Blutspenderehrung 12.11.2013 Ansprache des Vorsitzenden des DRK OV Rheinfelden, Manfred Gollin Sehr geehrte Damen und Herren, ich begrüße Sie im Namen des Deutschen Roten Kreuz, im Besonderen im Namen des DRK Ortsvereins Rheinfelden. Sie wurden heute von der Stadt eingeladen, weil Sie schon mehrfach oder gar vielfach Blut gespendet haben und weil Ihnen für diese Leistung im Interesse Notleidender gedankt werden soll. Da das DRK diese Blutspenden organisiert, das von ihnen gespendete Blut verarbeitet und an die Krankenhäuser weiter gibt, womit vielen Menschen in akuten Notfällen geholfen werden kann, sind wir vom DRK heute auch involviert. Gerne nehmen wir diese Gelegenheit wahr, Ihnen für Ihre Spenden zu danken und das eine oder andere über das Blutspenden oder das DRK zu erzählen. Ich kann Ihnen sagen, dass ich, obwohl erst seit dem Jahr 2000 Mitglied des DRK, stolz darauf bin, dieser weltweiten Hilfsorganisation anzugehören und hier vor Ort an deren Werk mitzuwirken. Man kann wahrhaft stolz auf dieses DRK sein, der weltweit größten Hilfsorganisation, die seit vielen Jahren in vielen Ländern der Welt Not lindert und hilft, wo akute oder auch längerfristige Hilfe vonnöten ist. Zur Zeit ist das DRK mit seiner Hilfsorganisation vor Ort massiv engagiert auf den Philippinen, wo, wie Sie wissen, am Samstag ein Monsterwirbelsturm gewütet und ganze Landstriche verwüstet hat. Eine Organisation zu unterstützen, die permanent überall auf der Welt tätig ist und immer da ist, wenn sie gebraucht wird, kann gar nicht falsch sein. Eine solche Organisation verdient die Anerkennung aller. So wurde das DRK ja auch schon drei Mal mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Und da Sie regelmäßig für das DRK Blut spenden, dürfen auch Sie sich dieser Organisation als Unterstützer verbunden fühlen und ein bisschen stolz auf sich und das DRK sein. In diesem Jahr wurde das DRK 150 Jahre alt. In Anbetracht dieses runden Geburtstages ist es, denke ich, angebracht, etwas über die Entstehung der Organisation zu erzählen. 150 Jahre alt heißt, dass die Geburtsstunde in das Jahr 1863 gefallen sein müsste. Wie kam es dazu?
Vier Jahre zuvor, am 24. Juni 1859, fand in Norditalien die Schlacht von Solferino statt. Über die Schlacht und die Hintergründe kurz das Folgende. Diese Schlacht entwickelte sich, nachdem morgens um 3 Uhr gänzlich unvorbereitet und unerwartet das gemeinsame Heer des Königreichs Sardinien-Piemont und des Kaiserreichs Frankreich auf das gegnerische Heer des Kaiserreichs Österreich 2
gestoßen war. In der sich über den ganzen Tag hinziehenden Schlacht wurde Österreich schließlich bezwungen. Es war dies die blutigste Schlacht seit Waterloo am 18. Juni 1815, als Napoleon Bonaparte endgültig von englischen und preußischen Heereseinheiten geschlagen wurde. In Waterloo waren fast 50.000 Mann gefallen oder verwundet worden. Die Schlacht von Solferino hatte angeblich über 30.000 Tote gefordert. Viele davon wurden in der Schlacht jedoch nur verletzt, starben aber später an den Folgen ihrer Verwundung. 3
Rund 23 000 Soldaten wurden in der Schlacht verwundet und blieben, wenn sie sich nicht selbst fortbewegen konnten, zumeist unversorgt auf dem Schlachtfeld liegen. Die damalige Sanitätsversorgung der beteiligten Heere war nämlich völlig unzureichend. Erschwerend kam noch hinzu, dass man sich damals nur um eigene Verwundete kümmerte. Die feindlichen Opfer wurden nicht versorgt. Henry Dunant, ein Schweizer Kaufmann, wurde zufällig Zeuge dieser erschreckenden Zustände nach der Schlacht. Unter dem Eindruck dessen, was er dort sah, organisierte er spontan die Hilfe unter der Bevölkerung der umliegenden Gemeinden. Das Erlebnis und seine Schlussfolgerungen hielt er in dem kleinen Buch Eine Erinnerung an Solferino" fest. In diesem Buch machte er aber auch wohlüberlegte weitgehende Vorschläge für eine Verbesserung der Zustände. Er forderte die Gründung von Hilfsgesellschaften, die unter internationalem Schutz stehen. Diese Hilfsgesellschaften sollten Pflegepersonal ausbilden und für den Notfall bereit halten. Das Pflegepersonal sollte sich im Krieg neutral verhalten und allen verwundeten Soldaten, gleich ob Feind oder Freund, zur Seite stehen. 4
