Der Abstand zwischen dem Leistungsniveau der Hilfe zum Lebensunterhalt und unteren Arbeitnehmereinkommen

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Transkript:

Der Abstand zwischen dem Leistungsniveau der Hilfe zum Lebensunterhalt und unteren Arbeitnehmereinkommen Berechnung des Instituts für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik zum Stand Januar 2006 1. Einführung Im Verhältnis zwischen dem Bedarf im Rahmen der Hilfe zum Lebensunterhalt und unteren Arbeitnehmereinkommen soll ein hinreichender Abstand gewahrt bleiben, um zum einen eine Orientierung zur Bestimmung des Mindestbedarfs zu geben und damit für die Festsetzung der Regelsätze eine Obergrenze zu benennen, und zum andern, um den Beziehern der Hilfe zum Lebensunterhalt bzw. von Arbeitslosengeld II einen Anreiz zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zu geben. Im Sozialhilfegesetz (SGB XII) wird dieses Postulat so formuliert: Die Regelsatzbemessung gewährleistet, dass bei Haushaltsgemeinschaften von Ehepaaren mit drei Kindern die Regelsätze zusammen mit Durchschnittsbeträgen der Leistungen nach den 29 und 31 [d.i. für Kosten von Unterkunft und Heizung sowie für einmalige Bedarfe] und unter Berücksichtigung eines durchschnittlich abzusetzenden Betrages nach 82 Abs. 3 unter den erzielten monatlichen durchschnittlichen Nettoarbeitsentgelten unterer Lohn- und Gehaltsgruppen einschließlich anteiliger einmaliger Zahlungen zuzüglich Kindergeld und Wohngeld in einer entsprechenden Haushaltsgemeinschaft mit einer alleinverdienenden vollzeitbeschäftigten Person bleiben. ( 28 Abs. 4 SGB XII) Dieser normativen Bestimmung zufolge ist der Lohnabstand dann ausreichend, wenn es für Empfänger von Mindestsicherungsleistungen im Durchschnittsfall einen Anreiz gibt, eine Erwerbstätigkeit auszuüben. Von in Einzelfällen auftretenden Überschneidungen (etwa auf Grund eines hohen örtlichen Mietniveaus) wird das auf den Durchschnittsfall bezogene Lohnabstandsgebot nicht berührt. Die Bezugnahme auf einen fünfköpfigen Arbeitnehmerhaushalt ist in diesem Zusammenhang im Sinne eines normativen Grenzwertes, unabhängig von seiner empirischen Relevanz, zu verstehen. Dahinter steht die Intention, dem Bedarfsprinzip für noch größere Haushalte als dem hier genannten einen uneingeschränkten Vorrang einzuräumen, während für kleinere Haushalte der gebotene Abstand einzuhalten ist, d.h. für Haushalte mit bis zu fünf Personen soll ein hinreichender Abstand zum verfügbaren Haushaltseinkommen eines Arbeitnehmers in vergleichbarer Situation bestehen. Aus der Logik der Bemessung der Hilfe zum Lebensunterhalt ergibt sich, dass der Abstand für kleinere Haushalte generell größer ist als der Abstand für einen Fünf-Personen-Haushalt, sodass für den Zweck der Überprüfung des gesetzlichen Lohnabstands eine Berechnung auf der Grundlage dieses Haushaltstyps ausreicht: Wenn hier ein hinreichender Abstand gegeben ist, kann dies für kleinere Haushalte erst recht angenommen werden. 1

