Kurzfassung Praktikumsbericht Julia Schinagel Matrikel-Nr: 762451 Praktikum in der Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche des Landkreises Heidenheim vom 02.03.2015 bis 27.03.2015 1.270 Wörter
1 Einführung und Kurzdarstellung der Einrichtung 1.1 Beschreibung der Einrichtung Die Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche in Heidenheim gehört seit 2011 zum Sozialdezernat des Landkreises Heidenheim. Sie umfasst zwei Beratungsstellen, eine in Heidenheim und eine in Giengen. Das Praktikum absolvierte ich hauptsächliche in Heidenheim. Die beiden Beratungsstellen umfassen eine Verwaltungsangestellte sowie sieben Fachkräfte. Es handelt sich dabei um eine psychologische Fachkraft, vier sozialpädagogische Fachkräfte sowie um zwei Diplom-Pädagogen/innen. Die Psychologin ist als Kinder- und Jugendpsychotherapeutin zugelassen. Die Arbeit in den Beratungsstellen wird in Kooperation mit verschiedenen Behörden, Fachberatungsstellen, KITAs, Schulen, Therapeuten und Ärzten durchgeführt. Hinzu gibt es spezifische Kooperationen. 1.2 Aufgaben der Einrichtung Der Kernbereich der Aufgaben lässt sich in drei Teilbereiche gliedern: Erziehungs- und Familienberatung Trennungs- und Scheidungsberatung Einzelarbeit mit Kindern und Jugendlichen 1.3 Klientel und Zielsetzung der Einrichtung Zum Klientel der Beratungsstelle gehören Eltern und Familien, Kinder und Jugendliche, junge Volljährige (bis zum 27. Lebensjahr auch ohne eigene Kinder) sowie Fachleute und Institutionen, die mit der Erziehung und Begleitung von Kindern und Jugendlichen befasst sind. Die Ziele sind Wiederherstellung, Sicherung und Stabilisierung der elterlichen Erziehungskompetenzen, die Klärung und Entwicklung von Lösungswegen für Beziehungskonflikte zwischen Kindern, Jugendlichen und Eltern sowie ein für die beteiligten Kindern und Jugendlichen hilfreicher Umgang mit der Trennung/Scheidung der Eltern. 1.4 Arbeitsweise der Einrichtung Die Beratungsstelle verfügt über einige Arbeitsprinzipien. Zu diesen gehören: Gute Erreichbarkeit Gebührenfreiheit Vertrauensschutz Kurze Wartezeiten Freiwilligkeit Multidisziplinäres Team Niederschwelliger Zugang 1
2 Darstellung des Aufgabenfeldes 2.1 Vorbereitung und Zielsetzung für die eigene Tätigkeit 2013 absolvierte ich ein Praktikum in der Kinderpsychiatrie in Karlsruhe und konnte dort einen guten Einblick in die stationäre psychologische und psychiatrische Arbeit mit Kindern erlangen. Ich wollte nun erfahren, wie sich eine ambulante und systemische Arbeitsweise mit Kindern und Familien hiervon unterscheidet. Zur Vorbereitung meines Praktikums las ich mich in die systemische Therapie und Beratung (Schlippe & Schweitzer, 2013) genauer ein. Darüber hinaus war für mich von Interesse, ob eine spätere Berufstätigkeit in diesem Bereich für mich in Frage kommt. 