzip............ 106 5.4 Differenzenquotienten................ 109 5.5 Randwerte...................... 111 5.6 Differenzierbarkeit.................. 113 5.7 Globale Regularität................. 116 5.8 Eigenwertaufgaben für elliptische Operatoren. 119 5.1 Operatoren in Divergenzform Zur Erinnerung: ein elliptischer Operator zweiter Ordnung hat die Form Lu = i,j a ij (x)d ij u + i b i (x)d i u + c(x)u. Sind die Funktionen a ij genügend glatt, so gilt D i (a ij D j u) = (D i a ij D j u + a ij D ij u) i,j i,j 91

92 KAPITEL 5. SCHWACHE LÖSUNGEN UND REGULARITÄT und Lu hat die Form Lu = i,j D i (a ij D j u + b i u) + i c i D i u + du. Dabei sind b i, c i andere Funktionen als zuvor. Wir haben also gezeigt: Lemma 5.1.1 Ist L ein elliptischer Operator zweiter Ordnung mit genügend glatten Koeffizientenfunktionen a ij, so kann der Operator in der Form Lu = i,j D i (a ij D j u + b i u) + i c i D i u + du. geschrieben werden. Ebenso kann man bei C 1 Koeffizienten diese Form in die ursprüngliche zurückverwandeln. Definition 5.1.2 Die Form Lu = i,j D i (a ij D j u + b i u) + i c i D i u + du heißt Divergenzform. Definition 5.1.3 Ist L ein Differentialoperator zweiter Ordnung, so nennt man L H u = i,j a ij D i D j u den Hauptteil (oder auch Symbol) von L. Wir haben also gesehen, dass bei ausreichender Glattheit der Koeffizienten ein Operator in Divergenzform geschrieben werden kann, ohne dass man den Hauptteil verändert. 5.2 Schwache Lösbarkeit des Dirichletproblems In diesem Abschnitt sei immer ein beschränktes Gebiet im Ê n.

5.2. SCHWACHE LÖSBARKEIT 93 Definition 5.2.1 Es sei ψ H 1 () und f, g 1,...,g n L 2 (). L sei ein elliptischer Differentialoperator zweiter Ordnung in Divergenzform. Wir sagen u H 1 () ist eine schwache Lösung des Dirichlet Problems Lu = f + i D i g i in (5.1) u = ψ, (5.2) falls für jedes ϕ C0 () gilt ( ( a ij D j u + b i u)d i ϕ + ( i,j i ) c i D i u + du)ϕ dx = ( g i D i ϕ+fϕ)dx und ist. u ψ H 1 0() Bemerkung 5.2.2 Die Formulierung der rechten Seite ist an dieser Stelle noch gewöhnungsbedürftig. Die schwache Formulierung würde normalerweise von rechten Seiten in L 2 () ausgehen. Wir wollen dies noch etwas verallgemeinern, die rechten Seiten dürfen sogar im Dualraum von H 1 () sein, die hier gewählte Schreibweise deutet dies an, wir werden noch darauf hinweisen. In der Physik würde man z.b. die Delta-Funktion als rechte Seite zulassen wollen, obwohl diese nicht in L 2 () ist. Man kann sie aber als Element eines geeigneten Dualraumes auffassen, denn sie beschreibt z.b. die Auswertung von stetigen Funktionen. Lemma 5.2.3 Das Dirichlet Problem mit f, g i L 2 () und ψ H 1 () kann genau dann schwach gelöst werden, wenn es für f, g i L 2 () und ψ = 0 gelöst werden kann. Beweis. Wir betrachten die linke Seite und schreiben w = u ψ oder auch u = w + ψ. Dies ergibt ( ( a ij D j (w + ψ) + ( b i (w + ψ))d i ϕ + c i D i (w + ψ) ) ) + d(w + ψ))ϕ dx. i,j i

94 KAPITEL 5. SCHWACHE LÖSUNGEN UND REGULARITÄT Dies führt auf eine Differentialgleichung gleichen Typs mit der neuen rechten Seite (fϕ g i D i ϕ)dx + τ i D i ϕdx + σϕdx. i Wir haben damit eine neue rechte Seite des Dirichlet Problems konstruiert, welches u + ψ als schwache Lösung besitzt. Um das Dirichlet Problem schwach lösen zu können, brauchen wir den Satz von Lax Milgram 1. Im folgenden bezeichnet X wieder den Dualraum von X, d.h. den Raum aller stetigen Linearformen f : X Ê. Definition 5.2.4 Eine stetige Bilinearform B : X X Ê heißt koerziv, falls es eine positive Konstante µ > 0 gibt, so dass B(x, x) µ x 2 ist. Satz 5.2.5 (Lax-Milgram) Es sei X ein Hilbertraum, B : X X Ê eine Bilinearform. Ist B beschränkt und koerziv, so gibt es zu jedem beschränkten linearen Funktional x X ein y X mit B(x, y) = x (x). Im Beweis brauchen wir den Rieszschen 2 Darstellungssatz. Wir erinnern zunächst kurz daran. Satz 5.2.6 Für jedes stetige lineare Funktional x : X Ê auf einem Hilbertraum X gibt es ein eindeutig bestimmtes Element x 0 X mit x (x) = x, x 0 X. Beweis. Siehe eines der zitierten Werke über Funktionalanalysis. Beweis des Satzes 5.2.5. Aus dem Satz von Riesz folgt die Existenz einer Abbildung T : X X mit B(x, y) = x, Ty X, 1 A. M. Milgram 2 Frédéric Riesz (22.1.1880-28.2.1956) übertrug die Begriffe, die Fredholm und Hilbert im Kontext von Integralgleichungen entwickelt hatten, auf allgemeinere Räume und begründete damit die moderne, abstrakte Funktionalanalysis. Er zeigte im Jahr 1907 die Vollständigkeit des Raumes L 2. Von ihm stammt die Spektraltheorie für beschränkte selbstadjungierte Operatoren (1929). Er zeigte einen Darstellungssatz für lineare Funktionale auf dem Raum der stetigen Funktionen. Schon 1910 hatte er die Dualität der Räume L p und L q mit p 1 + q 1 = 1 erkannt. Auf ihn gehen darüberhinaus Beiträge zur Ergodentheorie, Topologie und Funktionentheorie zurück. i