Von dieser normativen Fragestellung ist aber die Frage eines empirisch hinreichenden Arbeitsanreizes zu unterscheiden. Die Haushalte mit fünf Personen machen unter den Empfängern der Hilfe zum Lebensunterhalt ebenso wie in der Gesamtbevölkerung nur einen kleinen Anteil aus und sind daher statistisch ohne nennenswertes Gewicht. Unter dem Aspekt des tatsächlich bestehenden Anreizes ist vielmehr zu fragen, für wie viele Empfänger von Mindestsicherungsleistungen ein hinreichender Anreiz zur Arbeitsaufnahme besteht, sofern ihnen eine Beschäftigung angeboten wird. In dieser Akzentuierung der Frage nach dem Lohnabstand kommen vor allem allein lebende Hilfeempfänger in den Blick, die einen erheblichen Teil der Bedarfsgemeinschaften ausmachen; für diese ergeben alle Berechnungen aber relativ hohe Lohnabstände. Der gebotene Abstand soll zwischen der Hilfe zum Lebensunterhalt und dem verfügbaren Einkommen eines Vollzeiterwerbstätigen bestehen. Es wird also keine Unterschreitung von Lohnersatzleistungen oder von Einkommen aus Teilzeit-Erwerbstätigkeit gefordert. Ein im Oktober 1999 veröffentlichtes Gutachten im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung erörtert eingehend die Zielsetzung des Abstandsgebotes und die Methodik zur empirischen Überprüfung. 1 Vereinfacht lässt sich die Berechnungsweise zur Überprüfung des Abstandsgebotes folgendermaßen darstellen: Bruttoeinkommen (einschl. Jahressonderzahlungen wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld) Steuern (Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer) Arbeitnehmeranteil an der Sozialversicherung (Renten-, Arbeitslosen-, Kranken- und Pflegeversicherung) ------------------------------------------------- = Nettoeinkommen + Kindergeld + ggf. Wohngeld ------------------------------------------------- = verfügbares Haushaltseinkommen Diesem Betrag wird der Bedarf an Hilfe zum Lebensunterhalt gegenüber gestellt: Eckregelsatz für den Haushaltsvorstand oder allein Lebende + ggf. Regelsätze für sonstige Haushaltsangehörige + etwaige Mehrbedarfszuschläge (soweit im Durchschnittsfall relevant) + Miete und Nebenkosten + Heizkosten ------------------------------------------------- = Bedarf an Hilfe zum Lebensunterhalt 1 Der Abstand zwischen der Sozialhilfe und unteren Arbeitnehmereinkommen, Forschungsbericht des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung Nr. 276, Bonn 1999; vgl. auch Bericht und Gutachten zum Lohnabstandsgebot, Schriftenreihe des Bundesministeriums für Familie und Senioren Bd. 29, Stuttgart 1994 sowie D. Engels, Abstand zwischen Sozialhilfe und unteren Arbeitnehmereinkommen: Neue Ergebnisse zu einer alten Kontroverse, in: Sozialer Fortschritt 3/2001, S. 56 ff 2

