Management der Online-Kommunikation von Unternehmen
Anne Linke Management der Online-Kommunikation von Unternehmen Steuerungsprozesse, Multi-Loop- Prozesse und Governance Mit einem Vorwort von Prof. Dr. Ansgar Zerfaß
Dr. Anne Linke Leipzig, Deutschland Die Arbeit wurde gefördert durch Fink & Fuchs Public Relations AG, Wiesbaden/München. Zugl. Dissertation an der Universität Leipzig, 2014 ISBN 978-3-658-08109-6 DOI 10.1007/978-3-658-08110-2 ISBN 978-3-658-08110-2 (ebook) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliogra e; detaillierte bibliogra sche Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer VS Springer Fachmedien Wiesbaden 2015 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikrover lmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Springer Fachmedien Wiesbaden ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media (www.springer.com)
Inhalt Vorwort 11 1. Einleitung: Kontrollverlust durch Social Media? 15 1.1 Forschungsinteresse: Social Media und Anpassungen des Kommunikationsmanagements 16 1.2 Vorgehensweise der Untersuchung 18 2. Unternehmenskommunikation als wirtschaftliches Handeln 21 2.1 Unternehmen in der Kommunikationsgesellschaft 21 2.2 Teilbereiche, Relevanz und Funktionen der Unternehmenskommunikation 34 2.2.1 Begriffserklärung: Was bedeutet Unternehmenskommunikation? 34 2.2.2 Funktion: Was soll Unternehmenskommunikation leisten? 39 2.3 Der Managementprozess der Unternehmenskommunikation 45 2.3.1 Managementtheorien : Prozess- und Managementverständnis 45 2.3.2 Exkurs: Strukturation als Zusammenwirken von Handlung und Struktur 51 2.3.3 Organisationstheoretische PR-Theorien: Komplexität der Unternehmenskommunikation und deren Integration 55 2.3.4 Die Phasen des Kommunikationsmanagement- Prozesses 61 2.3.4.1 Theoretische Fundierung des Kommunikationsmanagements und seines Phasenverlaufs 61
6 Inhalt 2.3.4.2 Analyse: Datenerhebung und Informationsverarbeitung als Grundlage der Unternehmenskommunikation 66 2.3.4.3 Planung: Gedankliche Simulation der Kommunikation und Strategieentwicklung 69 2.3.4.4 Implementierung: Verschiedene Steuerungs-konzepte für den Einsatz von Kommunikationsmaßnahmen 74 2.3.4.5 Evaluation: Bewertung und Optimierung von Kommunikationsprozessen 80 2.4 Governance als organisatorische Rahmenbedingung für die Unternehmenskommunikation 84 2.4.1 Die Suche nach Regulationsmechanismen eine interdisziplinäre Begriffsexplikation 84 2.4.2 Governance der Unternehmenskommunikation ein neuer Deutungsrahmen für existierende Regulationsmechanismen 92 3. Online-Kommunikation in einem sich verändernden Kommunikationsumfeld 99 3.1 Erste Entwicklungsstufe: Klassische Online- Kommunikation im World Wide Web 99 3.1.1 Internet und World Wide Web: Definition und Verbreitung 99 3.1.2 Online-Kommunikation von Unternehmen 102 3.2 Zweite Entwicklungsstufe: Digitale Evolution zum Web 2.0 und Social Media 107 3.2.1 Technischer Wandel zum dynamischen und partizipativen Netzwerk 107 3.2.2 Relevanz der Social-Media-Nutzung für die Gesellschaft 113 3.2.2.1 Zunehmende Social-Media-Verbreitung und gestiegene Nutzung 113 3.2.2.2 Soziale Folgen: Von der Selbstinszenierung auf Mikroebene zur Demokratisierung auf Makroebene 116
Inhalt 7 3.2.3 Enterprise 2.0: Integration von Social Media in die Geschäftsprozesse von Unternehmen 124 4. Strategische Unternehmenskommunikation im Social- Media-Zeitalter 133 4.1 Diagnose 1: Vermehrter Einsatz von Social Media in der Unternehmenskommunikation 133 4.2 Diagnose 2: Verändertes Selbstverständnis und neue Anforderungen an die Unternehmenskommunikation 141 4.3 Diagnose 3: Online-spezifische Risiken und Herausforderungen für die Unternehmenskommunikation 152 4.4 Konsequenz für den Kommunikationsmanagement-Prozess: Das Multi-Loop-Modell 157 4.4.1 Ausweitung der Analyse auf Social Media, dynamische