5.2. SCHWACHE LÖSBARKEIT 95 denn B(, y) ist eine lineare Abbildung X Ê und als solche durch ein Skalarprodukt darstellbar. T ist offenkundig linear und stetig, denn B(x, y) K x y und damit ist wegen Ty K y. Aus K x y B(x, y) = x, Ty X µ x 2 B(x, x) = x, Tx X x Tx. erhalten wir Ty µ y. Also ist T injektiv, die Inverse existiert und ist beschränkt. Insbesondere ist das Bild von T abgeschlossen. Angenommen R(T) X. Dann existiert ein x X mit B(x, y) = x, Ty) X = 0 für alle y X. Insbesondere ist B(x, x) = 0. Also folgt x = 0. Deshalb ist T 1 ein beschränkter linearer Operator auf X. Der Satz folgt nun mit y = T 1 x, wobei x das dem Funktional mit dem Riesz schen Satz zugeordnete Element in X ist. Um den soeben angegebenen Satz anzuwenden, benötigen wir eine Bilinearform auf H0(). 1 Wir setzen ( B L (u, ϕ) = a ij D j u + ) ( ) b i u D i ϕdx c i D i u + du ϕdx i,j i i (5.3) für u H0() 1 und ϕ C0 (). Durch Fortsetzen erhalten wir eine Form auf H0 1() H1 0 (). Für v H1 0 () setzen wir F(v) = ( fv + g i D i v)dx. (5.4) Damit ist u H 1 0() eine Lösung von Lu = F im schwachen Sinn v H 1 0 () gilt B L(u, v) = F(v). F ist eine Linearform. Nach dem Satz von Lax Milgram hat diese Gleichung immer dann eine Lösung, falls B L beschränkt und koerziv und F beschränkt ist. Wir haben: Lemma 5.2.7 1. F ist eine stetige Linearform auf H 1 0 ().

96 KAPITEL 5. SCHWACHE LÖSUNGEN UND REGULARITÄT 2. Ist L stark elliptisch und gibt es Konstanten M, q mit ( b i 2 + c i 2)) + λ 1 d q 2, (5.5) i,j a ij 2 M, λ 2 ( i so ist B L beschränkt auf H0 1 () und es gilt B L (u, u) λ Du 2 dx 2λq 2 2 u 2 dx, (5.6) Beweis. 1. wobei Du = ( i D iu 2 ) 1/2. F(v) i g i L 2 () v 1,2 + f L 2 () v 1,2 C v 1,2. Dabei hängt C nur von der rechten Seite ab. 2. 1.) Stetigkeit von B L : B L (u, v) i,j a ij D j u + i b i u D i v dx + i c i D i u + du v dx a ij D j ud i v + i ij C u 1,2 v 1,2. b i ud i v + i c i D i uv + duv dx 2.) Koerzivität von B L : ( B L (u, u) = a ij D j ud i u + ) (b i c i )(D i u)u du 2 dx i,j i (λ Du 2 ( b i c i ) (D i u)u du 2 )dx i λ 2 Du 2 dx λq 2 u 2 dx,

5.2. SCHWACHE LÖSBARKEIT 97 denn mit der Cauchy-Schwarz schen Ungleichung folgert man du 2 + b i c i ud i u bi c i 2 u Du + d u 2 ( bi + c i ) 2 u Du + du 2 ( bi 2 2 + c i 2 ) u Du + d u 2 1 2λ ( bi λ 2 + c i 2 )( ε 1 2 2 u2 + ε 2 Du 2 ) + d u 2 2λ q 2 d λ (ε 1 2 u2 + ε 2 Du 2 ) + d u 2 2λq ε 2 Du 2 + 2λq ε 1 2 u2 + d u 2 λ 2 Du 2 + (λq 2 + d )u 2 (ε = 1 2q ) λ 2 Du 2 + (λq 2 + λq 2 )u 2 λ 2 Du 2 + 2λq 2 u 2. Definition 5.2.8 Für σ Ê setzen wir L σ u = Lu σu. Korollar 5.2.9 Genügen die Koeffizienten des stark elliptischen Operators L den Voraussetzungen (5.5), so ist die dem Operator L σ zugeordnete Bilinearform B Lσ für alle genügend großen σ Ê koerziv. Insbesondere ist das Dirichlet Problem schwach lösbar. L σ u = f + D i g i u = ψ Um eine allgemeine Lösungstheorie zu erhalten, betrachten wir L σ0 u + Áu = F, F (H 1 0 ()), Á : H 1 0 () (H1 0 ()) für ein so groß, so dass B Lσ0 beschränkt und koerziv ist. Á sei die Abbildung Á : H 1 0 () (H1 0 ()), die durch das L 2 Skalarprodukt definiert ist (siehe

98 KAPITEL 5. SCHWACHE LÖSUNGEN UND REGULARITÄT unten). Dann existiert nach dem Satz von Lax-Milgram Wir erhalten also die Gleichung L 1 : (H 1 0 ()) H 1 0 (). u + L 1 Áu = L 1 F. Wir erinnern an den Begriff der kompakten Abbildung. Definition 5.2.10 Sind X, Y Banachräume, K : X Y sei stetig und linear. Dann heißt K kompakt, wenn für alle beschränkten Mengen U X gilt, dass K(U) Y relativ kompakt ist, d.h. also K(U) ist kompakt. Die Menge der kompakten, linearen Abbildungen bezeichnen wir mit K(X; Y ). Ist eine Einbettungsabbildung kompakt, so nennen wir die Einbettung kompakt Lemma 5.2.11 Sind W, X, Y, Z vier Banachräume, ist K K(X; Y ) und sind L 1 L(W; X), L 2 L(Y ; Z) so sind K L 1 K(W; Y ) und L 2 K K(X; Z). Beweis. Stetige Bilder von beschränkten Mengen sind beschränkt, stetige Bilder von relativ kompakten Mengen sind relativ kompakt, damit folgen beide Aussagen unmittelbar. Definition 5.2.12 Eine Teilmenge V eines metrischen Raumes (X, d) heißt total beschränkt, wenn zu jedem ε > 0 eine endliche Menge N X existiert mit V n N B ε (n). Lemma 5.2.13 In einem vollständigen metrischen Raum ist eine Menge genau dann relativ kompakt, wenn sie total beschränkt ist. Beweis. Die nichttriviale Richtung folgt aus den Eigenschaften der Lebesguezahl. Lemma 5.2.14 Die Einbettung Á : W 1,2 0 () L 2 () ist kompakt.

