26. September 2016 Stellungnahme des Deutschen Forstvereins e.v. zum Klimaschutzplan Entwurf BMUB vom

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Transkript:

DFV e.v. Büsgenweg 1 37077 Göttingen Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit Referat KI I 1 - Grundsatzangelegenheiten des Klimaschutzes Stresemannstraße 128-130 10117 Berlin Deutscher Forstverein e.v. Büsgenweg 1 37077 Göttingen T: +49(0)551/3796-265 F: +49(0)551/3796-237 wilke@forstverein.de www.forstverein.de per Email: ksp2050@bmub.bund.de 26. September 2016 Stellungnahme des Deutschen Forstvereins e.v. zum Klimaschutzplan 20150 Entwurf BMUB vom 06.09.2016 Sehr geehrte Damen und Herren, die Forst- und Holzwirtschaft spielt eine zentrale Rolle auf dem Weg hin zu einer nachhaltigen Gesellschaft, die die Unabhängigkeit von fossilen und nicht nachwachsenden Rohstoffen anstrebt und die Potentiale der Bioökonomie durch innovative Ideen ausschöpft. Der vorliegende Entwurf des Klimaschutzplans 2050 (BMUB vom 06.09.2016) wird nach Auffassung des Deutschen Forstvereins dieser Rolle nicht gerecht. Der Beitrag der Forst- und Holzwirtschaft zur Erreichung der Klimaschutzziele wird im Klimaschutzplan 2050 nicht ausreichend erfasst und berücksichtigt. Die THG-Minderungspotenziale werden nicht nur nicht genutzt sondern sogar verhindert. Die Wertschöpfung und Arbeitsplätze (insbesondere im ländlichen Raum) werden erheblich beeinträchtigt. Der im Klimaschutzplan formulierte Anspruch Nur bei wirtschaftlichem Erfolg und sozialer Balance wird der Klimaschutz im Inland die notwendige breite gesellschaftliche Akzeptanz erhalten und die Modernisierung unserer Volkswirtschaft zum Erfolgsmodell wird durch die im Entwurf vorgeschlagenen Maßnahmen nicht unterstützt. Der Deutsche Forstverein bittet daher um Ergänzung und Änderung des Entwurfes. Begründung: Der vom BMUB vorgelegte Entwurf Klimaschutzplan 2050 Klimapolitische Grundsätze und Ziele der Bundesregierung (BMUB, Hausentwurf vom 06.09.2016) reduziert das Klimaschutzpotenzial der Forstwirtschaft auf die Kohlenstoffspeicherung in den Wäldern und leitet daraus als Schwerpunktmaßnahme den Erhalt der Senkenleistung des Waldes ab. Aufgrund dieser Ausrichtung werden im Kapitel 5.2 (Strategie klimafreundliches Bauen und Wohnen) und schwerpunktmäßig im Kapitel 5.6 (Klimaschutz in der Landnutzung und Forstwirtschaft) Ziele definiert, die die Ausschöpfung des Klimaschutzpotenzials der Forst- und Holzwirtschaft nicht unterstützen bzw. sogar beeinträchtigen. Eine Beibehaltung dieser Ausrichtung würde das Klimaschutzpotenzial in Summe reduzieren sowie durch die bisher vorgeschlagenen Maßnahmen hohe volkswirtschaftliche Kosten verursachen. Seite 1 von 6

Vor dem Hintergrund wissenschaftlicher Erkenntnisse und Empfehlungen ist es dringend erforderlich, die bisher einseitige Betrachtung der CO 2-Bilanz der Forstwirtschaft um die Verwendung des eingeschlagenen Holzes zu erweitern. Aufgrund der Tatsache, dass ohne die Kohlenstoffspeicherung in Wäldern und Holzprodukten und deren Substitutionsleistung die THG-Emission in Deutschland um mehr als 14% höher wäre 1, muss der Bereich Forstwirtschaft und Holzwendung im Gesamtzusammenhang betrachtet werden. Die inhaltliche Ausrichtung des Klimaschutzplanes in