Fünf namhafte Genfer Bürger begeisterten sich für Dunants Idee und schlossen sich zu einer Arbeitsgemeinschaft oder Kommission zusammen, um seine Vorschläge weiter auszuarbeiten. Während ihrer ersten Tagung am 17. Februar 1863 beschlossen die fünf Mitglieder, die Kommission in eine ständige Einrichtung umzuwandeln. Dieser Tag gilt damit als Gründungsdatum des Internationalen Komitees der Hilfsgesellschaften für die Verwundetenpflege, das seit 1876 den Namen Internationales Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) trägt. Bald darauf lud die Kommission zu einer Konferenz. Sie verschickte Einladungen mit ihren Vorschlägen an Fürstenhöfe, Behörden, Verbände und bedeutende Persönlichkeiten in ganz Europa. Und tatsächlich erschienen, insbesondere auch auf Betreiben von Henry Dunant, am 26. Oktober 1863 zu der Konferenz in Genf 36 wichtige Vertreter aus 16 Staaten, um die Ideen von Henry Dunant zu diskutieren. Im Vordergrund der Konferenz stand die Idee, die medizinische Versorgung von Verletzten in Kriegsfällen zu sichern, ein Anliegen, dem bis anhin wenig Aufmerksamkeit geschenkt worden war. Um das zu erreichen, wollte man aller Orten Hilfsgesellschaften in s Leben rufen, die Helfer ausbilden und notfalls für Hilfeleistungen zur Verfügung stehen. Und man wollte selbstverständlich auch dafür sorgen, dass diese Helfer nicht ihrerseits bekämpft werden, dass sie also ungefährdet Verwundete betreuen, versorgen und transportieren können. Daher stand 1863 in Genf auch ein Schutzzeichen für die Helfer der angestrebten neuen Hilfsgesellschaften zur Debatte. Die Abgeordneten einigten sich darauf, dass Ärzte und Sanitäter deutlich sichtbar eine weiße Armbinde als Erkennungszeichen tragen sollten. Angeblich mit Blick auf und aus Achtung vor der Schweizer Nationalfahne sollte diese weiße Armbinde ein rotes Kreuz enthalten. 5
So wurde die berühmteste Marke der Welt geboren! 6
Noch im selben Jahr 1863 wurden in verschiedenen Staaten vor allem gerade auch in Ländern des Deutschen Reichs Rotkreuzgemeinschaften gegründet. Am 12. November 1863 wurde der Württembergische Sanitätsverein als erste Nationale Rotkreuzgesellschaft auf dem Gebiet des späteren Reiches gegründet. Der Württembergische Sanitätsverein wurde am 16. Dezember 1863 vom Internationalen Komitee des Roten Kreuzes als freiwillige Hilfsgesellschaft im Sinne der Konferenzbeschlüsse anerkannt. Er war damit die erste nationale Rotkreuz- Gesellschaft der Geschichte. Am 25. Januar 1921 wurde der Württembergische Landesverein vom Roten Kreuz mit den vielen Rotkreuz-Vereinen in den anderen deutschen Ländern unter dem als Dachorganisation neu gegründeten Deutschen Roten Kreuz (DRK) zusammengefasst. Und somit ist das Jahr 1863 auch das Geburtsjahr des DRK. Sehr rasch nach der ersten Konferenz, nämlich schon 1864, wurde von zwölf Staaten ein erstes Abkommen unterzeichnet, die sogenannte 1. Genfer Konvention, die somit im kommenden Jahr 150 Jahre alt wird. Sie hatte zum Ziel die Linderung des Loses der im Felddienst verwundeten Militärpersonen. Diese 12 Staaten waren: Baden, Belgien, Dänemark, Frankreich, Hessen, Italien, die Niederlande, Portugal, Preußen, die Schweiz, Spanien und Württemberg. In der Folgezeit wurde, auch unter dem Eindruck weiterer Kriege, die 1. Konvention ergänzt um weitere Abkommen. Das zweite Abkommen war die heute als 3. Genfer Konvention bekannte Übereinkunft aus dem Jahr 1929. Zusammen mit zwei weiteren neuen Abkommen, der 2. und 4. Konvention, wurden die beiden ersten Konventionen 1949 überarbeitet. Diese Fassungen traten ein Jahr später in Kraft und stellen die aktuell gültigen Versionen dar. 7
