EU-Zuwanderung: eine Chance für alle?

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Transkript:

EU-Zuwanderung: eine Chance für alle? Auftaktveranstaltung EU-Zuwanderung Integrationschancen und Herausforderungen, Diakonisches Werk Hamburg, 30. Juni 2016 Vesela Kovacheva Hamburgisches WeltWirtschaftsInstitut (HWWI)

Drei Aspekte Merkmale der EU-Zuwanderung: Ausmaß und soziodemographische Struktur Situation in den Herkunftsländern: Wirtschaft, Demographie und Gesellschaft Situation in Deutschland: Arbeitsmarkt Hamburgisches WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) Seite 2

I. Merkmale der EU-Zuwanderung Migration von Unionsbürgern nach Deutschland (2007-2014) 900.000 800.000 700.000 600.000 500.000 400.000 300.000 707.771 623.407 532.395 398.451 343.851 335.914 348.909 359.720 326.399 334.452 324.799 303.825 278.428 809.807 511.888 55,3% aller Zuzüge 56,0% aller Fortzüge Saldo Zuzüge Fortzüge 200.000 263.687 285.614 125.914 297.919 100.000 207.596 65.423 94.626 0 9.515 14.457 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 Quelle: Statistisches Bundesamt Hamburgisches WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) Seite 3

Nettomigration von Unionsbürgern nach Herkunftsregionen (2007-2014) 350.000 300.000 297.919 250.000 200.000 150.000 100.000 50.000 0-50.000-1.940 115.212 90.545 94.626 63.607 65.423 35.767 38.347 42.447 31.596 13.832 EU-14 EU-10 EU-2 EU insgesamt 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 Hamburgisches WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) Seite 4

Die größten Herkunftsländer: Polen, Rumänien und Bulgarien 800.000 700.000 600.000 Zuwachs 2004-2015 +479% BG +517% RO +154% PL 9% 740.962 8% 8% 7% 500.000 400.000 300.000 200.000 292.109 452.718 5% 226.926 2% 6% 5% 4% 3% 2% 100.000 73.365 39.167 1% 0 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Bulgaren Rumänen Polen Bulgaren, in % aller Ausländer Rumänen, in % aller Ausländer Polen, in % aller Ausländer 0% Hamburgisches WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) Seite 5

Merkmale der EU-Zuwanderung Mehrheitlich integrationsfördernde Merkmale der Unionsbürger Bedürftige und Hilfesuchende als Begleiterscheinung Hohe Flexibilität der Mobiltät Hamburgisches WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) Seite 6

II. Situation in den Herkunftsländern Demographische Entwicklung 1989 2007 2015 1989-2015 In % Bulgarien 8,9 Mio 7,5 Mio 7,2 Mio - 1,7 Mio - 20% Rumänien 23,1 Mio 21,1 Mio 19,8 Mio - 3,2 Mio - 14% Polen 37,8 Mio 38,1 Mio 38,0 Mio + 121,000 + 0,3% Auswanderung verstärkt das demographische Problem (Alterungsprozesse und Bevölkerungsrückgang) Hamburgisches WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) Seite 7

Wirtschaftliche Situation 2015 BIP in KKS (Index) Arbeitslosenquote Mindestlohn Bulgarien 46 9,2% 184,07 Euro Rumänien 57 6,8% 217,50 Euro Polen 69 7,5% 409,53 Euro Deutschland 125 4,6% 1.473,00 Euro Armut und soziale Ausgrenzung 48,0% 40,4% 25,8% 20,3% Sozio-ökonomische Lage als treibender Faktor der Mobilität Arbeitslosigkeit und Armut entgegenwirken Arbeitskräftemangel verschärfen Hamburgisches WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) Seite 8