Im Januar 2006 betrug der durchschnittliche Bedarf eines Ehepaares mit drei Kindern an Hilfe zum Lebensunterhalt (bzw. in gleicher Höhe an Arbeitslosengeld II) im früheren Bundesgebiet und Berlin 1.921 und in den neuen Ländern 1.744. Die dabei berücksichtigten Komponenten sowie die Bedarfssummen für unterschiedliche Haushaltstypen sind den nachfolgenden Tabellen zu entnehmen. Durchschnittlicher Bedarf im Rahmen der Hilfe zum Lebensunterhalt (SGB XII) und des Alg II (SGB II) Früheres Bundesgebiet einschl. Berlin (Stand: 1. Januar 2006) Typ der Regel- Mehr- Kalt- Heiz- Summe Bedarfsgemeinschaft sätze bedarf miete kosten / Monat Allein Lebende/r 345 / 278 53 676 Ehepaar ohne Kind 621 / 358 73 1.052 Ehepaar mit Kindern einem Kind 843 / 424 81 1.348 zwei Kindern 1.065 / 480 81 1.626 drei Kindern 1.287 / 537 97 1.921 Allein Erziehende/r mit einem Kind unter 7 Jahren 552 124 358 73 1.107 zwei Kindern zw. 7 u. 14 J. 828 124 424 81 1.457 Durchschnittlicher Bedarf im Rahmen der Hilfe zum Lebensunterhalt (SGB XII) und des Alg II (SGB II) Neue Länder (Stand: 1. Januar 2006) Typ der Regel- Mehr- Kalt- Heiz- Summe Bedarfsgemeinschaft sätze bedarf miete kosten / Monat Allein Lebende/r 331 / 211 49 591 Ehepaar ohne Kind 596 / 290 64 950 Ehepaar mit Kindern einem Kind 809 / 336 76 1.221 zwei Kindern 1.022 / 378 85 1.485 drei Kindern 1.235 / 422 87 1.744 Allein Erziehende/r mit einem Kind unter 7 Jahren 530 119 290 64 1.003 zwei Kindern zw. 7 u. 14 J. 795 119 336 76 1.326 3

2. Überprüfung des Abstands im Januar 2006 Der Abstand dieses Durchschnittsbedarfs zu dem verfügbaren Haushaltseinkommen eines Arbeitnehmers aus unteren Lohn- und Gehaltsgruppen mit vergleichbarer Haushaltskonstellation zum Stand Januar 2006 ist den folgenden Tabellen zu entnehmen. Dabei wurden die durchschnittlichen Verdienste von Arbeitern der Leistungsgruppe 3 (Hilfsarbeiter) im Produzierenden Gewerbe zu Grunde gelegt, die das Statistische Bundesamt vierteljährlich ermittelt. 2 Die Jahressonderzahlungen, die derzeit 96% (West) bzw. 84% (Ost) eines Monatsgehalts betragen, werden anteilig auf einen Monatszeitraum zugerechnet. Die Sozialversicherungsbeiträge berücksichtigen die in 2005 in Kraft getretenen Neuregelungen zur Kranken- und Pflegeversicherung. Verfügbares Haushaltseinkommen und Abstand zur Hilfe zum Lebensunterhalt Hilfsarbeiter im Produzierenden Gewerbe, Leistungsgruppe 3 Früheres Bundesgebiet, Stand: 1. Januar 2006 (Euro pro Monat) Haushaltstyp Ehepaar Ehepaar Ehepaar Ehepaar allein Erziehende mit allein ohne mit 1 mit 2 mit 3 1 K. unter 2 Kindern lebend Kind Kind Kindern Kindern 7 Jahren zw. 7 u. 13 J. Bruttoarbeitsentgelt (Okt. 2005) 2.246 2.246 2.246 2.246 2.246 1.915 1.915 anteilige einmalige Zahlungen * 180 180 180 180 180 153 153 Bruttoentgelt 2.426 2.426 2.426 2.426 2.426 2.068 2.068 Steuern Lohnsteuer 380 120 120 120 120 249 249 Solidaritätszuschlag 21 0 0 0 0 7 0 Kirchensteuer 34 11 2 0 0 11 1 Sozialversicherung Rentenversicherung 237 237 237 237 237 202 202 Arbeitslosenversicherung 79 79 79 79 79 67 67 Krankenversicherung ** 184 184 184 184 184 157 157 Pflegeversicherung ** 27 27 21 21 21 18 18 Nettoentgelt 1.464 1.768 1.783 1.785 1.785 1.358 1.374 Kindergeld / / 154 308 462 154 308 Kinderzuschlag / / 0 0 0 0 98 Wohngeld 0 0 0 27 101 0 0 verfügb. Einkommen Arbeitnehmer 1.464 1.768 1.937 2.120 2.348 1.512 1.780 Leistungsanspruch HLU / ALG II 676 1.052 1.348 1.626 1.921 1.107 1.457 Abstand der HLU zum verfügbaren Haushaltseinkommen des Arbeitn. in Euro pro Monat 788 716 589 494 427 405 323 in v.h. des Arbeitn.