Mit derzeit 194 Unterzeichnerstaaten sind die Genfer Abkommen von 1949 die weltweit am weitesten verbreiteten völkerrechtlichen Verträge sowie die ersten und bisher einzigen internationalen Abkommen, die universelle Akzeptanz erreicht haben. Sie kommen leider nicht umhin, von mir nun auch etwas über den Inhalt der Konventionen hören zu müssen. Das Rote Kreuz und das DRK wären aber schlecht vorgestellt, wenn man darauf nicht wenigsten kurz eingehen würde. Die 1. Genfer Konventionen von 1864 (1949) widmet sich dem Los der Soldaten im Krieg und dem Schutz der Helfer. So verpflichten sich die Vertragsparteien dazu, verletzte und erkrankte Angehörige der bewaffneten Streitkräfte unterschiedslos durch jede am Konflikt beteiligte Partei zu schützen und zu versorgen. Streng verboten werden insbesondere ihre Tötung, Gewaltanwendung, Folter und medizinische Versuche. Persönliche Angaben zu verletzten oder erkrankten Angehörigen der gegnerischen Seite sind zu registrieren und an eine internationale Institution, wie die Agentur für Kriegsgefangene des IKRK, zu übergeben. Angriffe auf sanitätsdienstliche Einrichtungen wie Lazarette und Krankenhäuser, die unter dem Schutzzeichen der Konvention stehen, sind streng verboten, ebenso Angriffe auf Hospitalschiffe, die von Land aus erfolgen. Gleiches gilt für Angriffe auf Personen, die ausschließlich mit der Suche, der Rettung, dem Transport und der Behandlung von Verletzten beauftragt sind sowie für Angehörige der anerkannten nationalen Rotkreuz- und Rothalbmond-Gesellschaften und anderer durch ihre Regierung anerkannten Hilfsorganisationen. 8
3. Genfer Konventionen von 1929 (1949) Die 3. Konvention widmet sich dem Los der Kriegsgefangenen. Das Leben, die körperliche Unversehrtheit und die Ehre von Kriegsgefangenen sind unter allen Umständen zu schützen. Streng verboten sind insbesondere ihre Tötung, jede Gefährdung ihrer Gesundheit, Gewaltanwendung, Folter, Verstümmelung, medizinische Experimente, Bedrohungen, Beleidigungen, Erniedrigungen und das öffentliche Zurschaustellen, ebenso Repressalien und Vergeltungsmaßnahmen. Sie müssen nur Namen und Vornamen, ihren Dienstgrad, ihr Geburtsdatum sowie ihre Identifizierungsnummer nennen. 2. Genfer Konventionen von 1949 Die 2. Konvention widmet sich gestrandeten Seeleuten und den Hospitalschiffen. (Angehörige der Seestreitkräfte, die an Land gelangt sind, stehen umgehend unter dem Schutz des 1. Genfer Abkommens. Hospitalschiffe, deren einziger Zweck die Hilfeleistung für kranke, verwundete und schiffbrüchige Soldaten ist, dürfen nicht angegriffen oder besetzt werden. Hospitalschiffe dürfen nicht für militärische Zwecke genutzt werden.) 4. Genfer Konventionen von 1949 Die 4. Konvention enthält im Wesentlichen Bestimmungen zugunsten von Nichtkombattanten, zugunsten von Zivilisten also. Die Bestimmungen gelten für alle Personen, die im Fall eines bewaffneten Konflikts in die Hand einer Konfliktpartei oder Besatzungsmacht fallen, deren Nationalität sie selbst nicht angehören. 9
Damit möchte ich nun zum Ende meines Vortrages kommen. Zusammengefasst unter der Bezeichnung Internationale Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung sind für das IKRK und für die Föderation, also dem Zusammenschluss der nationalen Gesellschaften, und für die nationalen Gesellschaften heute fast 100 Millionen Mitglieder aktiv, davon ca. 300.000 Menschen hauptberuflich. Die Internationale Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung umfasst derzeit 187 anerkannte nationale Rotkreuz- und Rothalbmond-Gesellschaften. Und die weitaus größte nationale Rotkreuzgesellschaft ist das Deutsche Rote Kreuz. In Deutschland verzeichnet das DRK über 400.000 ehrenamtliche tätige Mitglieder. In den 19 Landesverbänden, 483 Kreisverbänden, 6.635 Ortsvereinen und 34 Schwesternschaften sind zudem über 140.000 hauptberufliche Mitarbeiter tätig. Sehr geehrte Damen und Herren, Sie verstehen, warum ich der Meinung bin, dass das Rote Kreuz eine hoch einzuschätzende Organisation ist. Deswegen darf man glaube ich auch stolz darauf sein, dieser Organisation anzugehören oder für sie tätig zu sein. Und das gilt auch für alle diejenigen, die im Sinne des Roten Kreuzes ohne Entgelt ihr Blut zu Verfügung stellen, um selbstlos Kranken und Verletzten zu helfen. Dafür danke ich Ihnen im Namen des DRK. Vielen Dank! 10