2.2 Darstellung der eigenen Tätigkeit In meinem Praktikum bekam ich die Möglichkeit bei allen Beratern der Beratungsstelle zu hospitieren. So konnte ich individuelle Aspekte der Tätigkeit besser erfassen. Je nach Berater sollte und konnte ich mich unterschiedlich stark in Gespräche mit Klienten einbringen. Im Fall von A. war ich bei einem weiterführenden Gespräch dabei. A. ist 11 Jahre, besucht ein Gymnasium und wurde von ihrer Mutter aufgrund schulischer Probleme geschickt. Die Mutter berichtete A. s Noten seien mittelmäßig, aber A. zum Lernen und zum Erledigen ihrer Hausaufgaben zu bringen sei ein endloser Kampf. A. s Mutter war bereits mehrfach in psychiatrischer Behandlung aufgrund rezidivierender Depressionen. Da A. s Eltern getrennt leben (der Vater lebt im Ausland) war A. während dieser Zeiträume immer bei ihrer Oma untergebracht. Die Situation verschlimmerte sich immer dann, wenn A. bei ihrer Oma war. Um herauszufinden, ob die schulische Situation A. überforderte oder ob sie lediglich disziplinlos war, sollte ich in einem separaten Termin mit A. den K-ABC durchführen. Das Ziel war es herauszufinden, ob A grundsätzlich für ein Gymnasium geeignet ist. So bekam ich die Möglichkeit den Test mit A. durchzuführen und auch auszuwerten. Es ergab sich ein IQ von 111. In Absprache mit Frau Koch sollte ich nun für den nächsten Termin mit der Mutter zum einen die Testergebnisse so aufbereiten, dass sie für A. s Mutter verständlich waren und zum anderen eine Empfehlung und evtl. Lernhilfen (zum selbstregulierten Lernen) vorbereiten. In diesem Fall hatte ich folglich die Möglichkeit die Durchführung von psychologischer Testung mit der praktischen Anwendung zu kombinieren und durfte (in Absprache) eigenständig mitarbeiten. Mein Aufgabenfeld während des Praktikums umfasste weiter folgende Tätigkeiten: Teilnahme bei Erst- und Beratungsgesprächen: Um nicht in eine bereits laufende Beratung quer einzusteigen und nicht Gefahr zu laufen ein bestehendes Vertrauensverhältnis zu beschädigen, habe ich primär bei Erstgesprächen hospitiert. In einigen Fällen konnte ich nach diesen Erstgesprächen im Rahmen meines Praktikums auch noch die Folgegespräche miterleben. Es ergaben sich allerdings auch mehrere Gelegenheiten, bei denen ich in ein Folgegespräch mitkommen durfte. Hierfür bekam ich vorher stets eine mündliche oder schriftliche Einarbeitung in den Fall. Je nach Berater wurde ich aktiv in die Gespräche eingebunden, konnte Fragen stellen oder bei der Aufstellungsarbeit helfen. Im Anschluss daran wurde das Gespräch stets rekapituliert. 2
Ich konnte hier mein psychologisches Wissen sehr gut einbringen und hatte das Gefühl, dass vor allem die sozialpädagogischen Fachkräfte auch sehr an psychologischen Theorien und Fachwissen interessiert waren. Durchführung und Auswertung von psychologischen Tests (K-ABC und CFT-1): Ich durfte nach ausgiebiger Vorbereitung sowohl den K-ABC als auch den CFT-1 sowohl durchführen als auch auswerten. Erarbeitung von Lernkonzepten oder Freizeitaktivitäten für Kinder: Nach den Erstgesprächen sollen/müssen oft konkrete praktische Maßnahmen erarbeitet werden. Im Fall von A. ging es um Methoden zum Erlernen des selbstregulierten Lernens für Kinder, in anderen Fällen waren auch Themen wie aktive Freizeitgestaltung ein Thema. Teilnahme Fachberatung gegen sexuelle Gewalt: Das Fach-Team trifft sich alle zwei Wochen und besteht aus Mitarbeitern der Beratungsstelle, des Landratsamts sowie der Schwangerschafts- Beratungsstelle. Es werden aktuelle Fälle von sexuellem Missbrauch an Kindern im Team besprochen und Erfahrungen ausgetauscht. Teilnahme Kooperationsbesprechung Schulsozialarbeiter : Die Beratungsstelle und Schulsozialarbeiter bemühen sich um einen regen Austausch. Das Ziel