-Einkommens 53,8% 40,5% 30,4% 23,3% 18,2% 26,8% 18,2% * im früheren Bundesgebiet durchschnittlich in Höhe von rd. 96 % des monatlichen Bruttoentgelts ** Arbeitnehmeranteil Krankenversicherung: 6,5 % plus Zuschlag von 0,9 Prozentpunkten; Pflegeversicherung: Zuschlag von 0,25 Prozentpunkten bei Kinderlosen Ausgewiesen sind auf volle Euro-Beträge gerundete Werte, daher sind geringfügige Summenabweichungen möglich. 2 Statistisches Bundesamt, Fachserie 16 / Reihe 2.1: Löhne und Gehälter Arbeiterverdienste im Produzierenden Gewerbe Oktober 2005, Wiesbaden 2006 4

Im Januar 2006 betrug der Abstand bei einem fünfköpfigen Arbeitnehmerhaushalt im unteren Lohnbereich im früheren Bundesgebiet und Berlin 427 pro Monat bzw. 18,2% des verfügbaren Haushaltseinkommens einer vergleichbaren Hilfsarbeiterfamilie. Dieser Abstandsbetrag liegt um 307 über dem Absetzbetrag nach 82 Abs. 3 SGB XII (30% des Einkommens aus einer für Sozialhilfeempfänger höchstens in Frage kommenden geringfügigen Beschäftigung entsprechen maximal 120 ), sodass der Abstand als hinreichend groß zu bewerten ist. In den neuen Ländern betrug der Abstand bei diesem Haushaltstyp sogar 594 pro Monat bzw. 25,4% des verfügbaren Hilfsarbeitereinkommens, da dieser von dem neu eingeführten Kinderzuschlag profitiert. Der Abstandsbetrag lag hier um 474 über dem Absetzbetrag (in Höhe von 120 ), sodass der Abstand auch in den neuen Ländern in hinreichendem Maße erfüllt war. Verfügbares Haushaltseinkommen und Abstand zur Hilfe zum Lebensunterhalt Hilfsarbeiter im Produzierenden Gewerbe, Leistungsgruppe 3 Neue Länder, Stand: 1. Januar 2006 (Euro pro Monat) Haushaltstyp Ehepaar Ehepaar Ehepaar Ehepaar allein Erziehende mit allein ohne mit 1 mit 2 mit 3 1 K. unter 2 Kindern lebend Kind Kind Kindern Kindern 7 Jahren zw. 7 u. 13 J. Bruttoarbeitsentgelt (Okt. 2005) 1.701 1.701 1.701 1.701 1.701 1.480 1.480 anteilige einmalige Zahlungen * 119 119 119 119 119 104 104 Bruttoentgelt 1.820 1.820 1.820 1.820 1.820 1.584 1.584 Steuern Lohnsteuer 212 15 15 15 15 123 123 Solidaritätszuschlag 12 0 0 0 0 0 0 Kirchensteuer 19 1 0 0 0 1 0 Sozialversicherung Rentenversicherung 177 177 177 177 177 154 154 Arbeitslosenversicherung 59 59 59 59 59 51 51 Krankenversicherung ** 138 138 138 138 138 120 120 Pflegeversicherung ** 20 20 15 15 15 13 13 Nettoentgelt 1.182 1.409 1.415 1.415 1.415 1.120 1.121 Kindergeld / / 154 308 462 154 308 Kinderzuschlag / / 0 168 301 91 217 Wohngeld 0 0 0 101 160 0 58 verfügb. Einkommen Arbeitnehmer 1.182 1.409 1.569 1.992 2.338 1.365 1.704 Leistungsanspruch HLU / ALG II 591 950 1.221 1.485 1.744 1.003 1.326 Abstand der HLU zum verfügbaren Haushaltseinkommen des Arbeitn. in Euro pro Monat 591 459 348 507 594 362 378 in v.h. des Arbeitn.-Einkommens 50,0% 32,6% 22,2% 25,4% 25,4% 26,5% 22,2% Aus den Tabellen wird auch ersichtlich, dass der Abstand bei allein Lebenden oder bei Ehepaaren mit weniger als drei Kindern stets höher ist als beim gesetzlich benannten fünfköpfigen Haushalt. Während für die Arbeitnehmerfamilie die Lebenshaltungskosten 5