Bezug auf die Forstwirtschaft sollte demnach nicht Erhalt der Senkenfunktion des Waldes sondern Sicherung und Steigerung der Produktivität der Wälder sein. Nachweislich hat die Nettoeinbindung von Kohlenstoff in Biomasse und Totholz (58 Mio. t CO 2- Äq./Jahr) eine geringere Klimaschutzleistung als durch stoffliche und energetische Substitution vermiedene Emission (in Summe 68 Mio. t CO 2-Äq./Jahr; davon 2 Mio. t Produktespeicher, 30 Mio. t Substitution bei stofflicher Holzverwendung, 36 Mio. t Substitution bei energetischer Holzverwendung, Bezugsjahr 2014) 1,2. Nutzungsverzicht führt zu einer Reduktion der stofflichen und energetischen Substitution energieintensiver und fossiler Materialien und ist daher klimapolitisch nicht zielführend. Zu Kapitel 4.2 Zielbestimmung und Pfadbeschreibung bis 2050 Erweiterung ab Zeile 22 Dennoch bestehen auch in diesem Bereich erhebliche Potenziale für die Vermeidung von Emissionen sowie für die Einbindung von Kohlendioxid in Wäldern und Böden. Hier muss eine Ergänzung um die Substitutionsleistung durch Holzverwendung erfolgen. Zu Kapitel 5.2 Strategie klimafreundliches Bauen und Wohnen Leitbild 2050 und Transformationspfad Die Klimaschutzstrategie für den Gebäudebereich ist ausgerichtet auf die Reduzierung des Energiebedarfs für den Betrieb von Gebäuden sowie die daraus entstehenden direkten Emissionen. Im Leitbild 2050 sollte die Reduzierung des Primärenergieeinsatzes bei der Gebäudeerstellung einbezogen werden. Maßnahmen Um die mit der nachhaltigen Waldbewirtschaftung verbundenen THG-Minderungspotenziale nicht negativ zu beeinflussen, sollte der Satz Um unerwünschte Auswirkungen auf die Senkenfunktion der Wälder zu vermeiden, muss dies vor allem auf andere erneuerbare Energien als Holz abzielen. gestrichen werden. Im Bereich Nachhaltiges Bauen sollten folgende Maßnahmen ergänzend aufgenommen werden: Förderung der Zertifizierung für nachhaltiges Bauen, Einbeziehung des Primärenergieeinsatzes beim Energieausweis, 1 Wissenschaftlicher Beirat für Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz beim BMEL, Wissenschaftlicher Beirat für Waldpolitik beim BMEL (2016): Klimaschutz in der Land- und Forstwirtschaft sowie den nachgelagerten Bereichen Ernährung und Holzwendung 2 Heuer E, Baldauf Th, Schmitz F, Rüter S (2016): Was tragen Wald und Holz zum Klimaschutz bei? AFZ Der Wald 15/2016 Seite 2 von 6

Berücksichtigung des gesamten Lebenszyklus bei der Energiebilanz von Baumaterialien, weiterer Abbau ordnungsrechtlicher Hemmnisse für den Holzbau, Erhöhung der Holzverwendung im Baubereich (Charta für Holz, s. Kapitel 5.6), steuerlicher Begünstigung der Holzverwendung. Die stoffliche Nutzung von Holz im Bauwesen sollte durch die Fortschreibung von Förderschwerpunkten auf Bundes- und Länderebene begleitet werden. Zu Kapitel 5.4 Klimaschutz in Industrie und Wirtschaft Ein nicht unerheblicher Anteil (ca. 38 Prozent) der Industrieemissionen ist nicht auf die Nutzung von Energie, sondern direkt auf Produktionsprozesse in der Grundstoffindustrie zurückzuführen, beispielsweise bei der Kalk- und Zementherstellung, bei der Stahlherstellung oder auch in der Grundstoffchemie. Hier ist im Sinne des Transformationsgedankens (Kap. 4) ein generelles Umdenken in Richtung Bioökonomie notwendig. Aufwendig hergestellte Rohstoffe wie Erdöl basierte Produkte, Stahl, Beton etc. können mit einem Bruchteil an Energieaufwand und mit nachhaltigen Rohstoffen substituiert werden. Innovative Forschung und die nachhaltige Bereitstellung der nachwachsenden Rohstoffe müssen gefördert und gewährleistet werden. 