Prozesse und Selektionsverfahren 158 4.4.2 Berücksichtigung der Stakeholder-Emanzipation und des gestiegenen Bedarfs nach Flexibilität in der Planungsphase 161 4.4.3 Ziele und Organisationsmodelle für die Durchführung von Kommunikationsmaßnahmen in Social Media 165 4.4.4 Systematische und spezifische Evaluationssysteme für Social Media 169 4.4.5 Zusammenfassung des Multi-Loop-Modells des Kommunikationsmanagements 172 4.5 Strukturelle Konsequenz: Social Media Governance als Voraussetzung für die Social-Media-Kommunikation 177 4.5.1 Minimaldefinition von Social Media Governance als Regelsystem 178 4.5.2 Umfassendes Konzept der Social Media Governance: Regeln und Ressourcen für die Online- Kommunikation 181 5. Status-quo-Untersuchung des Managements von Online- Kommunikation 189 5.1 Rückschlüsse aus der Theorie: Ziel, Forschungsfrage und Analyseebenen der empirischen Untersuchung 189
8 Inhalt 5.2 Design der Mehrmethodenstudie mit qualitativen und quantitativen Verfahren 193 6. Qualitative Analyse: Fallstudien in deutschen Unternehmen 197 6.1 Fallstudien als Forschungsmethode 197 6.2 Kombination aus Inhaltsanalyse und Interviews 200 6.2.1. Methodische Grundlagen 200 6.2.2 Forschungsprozess 205 6.3 Good Practices der Social-Media-Kommunikation in deutschen Unternehmen 207 6.3.1 Social-Media-Einsatz: Umweltbedingungen und Herausforderungen für die Organisationsstrukturen 207 6.3.2 Social Media Governance von Budgets bis Guidelines 211 6.3.3 Herausforderungen für den Prozess des Kommunikationsmanagements: Dynamik und Komplexität 219 7. Quantitative Analyse: Befragung von Kommunikationsmanagern in deutschen Unternehmen 229 7.1 Methodische Grundlagen 229 7.2 Forschungsprozess und Stichprobe 231 7.3 Das Messmodell der Hypothesen und seine Operationa-lisierung als Fragebogen 234 7.4 Status quo des Multi-Loop-Kommunikationsmanagements in Deutschland 238 7.4.1 Komplexes Kommunikationsumfeld und große Unterschiede beim Erfahrungsgrad 238 7.4.2 Social Media Governance als Kombination aus Steuerungs-, Unterstützungs- und Feedbacksystem 242 7.4.3 Organisationsweise und Phasen des Social-Media- Kommunikationsmanagements 247 7.5 Diskussion der Ergebnisse und Hypothesentests 254 7.5.1 Zusammenhang zwischen der Wahrnehmung einer veränderten Umwelt und dem Social-Media-Einsatz 255 7.5.2 Zusammenhang zwischen Social-Media-Erfahrungen, Aktivitätsgrad und Ausmaß der Governance 256
Inhalt 9 7.5.3 Unterschiede bei der Prozessgestaltung des Kommunikationsmanagements zwischen Governance-Leveln 260 7.5.4 Einflussfaktoren auf die Anzahl an Prozessveränderungen und das Ausmaß an Governance-Strukturen 266 7.5.5 Typologie der Social-Media-Kommunikation von Unternehmen 273 8. Kompositum: Qualitatives und quantitatives Fazit zum Multi-Loop-Modell des Kommunikationsmanagements 279 8.1 Relevanz, Ziele und Integration der Social-Media- Kommunikation 279 8.2 Professionalisierungsprozess der Online-Kommunikation 284 8.2.1 Reifegrad des Kommunikationsmanagements 284 8.2.2 Etablierung von Governance als langfristiger Prozess 285 8.2.3 Kombination aus zentralen und dezentralen Verantwortlichkeiten 287 8.2.4 Orientierung durch Guidelines und Strategien 288 8.3 Veränderungen des Kommunikationsmanagements entsprechend des Multi-Loop-Modells 290 9. Schlussbetrachtung: Multi-Loop-Modell und Social Media Governance für das Management von Online- Kommunikation 297 9.1 Wissenschaftlicher Erkenntnisgewinn 297 9.2 Theoretische und praktische Anschlussmöglichkeiten 301 9.3 Szenarien zum Einsatz von Social Media in der Unternehmenskommunikation 305 Literatur 309
