Beiträge zur urgeschichtlichen Landschaftsnutzung im Braunkohlenrevier (LANU)

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Transkript:

Universität zu Köln und RWTH Aachen (Antrag Nr. 182.7) Beiträge zur urgeschichtlichen Landschaftsnutzung im Braunkohlenrevier (LANU) Das Projekt " Beiträge zur urgeschichtlichen Landschaftsnutzung im Braunkohlenrevier" (LANU) vom Institut für Ur- und Frühgeschichte der Universität zu Köln und dem Geographischen Institut der RWTH Aachen in enger Zusammenarbeit mit der Außenstelle Titz des LVR - Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland durchgeführt. Ein wichtiger Aspekt des Projekts ist die moderne und praxisnahe Ausbildung von Studenten und Nachwuchswissenschaftlern. Ziel des LANU-Projekts ist es möglichst weiträumig und für eine große Zeitspanne (circa 300.000 Jahre) die Spuren der Landschaftsnutzung durch den Menschen im Vorfeld der drei großen Tagebaue (Garzweiler, Hambach, Inden) zu dokumentieren. Hierbei kommen verschiedene archäologische Methoden zum Einsatz: 1) Geoarchäologische Prospektion der Tagebauwände Durch die tiefen Einschnitte der RWE-Schaufelradbagger entstehen am Tagebaurand gestufte Böschungen (sogenannte Scheiben, Abbildung 1). An den obersten dieser Schnitte durch die verschiedenen Erdschichten können die Bodenablagerungen der letzten 400.000 Jahre nachvollzogen werden. Die Projektmitarbeiter legen Profile an der Tagebauwand an, beschreiben und zeichnen den Verlauf der verschiedenen Bodenschichten und messen diese ein. Einerseits lässt sich durch diese Arbeit das pleistozäne Landschaftsrelief rekonstruieren, anderseits können Fundstellen aus der älteren Steinzeit, die heutzutage bis zu 20 m tief unter der Erde liegen, dokumentiert werden. So wurde 2008 ein mehr als 130.000 Jahre alter Flusslauf entdeckt. Aus diesem wurden Tierknochen mit Spuren menschlicher Bearbeitung geborgen. 2) Oberflächenprospektion Während sich die geoarchäologische Prospektion der Tagebauwände dem Zeitabschnitt des Pleistozäns (Altsteinzeit) widmet, beschäftigten sich die anderen Maßnahmen mit den Fundstellen aus der heutigen Warmzeit (Holozän, ab 9.600 vor Christus, Mittelsteinzeit bis heute).

- 2 - Bei der Oberflächenprospektion werden Äcker systematisch nach archäologischen Funden (Keramikscherben, Steinwerkzeugen) abgesucht. Jeder Fund wird mit GPS eingemessen. Anschließend werden die Funde gewaschen, beschriftet und ihre Zeitstellung wird bestimmt. Die Lage der Funde wird kartiert und kann Hinweise auf potenzielle Fundstellen (zum Beispiel Siedlungen) geben. 3) Geomagnetische Prospektion Mithilfe der geomagnetischen Prospektion können archäologische Fundstellen entdeckt werden, ohne einen Erdeingriff vorzunehmen. Die geomagnetische Vermessung einzelner Felder erfolgt mit einem Fünf-Sonden-Gradiometer. Das Gerät wird von den Projektmitarbeitern über das Feld geschoben und misst die magnetische Flussdichte (die "Magnetisierung") des Untergrunds. Archäologische Befunde (zum Beispiel Gruben oder Pfostenlöcher) sind in der Regel stärker magnetisiert als der sie umgebende Boden. Das Ergebnis der geomagnetischen Messung ist ein Rasterbild, das Magnetogramm, auf dem sich archäologische Befunde als sogenannte Anomalien vom ungestörten Erdreich farblich abheben. Im August 2013 wurde auf diese Weise im Tagebau Garzweiler nördlich der Ortschaft Borschemich eine jungsteinzeitliche Siedlung entdeckt, die den ersten Bauern im Rheinland, den Linearbandkeramikern (5.300-4.950 vor Christus) zugeordnet werden kann (Abbildung 2). Neben zwei Hausgrundrissen konnten mehrere Gruben und ein Graben identifiziert werden. Bei den geomagnetischen Untersuchungen ist neben der Erfassung solcher Siedlungen auch der - scheinbar - leere Raum zwischen den Fundplätzen von großem Interesse. Sogenannte Off-Site Fundplätze können helfen, Aktivitäten der Menschen zwischen Siedlungen besser zu verstehen. Eine Untersuchung dieser, weiter entfernten einzelnen Befunde, wäre im Rahmen konventioneller Ausgrabungen viel zu aufwendig und kostenintensiv. 4) Sondagegrabungen Häufig lassen sich mithilfe der Geomagnetik archäologische Befunde (Gruben, et cetera) nachweisen. Eine Datierung der Befunde, allein anhand des Magnetogramms, ist aber nur selten möglich. In diesen Fällen werden kleine archäologische Grabungen durchgeführt, um Fundmaterial zu bergen und die Zeitstellung der Befunde zu klären. Da die Lage der Strukturen bereits durch die Geomagnetik festgestellt wurde, lassen sich hier sehr gezielt archäologische Sondagen anlegen. Beispielsweise wurde in den Jahren 2011 und 2013 ein eisenzeitlicher Siedlungsplatz nahe Kerpen-Manheim im Vorfeld des Tagebaus Hambach ergraben. Dabei konnten mindestens ein Pfostenbau, eine große Lehmentnahmegrube,

- 3 - (Speicher-)gruben und weitere Pfostenlöcher erfasst werden. Die Funde bestehen größtenteils aus Siedlungskeramik, wie etwa die Scherben des auf Abbildung 3 dargestellten Schrägrandgefäßes. Projektleitung: Prof. Dr. Andreas Zimmermann (Institut f. Ur- & Frühgeschichte, Uni Köln) Prof. Dr. Frank Lehmkuhl (Geographisches Institut, RWTH Aachen) Projektkoordination: Stefan Hartmann, B. A. (Institut für Ur- & Frühgeschichte, Uni Köln) Robin Peters, M. A. (Institut für Ur- & Frühgeschichte, Uni Köln) Anna Windheuser, M. A. (Institut für Ur- & Frühgeschichte, Uni Köln) Kontakt: lanu-ufg@uni-koeln.de Abbildung 1. Tagebau Garzweiler. Die Abbaukante nördlich der Ortschaft Borschemich (LANU- Projekt)

- 4 - Abbildung 2. Tagebau Garzweiler. Magnetikbild der Maßnahme FR 2013-0063 nördlich von Borschemich (LANU-Projekt).

- 5 - Abbildung 3. Tagebau Hambach. Eisenzeitliche Siedlung bei Kerpen-Manheim, HA 2013-0011. Scherben eines Schrägrandgefäßes mit parallelen, vertikalen Ritzlinien verziert (LANU-Projekt / C. Hanf).