4 Zu Kapitel 5.6 Klimaschutz in der Landnutzung und Forstwirtschaft Ausgangslage Seite 56, Zeile 38: Die Ausgangslage ist zu ergänzen um den Sachverhalt der Substitutionsleistung durch Holzverwendung (66 Mio. t CO 2-Äq./Jahr) 3. Seite 56, Zeile 40: Derzeit ist der Sektor eine Nettosenke. Es ist jedoch nicht gesichert, dass er ohne weitere Maßnahmen bis 2050 eine Nettosenke bleibt. Bei dieser Schlussfolgerung wurde das Klimaschutzpotenzial durch Holzverwendung (Energie- und Materialsubstitution) nicht berücksichtigt. Leitbild 2050 und Transformationspfad Die Ausrichtung auf die im Entwurf benannten Schwerpunkte (Schutz und Ausbau der Waldsenke, Vermeidung durch Holzimporte verursachte Emissionsverlagerungen, Schutz der Senkenleistung des binnenländischen Waldes, Einschränkung der energetischen Holznutzung, Umdenken bei der Holznutzung statt Verstärkung des Holzeinschlages,deutliche Erhöhung des Flächenanteils mit natürlicher Waldentwicklung) vernachlässigt den Zusammenhang zwischen nachhaltiger Waldbewirtschaftung und Holzverwendung und der damit verbundenen nachweislichen Reduktion der THG-Emission. Die Klimaschutzrelevanz einer nachhaltige Waldbewirtschaftung und Holzverwendung sowie die konsequente Substitution von energieintensiven Materialien durch Holz ist im Leitbild 2050 zu verankern. Die Nutzung der Potenziale der multifunktionalen Forstwirtschaft und der Holzverwendung sollten zur erfolgreichen Umsetzung des Pariser Klimavertrages fester Bestandteil des Leitbildes 2050 werden. Basierend auf der Beschlusslage der Agrarministerkonferenz vom 09.09.2016 ist ein Handlungsprogramm zur Erhöhung der Holzverwendung (Charta für Holz) in den Klimaschutzplan aufzunehmen. 3 Thünen-Institut 2016 Seite 3 von 6

Im Leitbild sollte deutlich gemacht werden, dass die Holznutzung im Rahmen einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung sowie die Steigerung der Holzverwendung geeignete Maßnahmen des Klimaschutzes darstellen und deshalb auszubauen und zu fördern sind. Durch die Steigerung der Produktivität der Wälder und deren Nutzung können weitere THG- Minderungspotenziale erschlossen werden. Die Beschränkung der energetischen Holznutzung auf nicht weiter stofflich verwendbares Restund Altholz kann vor dem Hintergrund der Bedeutung für die private und kommunale Wärmeerzeugung, der Wertschöpfungspotenziale im ländlichen Raum und der THG-Minderung durch die Substitution fossiler Brennstoffe nicht mitgetragen werden. (76% des energetisch verwendeten Holzes werden in privaten Haushalten eingesetzt 4, 36 Mio. t CO 2-Äq/a THG-Minderung durch Substitution fossiler Brennstoffe 2 ). Eine Kaskadennutzung sollte dort angestrebt werden, wo diese sinnvoll und möglich ist. Eine verpflichtende Kaskadennutzung ist nicht zielführend. Eine deutliche Erhöhung des Flächenanteils mit natürlicher Waldentwicklung stellt keine geeignete Maßnahme des Klimaschutzes dar, da sie der Reduktion der THG-Emissionen entgegenwirkt