Vorwort Die Etablierung von Online-Kommunikation und sozialen Medien in weiten Teilen der Gesellschaft hat die Organisationskommunikation grundlegend verändert. Doch die Prognosen und normativ begründeten Hoffnungen auf eine stärker transparente, dialogorientierte und partizipative Kommunikation wurden nur selten erfüllt. Die empirische Forschung zeigt vielmehr, dass die neuen Möglichkeiten meist in traditierte Handlungsschemata eingepaßt werden. Zugleich werden im Zeitalter von Big Data und Datenüberwachung die Kehrseiten der digitalen Kommunikation deutlich. Deshalb ist es wichtig, Kommunikationsprozesse im Internet zwischen Organisationen, ihren Bezugsgruppen und Publika kontinuierlich zu erforschen. Aus strategischer Sicht stellt sich allerdings eine darüber hinausgehende Frage, die nicht die Kommunikationsprozesse selbst, sondern deren organisatorische Rahmenbedingungen und Steuerungsprozesse in den Mittelpunkt rückt: Welche Konsequenzen hat die Online-Kommunikation für das Management der Kommunikation in und durch Organisationen? Sind etablierte Planungen und one-voice-policies noch sinnvoll? Müssen Analysen und Umsetzungsschritte angepaßt werden? Welche Kompetenzen und Prozessschritte sind erforderlich, um in fragmentierten Öffentlichkeiten und auf miteinander vernetzten Plattformen stringent kommunizieren zu können? Anne Linke, die seit einigen Jahren am Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaft der Universität Leipzig forscht und bereits einige international beachtete Publikationen zur Online-Kommunikation vorgelegt hat, beantwortet diese Fragen in der vorliegenden Dissertationsschrift in überzeugender Weise. Die Verfasserin setzt sich mit den strukturellen Voraussetzungen der Unternehmenskommunikation im Social Web auseinander. Sie geht der Foschungsfrage nach, wie Social Media den Prozess des Kommunikationsmanagements in Unternehmen verändern. In konzeptioneller Hinsicht wird untersucht, wie auf der Steuerungsebene ein an die Herausforderungen der Social-Media-Kommunikation angepaßtes Modell des Kommunikationsmanagements (Multi-Loop- Modell) und wie entsprechende strukturelle Rahmenbedingungen (Social Media Governance) aussehen können. In empirischer Perspektive klärt die Verfasserin mit einer Mehrmethodenstudie, wie es um die Umsetzung in der Praxis deutscher Unternehmen steht.
12 Vorwort Die Aufgabenstellung kann in mehrfacher Ansicht als anspruchsvoll und ambitioniert bezeichnet werden. Erstens richtet die Verfasserin ihren Blick im Gegensatz zum Mainstream der bisherigen Forschung nicht auf die Oberfläche, sondern auf den Maschinenraum der strategischen Online-Kommunikation. Zweitens erfordert dies einen Zugang, der über die Kommunikationsprozesse hinaus auch ein Verständnis von Organisationstheorie, Managementforschung und Soziologie erfordert. Drittens wird ein empirisches Design benötigt, das hinter die schöngefärbten Kulissen von kreativen Kampagnen und Dialogidealen blickt und die Realität der Social-Media-Kommunikation und ihrer Rahmenbedingungen offenlegt. Schließlich muss sich eine Monographie im schnell wandelnden Feld der Online-Kommunikation der Herausforderung stellen, dass die dynamische Fortentwicklung des Felds manche Ergebnisse schnell obsolet machen könnte. Dies ist hier nicht der Fall. Anne Linke hat einen Zugriff gewählt und Erkenntnisse erarbeitet, die dauerhaft lesenswert sind und die Forschung befruchten. Die Studie vermittelt zunächst einen Einblick in die Grundlagen der Unternehmenskommunikation, den Managementprozess der Kommunikation und die als Governance-Strukturen bezeichneten organisatorischen Rahmenbedingungen der Unternehmenskommunikation. Das traditionelle Verständnis einer rationalen Steuerung von Kommunikation, wie es in der PR-Forschung und Konzeptionslehre ebenso wie in der Berufspraxis anzutreffen ist, wird von der Verfasserin einerseits an betriebswirtschaftliche Konzeptionen von Führungs-, Leistungsund Unterstützungsprozesse und andererseits an soziologische Erkenntnisse der Strukturationstheorie und der daran