5.2. SCHWACHE LÖSBARKEIT 99 Beweis. Wir führen den Beweis in mehreren Schritten. Wir zeigen die entsprechende Aussage zuerst für die Einbettung Á 1 : W 1,1 0 () L 1 (). Dazu sei A W 1,1 0 () beschränkt. Sei ε > 0 und U ε = } d(u, A) < ε. { u W 1,1 0 () Setze A ε = U ε C0(; 1 Ê). A ε ist beschränkt in W 1,1 0 () und liegt in C0(; 1 Ê). Für h > 0 und { u A ε betrachte die Regularisierung J h u. Fixiere h > 0 und setze A h = J h u u A ε }. Nach Definition von J h u gilt J h u(x) = z 1 ρ(z)u(x hz) dz sup ρ u L 1 () und (beachte da ρ = 0 für z = 1 ergeben sich bei der partiellen Integration keine Randterme) xi J h u(x) ρ(z) xi u(x hz) dz z 1 = ρ(z)( 1 h ) z i u(x zh) dz z 1 1 zi ρ(z)u(x zh) dz h z 1 1 h sup z i ρ(z) u(x zh) dz Damit ergibt sich z 1 1 1 h h sup n z i ρ(z) u L 1 (). J h u 1 h n+1 sup ρ(z) u L 1 (). Damit ist A h gleichmäßig beschränkt mit gleichmäßiger Schranke für die ersten Ableitungen der Funktionen in A h, also ist A h gleichgradig stetig und in

100 KAPITEL 5. SCHWACHE LÖSUNGEN UND REGULARITÄT C() relativ kompakt. Damit A h auch in L 1 () relativ kompakt: eine Überdeckung mit ρ-kugeln in in L 1 () umfasst eine Überdeckung mit ρ-kugeln in C(). Wegen der relativen Kompaktheit reichen davon endlich viele diese zu überdecken. Zu diesen gibt es dann die endlich vielen entsprechenden ursprünglichen ρ-kugeln in L 1 (). Diese überdecken dann A h, damit ist A h total beschränkt in L 1 () und damit auch relativ kompakt. Dann ist A ε relativ kompakt, denn es ist offensichtlich total beschränkt. Schließlich folgt die relative Kompaktheit von A, wiederum aus der totalen Beschränktheit. Im Fall A W 2,1 0 () beachten wir für beschränktes die stetige Einbettung L 2 () L 1 (), die eine stetigen Einbettung W 1,2 0 () W 1,1 0 () induziert. Daher ist A L 1 () total beschränkt, nach dem vorigen Schritt. Dies impliziert die totale Beschränktheit in L 2 (). Lemma 5.2.15 Die Abbildung ist kompakt. Á : H 1 0() (H 1 0()) : u u,. L 2 () Beweis. Man hat den sogenannten Gelfand 3 Dreier H 1 0 () L2 () = (L 2 ()) (H 1 0 ()), der einem erlaubt, Á als Hintereinanderausführung Á = Á 1 J Á 2, zu schreiben, wobei J durch den Riesz schen Darstellungssatz gegeben ist und Á 2 Á 1 : H 1 0 () L2 () : (L 2 ()) (H 1 0 ()) die jeweiligen Einbettungen sind, mit Á 1 = Á 2. Da H1 1,2 0 () = W0 () ist, und letzterer kompakt in L 2 () eingebettet ist, ist Á 2 eine kompakte Einbettung. Die Operatoren Á 1, J sind stetig, also ist Á 1 J Á 2 kompakt. 3 Israil Moisejewitsch Gelfand (2.9.1913 ) arbeitet vornehmlich über Funktionalanalysis. Er studierte Algebren von Operatoren und darauf aufbauend nichtkommutative Banachalgebren und nichtendlichdimensionale Darstellungen von Lie-Gruppen. Er arbeitet auch auf dem Gebiet der Differentialgleichungen, vor allem Randwertprobleme und Hamilton sche Systeme. Er ist auch an Anwendungen außerhalb der Mathematik interessiert.

5.2. SCHWACHE LÖSBARKEIT 101 Definition 5.2.16 Es sei X ein Banachraum. Ein beschränkter linearer Operator T : X X heißt Fredholm-Operator 4, falls dim ker T <, das Bild von T abgeschlossen ist und einen endlich dimensionalen Komplementärraum besitzt. Für dessen Dimension schreibt man oft codim R(T). Die Differenz ind(t) = dim ker T codim R(T) heißt (Fredholm-)Index von T. Beispiel 5.2.17 Lineare Abbildungen zwischen endlich-dimensionalen linearen Räumen über Ê sind immer Fredholm-Operatoren, sind die Räume von gleicher Dimension, so ist der Index 0. Bemerkung 5.2.18 Kompakte Operatoren spielen in der Theorie der Fredholm-Operatoren eine spezielle Rolle. Fredholm-Operatoren kann man so charakterisieren, dass man sie bis auf einen kompakten Operator umkehren kann. Ohne Beweis zitieren wir zunächst den naheliegenden aber nicht ganz einfach zu beweisenden Satz. Satz 5.2.19 1. Die Menge der Fredholmoperatoren ist offen in L(X; Y ). 2. Der Index eines Fredholmoperators ist stabil gegenüber kleinen Störungen in L(X; Y ), d.h. ist T ein Fredholmoperator vom Index k, so gibt es ein δ > 0, so dass S L(X; Y ) mit S T L(X;Y ) < δ impliziert S ist Fredholmoperator und ind(s) = ind(t). Beweis. siehe mein Skript [17] über Funktionalanalysis aus dem SS 2010. Satz 5.2.20 Es seien X, Y Banachräume und es sei T L(X; Y ). Dann ist T genau dann ein Fredholmoperator, wenn es S L, S R L(Y ; X) gibt, mit S L T 1l X K(X), TS R 1l Y K(Y) 4 Ivar Fredholm (7.4.1866 17.8.1927) nutzte Erkenntnisse über Integralgleichungen für die Theorie partieller Differentialgleichungen. Insbesondere erkannte er die strukturelle Ähnlichkeit der Lösungstheorie gewisser partieller Differentialgleichungen mit der endlich dimensionaler linearer Gleichungen. Er ist der Begründer der nach ihm benannten Alternative.

102 KAPITEL 5. SCHWACHE LÖSUNGEN UND REGULARITÄT Beweis. Ist S L T 1l X kompakt, so ist dim ker(s L T) < und wegen ker(t) ker(s L T) ist ker T endlich dimensional. Aus TS R 1l Y kompakt, folgt BILD(TS R ) hat endliche Kodimension und wegen BILD(T) BILD(TS R ) ist die Kodimension von BILD(T) endlich. Dann ist BILD(T) abgeschlossen und T ist ein Fredholmoperator. Ist umgekehrt T ein Fredholmoperator, so gibt es jeweils ein abgeschlossenes Komplement V zu ker T in X und ein abgeschlossenes Komplement W zu BILD(T) in Y, d.h. X = V ker T Y = BILD(T) W. Dann ist T = T V : V BILD(T) linear, beschränkt und surjektiv, also offen und T 1 ist stetig. Definiere S L(Y ; X) mit S : Y X : (t, w) T 1 t. Dann ist (ST 1l X )(v + k) = T 1 Tv (v + t) = (v + 0) (v + t) = t die negative Projektion auf ker T und (TS 1l Y )(t + w) = T T 1 t (t + w) = w ist die negative Projektion auf den Komplementärraum von BILD(T). Projektionen auf endlich dimensionale Unterräume sind stetig, also folgt die gewünschte Eigenschaft. Satz 5.2.21 Es gilt allgemein: ist L : X X ein Fredholm-Operator und ist T : X X kompakt, so ist ind(l) = ind(l + T) Beweis. Seien S L, S R wie im letzten Satz gewählt. Dann ist S L (T + K) 1l X = (S L T 1l X ) + S L K