der Kinder grundsätzlich durch das Erwerbseinkommen finanziert und durch den Familienleistungsausgleich lediglich abgemildert werden, ist es die Aufgabe der Mindestsicherung, den Lebenshaltungsbedarf von Kindern in voller Höhe zu gewähren, da hierfür keine anderweitigen Reserven zur Verfügung stehen. Für die Frage, ob unter der Annahme einer entsprechenden Nachfrage nach Arbeitskräften ein hinreichender Arbeitsanreiz für Sozialhilfeempfänger besteht, ist aber vor allem von Interesse, für wie viele Sozialhilfeempfänger ein hinreichender Abstand besteht. Der Haushaltstyp eines Ehepaars mit drei Kindern dient der exemplarischen Überprüfung, sein quantitativer Stellenwert ist dagegen eher unbedeutend (4% der Haushalte; vgl. Grafik). Von größerer quantitativer Bedeutung sind allein Lebende, die rd. 40% aller Bedarfsgemeinschaften ausmachen und für die sich mit 788 (bzw. 54% des verfügbaren Haushaltseinkommens eines allein lebenden Hilfsarbeiters) ein deutlich höherer Abstand ergab, sowie Paare ohne Kind oder mit einem Kind, für die der monatliche Abstandsbetrag ebenfalls über 500 lag (früheres Bundesgebiet). Für diese Haushaltstypen, die zusammen mehr als die Hälfte aller Bedarfsgemeinschaften ausmachen, war offensichtlich ein hoher Arbeitsanreiz gegeben. Lohnabstand unterschiedlicher Haushaltstypen Sozialhilfestatistik Deutschland 2004, Abstand Januar 2006 50% West: 788 Ost: 591 40% 30% 39% West: 716 Ost: 459 West: 589 Ost: 348 West: 494 Ost: 507 Abstand in pro Monat West: 405 Ost: 362 20% 10% 0% ISG 2006 allein Lebende Paar ohne Kind 8% Paar mit 1 Kind 6% Paar mit 2 Kindern 5% West: 427 Ost: 594 Anteil an allen Bedarfsgemeinschaften Paar mit 3 Kindern 4% mit 1 Kind allein Erziehende 14% allein Erziehende West: 323 Ost: 378 8% übrige Bedarfsgemeinschaften: 16% mit 2 Kindern Die Überprüfung des Lohnabstands führt somit zu dem Ergebnis, dass ausreichende Arbeitsanreize sowohl im gesetzlich vorgesehenen Überprüfungsfall als auch für die Gesamtheit der Leistungsempfänger im erwerbsfähigen Alter belegbar sind. 6

3. Entwicklung des Abstands im Zeitvergleich In einer Zeitreihenanalyse der Jahre 1998 bis 2005 kann ferner nachgewiesen werden, dass in jedem dieser Jahre ein hinreichender Abstand gewahrt blieb und dass dieser im früheren Bundesgebiet seit 1998 deutlich zugenommen hat (von 12,7% auf 18,4%, vgl. folgende Tabelle). Abstand zwischen Arbeitnehmereinkommen und Hilfe zum Lebensunterhalt im Zeitvergleich Verheirateter Alleinverdiener mit 3 Kindern, Produzierendes Gewerbe Leistungsgruppe 3 im Juli des Jahres Berechnungs- 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 komponente / Monat / Monat / Monat / Monat / Monat / Monat / Monat / Monat Früheres Bundesgebiet Bruttoarbeitsentgelt Arbeitnehmer einschl. einmaliger Zahlungen 2.148 2.192 2.271 2.285 2.314 2.371 2.397 2.407 Steuern und Sozialabgaben 606 603 619 598 608 643 625 628 Nettoentgelt Arbeitnehmer 1.542 1.589 1.652 1.687 1.706 1.728 1.772 1.779 Kindergeld 378 409 429 429 462 462 462 462 Wohngeld 81 77 66 112 110 110 107 104 verfügbares