anknüpfenden, empirisch anwendbaren Adaptive Structuration Theory rückgekoppelt. Dadurch gelingt es ihr, das Spannungsfeld verschiedener Steuerungskonzeptionen aufzuzeigen. Im Fortgang der Untersuchung schließt sich ein Überblick zu den begrifflichen Grundlagen und Entwicklungsstufen der Online- und Social-Media-Kommunikation an. Die grundlegenden Begriffe und Konzepte sowie empirische Erkenntnisse zur Nutzung von Social Media, den gesellschaftlichen Auswirkungen und Folgen auf der Mikro-, Meso- und Makroebene sowie zur Integration in die Geschäftsprozesse von Unternehmen werden vorgestellt. Die verschiedenen Analyseebenen werden im konzeptionellen Hauptteil der Arbeit geschickt zusammengeführt. Anne Linke vermittelt in drei Schritten einen Überblick zum internationalen Forschungsstand, der in drei Diagnosen zusammengefaßt wird: Erstens kann ein vermehrter Einsatz von Social Media in der Unternehmenskommunikation konstatiert werden. Dies führt zweitens zu neuen Anforderungen an die Unternehmenskommunikation auf der Input- und Output- Ebene, für die es verschiedene Erklärungsansätze und (teilweise idealistisch geprägte) Vorstellungen zu einem neuen Rollenverständnis der Kommunikati-
Vorwort 13 onsfunktion gibt. Diese werden meist unter positiven Vorzeichen als Chancen erörtert. Drittens gehen mit der Verbreitung von Social Media aber auch neue Risiken und Herausforderungen für Unternehmen einher, die insbesondere unter dem Stichwort Kontrollverlust diskutiert werden letztlich also vor allem auf die Managementdimension verweisen. Die Verfasserin entwickelt dann ein zweiteiliges Konzept zum Umgang mit Social Media in der Unternehmenskommunikation, bestehend auf dem Multi-Loop-Modell des Kommunikationsmanagements, das mögliche Veränderungen etablierter Abläufe in den einzelnen Phasen des Steuerungs- und Umsetzungsprozesses schildert, und einem notwendigen Ordnungsrahmens im Sinne der Social Media Governance. Beide Konzepte sind in sich stimmig. Es folgt eine ausführliche empirische Untersuchung, in dessen Mittelpunkt die Deskription des Status quo der Managementprozesse und Governance- Strukturen für Social-Media-Kommunikation in deutschen Unternehmen steht. Die Verfasserin kombiniert qualitative Fallstudien bei den Unternehmen BASF, Daimler, Lufthansa, Puma und RWE (Inhaltsanalyse, Dokumentenanalyse, Leitfaden-Interviews) mit einer quantitativen Online-Befragung von über 500 Kommunikationmanagern. Die damit erzeugten Datensätze werden im Sinne einer Triangulation zusammengeführt. Die Verfasserin nimmt vielfältige statistische Auswertungen vor; neben deskriptiven Darstellungen und Korrelationsanalysen kommen auch Pfadanalysen und Regressionsrechnungen zur Anwendung und es wird eine empirisch durch die Clusterung von Indexwerten begründete Typologie von Unternehmen anhand ihres Umgangs mit Social-Media- Kommunikation entwickelt. Neben der geschickten Kombination von empirischem und disziplinärem Wissen überzeugen auch die im Schlusskapitel erläuterten Perspektiven sowie die Szenarien zum Einsatz von Social Media in der Unternehmenskommunikation. Der hier vorgelegte Beitrag zur kommunikationswissenschaftlichen Forschung wurde durch ein mehrjähriges Stipendium der Fink & Fuchs Public Relations AG, Wiesbaden, ermöglicht. Für diese Unterstützung, vielfältige Inspirationen und die fortwährende, vertrauensvolle Kooperation mit der Universität Leipzig gilt Stephan Fink, dem Vorstandsvorsitzenden der Agentur, ein besonderer Dank. Die Forschung zur strategischen Kommunikation in Internet und Social Media wird durch die vorliegende Grundlagenstudie vorangebracht. Ich wünsche der Arbeit eine intensive Rezeption und viele Leserinnen und Leser, die die Erkenntnisse anwenden sowie kritisch-konstruktiv weiterentwickeln. Leipzig, im März 2014 Univ.-Prof. Dr. Ansgar Zerfaß