und zusätzliche volkswirtschaftliche Kosten verursacht. Meilensteine 2030 Bei der Darstellung der Meilensteine 2030 wurde das Klimaschutzpotenzial durch Holzverwendung nicht berücksichtigt und ist entsprechend zu ergänzen. Durch die bis 2030 gesetzten Meilenstein (Fokus auf den Erhalt der Kohlenstoffsenke Wald (Schaffung eines Anreizsystems) ohne Betrachtung der nachgelagerten Holzverwendung, Beschränkung der energetischen Holznutzung im Zusammenhang mit einer verpflichtenden Kaskadennutzung,deutliche Erhöhung des Flächenanteils mit natürlicher Waldentwicklung) wird der Zusammenhang zwischen nachhaltiger Waldbewirtschaftung und Holzverwendung und der damit verbundenen nachweislichen Reduktion der THG-Emission nicht berücksichtigt (s. Leitbild 2050). THG-Minderungspotenziale werden dadurch nicht erschlossen. Nutzungsverzicht ist keine geeignete Klimaschutzmaßnahme. Den positiven Effekten einer erhöhten Speicherung von C in der Phytomasse des Waldes stehen deutlich größere negative Effekte einer reduzierten Substitution und Einspeisung in den Produktpool gegenüber 1. Bei einer deutlichen Anhebung der Stilllegung von Waldflächen (weitere 10% Stilllegung) würde ein THG-Minderungspotenzial von bis zu 1.260 Mio. t CO 2-Äq bis 2052 ungenutzt bleiben (bei 5% ohne weitere Stilllegung: 175 Mio. t CO 2-Äq bis 2052) 1. Die Stilllegung von Waldflächen führt durch die Reduktion der Holzproduktion (entgangene Wertschöpfung) zu erheblichen volkswirtschaftlichen Kosten. Diese Kosten können sich auf bis zu 476 Mio. /a (5% Ziel) sowie bis zu 1.491 Mio. /a (weitere 10% Stilllegung) belaufen 1. Die Leistungsfähigkeit der deutschen Wirtschaft im internationalen Wettbewerb sowie die Planungssicherheit für Unternehmen würden geschwächt und Arbeitsplätze verloren gehen. Der Aussage im Entwurf (Seite 8: Klimaschutz als Modernisierungsstrategie unserer Volkswirtschaft): Nur bei wirtschaftlichem Erfolg und sozialer Balance wird der Klimaschutz im Inland die notwendige breite gesellschaftliche Akzeptanz erhalten und die Modernisierung unserer Volkswirtschaft zum Erfolgsmodell. wird durch die o.g. Maßnahme konterkariert. 4 Bioökonomierat (2016): Holz in der Bioökonomie Chancen und Grenzen Seite 4 von 6

Die wissenschaftlichen Beiräte des BMEL 1 kommen zu dem Ergebnis, dass Flächenstilllegungen und Nutzungsverzichte im Betrachtungszeitraum (bis 2052) per Saldo negative Klimaschutzeffekte entfalten, die sich insbesondere aus dem Wegfall der Substitutionseffekte ergeben. Künftige Politikmaßnahmen sollten daher darauf abzielen, dass die gesetzten Biodiversitätsziele im Wald mit möglichst geringen negativen Auswirkungen auf die Produktivität und Nutzungspotenziale der Wälder umgesetzt werden. Die Meilensteine und Maßnahmen im Kapitel 5.6 sind in sich widersprüchlich: inländischen Holzbedarf aus heimischer Erzeugung decken vs. Erhöhung der Stilllegungsfläche inländischen Holzbedarf aus heimischer Erzeugung decken vs. verstärkten Holzeinschlag vermeiden nachhaltige Erschließung weiterer Rohstoffquellen vs. Erhöhung der Umtriebszeiten Vorrang stoffliche vor energetische Nutzung vs. Vermeidung einer zusätzlichen stofflichen Nutzung der Waldressource (S. 57) vs. Förderung des Einsatzes nachhaltiger, klimafreundlicher Baustoffe (S. 