Tagung Mehr oder weniger? Wohnraumentwicklung unter veränderten Rahmenbedingungen. 21./ 22. November Siegburg Christian Meyer Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung und Bauwesen des Landes Nordrhein-Westfalen Fachbereich IV Stadtentwicklung und Wohnungswesen
Gliederung 1. Vorbemerkung 2. Empirische Befunde und Analysen 3. Schlussfolgerungen
Vorbemerkung
Rahmenbedingungen der Stadtentwicklung Vorbemerkung ökonomischer Strukturwandel von der Industrie- zur Dienstleistungsgesellschaft sozialer Wandel, gekennzeichnet durch wachsenden Wohlstand und zunehmende Armut kultureller Wandel: Individualisierung und Pluralisierung von Lebensstilen öffentliche Finanzkrise und Rückgang der staatlichen und kommunalen Steuerungsfähigkeit demographischer Wandel, mit der Abnahme und der wachsenden Heterogenität der Großstadtbevölkerung
Segregation (lat. segregatio: Absonderung, Trennung) ist sowohl als Prozess als auch als (statisches) Merkmal zu verstehen: Vorbemerkung Das Merkmal Segregation bedeutet eine räumlich ungleichmäßige Verteilung von Bevölkerungsgruppen. Segregation als Prozess meint den Vorgang und die Stadien der Entmischung von Bevölkerungsgruppen und das Entstehen mehr oder weniger homogener Nachbarschaften, die zum Teil mit dem Vorhandensein von natural areas ("natürlich" begrenzten Teilräumen) korrelieren. Drei Dimensionen sozialräumlicher Polarisierung soziale Segregation ethnische Segregation demographische Segregation
Was bedeutet schrumpfende Stadt? 1. Der Verlust von Einwohnern Vorbemerkung 2. Eine nachlassende wirtschaftliche Dynamik Die demografischen und wirtschaftlichen Schrumpfungsprozesse bringen weit reichende Konsequenzen für die Stadtentwicklung mit sich. Maßgeblich sind aber Ausmaß und Intensität der Schrumpfungsprozesse.
Bevölkerungsentwicklung in den Wuppertaler Quartieren 1999 bis 2004 Vorbemerkung
Empirische Befunde und Analysen
Bevölkerungsentwicklung und Beschäftigungsentwicklung in NRW 1990 bis 2000 Vorbemerkung Bevölkerungsentwicklung 1990-2000 Beschäftigungsentwicklung 1990-2000
Empirische Befunde und Analysen Prognose der Bevölkerungsentwicklung in NRW (2002-2020) nach Kreisen und kreisfreien Städten Köln Münster Dortmund Quelle der Daten: Landesdatenbank des LDS NRW, eigene Darstellung
Empirische Befunde und Analysen A-Faktor und Wohlstandsfaktor in den Kreisen und kreisfreien Städten in NRW Arme, Alte, Arbeitslose, Ausländer, abn. Bev. 2,5 2,0 1,5 1,0,5 0,0 -,5-1,0-1,5-2,0 GE -2,0 HER DU Hs ReBOT HAM Quelle: ZEFIR-Datenbank OB DO Un Ac Pb St -1,0 Hx Bor Wes Dn Kle Coe BO MG LEV Mk Bm Si Dt Gm Hsk Mi Vie So Waf Eu Su 0,0 Oe Wohlstandsfaktor (bes. verf. Einkommen) E W KR HA AC BI K Gt En Rs Hf Ne 1,0 SG MHBN Me MS Gl 2,0 D 3,0
Empirische Befunde und Analysen Entwicklung der Haushalten und Wohnungsmärkte in NRW
Empirische Befunde und Analysen Einfluss des Wohnungsmarkts Der Wohnungsmarkt bewirkt Segregation über Preis und Qualität von Wohnraum. Bestimmte soziale Gruppen sind von einigen Wohnlagen und Wohnungssegmenten ausgeschlossen (Diskriminierung). Ein angespannter Wohnungsmarkt hemmt Segregation. Eine den individuellen Präferenzen entsprechende Wohnstandortwahl ist selbst für Haushalte mit höheren Einkommen nur schwer möglich. Innerhalb entspannter Wohnungsmärkte (Essen, Wuppertal, Gelsenkirchen) ist eine hohe Dynamik von Segregation feststellbar. Der Umzug von beruflich erfolgreichen Haushalten in bessere Lagen ist ohne größeren finanziellen Mehraufwand und unter geringem Zeitaufwand möglich. Benachteiligte Quartiere werden von diesen Haushalten verstärkt verlassen.
