Inhalt Finger Vorwort 7 Segnende Hände 9 Gott hält nicht den Daumen drauf 13 Ist das nicht ein Fingerzeig? 17 Gott droht nicht mit dem Stinkefinger 21 Der Ring am Finger 25 Der Kleine, der isst sie alle auf 29 5
Farben Blau 33 Gelb 37 Rot 41 Grün 45 Schwarz 49 Weiß 53 Entstehungsgeschichte 57 Zu Luise Krolzik und Alfred Buß 58 6 Inhalt
Vorwort Leuchtend die Farben mit hoher Symbolkraft: Der Finger als Thema der Morgenandacht und auf dem Auslöser für manches kunstvolle Bild setzt viele Akzente. Präses Alfred Buß und die Künstlerin Luise Krolzik bringen zum Ausdruck, dass Gott und Welt untrennbar sind. Die ausdrucksstarken Andachten im Radio haben viele WDR-Hörerinnen und -Hörer in den Tag begleitet. Die aussagekräftigen Bilder von Luise Krolzik haben in Ausstellungen manche Betrachterin und manchen Betrachter angeregt. In diesem kleinen Band ergänzen gesprochenes Wort und gemaltes oder fotografiertes Bild einander. Sie kommentieren Sonntag und Alltag, bringen Gott und Welt miteinander ins Gespräch. Beiden, der Künstlerin und dem Theologen, liegt an diesem Dialog. Beiden ist wichtig, mitten im Leben etwas vom Glauben zu spüren und spüren zu lassen. Beide schauen offen und gleichzeitig tief nachdenklich auf die Welt mit ihren Freuden und Nöten, spüren Zeichen der Gerechtigkeit nach. Wort und Bild wollen ein kleiner Beitrag zum Miteinander von unterschiedlichen Medien und Methoden, von Kunst und Kirche sein. Ich hoffe, die farbige Palette von Gedanken und Gefühlen ist Ihnen Anregung und Freude zugleich. Düsseldorf, im Februar 2009 Monika Piel Intendantin des WDR 7
Finger
Gott hält nicht den Daumen drauf Daumen gedrückt habe ich schon oft. Natürlich weiß ich, dass Daumendrücken ein wirkungsloser Zauber ist. Aber es hilft meiner Konzentration. So ähnlich wie der Knoten im Taschentuch meinem Erinnerungsvermögen aufhilft. Aber Daumendrücken ist pfiffiger. Weil ich mit gedrückten Daumen eigentlich nichts anderes mehr tun kann. Mir sind quasi die Hände gebunden. Und gedrückte Daumen lassen mich in Gedanken ganz bei dem Menschen sein, dem ich die Daumen drücke. Meine eigenen Angelegenheiten geraten für diesen Moment in den Hintergrund. Und fürs Daumendrücken verwende ich tatsächlich einen nicht unerheblichen Anteil meines Hirns. Er braucht mehr Hirnareal als jeder andere Finger. Denn der Daumen kann richtig was. Oder besser: Der Mensch mit ihm. Dieser kurze, dicke, zweigliedrige Finger stellt sich den anderen vier gegenüber. Er verbindet uns bei den Tieren mit den Primaten. Und er unterscheidet uns von den meisten anderen Lebewesen. Ein echtes Privileg. Etwas Besonderes. Ein Vorzug also. Wenn ich Däumchen drehe, dann ist mir entweder langweilig oder ich bin faul, ich tue nichts, nichts Konstruktives jedenfalls. Ist der Daumen beschäftigt mit Drücken oder Drehen, hat anderes wenig Raum. Worauf ich meinen Daumen halte, das bleibt mir. Das kriegt kein anderer. Der nach oben oder nach unten gerichtete Daumen entscheidet über das Schicksal eines Menschen. Er demonstriert Macht. Der Daumen kann was. Er ist stark. Er kann niederdrücken, heilsamen Druck ausüben, kann auch etwas zusammenhalten. Von Gottes Daumen ist in der Bibel niemals die Rede. Von seiner Hand, ja. Von seinen Fingern, aber nicht von seinem Daumen. Gott hält nicht den Daumen drauf, hält nicht eifersüchtig fest an dem, was ihm gehört. Im Gegenteil. Wir leben jeden Tag von dem, was er uns schenkt. 13
Gott senkt oder hebt auch nicht den Daumen. Manchmal wünschte ich, es wäre anders. Manchmal sollte er doch heilsam eingreifen in das Ränkespiel der Weltgeschichte mit dieser kleinen Geste seines Daumens. Du lieber Gott, komm doch mal runter und sieh dir die Bescherung selber an. Du lieber Gott, komm doch mal runter. Ich schwör dir, dass man hier verzweifeln kann. Das hat Stefan Sulke vor Jahren gesungen. Gott weiß, dass man hier verzweifeln kann. Er selbst ist fast verzweifelt an seiner Menschheit. Aber er hat sie nicht sich selbst überlassen. Er ist runtergekommen. In Jesus Christus. Verzweifelte hat er ins Leben zurückgeholt. Den Kindern hat er die Daumen gedrückt. Erniedrigten wieder Würde gegeben. Der Daumen Christi war aufgerichtet in der ermunternden Geste zum Leben. Im unbeirrbaren Vertrauen auf Gott. Den Mächtigen aber war er ein Dorn im Auge. Gott ganz unten das duldeten sie nicht. Gott hatte ganz oben zu sein. So senkten sie den Daumen über ihn. Gelitten unter Pontius Pilatus, gekreuzigt, gestorben und begraben Gott selber ist dahin gegangen, wohin jeder von uns gehen muss, woher aber keiner mehr kommen kann. Auch im Tod ist Gott schon da. Damit keiner den Daumen über uns mehr senken kann. Und der Tod uns nicht unter den Daumen nimmt. Wir können nicht tiefer fallen als in die Hand Gottes. 14 Der Daumen
Das Zeichen