Einkommen Arbeitnehmer 2.001 2.075 2.147 2.229 2.278 2.300 2.341 2.345 Bedarf an Hilfe z. Lebensunterhalt 1.747 1.779 1.799 1.839 1.892 1.910 1.917 1.914 Freibetrag für 1. und 2. Kind - - 21 21 21 21 21 - verfügbares Haushaltseinkommen HLU 1.747 1.779 1.820 1.859 1.912 1.931 1.938 1.914 Abstand der HLU zum verfügbaren Haushaltseinkommen des Arbeitn. in 254 296 328 370 365 370 404 431 in v.h. des Arbeitnehmereinkommens 12,7% 14,3% 15,3% 16,6% 16,0% 16,1% 17,2% 18,4% Neue Länder einschl. Berlin-Ost Bruttoarbeitsentgelt Arbeitnehmer einschl. einmaliger Zahlungen 1.625 1.641 1.714 1.737 1.758 1.788 1.784 1.782 Steuern und Sozialabgaben 382 372 390 381 383 402 391 389 Nettoentgelt Arbeitnehmer 1.243 1.269 1.324 1.356 1.376 1.387 1.393 1.393 Kindergeld 378 409 409 429 462 462 462 462 Wohngeld 153 163 150 165 164 161 164 164 verfügbares Einkommen Arbeitnehmer 1.774 1.841 1.883 1.950 2.002 2.010 2.019 2.019 Bedarf an Hilfe z. Lebensunterhalt 1.557 1.613 1.645 1.697 1.741 1.744 1.751 1.738 Freibetrag für 1. und 2. Kind - - 21 21 21 21 21 - verfügbares Haushaltseinkommen HLU 1.557 1.613 1.666 1.718 1.761 1.765 1.772 1.738 Abstand der HLU zum verfügbaren Haushaltseinkommen des Arbeitn. in 217 228 217 233 240 245 248 281 in v.h. des Arbeitnehmereinkommens 12,2% 12,4% 11,5% 11,9% 12,0% 12,2% 12,3% 13,9% Ausgewiesen sind auf volle - Beträge gerundete Werte, daher sind geringfügige Summenabweichungen möglich. * durchschnittlich in Höhe von 98% (West) bzw. 89% (Ost) des monatlichen Bruttoentgelts In den neuen Ländern lag der Abstand in den Jahren 2000 und 2001 noch unter 12%, vergrößerte sich danach aber bis auf rd. 14% im Juli 2005. Die Steuerreform, die Erhöhung des Kindergeldes, die Entwicklung der Rentenversicherungsbeiträge und die Wohngeldreform haben bewirkt, dass Arbeitnehmerhaushalte im unteren Einkommensbereich den Einkommensabstand zur Hilfe zum Lebensunterhalt vergrößern konnten. Dies zeigt eine Betrachtung dieser Faktoren im Zeitverlauf: Während das verfügbare Haushaltseinkommen eines Hilfsarbeiters zwischen 2000 und 2005 um (nominal) 9,2% 7

gestiegen ist, ist das Bedarfsniveau der Hilfe zum Lebensunterhalt (bzw. des Arbeitslosengeldes II) nur um 5,2% gestiegen. 3 Veränderungsraten von abstandsrelevanten Faktoren im Vergleich zum Vorjahr Produzierendes Gewerbe Leistungsgruppe 3, Früheres Bundesgebiet Verheirateter Alleinverdiener mit 3 Kindern Juli des Jahres Veränderung Komponente 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2000-2005 Bruttoentgelt einschl. einm. Zahlungen 3,6% 0,6% 1,2% 2,5% 1,1% 0,4% 6,0% Nettoentgelt 3,9% 2,2% 1,1% 1,3% 2,6% 0,4% 7,7% Kindergeld 5,0% 0,0% 7,6% 0,0% 0,0% 0,0% 7,6% Miete 2,0% 1,4% 1,2% 5,2% 1,0% 0,4% 9,5% Wohngeld -13,3% 69,2% -2,2% 0,0% -2,7% -2,8% 56,5% verfügbares Haushaltseinkommen 3,5% 3,8% 2,2% 1,0% 1,8% 0,2% 9,2% Eckregelsatz Hilfe z. Lebensunterhalt 0,5% 1,9% 2,1% 1,0% 0,0% 16,9% 22,9% Bedarf Hilfe zum Lebensunterhalt 1,2% 2,2% 2,9% 1,0% 0,4% -1,2% 5,2% 3 Bei einer Berechnung der Realentwicklung müssten beide Zeitreihen um die Preisentwicklung bereinigt werden. 8