5.2. SCHWACHE LÖSBARKEIT 103 als Summe zweier kompakter Operatoren kompakt, entsprechendes gilt für (T + K)S R 1l Y = (TS R 1l Y ) + KS R. Also ist T + K ein Fredholmoperator. Die Abbildung Ê L(X; Y ) : t T + tk ist stetig, also ist aufgrund unseres Satzes 5.2.19 die Abbildung Ê : t ind(t + tk) lokal konstant, also konstant und ind(t) = ind(t + K). Von Satz 5.2.21 benötigen wir nur einen wichtigen Spezialfall. Korollar 5.2.22 Ist T : X X kompakt, so ist ind(1l + T) = 0. Beweis. Folgt sofort aus der vorigen Aussage. Damit hat man sofort: Lemma 5.2.23 Der Operator 1l + L 1 Á ist auf H0 1 () ein Fredholm Operator vom Index 0. Insbesondere gilt u + L 1 Áu = F ist immer lösbar ker(1l + L 1 Á) ist trivial. Für den Hauptsatz dieses Abschnittes, der das allgemeine Lösungsverhalten charakterisiert, benötigen wir den adjungierten Operator L σ. Definition 5.2.24 Der zu L formal adjungierte Operator ist definiert durch L f u = i (D i ( j a ji D j u c i u) b i D i u) + du.

104 KAPITEL 5. SCHWACHE LÖSUNGEN UND REGULARITÄT Formal erhält man für Funktionen u, v C 0 () das L2 innere Produkt Lu, v L 2 () = u, L f v L 2 (). Es gilt jedoch mehr als nur formale Adjungiertheit: Satz 5.2.25 Also ist L f in H 1 0() zu L adjungiert. B L (u, v) = B L f(v, u) u, v H 1 0 (). Beweis. B L (u, v) = B L f(v, u) für u, v H0 1 () ist offensichtlich. Ferner gilt für u D(L) = D(L f ) L f v, u L 2 () = B L f(v, u) = B L (u, v) = Lu, v L 2 (). Lemma 5.2.26 Betrachte auf H 1 0() den Operator Dann ist T σ = ( σ)l 1 Á. T σ = ( σ)(l f ) 1 Á. Beweis. Es reicht den Operator L 1 Á : 1() H1 0 () zu betrachten. Der adjungierte Operator ist eine Abbildung H0() 1 H0() 1 und wir müssen zeigen, dass dieser für u H0 1() H1 0 () durch (L f ) 1 Á gegeben ist. Dann ist (L 1 Á) : H0() 1 H0() 1 und ist gegeben durch mit Á (L 1 ) : H 1 0 () H 1 0 () H 1 0 () Á (L 1 ) (v )(u) = (L 1 ) (v )(Áu) = v (L 1 Áu) mit v H 1 0 () und u H 1 0 (). Für v = Áv ergibt sich dies zu v, L 1 Áu L 2 ().

5.2. SCHWACHE LÖSBARKEIT 105 Andrerseits ergibt sich Dies zeigt die Behauptung. (L f ) 1 Áu, v L 2 () = Áv ( (L σ0 ) 1 )Áu ) = Áv ( ((L f ) 1 ) Áu ) = Áv ( ((L f ) ) 1 Áu ) = Áv(L 1 (Áu)) = v, L 1 Áu L 2 (). Satz 5.2.27 Ist L stark elliptisch und genügt der Abschätzung (5.5), dann existiert eine abzählbare, diskrete Teilmenge Σ Ê, so dass für σ Σ das Dirichlet Problem L σ u = f + D i g i, L f σ u = f + D i g i i i u = ψ auf für beliebige f, g i L 2 (), ψ H 1 () eindeutig lösbar ist. Ist hingegen σ Σ, so bilden die Lösungsmengen der homogenen Randwertprobleme L σ u = 0, L f σ u = 0, u = 0 auf positiv und endlich dimensionale Unterräume von H 1 0(). Das Problem L σ u = f + i D i g i in u = ψ auf ist genau dann lösbar, falls {( f ) ( c i D i ψ dψ + σψ v g i i i i,j für alle v mit L f σv = 0, v = 0 auf. a ij D j ψ i ) } b i ψ D i v dx = 0 Beweis. Folgt aus dem zuvor Gesagten und der Charakterisierung des Spektrums kompakter Operatoren, vgl. [17].

106 KAPITEL 5. SCHWACHE LÖSUNGEN UND REGULARITÄT Lemma 5.2.28 G σ = L 1 σ, σ Σ, ist beschränkt. Beweis. L 1 σ = (L σ0 (σ )Á) 1 = ( 1l + ( σ)l 1 Á ) 1 L 1. Da ( σ)l 1 Á kompakt ist, ist 1l + (σ )L 1 Á für σ Σ beschränkt invertierbar. Daraus folgt eine sogenannte à priori Abschätzung. Korollar 5.2.29 Ist u H 1 () eine Lösung von L σ u = f + i D ig i, u = ψ auf, σ Σ, so existiert eine Konstante C = C(L, σ, ) mit u 1,2 C f 2 + 1/2 D i g i 2 + ψ 1,2. i 5.3 Das schwache Maximumprinzip und eindeutige Lösbarkeit Wir hatten die Eindeutigkeit einer eventuell existierenden Lösung für das klassische Dirichlet Problem aus dem Maximumprinzip gefolgert. Das hilft hier natürlich nicht weiter. Wir müssen den entsprechenden Satz in einer Situation für die schwache Formulierung des Problems beweisen. Dabei treten natürliche Probleme auf, etwa was bedeutet u 0 für u H 1 (). Entsprechende Probleme gibt es mehrere. Definition 5.3.1 1. Es sei u H 1 (). Wir sagen u 0 auf, falls u + H0 1 () ist. Dabei ist u + definiert durch 2. u 0 auf u 0 auf, 3. u v auf u v 0. u + (x) = max {u(x), 0}.