36) Beschränkung der energetischen Holznutzung vs. Erhöhung der Bereitstellung von Wärme durch erneuerbarer Energien bei Heizungsneubau/- austausch (S. 35) Zur Erreichung der Klimaschutzziele sollten bei der Festlegung der Meilenstein 2030 folgende Punkte berücksichtigt werden: Vermehrung der Waldfläche (Minderungspotenzial 5 ca. 4 t CO 2-Äq je ha/a, 156 Mio. t CO 2- Äq bis 2050 bei 850.000 ha) Steigerung der Produktivität der Wälder (Veränderung der Baumartenzusammensetzung, Beibehaltung bzw. Erhöhung des Nadelholzanteils, Minderungspotenzial bis zu 56 Mio. t CO 2-Äq/a) Nutzung der Potenziale einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung, keine weitere Erhöhung des Durchschnittsvorrates (Minderungspotenzial bis zu 81 Mio. t CO 2-Äq/a durch Substitutionseffekte u. Produktespeicher) Steigerung der Holzverwendung (Charta für Holz, Erhöhung des Holzeinsatzes im Baubereich) Erhöhung der Dendromasseproduktion durch die Anlage von Kurzumtriebsplantagen (zur energetischen Nutzung) (Minderungspotenzial ca. 10 t CO 2-Äq je ha/a) Maßnahmen Das Maßnahmenpaket Erhalt der Senkenleistung im Wald sollte aufgrund der nachweislichen THG-Minderungspotenziale umbenannt werden und den Fokus auf die Sicherung und Steigerung der Produktivität der Wälder legen. Die bisher vorgeschlagenen Maßnahmen sind nicht geeignet, um das THG- Minderungspotenzial einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung und Holzverwendung auszuschöpfen. Die Maßnahmen fokussieren einseitig auf den Erhalt der Senkenleistung und die Erhöhung der Holzvorräte im Wald. Eine Erhöhung des Anteils von Flächen mit natürlicher Wald- 5 Quelle für Minderungspotenziale: Wissenschaftlicher Beirat für Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz beim BMEL, Wissenschaftlicher Beirat für Waldpolitik beim BMEL (2016): Klimaschutz in der Land- und Forstwirtschaft sowie den nachgelagerten Bereichen Ernährung und Holzwendung Seite 5 von 6

entwicklung sowie eine Einschränkung nachhaltiger Holznutzung durch z.b. Erhöhung von Umtriebszeiten sind keine geeigneten Klimaschutzmaßnahmen und daher abzulehnen. Die Erhöhung von Umtriebszeiten verursacht ein Absinken des Zuwachsniveaus, Reduzierung des Produktspeichers und der Substitutionsraten sowie erhebliche volkswirtschaftliche Kosten (in der Periode 2014 bis 2018 2,59 Mrd. /a, in der Periode 2044 bis 2048 789 Mio. /a 1 ). Die Steigerung der Produktivität der Wälder und der nachhaltigen Holznutzung, Mehrung der Waldfläche sowie Stärkung insbesondere des Privatwaldes sollten u.a. Bestandteil der Förderreform ab 2020 sein. Bei der Maßnahme Erarbeitung von ambitionierten Nachhaltigkeitskriterien für die Einfuhr von Holz bis 2030 sollten vorhandene Zertifizierungssysteme einbezogen werden auch mit dem Ziel, die Wiederbewaldung degradierter bzw. abgeholzter Wälder auf internationaler Ebene zu unterstützen. Vorrang vor der nachhaltigen Erschließung weiterer Rohstoffquellen durch Importe (Meilensteine, S. 57) sollte die Steigerung der Produktivität und Nutzung binnenländischer Waldflächen haben. Wir bedanken uns für die Berücksichtigung unserer Anmerkungen und stehen Ihnen für Rückfragen gerne zur Verfügung. Mit freundlichen Grüßen Carsten Wilke Präsident des Deutschen Forstvereins Seite 6 von 6