Empirische Befunde und Analysen Umzugs- und Wanderungssalden 1996-2000 in Dortmund in Abhängigkeit vom durchschnittlichen Ausländeranteil % 4 2 0-2 -4-6 -8 >30% 20-30% 10-20% 5-10% <=5% durchschnittlicher Ausländeranteil im Stadtteil Umzüge Wanderungen Quelle: Eigene Darstellung nach: Stadt Dortmund, Fachbereich Statistik und Wahlen (Hg): Themenheft Nr. 156, Bevölkerungsbewegung, Dortmund 2001, S. 30
Empirische Befunde und Analysen Soziale Segregation: Veränderung der Sozialhilfedichte in den Wuppertaler Stadtteilen 33 36 31 32 30 37 34 Sozialhilfedichte 1996, % <5.0 5.0 - <7.5 7.5 - <10 >10 keine Zuordnung (<100 Einw.) Stadt Wuppertal: 5,8 1996 2001 38 25 11 26 35 10 15 23 41 5 40 45 22 20 24 2 1 13 0 12 3 14 16 46 44 43 42 4 21 53 52 58 94 56 57 59 90 64 72 95 91 92 93 63 62 84 83 55 61 82 85 60 54 50 80 51 70 71 81 86 88 87 33 36 31 32 30 37 34 Sozialhilfedichte 2001, % <5.0 5.0 - <7.5 7.5 - <10 >10 keine Zuordnung (<100 Einw.) Stadt Wuppertal: 6,2 38 25 11 26 35 10 15 23 41 5 40 45 22 20 24 2 1 13 0 12 3 14 16 46 44 43 42 4 21 53 52 58 94 56 57 59 90 64 72 95 91 92 93 63 62 84 83 55 61 82 85 60 54 50 80 51 70 71 81 86 88 87
Empirische Befunde und Analysen Ethnische Segregation: Veränderung des Ausländeranteils in den Wuppertaler Stadtteilen 33 1987 2001 22 63 64 36 31 32 30 37 34 Ausländeranteil 1987, % 0-<5 5-<10 10 - <20 >20 keine Zuordnu ng (<100 Einw.) Stadt Wuppertal: 10,1 38 25 11 16 26 35 10 15 23 41 5 40 45 20 24 2 1 13 0 12 3 14 46 44 43 42 4 21 53 52 58 94 56 62 84 83 55 61 82 85 60 54 50 80 51 70 71 81 86 57 59 90 72 95 91 92 93 88 87 33 36 31 32 30 37 34 Ausländeranteil 2002, % 0- <5 5- <10 10 - <20 >20 keine Zuordnung (<100 Einw.) Stadt Wuppertal: 13,5 38 25 11 26 35 10 15 16 23 41 5 40 45 22 20 24 2 1 13 0 12 3 14 46 44 43 42 4 21 53 52 58 94 57 59 90 93 91 64 72 95 92 63 56 62 84 83 55 61 82 85 60 54 50 80 51 70 71 81 86 88 87
Ethnische Segregation: Empirische Befunde und Analysen Veränderung des Ausländeranteils in den Kölner Stadtteilen 611 309 607 612 405 306 608 305 406 303 602 506 302 601 205 206 1980 2001 504 105 909 213 211 212 701 208 715 901 702 907 906 209 9 714 704 713 905 807 808 705 709 611 309 607 612 405 306 608 305 406 303 602 506 302 601 205 206 504 105 909 213 211 212 701 208 715 901 702 907 906 209 9 714 704 905 807 808 705 713 709
Saldo der Geborenen und Gestorbenen (Köln) 3000 Empirische Befunde und Analysen Saldo 2000 1000 0-1000 -2000-3000 -4000 2.559 2.478 2.350 2.265 2.266 2.293 556 419 219 1994 1995 1996 1997 1998 1999-436 -620-1922 -1931-2017 -2340-2701 -2886 Deutsche Nichtdeutsche Insgesamt 276
Saldo der Zu- und Fortzüge (Köln) Empirische Befunde und Analysen Saldo 8000 6000 4000 2000 0-2000 -4000-6000 5615 5558 2500 2280 1736 1126 160 139 1994 1995 1996 1997 1998 1999-349 -751-591 -1570-1475 -2289-2150 -3058-3879 -3850 Deutsche Nichtdeutsche Insgesamt
Empirische Befunde und Analysen Demografische Segregation: Anteil der Bevölkerung 60 Jahre und älter in % der Bevölkerung 2002 (Wuppertal) 33 36 31 32 30 37 34 Anteil über 60-jährige Bevölk. 2002, % <20 20 - <25 25 - <30 >30 keine Zuordnung (<100 Einw.) Stadt Wuppertal: 25,9 Ruhr-Universität Bochum - ZEFIR. Datenquelle: Stadt Wuppertal 35 38 25 11 10 16 24 15 12 26 23 13 41 14 46 44 5 40 1 0 45 22 20 3 43 2 42 4 21 53 52 58 94 56 54 51 57 59 90 55 50 71 93 91 64 72 60 70 95 92 81 63 62 84 83 61 82 80 86 85 88 87
Empirische Befunde und Analysen Demografische Segregation: Anteil der über 65-jährigen Bevölkerung an der Kölner Bevölkerung 1980 und 2001 in % 1980 2001 611 612 610 602 601 609 608 603 607 604 605 909 907 504 606 506 908 505 906 405 406 502 901 905 507 904 309 501 503 404 403 402 903 104 902 308 401 806 804 305 807 103 304 802 105 809 307 801 803 101 805 808 303 306 102 701 302 203 201 704 702 301 705 205 202 703 Anteil über 60-jährige Bevölk. 1980, % <15 15 - <20 20 - <25 >25 keine Zuordnung Stadt Köln: 18,3 206 204 207 213 211 212 208 Ruhr-Universität Bochum - ZEFIR. Datenquelle: Stadt Köln 210 715 209 714 706 707 713 708 710 711 712 709 611 612 610 602 601 609 608 603 607 604 605 909 907 504 606 506 908 505 906 405 406 502 901 905 507 904 309 501 503 404 403 402 903 104 902 308 401 806 804 305 807 103 304 802 105 809 307 801 803 101 805 808 303 306 102 701 302 203 201 704 702 301 705 205 202 703 Anteil über 60-jährige Bevölk. 2001, % <15 15 - <20 20 - <25 >25 Stadt Köln: 22,9 206 204 207 213 211 212 208 Ruhr-Universität Bochum - ZEFIR. Datenquelle: Stadt Köln 210 715 209 714 706 707 713 708 710 711 712 709