5.3. SCHWACHES MAXIMUMPRINZIP 107 Lemma 5.3.2 Ist u nahe dem Punkt x 0, von der Klasse C 1, stetig, so folgt aus u 0, dass diese Bedingung auch punktweise nahe x 0 erfüllt ist. Beweis. Annahme: u(x 0 ) > 0. Dann gibt es eine Umgebung, auf der gilt u + > 0. Es sei u ν C 1 0() eine Folge, die in H 1 () gegen u + konvergiert. Dann gibt es ein ν 0, so dass für alle ν > ν 0 gilt u ν (x 0 ) > 0. Dies ist ein Widerspruch. Für das klassische Maximumprinzip benötigt man eine Vorzeichenbedingung an den Koeffizienten d. Für das schwache Maximumprinzip wird diese Bedingung durch eine andere Ungleichung ersetzt. Satz 5.3.3 Sei L stark elliptisch mit (dv b i D i v)dx 0 (5.7) für alle v C0 1 (), v 0, und wir nehmen an, dass die Koeffizienten für Zahlen M, q Ê punktweise den Abschätzungen a ij 2 M und λ 2 ( b i 2 + c i 2 ) + λ 1 d q 2 (5.8) genügen. Dann gilt für u H 1 () mit Lu 0 ( 0) in sup u sup u + (inf u inf u ). Beweis. Für u H 1 (), v H0 1() gilt uv H1 0 () und D i(uv) = vd i u + ud i v. Es gilt ( B(u, v) 0 a ij D j ud i v (b i + c i )vd i u ) dx duv b i D i (uv)dx 0, für alle v 0 mit uv 0. Daraus folgt dann a ij D j ud i vdx 2λq v Du dx

108 KAPITEL 5. SCHWACHE LÖSUNGEN UND REGULARITÄT für alle v 0 mit uv 0. Im Spezialfall b i + c i = 0 nehme man v = max{u l, 0} mit l = sup u + und mit 0 < λ a ij D i vd j v dx = λ a ij D i ud j ; dxle0 supp Dv erh alt man einen Widerspruch. Im allgemeinen gilt: sei (l wie eben definiert) l k < sup u, v = (u k) +, so ist v H0 1 (). Nebenbei sei bemerkt, dass im Falle der Nichtexistenz eines solchen k, der Satz wahr ist. Damit ist { Du, u > k Dv = 0, u k. Also hat man λ Dv 2 dx a ij D j vd i vdx 2λq v Dv dx Γ mit Γ = supp Dv supp v. Also hat man Dv 2 dx 2q v Dv dx 2q v L 2 (Γ) Dv L 2 (). Γ Dv L 2 () 2q v L 2 (Γ). Im weiteren sei n 3 (die andren Fälle müssen getrennt behandelt werden). Also ist v L 2n n 2 () C v L 2 (Γ) C supp Dv 1 n v L 2n n 2 (). supp Dv C n. Also nimmt u sein Maximum auf einer Menge vom positiven Maß an und es gilt Du = Dv auf der gleichen Menge. Dies ist ein Widerspruch.

5.4. DIFFERENZENQUOTIENTEN 109 5.4 Differenzenquotienten Definition 5.4.1 Für h 0 ist h i u(x) = u(x + he i) u(x), h wobei e i der i-te Standardeinheitsvektor ist, der i-te Differenzenquotient. Lemma 5.4.2 Für u W 1,p () und mit h < dist(, Ê n \) gilt für alle 1 i n h i u L p ( ) und es gilt h i u L p ( ) D i u L p (). Beweis. Für u C 1 () W 1,p () hat man h i u(x) = u(x + he i) u(x) h h = 1 D i u(x 1,...,x i 1, x i + ξ, x i+1,...,x n )dξ. h 0 Damit folgt h i u(x) p 1 h h D i u(...,x i + ξ,...) p dξ. Integration dieser Ungleichung ergibt 0 h i u(x) p dx 1 h h 0 B h ( ) D i u p dxdξ D i u p dx. Fortsetzung auf W 1,p Funktionen durch Approximation. Für das nächste Lemma benötigen wir die schwache Topologie auf einem Banachraum X. Definition 5.4.3 1. Die gröbste Topologie auf X, für die jedes Element x X stetig ist, heißt schwache Topologie auf X.

110 KAPITEL 5. SCHWACHE LÖSUNGEN UND REGULARITÄT 2. Die gröbste Topologie auf X, für die jedes Element x J(X) stetig ist, heißt schwach* Topologie auf X. Es gilt der folgende fundamentale Satz. Satz 5.4.4 1. Die Einheitskugel in X ist in der schwach* Topologie kompakt. 2. Ist X reflexiv, so ist die Einheitskugel schwach kompakt. 3. Ist X separabel so kann in beiden Fällen kompakt durch folgenkompakt ersetzt werden. Beweis. Für einen Beweis ziehe man ein Lehrbuch der Funktionalanalysis oder [17] zu Rate. Wir zeigen einen wichtigen Spezialfall: ist X separabel und reflexiv, so enthält jede beschränkte Folge in X eine schwach*konvergente Teilfolge. Sei X separabel, und {y n } n Æ eine beschränkte Folge in X. Da X separabel ist, existiert eine abzählbare dichte Teilmenge S X. Sei x n eine Abzählung dieser Menge. Dann ist mit s n = Jx n {s n (y j )} j Æ für jedes n eine beschränkte reelle Folge und besitzt damit eine konvergente Teilfolge. Durch Iteration konstruieren wir eine Teilfolge {yj n } n(k) k Æ, so dass s m (yj n ) für m n und k konvergiert. Betrachte die Folge n(k) yn j. n(n) Nach Konstruktion ist für jedes k Æ s k (yj n n(n) ) konvergent. Also hat man für die Folge {x n } n Æ y n j n(n)(x m ) = s m (y n j n(n)) α m Ê für n. Die Abbildung, die auf S definiert ist, und jedem x m S den Wert α m zuordnet ist beschränkt. Da S X dicht liegt, definiert dies eine Abbildung y : X Ê die stetig und linear ist. Fasst man nun, im reflexiven Fall, X mittels der Isomorphie J als Dualraum von X auf, so folgt eine entsprechende Aussage für die schwache Konvergenz in X. Lemma 5.4.5 Ist u L p () für 1 < p < und existiert eine Konstante K, so dass für alle h > 0 und jedes mit dist(, Ê n \ ) > h gilt h i u Lp ( ), h i u L p ( ) K,

