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verließen bis Kriegsbeginn also etwa 360.000 bis 370.000 Juden den nationalsozialistischen Herrschaftsbereich, das entsprach etwa einem Drittel der jüdischen Bevölkerung dieses Gebietes im Jahre 1933. 4 Mit der sprichwörtlichen deutschen Gründlichkeit schufen die Behörden des Dritten Reiches ein nahezu undurchdringliches Dickicht von ebenso kleinlichen wie bösartigen Vorschriften und Verordnungen, auf deren Grundlage die Juden in Deutschland schrittweise der Bürger- und Menschenrechte sowie ihrer wirtschaftlichen Existenzgrundlage beraubt wurden. 5 Den auswanderungswilligen Juden wurden zudem vor ihrer Ausreise aus Deutschland zahllose zusätzliche Abgaben und Zahlungen auferlegt, so daß sie ihre vormalige Heimat nur buchstäblich bis zum letzten Hemd ausgeplündert

verlassen konnten. Die sogenannte Reichsfluchtsteuer, bereits 1931 eingeführt, um in den Jahren der Weltwirtschaftskrise die Kapitalflucht aus Deutschland zu begrenzen, wurde von den Nazis dann aber prinzipiell»neugestaltet«. Es war nur eines der pseudorechtlichen Instrumente, mit denen der staatliche Raubzug gegen die Juden in Deutschland praktiziert wurde. Ab 1934 war diese Steuer ständig und dramatisch erhöht worden. Im Gefolge der»nürnberger Gesetze«1935 und der verstärkten»arisierung«der deutschen Wirtschaft ab 1938 war es für Juden schließlich, von wenigen Ausnahmen abgesehen, so gut wie unmöglich, auch nur einen kleinen Teil ihres früheren persönlichen Eigentums sei es in Sach- oder in Geldwerten mit ins Ausland zu nehmen. Gerade wegen der enormen finanziellen

Erträge, die die Beraubung und anschließende Vertreibung der deutschen Juden der Wirtschaft Deutschlands brachte, war die Hitlerregierung über lange Zeit bestrebt, die jüdische Auswanderung aus Deutschland durch verschiedene Maßnahmen zu beschleunigen und die Zahl der Auswanderer zu erhöhen. Noch im Sommer 1939 hieß es beispielsweise in der 10. Verordnung zum sogenannten Reichsbürgergesetz über die Zwangsgründung der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland vom 4. Juli 1939 im Artikel 1, Paragraph 2, Absatz 1:»Die Reichsvereinigung hat den Zweck, die Auswanderung der Juden zu fördern.«6 Am 2. Februar 1940 erfolgte der Beschluß über eine sogenannte Auswanderungsabgabe- Verordnung, der zufolge die emigrierenden Juden 10 bis 60 Prozent ihres verbliebenen Vermögens an die Reichsvereinigung der

Juden in Deutschland zu übergeben hatten. Die Reichsvereinigung sollte mit diesem Vermögen ihre Verpflichtung zur Sozialhilfe an die in Deutschland zurückbleibenden und zumeist völlig mittellosen Juden erfüllen. Allerdings: Bereits am 23. Januar 1938 war durch Erlaß der Gestapo verfügt worden, daß alle unerlaubt nach Deutschland zurückkehrenden jüdischen Emigranten sofort und unbefristet in ein Konzentrationslager»einzuweisen«seien. 7 Ohne Frage war dies auch eine Vorbereitung auf die sogenannte Polen- Aktion vom 28. Oktober 1938, bei der ca. 15.000 bis 17.000 polnische Juden, die zum Teil seit Jahrzehnten in Deutschland lebten, gewaltsam über die Grenze nach Polen abgeschoben wurden. Da sich aber die polnische Regierung und die Regierungen anderer Länder weigerten, diese Menschen aufzunehmen, mußte die

Mehrzahl von ihnen monatelang in Zeltlagern unter elenden Bedingungen im deutsch-polnischen Grenzgebiet auf eine Entscheidung über ihr Schicksal warten. In Wien, der Hauptstadt des kurz zuvor besetzten Österreich, wurde im August 1938 unter Leitung von Adolf Eichmann eine»zentralstelle für jüdische Auswanderung«eingerichtet. Mit brutalem Terror zwang dieser innerhalb weniger Monate Zehntausende österreichische Juden zur Emigration. 8 Ein Jahr später, im Juli 1939, wurde Eichmann nach Prag versetzt und übernahm auch dort den Aufbau einer»zentralstelle für jüdische Auswanderung«. Knapp 25 Jahre später beurteilte ein Zeuge während des Eichmann-Prozesses in Jerusalem diese»auswanderungszentralen«so:»schrecklich. Ich sagte sofort, das schaut aus so nach einer automatischen Fabrik, so