Empirische Befunde und Analysen Ethnische Segregation, Familienstatus und sozialer Rang, Essen und Gelsenkirchen
Empirische Befunde und Analysen Bewertung der Segregationsdynamik durch die kommunalen Experten Demografische Segregation: wird z.t. räumlich verortet, als zunehmend beurteilt, Bewertung als unproblematisch. Soziale Segregation: wird räumlich verortet, als zunehmend beurteilt, Bewertung als sehr problematisch. Ethnische Segregation: eindeutige Benennung von Quartieren mit hohen Anteilen Nichtdeutscher, zunehmende Tendenz, Bewertung als sehr problematisch. Vor allem ethnische Segregation wird seitens der Experten wahrgenommen. Soziale und demografische Segregation werden oftmals ausgeblendet.
Empirische Befunde und Analysen Bewertung von Segregation durch kommunale Experten Positiv Voraussetzung für die Integration von Migranten durch die Ausbildung von ethnischen Netzwerken als Integrations- und Lebenshilfe Konfliktarmes Zusammenleben in ethnisch oder sozial homogenen Hausgemeinschaften Ausbildung von eigenen Regeln und Normen für das Zusammenleben in benachteiligten Quartieren Negativ Erschwerte Integration von Migranten (bei hohem Segregationsgrad) Geringe Berührungspunkte von Migranten mit der deutschen Kultur und erschwerter Spracherwerb Gefahr des Rückzugs in die eigene Kultur, ethnische Netzwerke oder Familie Ausbildung einer Kultur der Armut Möglichkeit der Stigmatisierung eines Quartiers und Gefahr eines gesellschaftlichen Ausschlusses von Minderheiten
Empirische Befunde und Analysen Zur politischen Partizipation in Gebieten der Sozialen Stadt in NRW 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% 52,75% 44,80% Wahlbeteiligung in Gelsenkirchen Bismarck - Landtagswahl 2005 47,30% 55,20% 17,20% 14,60% W ahlbeteiligung Nichtwähler Stimmen für CDU/FDP (32,52%) 28,20% 23,90% Stimmen für SPD (53,45%) 56,45% Stadt Gelsenkirchen Anteil an der wahlberechtigten Bevölkerung Anteil an der Bevölkerung über 18 Jahre (inkl. Nichtdeutsche) Wahlbeteiligung im Stadtdurc hschnitt
Schlussfolgerungen
Stadttypische Sozialraumprofile Schlussfolgerungen - Städte unterscheiden sich signifikant in ihren Sozialraumstrukturen - Zwei Kindheiten - Stadtteile mit hohen Ausländeranteilen, hohen Jugendquotienten und niedrigem sozialen Rang im Ballungskern - Stadtteile mit niedrigen Ausländeranteilen, hohen Jugendquotienten und hohem sozialen Rang in Randlagen - Problemzonen im Ballungskern überschreiten die Stadtgrenzen
Verlaufsmuster Schlussfolgerungen - unterschiedliche Verläufe der ethnischen Segregation mit insgesamt aber abnehmender Tendenz; deutliche Abnahme bei frühen Einwanderern - Zunahme der demografischen Segregation - Zunahme der sozialen Segregation ( Armutssegregation ) Zusammenhänge / Korrelationen - Zunehmende Korrelation der Segregationsdimensionen im Zeitverlauf - Dort, wo in den Städten die meisten Ausländer leben, leben die meisten Kinder und die meisten armen Leute. Tendenz der Kumulation und Verfestigung sozialer Probleme in Problemstadtteilen
Schlussfolgerungen Schlussfolgerungen Leitbild der gesunden sozialen Mischung ist zu hinterfragen Ethnische Segregation ist auch als Chance zu begreifen Quartiersmanagement als Regelfall in sozial schwierigen Stadtteilen Verbesserung der Kooperation von Wohnungswirtschaft und Kommunen Gesamtstädtische und integrierte Strategien als Fördervoraussetzung
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