5.5. RANDWERTE 111 so existiert die schwache Ableitung D i u und es gilt D i u L p () K. Beweis. Da beschränkte Mengen in L p ( ) schwach kompakt sind (L p ( ) ist reflexiv), gibt es eine Folge h m 0 und ein v L p (), v L p () K, so dass für jedes ϕ C0() 1 gilt ϕ hm i udx ϕvdx. Für h < dist(supp ϕ, ) folgt ϕ hm i udx ud i ϕdx. Daraus folgt nun ϕvdx = ud i ϕdx. Also ist v = D i u. 5.5 Randwerte Lemma 5.5.1 Ist u W m,p 0 () C m 1 (), C m, so gilt für α = 0,..., m 1 auf. α u x α = 0 Beweis. Wir betrachten den Fall m = 1, der Rest ist eine Induktion. Sei x 0, U eine Umgebung von x 0. Für U gibt es eine Funktion h, so dass (o.b.d.a.) x n = h(x 1,...,x n 1 ) und U = {(x 1,...,x n ) x n > h(x 1,...,x n 1 )}

112 KAPITEL 5. SCHWACHE LÖSUNGEN UND REGULARITÄT ist. Betrachte F(x) = y gegeben durch y i = x i, i = 1,..., n 1, (5.9) y n = x n h(x 1,...,x n 1 ). (5.10) Wir betrachten zunächst den Fall u(x 0 ) = 0 und u C 1 (). Betrachte einen Zylinder Z der Höhe h und einer Kreisscheibe um y 0 mit Radius R in y 1,...,y n 1 als Boden. Definiere eine Funktion v durch v(y) = u(f 1 (y)). Dann folgt y 2 n v(y) 2 v y n y n dy n h v 2 y n dy n. Insbesondere hat man Daraus folgt F 1 (Z) Z 0 v 2 dy h 2 u 2 dx Ch 2 Z F 1 (Z) 0 v y n 2 dy. n u x i Ist nun u W m,p 0 (), so existiert eine Folge {u ν } ν Æ C 0 i=1 u ν u in W m,p () 2 dx. (5.11) () mit für ν. Da (5.11) für jedes u ν gilt, hat man (5.11) auch für u. Daraus folgt nun 1 n 2 v(y) 2 dy Ch u h x Z i=1 i dx. F 1 (Z) Da v stetig ist, folgt mit h 0, dass v(y) = 0 auf der Kreisscheibe mit Radius R ist, also u(x 0 ) = 0. Da x 0 beliebig in gewählt ist, folgt der Satz. Korollar 5.5.2 Ist p > n, von der Klasse C 1 und u W 1,p 0 (), so ist u = 0 auf. Beweis. Es folgt sofort, dass u C(). Dies impliziert die Behauptung.

5.6. DIFFERENZIERBARKEIT 113 5.6 Differenzierbarkeit schwacher Lösungen Satz 5.6.1 Es sei u H 1 () eine schwache Lösung der Gleichung Lu = f in, wobei 1. L stark elliptisch ist, 2. a ij, b i gleichmäßig Lipschitz stetig sind, 3. c i, d L () sind, 4. f L 2 () ist. Dann gilt 1. für alle ist u H 2 ( ) und 2. u 2,2 C ( u 1,2 + f ) L 2 () für eine Konstante C = C(n, λ, K, d ) mit K = max{ a ij C 0,1 (), b i C 0,1 (), c i L (), d L ()} und d = dist(, Ê n \ ). Außerdem erfüllt u die Gleichung punktweise f.ü.. Beweis. Da u schwache Lösung ist, folgt für v C0 1() a ij D j ud i vgx = gv dx, (5.12) wobei g L 2 () durch g = (b i + c i )D i u + (D i b i + d)u f gegeben ist. Sei 2h < dist(supp v, Ê n \ ). Dann ist für 1 k n h k v C0(). 1 In der Gleichung 5.12 ersetzen wir v durch h k v und erhalten g h k vdx = a ij D j ud i ( h k v)dx = = a ij D j u h k D ivdx h k (aij D j u)d i vdx.

114 KAPITEL 5. SCHWACHE LÖSUNGEN UND REGULARITÄT Wir berechnen den Ausdruck h k (aij D j u)(x) = 1 ( a ij (x + he k )D j u(x + he k ) a ij (x)d j u(x) ) h = 1 ( a ij (x + he k )D j u(x + he k ) a ij (x + he k )D j u(x) h +a ij (x + he k )D j u(x) a ij (x)d j u(x) ) = a ij (x + he k ) h k D ju(x) + ( h k aij (x) ) D j u(x) und erhalten a ij (x + he k )D j h k ud ivdx = GD i v g h k vdx mit G = (G 1,...G n ), G j = ( h k aij )D j u. Damit schätzen wir ab (nach Lemma 5.4.5) a ij (x + he k )D j h kud i vdx ( G L 2 () + g L ()) 2 Dv L 2 () ( C(n)K u 1,2 + f L 2 ()) Dv L 2 (). Fürs weitere sei η C0 1() mit 0 η 1 und v = η2 h k u C1 0 (). Dann folgt aus a ij (x)ξ i ξ j λ ξ 2, (D = (D 1,...,D n )), λ ηd h k u 2 dx η 2 a ij (x + he k ) h k D iu h k D judx a ij (x + he k )D j h k u(d iv 2 h k uηd iη)dx ( C(n)K u 1,2 + f ( L ()) 2 ηd h k u L 2 () + 2 h k udη ) L 2 () +C(n)K ηd h k u L 2 () h k udη L 2 (). Setze a = ηd h k u, A = C(n)K, b = u H 1 (), c = f L 2 (), d = h k udη L 2 (). Damit haben wir λa 2 (Ab + c)(a + 2d) + Aad (Ab + c)a + (Ab + d)2d Ada εa 2 + (Ab + c) 2 ε 1 (Ab + c)2d + (Ad)2 ε + a 2 ε

5.6. DIFFERENZIERBARKEIT 115 und damit (λ 2ε)a 2 (Ab + c) 2 ε 1 (Ab + c)2d + (Ad)2 ε und weiter a 2 1 ε(λ 2ε) ((Ab + c) 2 + 2d(Ab + c) + A 2 d 2 ). Dabei haben wir o.b.d.a. angenommen, dass ε < 1. Durch Wurzelziehen auf beiden Seiten erhält man Rückeinsetzen ergibt a C(A(b + d) + c). η h kdu L 2 () C ( ) u 1,2 + f L 2 () + δkudη h L 2 () ( ) ( u C 1 + sup Dη 1,2 + f L ()) 2 ) mit C = C(n, λ, K). Wir wählen speziell η = 1 auf und sup Dη 2 d mit d = dist(, Ê n \ ). Daraus folgt dann 1. Du H 1 ( ) für alle Kompakta in und daher 2. u H 2 ( ) (mit einer entsprechenden Abschätzung) und 3. Lu L 2 loc () mit Lu = f punktweise fast überall. Satz 5.6.2 Es sei L = (a ij D i D j + b i D i + c) stark elliptisch mit Koeffizienten a ij C 0,1 (), b i, c L () und c 0. Dann gibt es für f L 2 () und ϕ H 1 () eine Funktion u H 1 () H 2 loc () mit Lu = f in und u ϕ H1 0 (). Beweis. Folgt aus dem soeben gezeigten. Satz 5.6.3 Gegeben sei die Gleichung Lu = f, L stark elliptisch mit a ij, b i C k,1 (), c i, d C k 1,1 (), f H k () für k 1.