ist es durch eine gute Vernetzung Kinder optimal zu betreuen. Teilnahme an diversen Fachtagungen: Teilnahme Jugendhilfeausschuss des Landkreises, Teilnahme Fachtagung Zentrale psychologische Fragestellungen zu Sorge-/ Umgangsrecht und Kindeswohlgefährdung Diverse Recherche- sowie organisatorische Aufgaben 2.3 Kritische Auseinandersetzung mit der eigenen Tätigkeit Ich erhielt im Rahmen des Praktikums von Beginn an eine hervorragende Betreuung. Zuerst eine Einweisung im Landratsamt Heidenheim, danach eine in der Beratungsstelle selbst. Alle Mitarbeiter besprachen zusammen mit mir meinen Wochen-Arbeitsplan. Ich hatte die Möglichkeit in Giengen und Heidenheim jeweils mit allen Beratern bei Beratungen dabei zu sein. Das ermöglichte mir einen umfassenden Einblick in die individuellen Unterschiede bei den Beratungen aber auch in die verschiedenen Klienten-Typen und Problemstellungen. Ich konnte alle drei Kernbereiche der Arbeit Erziehungs- und Familienberatung, Trennungs- und Scheidungsberatung sowie Einzelarbeit mit Kindern und Jugendlichen miterleben. Der systemische Ansatz gefiel mir insgesamt sehr gut. Kritisch dabei finde ich allerdings, dass in der vorrangig systemisch gearbeitet wird. Multidisziplinäres Arbeiten heißt für mich auch einen Klienten multidisziplinär betrachten. Es fehlen meines Erachtens weitere (klinische) Psychologen und evtl. auch Ärzte bzw. eine engere Vernetzung mit diesen. Ich komme wieder zu einem Kritikpunkt, der mir in all meinen bisherigen Praktika auffiel: Es wurde stets schulenorientiert gearbeitet. Was mir hierbei fehlt ist den Klienten mehr in den Mittelpunkt zu stellen und patientenzentriert (anstatt schulenorientiert) zu arbeiten. Diese Kritik konnte ich aber offen äußern und mit den anderen Mitarbeitern besprechen. 3
Ein anderer problematischer Aspekt meines Praktikums war die Dauer, die lediglich vier Wochen betrug. Die Abstände zwischen Terminen von Klienten in der Beratungsstelle betragen durchschnittlich drei Wochen. Das heißt es gab für mich nur wenige Möglichkeiten neue Klienten erneut zu sehen bzw. den Verlauf der Beratung und deren Erfolg mit zu verfolgen. Bei einem weiteren Praktikum würde ich eine längere Dauer von mindestens 12 Wochen vorziehen. 3 Zusammenfassende Einschätzung des Praktikums und der Praxiseinrichtung Psychologische und/oder sozialpädagogische Kenntnisse sind im Rahmen eines solchen Praktikums wünschenswert bis notwendig. Während des Praktikums bestand für mich jederzeit die Möglichkeit Fragen zu stellen oder Probleme zu besprechen. Der Einblick in die systemische Arbeitsweise war äußerst spannend und lehrreich. Weiterführende Literatur hierzu war mir jederzeit zugänglich. Durch den Kontakt und Austausch mit erfahrenen Mitarbeitern verschiedener Berufe bekam ich einen sehr umfassenden Einblick in die Arbeit. Das verschaffte mir Klarheit darüber, über welche Voraussetzungen und Fähigkeiten man als Psychologe im Kinder- und Jugendbereich bzw. in der Arbeit mit Familien verfügen sollte. Außerdem war es für mich sehr lehrreich zu erfahren, wo genau die Unterschiede in Bezug auf die Arbeit von Beratungsstellen und psychiatrischen Kliniken liegen, wo sich diese überschneiden und wie hier eine sinnvolle Vernetzung stattfinden kann. Heidenheim, 31.05.2015 Julia Schinagel 4