Gesellschaftliche Entwicklungen Wachsende regionale Ungleichgewichte zwischen Regionen Stark gefährdete Gruppen in der Gesellschaft Rücküberweisungen:Verringerung von Armut, Investitionen in Bildung und Unternehmen Bulgarien: 1,8% (2004) auf 4,3% (2012) des BIP Rumänien: 2,3% (2001) auf 4,5% (2009) des BIP Polen: 2,0 (2008) des BIP Hamburgisches WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) Seite 9

III. Situation der EU-Zuwanderer auf dem deutschen Arbeitsmarkt Beschäftigungsquote in Prozent (2014-2015) Balkan 42,5 45,3 Kriegs- und Krisenländer 17 26,7 EU4 EU8 EU2 EU insgesamt Ausländer 53,9 53,8 47,8 46,4 51,3 48,8 49,6 48,4 43,8 45,2 2015 2014 Insgesamt 64 64 Quelle: IAB-Zuwanderungsmonitor 2014-2016, eigene Darstellung 0 10 20 30 40 50 60 70 Hamburgisches WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) Seite 10

Arbeitslosenquote in Prozent (2014-2015) Balkan 16,8 17 Kriegs- und Krisenländer 37,9 43,8 EU4 EU8 EU2 EU insgesamt Ausländer Insgesamt 11 11,4 10,1 10,8 11,3 10,6 10,1 10,4 14,8 14,8 7,2 7,5 0 10 20 30 40 50 2015 2014 Quelle: IAB-Zuwanderungsmonitor 2014-2016, eigene Darstellung Hamburgisches WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) Seite 11

Mermale der Beschäftigung Wirtschaftszweige: überproportional in bestimmten Sektoren (Leiharbeit, sonstige wirtschaftliche Dienstleistungen, Gast- und Baugewerbe) Anforderungsniveau: viele als Helfer, aber auch als Fachkräfte Entlohnungsstruktur: viele im Niedriglohnsektor, schlechter entlohnt als Deutsche Hamburgisches WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) Seite 12

Problemfeld: prekäre Beschäftigung Verletzung von arbeitsrechtlichen Mindeststandards als Zeichen prekärer Beschäftigung Besonders betroffene Beschäftigungsformen: Entsendung, grenzüberschreitende Leiharbeit, Scheinselbstständige, Werkvertragsbeschäftigte Besonders betroffene Branchen: Baugewerbe, Gebäudereinigung, Schlachtindustrie, Pflege Hamburgisches WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) Seite 13

Verletzung von arbeitsrechtlichen Mindeststandards: Umfragen in Berlin (2011) und Hamburg (2013) sonstige Verletzung Drohung mit Kündigung bei Krankheit keinen bezahlten Urlaub 5% 6% 6% gefährliche Arbeiten ohne Schutzvorrichtungen oder Schutzkleidung leisten Lohn für mehr als einen Monat nicht erhalten Lohn für einige Tage nicht erhalten umfangreiche unvereinbarte Überstunden 12% 15% 17% 17% Arbeit ohne Vertrag und Sozialversicherungen 31% Betroffene von Rechtsverletzung 42% 45% 0% 5% 10% 15% 20% 25% 30% 35% 40% 45% 50% Menschen mit bulgarischem Hintergrund in Hamburg, 2013 (n=349) Albanisch- und bulgarischsprachige Migranten in Berlin, 2011 (n=140) Quelle: Kovacheva (im Erscheinen), Kovacheva und Vogel (2012) Hamburgisches WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) Seite 14

Arbeitsrechtlichter Informationsbedarf von Unionsbürgern: Umfrage in Berlin (2011) Wissen über Mindeststandards in Deutschland: nur 28% kannten alle sechs Rechte Unterstützungsmöglichkeiten: ein Drittel kannte mindestens eine Beratungsstelle Umgang mit Rechtsverletzung: 9% der potentiell Betroffenen und 36% der tatsächlich Betroffenen Hamburgisches WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) Seite 15

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Vesela Kovacheva kovacheva@hwwi.org Hamburgisches WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) Seite 16