116 KAPITEL 5. SCHWACHE LÖSUNGEN UND REGULARITÄT Dann gilt für eine schwache Lösung u H 1 (), dass für jedes Kompaktum u H k+2 ( ) ist und es gilt eine Abschätzung der Form u k+2,2 C ( u 1,2 + ) f k,2 mit C = C(n, λ, K, d, k) wobei { } K = max a ij C k,1 (), bi C k,1 (), ci C k 1,1 (), d C k 1,1 (). Beweis. Induktion über k! Satz 5.6.4 Sei u H 1 () eine schwache Lösung des stark elliptischen Problems Lu = f mit a ij, b i, c i, d, f C (). Dann ist u C (). Beweis. Folgt sofort aus den Sobolev schen Einbettungssätzen. 5.7 Globale Regularität Bisher hatten wir Glattheitsresultate in Hloc 2 () erhalten. Unter entsprechenden Regularitätsannahmen an den Rand wollen wir globale Regularität, d.h. u H 2 () nachweisen. Satz 5.7.1 Es sei der Operator L stark elliptisch mit gleichmäßig Lipschitz stetigen Koeffizienten a ij, b i und wesentlich beschränkten Koeffizienten c i, d. Ferner sei u H 1 () eine schwache Lösung von Lu = f, f L 2 (). Zusätzlich sei von der Klasse C 2 und es existieren ϕ H 2 (), so dass u ϕ H0() 1 ist. Dann ist u H 2 () und es gilt die a-priori Abschätzung. u 2,2 C ( ) u L 2 () + f L 2 () + ϕ 2,2 (5.13) mit C = C(n, λ, K, ). Beweis: Zeigen wir (5.13) für w = u ϕ, so erhalten wir w 2,2 C ( ) w L 2 () + f L 2 ()

5.7. GLOBALE REGULARITÄT 117 also und damit u ϕ 2,2 C ( ) u L 2 () + f L 2 () + ϕ L 2 () u 2,2 C ( u L 2 () + f L 2 () + ϕ 2,2). Es reicht also (5.13) für w = u ϕ zu beweisen. Zunächst folgt aus Lemma 5.6.1, dass u H 1 0 () durch u 1,2 C ( u L 2 () + f L 2 ()) abgeschätzt werden kann. Da C 2, existiert zu jedem x 0 eine Kugel B r0 (x 0 ) und eine Funktion ψ : B r0 (x 0 ) D 0 Ê n mit und ψ(b r0 (x 0 ) ) Ê n + = {x Ên x n > 0}, ψ(b r0 (x 0 ) ) Ê n +, ψ C 2 (B r0 (x 0 )), ψ 1 C 2 (D 0 ). Sei R 0 < r 0, so dass B R0 (x 0 ) B r0 (x 0 ). Setze B + = B R0 (x 0 ), D = ψ(b R0 (x 0 )) und D + = ψ(b + ). Unter der Abbildung ψ wird die Gleichung Lu = f in B + auf eine Gleichung gleichen Typs in D + transformiert. Beachte mit v(y) = u(ψ 1 (y)) erhält man D i v = j D ju ψ 1 j j,l D jlu ψ 1 j y i Weiter gilt ψ 1 l y j. B T ATξ, ξ = ABξ, Bξ λ Bξ 2 λb ξ 2, y i und daher D ik v = mit B = inf{ Bx, x = 1}. Weiterhin ist mit B = Dψ(x) und A = (a ij ) die Matrix B T AB durch â ij = (B T AB) ij = l,k (B T ) il a lk B kj = l,k a lk b li b kj, B = (b ij ) i,j=1,...n. Der transformierte Operator hat nun die Form L ψ H v(y) = ij â ij (y)d ij v(y). Durch Differenzieren der Gleichung ψ 1 (ψ(x)) = x erhält man Dψ 1 (ψ(x))dψ(x) = 1l.

118 KAPITEL 5. SCHWACHE LÖSUNGEN UND REGULARITÄT Die Konstanten K, λ der transformierten Gleichung erhält man aus K, λ und den Ableitungen von ψ. Da u H 1 0() ist v = u ψ 1 H 1 (D + ). Für alle η C 1 0 (D ) gilt ηv H 1 0 (D+ ). Wir nehmen also an v H 1 0 (D+ ) genügt Lv = f in D +, ηv H 1 0 (D+ ) η C 1 0 (D ). Für h < dist(supp η, ) und für 1 k < n 1 gilt η 2 h k v H1 0 (D+ ). Daher folgt aus dem Beweis von Satz 5.6.1, dass D ij v L 2 (ψ(b ρ0 (x 0 ) )) für alle ρ 0 < R 0 und falls k n ist. Es bleibt eine zweite Ableitung D nn u übrig. Aber die läßt sich sofort aus der Differentialgleichung abschätzen. Damit ist u H 2 (B ρ0 (x 0 )). Da x 0 beliebig ist, gibt es endlich viele Kugeln B ρk (x k ), so dass u H 2 (B ρk (x k )) ist und die Vereinigung k B ρk (x k ) überdeckt. Zusätzlich ist u H 2 loc, also ist u H2 () Nun folgen weitere Glättungseigenschaften wie im vorigen Abschnitt. Satz 5.7.2 Unter den Voraussetzungen des Satzes 5.6.1 mit C k+2, ϕ H k+2 () mit u ϕ H 1 0() folgt u H k+2 () und u k+2,2 C ( u L 2 () + f k,2 + ϕ k+2,2 mit C = C(n, λ, K, k, ). Sind a ij, b i, c i, d, f C (), C, so ist u C (). Schließlich ergeben die bisherigen Resultate zusammen: Satz 5.7.3 Es sei L stark elliptisch mit Koeffizienten in C () und c 0. Ferner sei C. Dann gibt es zu f, ϕ C () genau eine Lösung des Randwertproblems Lu = f in, u = ϕ auf. Es gilt u C (). )

5.8. EIGENWERTAUFGABEN FÜR ELLIPTISCHE OPERATOREN 119 5.8 Eigenwertaufgaben für elliptische Operatoren Definition 5.8.1 1. Der elliptische Operator L heißt symmetrisch, falls Lu, v = u, Lu, u, v D L. 2. Definiere den Operator L durch: v D L, wenn es zu jedem u D L ein w gibt mit Lu, v = u, w. Wir setzen dann L v = w. 3. L heißt selbstadjungiert, falls L symmetrisch ist und D L = D L. Bemerkung 5.8.2 Die Symmetrie eines elliptischen Operators ist leicht nachzuprüfen, die Selbstadjungiertheit ist etwas schwieriger nachzuweisen. Der Satz von K.O. Friedrichs 5 besagt, dass symmetrische Operatoren im wesentlichen selbstadjungiert sind. Wir zitieren diesen Satz ohne Beweis (vgl. Übungsblatt 12). Satz 5.8.3 (Friedrichs) Zu einem symmetrischen Operator L gibt es eine Erweiterung L mit D L D L und L ist selbstadjungiert. Lemma 5.8.4 Es sei L ein elliptischer Operator L in Divergenzform mit D L = H 2 () H 1 0() und a ij = a ji für alle i, j. L ist symmetrisch genau dann, wenn c i = b i. Beweis: Es sei u, v H 2 () H0 1 (), dann gilt Lu, v = ij D i (a ij D j u) + i D i (b i u) i b i D i u + du, v = i,j a ij D j u, D i v i b i u, D i v i u, D i v + u, dv = u, Lv. 5 Kurt Otto Friedrichs (28.9.1901-31.12.1982) arbeitete über Analysis und mathematische Physik. In seiner Dissertation beschäftigte er sich mit Beulproblemen elastischer Platten, später untersuchte er neben hyperbolischen Gleichungen auch hydrodynamische Probleme und mathematische Fragen in der Quantenfeldtheorie.

120 KAPITEL 5. SCHWACHE LÖSUNGEN UND REGULARITÄT Satz 5.8.5 Es sei L stark elliptisch auf einem beschränkten Gebiet mit Dirichlet- Randbedingungen und symmetrisch. Dann ist Σ(L) reell. Beweis: Klar ist, dass alle Eigenwerte reell sind. Da L kompakte Resolvente hat, besteht das Spektrum nur aus Eigenwerten. Bemerkung 5.8.6 Selbstadjungierte Operatoren haben reelles Spektrum, unabhängig von der Kompaktheit der Resolvente. Satz 5.8.7 (Charakterisierung des kleinsten Eigenwertes) Es sei L wie in Lemma 5.8.4. Dann ist der kleinste Eigenwert von L durch charakterisiert. min Lu, u u, u, u H1 0(), Beweis: Der Beweis wird in den Übungen für L = erbracht. Die Rechnungen sind identisch mit den hier benötigten. Satz 5.8.8 (Charakterisierung der restlichen Eigenwerte) Es sei L wie in Satz 5.8.7. Es seien λ 1,...,λ n die ersten n kleinsten Eigenwerte mit zugehörigen Eigenfunktionen ϕ 1,...,ϕ n. Dann ist Lu, u λ n+1 = min u, u u H1 0(), uϕ j dx = 0, j = 1,..., n. Beweis: Wie zuvor. Satz 5.8.9 (Alternative Charakterisierung der Eigenwerte) Es sei L wie in Satz 5.8.7. Es seien λ i, i Æ Eigenwerte mit zugehörigen Eigenfunktionen ϕ i. Dann ist Lu, u λ n+1 = max min u, u u H1 0(), uψ j dx = 0, j = 1,...,n 1, ψ j H0(). 1

5.8. EIGENWERTAUFGABEN FÜR ELLIPTISCHE OPERATOREN 121 Beweis: Zu zeigen ist, das für eine beliebige Auswahl von n-funktionen v i das Infimum kleiner oder gleich λ n ist. Sei λ Lu, u = max min u, u u H1 0 (), uψ j dx = 0, j = 1,...,n 1, ψ j H0 1 (). Wir zeigen λ = λ n indem wir einerseits beweisen, dass λ n λ und andrerseits λ λ n gilt. Sei W n der lineare Spann der Funktionen ψ 1,...,ψ n 1, H n der Spann der Funktionen ϕ 1,..., ϕ n. Dann ist W n H n. Sei u aus diesem Schnitt von Länge 1, also u = c i ϕ i mit c 2 i = 1. Dann ist λ = n c 2 iλ i. i=1 Da alle c 2 i zwischen 0 und 1 liegen und als Summe den Wert 1, ist dies eine konvexe Kombination der Zahlen λ 1,...,λ n und insbesondere λ λ n. Mit der speziellen Wahl v i = ϕ i, i = 1,...,n 1 bekommt man die umgekehrte Ungleichung und damit ist der Satz gezeigt. Die Charakterisierung durch Variationsprobleme erlaubt Vergleichssätze für Eigenwerte auf unterschiedlichen Gebieten. Satz 5.8.10 Ist, L ein gleichmäßig stark elliptischer Operator mit reellen und glatten Koeffizienten. Seien σ 1,...,σ n,... die Eigenwerte von L in H 2 () 1() und entsprechend σ 1,..., σ n,... die Eigenwerte von L in H2 ( ) H0( 1 ). Dann gilt σ j σ j. Beweis: Der Satz folgt aus der Charakterisierung durch Variationsprinzipien. Durch triviales Fortsetzen wird aus u H0 1( ) eine Funktion in H0 1 (). Der Fortsetzungsoperator H0 1( ) H0 1 () werde mit F bezeichnet.

122 KAPITEL 5. SCHWACHE LÖSUNGEN UND REGULARITÄT σ n Dann ist { { BL (u, u) = max min u, u L 2 { { BL (u, u) = max min u, u L 2 { { BL (u, u) = max min u, u L 2 { { BL (u, u) max min u, u L 2 u H 1 0( ), u v 1,...,v n 1 }, (v 1,..., v n 1 ) H 1 0( ) n 1 } u H 1 0 ( ), Fu Fv 1,...,Fv n 1 }, (v 1,...,v n 1 ) H 1 0 ( ) u H 1 0 ( ), Fu v 1,...,v n 1 }, (v 1,..., v n 1 ) H 1 0 ()n 1 u H 1 0(), u v 1,...,v n 1 }, (v 1,...,v n 1 ) H 1 0() n 1 } Dabei wird im letzten Schritt jedes der Infima vergrößert, da wir mehr Funktionen u zur Konkurrenz zugelassen habe. Für den vorletzten Schritt beachte man, dass bei der Berechnung des Skalarproduktes u, v L 2 () nur auf integriert wird und daher die Werte der v i auserhalb von keine Rolle spielen. Fur ein vollständiges Argument approximiere man noch u durch Funktionen ηu, η C 1 0(). Dann ist ηu, v = u, ηv und ηv H 1 0( ).